Leitsatz (amtlich)
Obst- und Gemüsekonserven sind nach der Verkehrsauffassung keine landwirtschaftlichen Erzeugnisse.
Normenkette
UStG § 7 Abs. 2 Ziff. 2a; UStDB 1951 § 55 Abs. 5
Tatbestand
Die Bfin., eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechtes, betreibt Landwirtschaft, insbesondere Obstbau. In den Veranlagungszeiträumen 1951 bis 1953 hat sie unter anderem selbstgezogenes Obst, vorwiegend Kirschen und Äpfel, in Dosen konserviert. Streitig ist der Steuersatz für die Lieferungen dieser Obstkonserven. Die Vorinstanzen haben den begünstigenden Steuersatz des § 7 Abs. 2 Ziff. 2a UStG versagt.
Entscheidungsgründe
Auch die Rb. ist nicht begründet.
Der Auffassung der Bfin., daß die Lieferungen von aus eigenen Erzeugnissen hergestellten Obstkonserven dem begünstigenden Steuersatz unterliegen, würde beizutreten sein, wenn die Verkehrsauffassung Obstkonserven nicht als Industrieerzeugnisse ansehen würde. Nach § 7 Abs. 2 Ziff. 2 UStG ermäßigt sich die Umsatzsteuer auf 1,5 % für Lieferungen von Gegenständen, die innerhalb eines landwirtschaftlichen Betriebes erzeugt werden, soweit der Erzeuger die Gegenstände selbst liefert. Die Anwendung dieses ermäßigten Steuersatzes setzt jedoch nach § 55 Abs. 5 UStDB 1951 (§ 50 Abs. 5 UStDB 1938) weiter voraus, daß die gelieferten Gegenstände nach der Verkehrsauffassung als landwirtschaftliche Erzeugnisse anzusehen sind. Im Streitfalle hat das Finanzgericht festgestellt, daß Obstzuchtbetriebe im allgemeinen nicht selbst ihre Früchte zu Konserven verarbeiten, sondern das Obst zu diesem Zweck an Konservenfabriken gelangen zu lassen pflegen. Zu dieser auf tatsächlichem Gebiete liegenden Feststellung konnte das Finanzgericht ohne Rechtsirrtum und ohne Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten kommen. Vom Standpunkte der beteiligten Wirtschaft, insbesondere der Abnehmer, auf die es nach der Rechtsprechung (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs V 120/54 U vom 20. Januar 1955, BStBl 1955 III S. 93, Slg. Bd. 60 S. 239) ankommt, hat sich demgemäß die nach § 55 Abs. 5 UStDB 1951 (§ 50 Abs. 5 UStDB 1938) maßgebende Verkehrsauffassung dahin gebildet, daß Obst- und Gemüsekonserven im allgemeinen durch Konservenfabriken, die nicht selbst Erzeuger des von ihnen verarbeiteten Obstes sind, hergestellt werden.
Wenn der erkennende Senat in dem obengenannten Urteil zum Ausdruck gebracht hat, daß das Finanzgericht auf Grund der von ihm angeführten Gutachten zu der Feststellung gelangen konnte, die vom Züchter selbst konservierten Champignons seien als landwirtschaftliche Erzeugnisse anzusehen, handelt es sich insoweit um einen Ausnahmefall, für dessen Beurteilung das Finanzgericht seinerzeit besondere Umstände festgestellt hatte. Insbesondere konnte das Finanzgericht in dem Fall der Champignonskonserven nach seinen Feststellungen davon ausgehen, daß die Konservierung von Pilzen in den Anbaubetrieben bedingt durch die überaus leichte Verderblichkeit dieses gärtnerischen Erzeugnisses allgemein üblich ist. Die Erwägungen, die für diesen Ausnahmefall gelten, können nicht ohne weiteres auf die Konservierung von Obsterzeugnissen übertragen werden. Dieses hat der erkennende Senat auch bereits in dem erwähnten Urteil des Bundesfinanzhofs V 120/54 U besonders hervorgehoben. Nach alledem konnte das Finanzgericht mit Recht zu der Auffassung gelangen, daß die Verkehrsauffassung Obstkonserven den Industrieerzeugnissen zurechnet.
Entsprechend der beschränkten Natur der Rb. ist der Senat an die vom Finanzgericht festgestellte Verkehrsauffassung, die zur Feststellung des Tatbestandes gehört, gemäß §§ 288 Ziff. 1, 296 Abs. 1 AO gebunden. Daher ist davon auszugehen, daß Obstkonserven keine landwirtschaftlichen Erzeugnisse im Sinne der Verkehrsauffassung sind.
Die Rb. wird daher zurückgewiesen.
Fundstellen
BStBl III 1959, 493 |
BFHE 1960, 625 |