Entscheidungsstichwort (Thema)
Einbringung einer Milchquote in GbR
Leitsatz (NV)
1. Hat der Gesellschafter einer GbR eine Milchquote in die Gesellschaft eingebracht, steht gemäß §24 Abs. 1 Satz 6 UStG 1980 der Gesellschaft als Leistungsempfängerin der Abzug der ihr gesondert in Rechnung gestellten Steuerbeträge bezüglich der an sie ausgeführten, mit Durchschnittsätzen abgerechneten Umsätze nur bis zur Höhe der für die Umsätze geltenden Steuer zu.
2. Wird die Einbringung der Milchquote durch jährlich zu zahlende Beträge abgegolten, die auch Gegenleistung für die Nutzungsüberlassung anderer Gegenstände sind, ist festzustellen, welcher Anteil an den jährlich zu zahlenden Beträgen die Einbringung der Milchquote abzugelten hat. Der nach diesem Maßstab ermittelte Anteil ist zu kapitalisieren und als Kapitalforderung der Bestimmung des Entgelts zugrunde zu legen.
Normenkette
UStG 1980 § 10 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 24 Abs. 1 S. 6
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches FG (EFG 1996, 1189) |
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die von den Eheleuten A durch privatschriftlichen Gesellschaftsvertrag vom 31. August 1989 gegründet wurde.
Der Gesellschafter A bewirtschaftete seit 1970 einen ihm allein gehörenden land- und forstwirtschaftlichen Betrieb mit einer Nutzfläche (einschließlich zugepachteter Flächen) von rd. 120 ha; dazu gehörte eine Milchquote (Milch-Referenzmenge) von 585 696 kg. Die Gesellschafterin A erwarb durch Kaufvertrag vom 21. Juli 1989 mit Wirkung vom 31. August 1989 19,1307 ha land- und forstwirtschaftliche Nutzflächen und pachtete weitere 3,20 ha dazu; sie kaufte bzw. pachtete auch die zu den Flächen gehörenden Milchquoten von zusammen 128 625,5 kg.
Zweck des am 31. August 1989 geschlossenen Gesellschaftsvertrages der Eheleute war es, ihre land- und forstwirtschaftlichen Betriebe -- beginnend mit dem 31. August 1989 und zunächst für 10 Jahre -- gemeinsam zu bewirtschaften. Die Gesellschafter sollten nach §4 des Vertrages "für die Zurverfügungstellung" ihrer Betriebe unter Einschluß der Milchquotenrechte Vorabgewinne erhalten. In §5 des Gesellschaftsvertrages verpflichteten sie sich, "jeder für sich, alle oben aufgeführten Vertragsgegenstände einschließlich der Milchquoten ungekürzt in die Gesellschaft einzubringen. Sie werden dieses ausdrücklich mit gesondertem Umsatzsteuerausweis tun."
Beide Gesellschafter stellten der Klägerin unter dem 31. August 1989 "gegen Verrechnung von Gesellschafteranteil" Beträge für diverses lebendes und totes Inventar, Vorräte und Milchquoten in Rechnung, wobei sie Umsatzsteuer in Höhe von 11 v. H. und 8 v. H. offen auswiesen. Davon entfielen auf die Milchquoten Umsatzsteuerbeträge von 56 400,36 DM (Gesellschafter) und 12 385,82 DM (Gesellschafterin), insgesamt 68 786,18 DM.
Diese Steuerbeträge machte die Klägerin in ihrer Umsatzsteuererklärung 1989 als Vorsteuer geltend. Während der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) die für die Überlassung des Inventars und der Vorräte in Rechnung gestellte Steuer als abziehbare Vorsteuerbeträge anerkannte, versagte er den Vorsteuerabzug hinsichtlich der auf die Milchquoten entfallenden Beträge. Das FA vertrat die Auffassung, die Milch-Referenzmengen seien ebenso wie die den Gesellschaftern gehörenden Grundstücke der Gesellschaft nur pachtweise überlassen worden.
Der hiergegen gerichtete Einspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab. Die Gesellschafterin sei -- so führte es aus -- keine Unternehmerin gewesen, da sie die land- und forstwirtschaftlichen Flächen nur zum Zwecke der Sacheinlage in die unmittelbar nach dem Erwerb/Pacht gegründete GbR erworben/gepachtet habe. Hinsichtlich der von dem Gesellschafter der GbR überlassenen Milchquoten liege kein Leistungsaustausch mit der GbR vor. Der Gesellschafter habe nach dem Vertrag vom 31. August 1989 die Milchquoten der Gesellschaft lediglich zur Nutzung gegen Gewinnbezugsrecht überlassen.
Auf die Revision der Klägerin hob der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 17. März 1994 V R 39/92 (BFHE 174, 268, BStBl II 1994, 538) das erstinstanzliche Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück. Zur Begründung führte er aus, entgegen der Ansicht des FG hätten die Gesellschafter für das Zuverfügungsstellen ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe einschließlich der Milchquoten ein Sonderentgelt angestrebt. Die Gesellschafter hätten zusammen mit der Überlassung ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe die jeweilige Milchquote auf die Gesellschaft übertragen (vgl. die §§1, 4 und 5 des Gesellschaftsvertrages). Die Referenzmengen seien unbeschadet der Vermögenszugehörigkeit der Grundstücke kraft Gesetzes Gesellschaftsvermögen geworden. Gemäß §4 des Gesellschaftsvertrages sollten die Gesellschafter für die Zurverfügungstellung ihrer landwirtschaftlichen Betriebe einschließlich der Milchquoten einen jährlichen "Vorabgewinn" von 120 000 DM bzw. 24 000 DM erhalten. Der "Vorabgewinn" richte sich ebenso wie das Vorweggehalt von vornherein nach den Leistungen, die die Gesellschafter an die Klägerin als Gesellschaft erbrachten. Eine besondere Regelung bezüglich einer Verlustbeteiligung sei weder nach diesem noch nach einem anderen Maßstab vorgesehen. Der "Vorabgewinn" stehe mit 120 000 DM/24 000 DM im vorhinein ebenso fest wie die dafür zu erbringenden Leistungen. Damit handele es sich um eine Vereinbarung, die auf einen pachtähnlichen Leistungsaustausch gerichtet sei, nämlich auf Zahlung von Entgelt für das Zurverfügungstellen des jeweiligen land- und forstwirtschaftlichen Betriebs zur Nutzung durch die Klägerin. Der im Vertrag verwandte Begriff "Vorabgewinn" stehe dieser Auslegung als bloße Bezeichnung nicht entgegen. In dem für die Nutzungsüberlassung angestrebten (besonderen) von vornherein feststehenden Entgelt liege der Unterschied zu einer bloßen Gewinnverteilungsabrede. Die Sache müsse zurückverwiesen werden, weil den Feststellungen des FG nicht entnommen werden könne, ob die Gesellschafter für das Überlassen der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe gegen das vereinbarte Sonderentgelt der Klägerin die Umsatzsteuer zutreffend in Rechnung gestellt hätten.
Die vom FG in Bezug genommenen Rechnungen vom 31. August 1989 ("gegen Verrechnung von Gesellschaftsanteilen") für diverses lebendes und totes Inventar, Vorräte und die Milchquoten ließen eine derartige Bewertung allein nicht zu. Sie würden als Gegenleistungen für das Zurverfügungstellen der dort aufgeführten Betriebsgrundlagen an die Klägerin offenbar geschätzte Beträge ausweisen, während nach dem Gesellschaftsvertrag die Gegenleistung als Ratenzahlung in Höhe je eines jährlich gleichbleibenden Sonderentgelts zu entrichten sei.
Nach Zurückverweisung teilte das FA dem FG mit, daß es während des Revisionsverfahrens einen gemäß §164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderten Umsatzsteuerbescheid erlassen habe, in dem es -- entsprechend der Entscheidung des FG im ersten Rechtsgang -- auch die übrigen der Klägerin von ihren Gesellschaftern anläßlich der Gründung in Rechnung gestellten Umsatzsteuern -- betreffend Einbringung des toten und lebenden Inventars sowie der Vorräte -- nicht mehr zum Abzug zugelassen habe. Die Klägerin erklärte den Änderungsbescheid zum Gegenstand des Verfahrens.
Das FG wies im zweiten Rechtsgang die Klage erneut ab (Entscheidungen der Finanzgerichte 1996, 1189). Zur Begründung führte es aus: Es lägen keine Rechnungen vor, in denen die Gesellschafter die Überlassung ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe einschließlich der Milchquoten an die Klägerin gegen das in §4 des Gesellschaftsvertrages vereinbarte Sonderentgelt ("Vorabgewinn") berechnet hätten. Die Gesellschafter hätten vielmehr nur Lieferungen (lebendes und totes Inventar, Vorräte und Milchquoten) in Rechnung gestellt. Die berechneten Leistungen stünden nicht in einem Leistungsaustauschverhältnis. Sie seien Beitragsleistungen, für die die Gesellschafter die Gewinnbeteiligung erhalten hätten. Insbesondere sei im Erwerb der Gesellschaftsrechte keine Gegenleistung zu sehen.
Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts. Sie vertritt die Auffassung, der "Vorabgewinn" habe nur die Nutzungsüberlassung der Grundstücke sowie die Übertragung der Milchquoten abgelten sollen. Inventar und Vorräte seien in die Gesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten eingebracht worden, wie sich aus dem Gesellschaftsvertrag, den Schlußbilanzen der eingebrachten Einzelunternehmen und der Eröffnungsbilanz der Klägerin ergebe. Diesen Umsatz hätten die Gesellschafter in den Rechnungen vom 31. August 1989 -- mit Ausnahme der auf die Milchquoten entfallenden Beträge -- zutreffend berechnet.
Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Umsatzsteuer um 185 643,61 DM niedriger festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen. Nach seiner Auffassung liegen keine Rechnungen über die Umsätze vor, die der erkennende Senat seinem Urteil in BFHE 174, 268, BStBl II 1994, 538 zugrunde gelegt hat.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur erneuten Zurückverweisung der Sache an das FG (§126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Das FG hat seiner Entscheidung die Beurteilung des BFH im zurückverweisenden Urteil nicht hinreichend zugrunde gelegt (§126 Abs. 5 FGO).
1. Der erkennende Senat hat im zurückverweisenden Urteil die Auffassung vertreten, die Gesellschafter hätten die Gegenstände ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe der Klägerin gegen Zahlung eines jährlichen gleichbleibenden Betrages ("Vorabgewinn") zur Nutzung überlassen. Nur hinsichtlich der Milchquoten hat der Senat ein Dauerschuldverhältnis verneint und eine Einbringung in die Klägerin durch gesetzlich bestimmten Übergang angenommen. An diese Rechtsauffassung ist der erkennende Senat im vorliegenden zweiten Rechtsgang nach ständiger Rechtsprechung gebunden (vgl. BFH-Urteile vom 24. Mai 1989 V R 137/84, BFHE 157, 28, BSTBl II 1989, 660; vom 23. Oktober 1991 I R 52/90, BFH/NV 1992, 271; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., §126 Rz. 24, m. w. N.).
2. Das FG hat festgestellt, daß keine Rechnungen vorliegen, in denen die Gesellschafter die Nutzungsüberlassungen berechnet hätten. Insoweit hat das FG mangels Vorliegens von Rechnungen zutreffend die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug gemäß §15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes 1980 (UStG 1980) verneint.
Das FG ließ jedoch unbeachtet, daß die Gesellschafter die Milchquoten in die Klägerin eingebracht und diese Leistungen in den Rechnungen vom 31. August 1989 mit gesondertem Ausweis der Umsastzsteuer berechnet haben. Denn die Rechnungen lassen hinreichend erkennen, daß über die Einbringung von Gegenständen in die Klägerin abgerechnet werden sollte. Das Urteil des FG ist deshalb aufzuheben.
3. Der Senat kann nicht durcherkennen.
Die Gesellschafter haben in den Rechnungen vom 31. August 1989 für die Einbringung der Milchquoten 761 404,80 DM bzw. 167 208,60 DM berechnet. Gemäß §24 Abs. 1 Satz 6 UStG 1980 steht der Klägerin als Leistungsempfängerin der Abzug der ihr gesondert in Rechnung gestellten Steuerbeträge bezüglich der an sie ausgeführten, mit Durchschnittsätzen abgerechneten Umsätze nur bis zur Höhe der für die Umsätze geltenden Steuer zu. Das FG wird deshalb die zutreffende Bemessungsgrundlage zu ermitteln haben. Dabei ist festzustellen, welcher Anteil an den jährlich zu zahlenden Beträgen ("Vorabgewinn") die Einbringung der Milchquoten abzugelten hatte. Der nach diesem Maßstab ermittelte Anteil ist nach den allgemeinen Bewertungsvorschriften des Bewertungsgesetzes zu kapitalisieren und als Kapitalforderung der Bestimmung des Entgelts zugrunde zu legen. Der Vorsteuerabzug steht der Klägerin nur bis zur Höhe der nach diesem Entgelt berechneten Steuer zu.
Fundstellen
Haufe-Index 171046 |
BFH/NV 1999, 835 |
HFR 1999, 487 |