Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer
Leitsatz (amtlich)
1. Die Erträge eines Nießbrauchs, der als Erbabfindung eingeräumt wurde, sind einkommensteuerpflichtige Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung.
2. Eine allgemeine Vorschrift, daß sich Erbschaftsteuer und Einkommensteuer gegenseitig ausschließen, gibt es nicht.
Orientierungssatz
Einkommensteuerpflicht von Einnahmen aus als Erbabfindung gewährtem Nießbrauch
Normenkette
EStG § 21
Tatbestand
Der Vater des Bf. hat dessen Bruder den Hof übergeben und dem Bf. für die Dauer von elf Jahren den Nießbrauch an einer zum Hof gehörenden Parzelle eingeräumt. Der Bf. hat die Parzelle seit 1954 verpachtet. Er erhält dafür jährlich einen Nettopachtzins von 1.750 DM. Das FA hat bei der Einkommensteuerveranlagung für 1957 diese Pachteinnahme bei der Einkommensbesteuerung des Bf. als Mieteinkünfte angesetzt. Der Bf. bestreitet seine Steuerpflicht hinsichtlich dieses Betrages, da die Nießbrauchseinräumung eine Erbabfindung darstelle und die Pachteinnahmen deshalb nur der Erbschaftsteuer, nicht aber der Einkommensteuer unterlägen. Der mit dieser Begründung eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg. Auch die Berufung wurde als unbegründet zurückgewiesen.
Das FG ist davon ausgegangen, daß Pachteinnahmen von dem jeweils Nutzungsberechtigten zu versteuern seien. Das könne auch ein Nießbraucher sein, wenn er ein seiner Nutznießung unterliegendes Grundstück verpachte. Fraglich sei dies allenfalls in dem hier nicht vorliegenden Falle des unentgeltlichen lebenslänglichen Nießbrauchs an eine gesetzlich unterhaltsberechtigte Person. Daß das dem Bf. eingeräumte Nießbrauchsrecht der Erbschaftsteuer unterliege, sei auf die Einkommensbesteuerung ohne Einfluß. Wenn der Bf. das Grundstück nicht verpachtet, sondern im Rahmen seines landwirtschaftlichen Betriebes selbst bewirtschaftet haben würde, hätte der aus dem Grundstück gezogene Nutzen die Einkünfte aus seinem Hof vergrößert und wäre im Rahmen der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft versteuert worden. Entsprechend sei im Falle der Verpachtung der erzielte Pachtzins im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu besteuern.
Der Bf. rügt mit seiner Rechtsbeschwerde (Rb.), das FG habe die rechtliche Bedeutung der Nießbrauchsbestellung verkannt. Er habe eigentlich für seine Erbansprüche mit Grundstücken abgefunden werden sollen. Das sei aber an Bedenken der Kreiswirtschaftsbehörde gescheitert. Er habe deshalb anstelle der Zuwendung von Land einen etwa gleichwertigen zeitlich befristeten Nießbrauch erhalten. Da es also nur darum gegangen sei, einen bestimmten Kapitalbetrag als Erbabfindung zu gewähren, sei eine Einkommensteuerpflicht der Nießbrauchserträge nicht anzunehmen.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist nicht begründet.
Der Bf. hat durch die Einräumung des Nießbrauchs nach § 1030 BGB das Recht erlangt, die mit dem Nießbrauch belastete Parzelle zu nutzen. Die Erträge, die ihm dadurch zufließen, unterliegen – wie das FG zutreffend festgestellt hat – der Einkommensteuer, soweit sie im Rahmen der Einkunftsarten des Einkommensteuergesetzes anfallen. Daß es sich bei den Einnahmen aus der Verpachtung des Grundstücks wirtschaftlich gesehen um Zuwendungen im Rahmen einer Erbteilung handelt, steht ihrer Einkommensteuerpflicht beim Bf. nicht entgegen. Es braucht nicht dazu Stellung genommen zu werden, ob die Bestellung des Nießbrauchs im Streitfall ein der Erbschaftsteuer unterliegender Vorgang ist und ob die Erhebung einer Erbschaftsteuer nur deshalb entfällt, weil der Wert des zeitlich befristeten Nießbrauchs unter dem für den Bf. in Betracht kommenden Freibetrag bleibt; denn eine allgemeine Vorschrift, daß Erbschaftsteuer und Einkommensteuer sich gegenseitig ausschließen, gibt es nicht. Es ist vielmehr für jede dieser Steuern gesondert zu prüfen, ob nach den für ihre Erhebung geltenden gesetzlichen Bestimmungen eine Steuerfestsetzung in Betracht kommt. Die Vorinstanzen haben dies hinsichtlich der Einkommensteuer für den streitigen Pachtvertrag ohne Rechtsirrtum bejaht. Da die Vorentscheidung demnach zu Beanstandungen keinen Anlaß gibt, ist die gegen sie gerichtete Rb. als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen