Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer
Leitsatz (amtlich)
Das für die Berechnung der berücksichtigungsfähigen Ausschüttungen maßgebende, bei der letzten Veranlagung zur Vermögensteuer festgestellte Vermögen darf um den in ihm enthaltenen Wert der eigenen Anteile nicht gekürzt werden.
Zur Frage, welcher Bewertungsstichtag maßgebend ist.
Normenkette
KStG § 19 Abs. 3 S. 2; KStR Abschn. 48 Abs. 1
Tatbestand
Die Beschwerdeführerin (Bfin.) ist eine GmbH. Streitig ist die Berechnung der berücksichtigungsfähigen Ausschüttungen für den mit dem Wirtschaftsjahr 1955 übereinstimmenden Veranlagungszeitraum 1955. Das Finanzamt ist der Auffassung, daß zur Berechnung des Höchstbetrags der berücksichtigungsfähigen Ausschüttungen nach § 19 Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) 1955 der Einheitswert des Betriebsvermögens um den Zeitwert der Vermögensabgabe und um den im Einheitswert enthaltenen Ansatz der eigenen Anteile gekürzt werden müsse. Demgegenüber hält die Bfin. den ungekürzten Einheitswert des Betriebsvermögens für maßgebend.
Das Finanzgericht schloß sich insoweit dem Finanzamt an, als es zur Ermittlung des bei der letzten Vermögensabgabe zur Vermögensteuer festgestellten Vermögens den Einheitswert des Betriebsvermögens um den Zeitwert der Vermögensabgabe verminderte. Es gab dagegen der Bfin. insofern Recht, als es den Abzug des Werts der eigenen Anteile ablehnte. Die eigenen Anteile seien, so führt das Finanzgericht aus, im Einheitswert des Betriebsvermögens und damit auch in dem für die Vermögensteuer festgestellten Vermögen berücksichtigt. Sie stellten ein Wirtschaftsgut dar, das sich auch realisieren lasse.
Der dem Verfahren beigetretene Bundesminister der Finanzen vertrat unter Hinweis auf Abschnitt 48 Abs. 1 der Körperschaftsteuer-Richtlinien (KStR) 1955 die gleiche Auffassung wie das Finanzamt.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts ist unbegründet. Die Rb. der Bfin. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Hinsichtlich der Behandlung der eigenen Anteile der Bfin. ist die Auffassung des Finanzgerichts zutreffend. Die eigenen Anteile einer GmbH sind ein bewertungsfähiges Wirtschaftsgut, wenn sie jederzeit veräußert werden können. Sie unterliegen deshalb auch der Vermögensteuer. Richtig ist, daß bei einer Liquidation ein Wert für die eigenen Anteile nicht angesetzt werden kann. Bei der steuerlichen Beurteilung muß aber, solange die Liquidation nicht beschlossen ist, vom Fortbestehen der Gesellschaft und nicht von ihrer Auflösung ausgegangen werden. Die Fassung des § 19 Abs. 3 KStG 1955, die den Höchstbetrag der berücksichtigungsfähigen Ausschüttungen weder von dem steuerpflichtigen Vermögen noch von dem Einheitswert des Betriebsvermögens abhängig macht, kann nur so verstanden werden, daß die 8 v. H. von dem der Erwirtschaftung des Ertrages dienenden tatsächlichen, allerdings nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes ermittelten Vermögen berechnet werden sollen. Wenn das Vermögensteuerrecht der feststehenden Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs entsprechend (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs III 166/41 vom 28. Juli 1943, Reichssteuerblatt - RStBl - 1943 S. 807) und in übereinstimmung mit den wirtschaftlichen Gegebenheiten in dem von der GmbH erworbenen eigenen Anteilen grundsätzlich einen wirtschaftlichen und vermögensteuerpflichtigen Wert sieht, den die GmbH jederzeit realisieren kann, so besteht keine Veranlassung, diesen Wert bei der Ermittlung des Betrages, von dem die 8 v. H. berechnet werden, außer Ansatz zu lassen. Der Senat kann sich deshalb den Ausführungen in Abschnitt 48 Abs. 1 KStR 1955, wonach der auf die eigenen Anteile entfallende Teil des Vermögens nach dem für den Fall der Auflösung der GmbH vereinbarten Verteilungsschlüssel ermittelt und vom Vermögen abgezogen werden soll, nicht anschließen.
Der Senat hat in dem Urteil I 208/57 U vom 18. November 1958 (BStBl 1959 III S. 101) entschieden, daß der Einheitswert des Betriebsvermögens zur Ermittlung des bei der letzten Veranlagung zur Vermögensteuer festgestellten Vermögens um den Zeitwert der Vermögensabgabe zu kürzen ist. Er sieht bei erneuter Prüfung keine Veranlassung, diese Auffassung aufzugeben.
Die Vorentscheidung muß aber aus einem anderen Grund aufgehoben werden. Die Vorinstanzen gingen von dem Einheitswert des Betriebsvermögens vom 1. Januar 1953 aus. Aus den Akten ergibt sich, daß der auf den 1. Januar 1956 fortgeschriebene Einheitswert höher ist. Die Ausführungen in Abschnitt 48 Abs. 1 letzter Satz KStR 1955, die sich auf die Entscheidung des Reichsfinanzhofs I A 14/27 vom 8. Februar 1927, RStBl 1927 S. 86, stützen, sind zutreffend. Es ist der Einheitswert des Betriebsvermögens auf den Stichtag zugrunde zu legen, der dem Schluß des Veranlagungszeitraums unmittelbar vorhergeht oder mit ihm zusammenfällt. Der Feststellung auf den 1. Januar 1956 (Feststellungszeitpunkt) war im vorliegenden Falle gemäß § 63 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes als Bewertungsstichtag der 31. Dezember 1955 (Abschlußtag) zugrunde zu legen. Es ist deshalb bei der Berechnung nach § 19 Abs. 3 KStG 1955 nicht von der Einheitsbewertung auf den 1. Januar 1953, sondern auf den 1. Januar 1956 auszugehen.
Fundstellen
Haufe-Index 409296 |
BStBl III 1959, 139 |
BFHE 1959, 359 |
BFHE 68, 359 |
BB 1959, 367 |
DB 1959, 393 |