Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Die Gewinnbeteiligung eines am väterlichen Unternehmen als stiller Gesellschafter beteiligten nicht mitarbeitenden Kindes kann steuerlich in der Regel nur in Höhe der Verzinsung der Kapitaleinlage anerkannt werden.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, §§ 12, 20/1/2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Höhe der Gewinnbeteiligung der Tochter des Steuerpflichtigen (Stpfl.) in den Jahren 1954 und 1955.
Der Stpfl. ist Uhrmachermeister und betreibt den Handel mit Uhren, Schmuckwaren und optischen Geräten. Mit Wirkung vom 1. Juli 1952 hat er in einem schriftlichen Vertrag seine damals volljährig gewordene Tochter als stille Gesellschafterin aufgenommen. Die Gesellschaftseinlage in Höhe von 15.000 DM hat er seiner Tochter geschenkt und von seinem im Zeitpunkt der Aufnahme der Tochter 56.000 DM betragenden Kapitalkonto abgebucht. Nach dem Gesellschaftsvertrag steht der Tochter eine Gewinnbeteiligung von 30 % des Gewinns des Stpfl. zu. Sie ist bis zu 30 % ihrer Einlage am Verlust beteiligt. Für ihre Tätigkeit im Geschäft, die sie auch vor ihrem Eintritt als stille Gesellschafterin ausübte, erhielt sie in den Streitjahren 1954 und 1955 eine monatliche Vergütung von 300 DM.
Nachdem das Finanzamt diese Gewinnbeteiligung der Tochter für die Streitjahre zunächst anerkannt hatte, änderte es sie in Berichtigungsveranlagungen, die sich auf Grund der Feststellungen einer im Jahr 1958 durchgeführten Betriebsprüfung als nötig erwiesen. Es hielt nunmehr die vereinbarte Gewinnbeteiligung der Tochter für unangemessen hoch. Nach Kürzung der Jahresgewinne um einen dem Stpfl. zustehenden angemessenen Unternehmerlohn, eine angemessene Kapitalverzinsung und eine Risikoprämie in Höhe von 35.000 DM für 1954 und 40.000 DM für 1955 billigte das Finanzamt von dem hiernach sich ergebenden Restgewinn der Tochter 20 % zu. Der Gewinn des Stpfl. betrug in den Streitjahren 75.667 DM und 110.245 DM vor Abzug der genannten Posten.
Der Einspruch des Stpfl. blieb erfolglos. Mit der Berufung hatte er insoweit Erfolg, als das Finanzgericht für das zunächst ebenfalls im Streit befangene Jahr 1953 die Zulässigkeit einer Berichtigungsveranlagung nach § 222 Abs. 1 Ziff. 1 AO verneinte. Für die noch in der Rb. streitigen Jahre 1954 und 1955 erhöhte das Finanzgericht die steuerlich anzuerkennende Gewinnbeteiligung der Tochter in der Weise, daß es zwar ebenfalls eine prozentuale Gewinnbeteiligung von nur 20 % anerkannte, diesen Prozentsatz jedoch unmittelbar auf den Jahresgewinn des Unternehmens anwendete, also ohne Abzug eines Unternehmerlohns, einer Kapitalverzinsung und einer Risikoprämie für den Stpfl. Es ging von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs über die Angemessenheit der Gewinnbeteiligung für als Mitunternehmer im elterlichen Geschäft beteiligte Kinder in den Urteilen I 38/59 und I 64/59 vom 21. Juni 1960 (Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz, § 15 Rechtssprüche 187 und 203) und I 259/60 U vom 31. Januar 1961 (BStBl 1961 III S. 158, Slg. Bd. 72 S. 428) aus und führte zusätzlich folgendes aus: ähnliche Grundsätze hätten auch bei Vorliegen einer stillen Gesellschaft zu gelten. Hierbei sei aber zu berücksichtigen, daß der stille Gesellschafter nicht Mitunternehmer des Betriebs werde, sondern sich nur mit einer Vermögenseinlage an dem Handelsgewerbe eines anderen beteilige. Der stille Gesellschafter müsse am Gewinn beteiligt sein, während eine Beteiligung am Verlust ausgeschlossen oder beschränkt werden könne. Außerdem nehme er kraft Gesetzes an einem etwaigen Verlust nur bis zur Höhe seiner Einlage teil. Eine unmittelbare Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern sei für den stillen Gesellschafter nicht gegeben. In der Regel sei daher davon auszugehen, daß dem im Verhältnis zu einem Mitunternehmer geringeren Risiko des stillen Gesellschafters eine geringere Beteiligung am Gewinn entspreche. Es könne nicht als auf betrieblichen Erwägungen beruhend angesehen werden, einen stillen Gesellschafter bei gleichem Kapitalanteil in derselben Weise wie einen Mitunternehmer zu beteiligen.
Im Streitfall sei die Tochter zwar am Verlust, aber doch nur bis zur Höhe von 30 % ihrer Einlagen, d. h. also absolut bis zur Höhe von 4.500 DM beteiligt. Unter diesen Umständen müsse die Gewinnbeteiligung der Tochter als unangemessen hoch und in keinem Verhältnis zu ihrer Leistung für das Unternehmen stehend angesehen werden. Die Mitarbeit der Tochter im Geschäft sei im wesentlichen durch die monatliche Vergütung von 300 DM abgegolten. Wenn der Stpfl. vortrage, das Gehalt der Tochter sei seit 1952 unverändert geblieben, während andere Angestellte seit dieser Zeit wiederholt Gehaltsaufbesserung erhalten hätten und teilweise 500 DM und mehr im Monat verdienten, so trage die Kammer diesen Einwendungen dadurch Rechnung, daß sie annehme, daß der der Tochter auf Grund der Gewinnverteilung zukommende Gewinn auch für ihre Mitarbeit gewährt werde. Gleichwohl könne eine Gewinnbeteiligung von 30 % nicht als angemessen anerkannt werden. Der Stpfl. habe den Betrieb zusammen mit seiner Ehefrau aufgebaut. In den Streitjahren sei er auch dessen alleiniger Leiter gewesen. Die Tochter habe sich in den ersten Jahren ihrer Tätigkeit im Betrieb ihres Vaters in die Betriebsgewohnheiten erst einleben müssen und daher den Stpfl. nicht in der gleichen Weise unterstützen können wie ein eingearbeiteter Fachmann. Hinzu komme, daß die Tochter eine fachliche Qualifikation nicht aufzuweisen habe. Die Tochter habe ihren Vater nur in dessen Abwesenheit vertreten. Sein Vorbringen, seine Tochter habe den Einkauf getätigt und sei für die Dekoration verantwortlich gewesen, könne an dieser Tatsache nichts ändern. Auch der Umstand, daß bei Eintritt der Tochter als stille Gesellschafterin zum 1. Juli 1952 ihr Kapitalanteil 27 % des gesamten Kapitals betragen habe, könne die beantragte Gewinnbeteiligung nicht rechtfertigen. Die Gewinnverteilung habe sich zwar auch nach dem Verhältnis der Kapitalanteile der Gesellschafter zueinander zu richten. Sie müsse aber auch der Stellung der einzelnen Gesellschafter im Betrieb, insbesondere ihrer Mitarbeit entsprechen. Es müsse ein angemessenes Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bestehen, das nach Auffassung der Kammer aus den oben dargelegten Gründen nicht gegeben sei. Hierbei sei zu berücksichtigen, daß die Tochter als stille Gesellschafterin mit den durch diese Rechtsstellung eingeschränkten Rechten und Pflichten nur einen Anspruch auf eine angemessene Kapitalverzinsung habe. Dem Umfang der Kürzung der vertraglichen Gewinnbeteiligung für die steuerliche Anerkennung durch das Finanzamt könne sich die Kammer jedoch nicht anschließen. Es sei keine Begründung dafür gegeben, warum eine Vorwegzuweisung des Gewinns an den Stpfl. für Unternehmerlohn, eine Kapitalverzinsung und ein Unternehmerrisiko in der vorgeschlagenen Höhe angemessen sein solle. Zugunsten des Stpfl. müsse berücksichtigt werden, daß nach den Erfahrungen des täglichen Lebens alternde Familienmitglieder geneigt seien, die in das Unternehmen aufgenommenen jüngeren Familienmitglieder vorzeitig und mit höheren Gewinnen zu beteiligen, als sie es sonst unter Fremden zu tun bereit wären. Unter Berücksichtigung all dieser Umstände sei eine 20 - prozentige Beteiligung der Tochter als angemessen anzuerkennen.
Entscheidungsgründe
Die hiergegen eingelegte Rb. des Vorstehers des Finanzamts führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und der Einspruchsentscheidung, soweit sie die Streitjahre 1954 und 1955 betreffen.
Die vom Finanzgericht für die Bemessung der streitigen Gewinnverteilung dargestellten Rechtsgrundsätze sind zutreffend, auf den Streitfall aber nicht richtig angewendet. Die Tochter des Stpfl. als stille Gesellschafterin und damit rein kapitalistisch Beteiligte kann einen angemessenen Gewinn nur in Höhe einer Verzinsung ihrer Einlage zuzüglich einem Betrag erhalten, der dem Wert ihrer Beteiligung für das Unternehmen entspricht. Die Ausführungen des Finanzgerichts zur Höhe der angemessenen Gewinnbeteiligung der Tochter sind nicht frei von Widerspruch. Das Finanzgericht geht davon aus, daß die Mitarbeit der Tochter im Geschäft ihrer Eltern nicht dazu berechtige, die Gewinnbeteiligung über eine angemessene Kapitalverzinsung hinaus als aus betrieblichen Gründen berechtigt erscheinen zu lassen, und daß die Tätigkeit der Tochter durch das monatliche Gehalt von 300 DM im wesentlichen abgegolten sei. Nur in geringem Umfang könne ihre Mitarbeit bei der Bemessung ihrer Gewinnbeteiligung aus stiller Gesellschaft noch berücksichtigt werden. Wenn dann das Finanzgericht ausführt, daß nach den Erfahrungen des täglichen Lebens alternde Familienmitglieder geneigt seien, die in das Unternehmen aufgenommenen jüngeren Familienmitglieder vorzeitig und mit höheren Gewinnen zu beteiligen, als sie es Fremden gegenüber tun würden, so ist diese überlegung zwar grundsätzlich richtig, für den Streitfall aber ohne Auswirkung. Sie hat nur Bedeutung, wenn der beteiligte Familienangehörige in der Firma tatsächlich an entscheidender Stelle, von wo aus er Einfluß auf den Gang der Geschäfte nehmen kann, mitarbeitet. Hier soll für die Mitarbeit eine höhere Quote als gegenüber einem Fremden anerkannt werden, weil man davon ausgehen kann, daß sich ein Familienangehöriger, insbesondere ein späterer Erbe des Geschäftes, stärker als ein Fremder mit dem Gedeihen des Geschäftes verbunden fühlt und daher auch eine größere Einsatzfreudigkeit und Opferbereitschaft als ein Fremder zeigt.
Die vom Finanzgericht für die Tochter des Stpfl. steuerlich anerkannte Gewinnbeteiligung ist nach alledem wesentlich zu hoch. Bei Zugrundelegung von Maßstäben, die auch zwischen Fremden gelten, und die nach dem oben Dargelegten im Streitfall allein maßgebend sein können, kann die Gewinnbeteiligung der Tochter nur in einer Verzinsung ihrer Einlage bestehen. Hierbei braucht nicht kleinlich verfahren zu werden. Der Senat hält eine Verzinsung von 20 % der Einlage für angemessen.
Fundstellen
Haufe-Index 411014 |
BStBl III 1964, 61 |
BFHE 1964, 155 |
BFHE 78, 155 |