Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachweis der Förderungswürdigkeit gemäß § 2 InvZulG 1986 bei Betriebsaufspaltung
Leitsatz (NV)
Die Förderungswürdigkeit von Investitionen des Betriebsunternehmens kann auch durch eine dem Besitzunternehmen ‐ auf dessen Antrag hin ‐ nach § 2 InvZulG 1986 erteilte Bescheinigung nachgewiesen werden. Dies ist insbes. unter folgenden Voraussetzungen der Fall:
In dem Antrag auf Erteilung der Bescheinigung ist ‐ in einer § 2 Abs. 5 InvZulG 1986 genügenden Weise ‐ die Gesamtinvestition beschrieben; auch soweit einzelne Maßnahmen nicht vom Besitzunternehmen, sondern vom Betriebsunternehmen durchgeführt werden sollen. Der Antrag des Besitzunternehmens ist ‐ zusätzlich ‐ auch vom vertretungsberechtigten Organ des Betriebsunternehmens unterschrieben. Der so das Betriebsunternehmen einbeziehende Antrag ist ‐ schließlich ‐ später auch ausdrücklich als Bestandteil der vom Bundesamt für Wirtschaft dem Besitzunternehmen erteilten Bescheinigung bezeichnet worden.
Normenkette
InvZulG 1986 §§ 1-2
Verfahrensgang
Niedersächsisches FG (EFG 1995, 1113) |
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, betreibt die Herstellung und den Vertrieb von … Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer ist R. Zwischen dessen Einzelunternehmen und der Klägerin besteht seit 1983 eine Betriebsaufspaltung, wobei die Klägerin als Betriebsgesellschaft fungiert.
In den Streitjahren (1988 und 1989) wurde die Betriebsstätte der Klägerin in A erweitert. Dabei trug das Einzelunternehmen des R den größten Teil der Investitionen. Die Klägerin investierte aber auch selbst; sie schaffte Maschinen und ähnliches im Wert von 121 595 DM (1988) und 128 039 DM (1989) an.
Die erforderliche Bescheinigung über die Förderungswürdigkeit der Investitionen nach § 2 des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1986 hatte das Einzelunternehmen beantragt. R hatte entsprechend dem Hinweis ―für den Fall des Vorliegens einer Betriebsaufspaltung oder eines Organschaftsverhältnisses― am Schluss des Antragsformulars aber auch als Geschäftsführer der Klägerin für diese unterschrieben. Das Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft gab dem Antrag statt und bescheinigte mit an das Einzelunternehmen des R (Besitzunternehmen) gerichtetem Bescheid vom 11. Oktober 1988 die Förderungswürdigkeit des Investitionsvorhabens "in der Betriebsstätte der Betriebsfa." (der Klägerin). Der Bescheid enthält u.a. den Zusatz: "Die Bescheinigung wird der Besitzfirma unter dem Vorbehalt des Widerrufs erteilt, dass die Betriebsfirma die gesetzlichen Voraussetzungen, insbesondere die Schaffung der zusätzlichen Dauerarbeitsplätze erfüllen wird."
Die von der Klägerin für die von ihr selbst getätigten Investitionen nach § 1 InvZulG 1986 beantragte Investitionszulage lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) ab und begründete dies damit, dass keine wirksame Bescheinigung des Bundesamtes für gewerbliche Wirtschaft vorgelegt worden sei.
Auch Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) ist in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1995, 1113 veröffentlichten Urteil der Auffassung, die nach § 2 InvZulG 1986 erforderliche Bescheinigung müsse auf den Steuerpflichtigen lauten, der (später) die Investitionszulage nach § 1 InvZulG 1986 begehre.
Daran ändere auch nichts, dass zwischen der Klägerin und dem Einzelunternehmen des R eine Betriebsaufspaltung bestehe. Das Steuerrecht sehe das Besitz- und das Betriebsunternehmen als jeweils selbständige Gebilde an. Mangels anderer gesetzlicher Regelungen sei dies im Investitionszulagenrecht nicht anders. Die auf das Einzelunternehmen des R lautende Bescheinigung könne daher der Klägerin nicht zugerechnet werden.
Dieses Ergebnis folge im Übrigen auch aus dem Verwaltungsaktscharakter der Bescheinigung.
Das FG hat im Hinblick auf das eine andere Auffassung vertretende Urteil des FG Nürnberg vom 26. Mai 1993 I 144/90 (EFG 1993, 740) die Revision zugelassen.
Die Klägerin wendet mit diesem Rechtsmittel im Wesentlichen ein, dass die dem Besitzunternehmen des R erteilte Bescheinigung des Bundesamtes für gewerbliche Wirtschaft sehr wohl auch rechtliche Bindungswirkungen für sie entfalte. Das Amt fordere darin sie, die Klägerin, auf, die gesetzlichen Voraussetzungen zu erfüllen. Weiter sei nicht entscheidend, ob eine wirksame Zustellung der Bescheinigung an sie vorlag, sondern dass sie über eine solche Bescheinigung verfügen konnte. § 1 Abs. 1 InvZulG 1986 verlange vom Antragsteller lediglich, durch eine Bescheinigung nachzuweisen, dass die Errichtung oder Erweiterung (einer Betriebsstätte) förderungswürdig sei. Da in der von ihr vorgelegten Bescheinigung verlangt werde, dass sie, die Klägerin, selbst die gesetzlichen Voraussetzungen zu erfüllen habe, handele es sich um die vom Gesetz geforderte Bescheinigung.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des FG aufzuheben und die Investitionszulagen wie beantragt zu gewähren.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet.
Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die dem Einzelunternehmen des R nach § 2 InvZulG 1986 erteilte Bescheinigung nicht auch der Klägerin zugerechnet werden könne.
1. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 InvZulG 1986 wird Steuerpflichtigen im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes, wie der Klägerin, für die im Zusammenhang mit der Erweiterung einer gewerblichen Betriebsstätte vorgenommenen Investitionen eine Investitionszulage gewährt, wenn sie die besonderen, hier nicht streitigen, Förderungsvoraussetzungen durch eine Bescheinigung nach § 2 InvZulG 1986 nachweisen.
Die Klägerin selbst hat eine derartige Bescheinigung speziell für ihr Unternehmen zwar weder beantragt noch ist ihr eine erteilt worden. Doch ist ihr die vom Einzelunternehmen des R beantragte und diesem erteilte Bescheinigung ausnahmsweise zuzurechnen.
a) Dies folgt allerdings nicht ―worauf das FG zu Recht hingewiesen hat― aus einer entsprechenden Anwendung der sog. Konzernklausel in § 4b Abs. 6 InvZulG 1982 (siehe zu deren Bedeutung in Betriebsaufspaltungsfällen insbesondere das Senatsurteil vom 9. Dezember 1988 III R 27/86, BFHE 155, 444, BStBl II 1989, 242). Auch lässt sich das vom Senat gefundene Ergebnis nicht aus dessen Rechtsprechung zur zulagenunschädlichen Überlassung von vom Besitzunternehmen angeschafften Wirtschaftsgütern an das Betriebsunternehmen (siehe hierzu z.B. die Senatsurteile vom 20. Mai 1988 III R 86/83, BFHE 153, 481, BStBl II 1988, 739, und vom 16. September 1994 III R 45/92, BFHE 176, 98, BStBl II 1995, 75) ableiten.
Im Streitfall geht es weder um die Zulagenanspruchs- und -antragsberechtigung der Klägerin; noch sind Wirtschaftsgüter zu beurteilen, die das Besitzunternehmen des R der Klägerin als Betriebsunternehmen zur Nutzung überlassen hätte.
b) Der Senat sieht die Grundlage für die Erstreckung der dem Einzelunternehmen des R nach § 2 InvZulG 1986 erteilten Bescheinigung auch auf die Klägerin vielmehr in der genannten Vorschrift selbst und in den Besonderheiten des vorliegenden Falles.
aa) Die Erteilung der Bescheinigung wurde für die Erweiterung der Betriebsstätte der Klägerin in A beantragt. In dem Antrag des R vom 23. Juni 1987 war dementsprechend die Gesamtinvestition beschrieben, auch soweit später die Klägerin die Anschaffungskosten trug. Die Investitionen in Maschinen und Einrichtung waren unter Tz. 6.2 mit 250 000 DM angegeben, dem Betrag, für den in etwa die Klägerin nun die Gewährung von Investitionszulagen begehrt. In den (nachgereichten) Anlagen zum Antrag waren die betreffenden Gegenstände i.S. des § 2 Abs. 5 InvZulG 1986 beschrieben.
Hinzu kommt, dass R den Antrag auch als Geschäftsführer der Klägerin unterschrieben hat. Damit hat er z.B. für die Klägerin unmittelbar die in Tz. 11 ff. des Antrags genannten Wissens- und Verpflichtungserklärungen abgegeben; u.a. etwa die Erklärung, jede Abweichung von dem beschriebenen Vorhaben unverzüglich dem Bundesamt für Wirtschaft mitzuteilen (siehe Tz. 14 des Antrags).
bb) Dieser ―über ihren Geschäftsführer― von der Klägerin mitunterzeichnete Antrag wurde später Bestandteil der vom Bundesamt für Wirtschaft unter dem 11. Oktober 1988 erteilten, an das Einzelunternehmen des R adressierten Bescheinigung. Darauf ist in dieser Bescheinigung ausdrücklich hingewiesen. Insoweit wirkt der auch die Klägerin betreffende und von ihr mitunterzeichnete Antrag in der Bescheinigung fort; d.h. die Bescheinigung gilt hier auch für und gegen die Klägerin.
cc) Im Übrigen hätte das Bundesamt für Wirtschaft auch getrennt gestellte Anträge (vom Einzelunternehmen des R und von der Klägerin) in ein einziges Verfahren zusammenführen müssen. Es hätte über die Förderungswürdigkeit der Erweiterung der Betriebsstätte der Klägerin, um die es auch bei getrennten Anträgen allein gegangen wäre, nur in einer Gesamtschau und einheitlich befinden können. Auch dies rechtfertigt eine andere Betrachtung als sie bei der (späteren) Antragstellung auf Gewährung der Investitionszulagen ―schon wegen der Zuständigkeit verschiedener Finanzämter― angezeigt wäre.
Schließlich sind weder Missbrauchsmöglichkeiten noch die Gewährung ungerechtfertigter Vorteile ersichtlich, wenn in Fällen wie dem vorliegenden die an das Besitzunternehmen adressierte Bescheinigung nach § 2 InvZulG 1986 auch dem Betriebsunternehmen zugerechnet wird.
2. Die formal-rechtlichen Bedenken des FG greifen angesichts dieser Rechts- und Sachlage nicht durch. Seine Entscheidung war daher aufzuheben.
Die Sache ist allerdings nicht entscheidungsreif, da das FG ―aus seiner Sicht folgerichtig― noch keine Feststellungen zu den weiteren Voraussetzungen des § 1 InvZulG 1986 getroffen hat. Dies führt zur Zurückverweisung der Sache an das FG, damit dieses die erforderlichen Feststellungen ggf. nachholen kann.
Fundstellen
Haufe-Index 509984 |
BFH/NV 2001, 66 |