Leitsatz (amtlich)
Die gesellschaftsteuerrechtliche Qualifikation einer Person als Kommanditist folgt aus der handelsrechtlichen Gesellschafterstellung. Sie kann nicht durch Zurechnungsvorschriften des allgemeinen Steuerrechts abweichend vom Handelsrecht bestimmt werden.
Normenkette
StAnpG § 11 Nrn. 2-3; AO 1977 § 39 Abs. 2; KVStG 1972 § 2 Abs. 1 Nr. 4, § 5 Abs. 2 Nr. 3, § 6
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine Kommanditgesellschaft, zu deren persönlich haftenden Gesellschaftern eine GmbH zählt. Neben der GmbH war in den Jahren 1972 und 1973 M. Z. als persönlich haftende Gesellschafterin an der Klägerin beteiligt. Kommanditist war deren Ehemann, und zwar als Treuhänder für seine Eherfrau. Die Kapitaleinlagen der Gesellschafter wurden als Festkonten geführt. Neben diesen Festkonten bestand für jeden Gesellschafter ein Darlehenskonto, das entsprechend den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages nicht verzinst wird, soweit die Darlehen dem Verhältnis der Festeinlagen entsprechen. Darüber hinausgehende Darlehensbeträge waren mit 6 v. H. zu verzinsen.
Anläßlich einer Kapitalverkehrsteuerprüfung stellte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) fest, daß auf dem dem Kommanditistenanteil zugehörenden Darlehenskonto Darlehen verbucht waren, die nicht verzinst wurden. Diese Darlehen betrugen 4 181 846 DM zum 31. Dezember 1971, 6 020 759 DM zum 31. Dezember 1972 und 8 297 609 DM zum 31. Dezember 1973. Das FA sah in dem Zinsverzicht eine der Gesellschaftsteuer unterliegende freiwillige Leistung an die Klägerin. Zur Berechnung der Höhe des Zinsverzichtes setzte es einen durchschnittlichen Jahresbetrag des Darlehens von 5 100 000 DM für 1972 und von 7 150 000 DM für 1973 an. Unter Zugrundelegung eines Zinssatzes von 5 v. H. berechnete es daraus eine Besteuerungsgrundlage von 255 000 bzw. 357 500 DM und setzte mit Bescheid vom 5. November 1976 die Gesellschaftsteuer mit 2 v. H. daraus auf 5 100 und 7 150 DM fest.
Mit der unmittelbar erhobenen Klage (§ 45 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) begehrt die Klägerin die Aufhebung der Gesellschaftsteuerfestsetzung. Das Finanzgericht (FG) hat der Klage stattgegeben.
Mit der Revision beantragt das FA, die Klage unter Aufhebung des angefochtenen Urteils abzuweisen. Es rügt Verletzung materiellen Rechts sowie Verstoß gegen die Denkgesetze. Die Klägerin ist der Revision entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).
Nach § 2 Abs. 1 Nr. 4c des Kapitalverkehrsteuergesetzes (KVStG) 1972 unterliegt die Überlassung von Gegenständen an die Gesellschaft zu einer den Wert nicht erreichenden Gegenleistung als freiwillige Leistung eines Gesellschafters an eine inländische Kapitalgesellschaft unter der Voraussetzung der Gesellschaftsteuer, daß die Leistung geeignet ist, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen. Als Kapitalgesellschaft gilt nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 KVStG 1972 auch eine Kommanditgesellschaft, zu deren persönlich haftenden Gesellschaftern eine GmbH gehört (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 KVStG 1972). Als Gesellschafter gelten Personen, denen ein in § 6 Abs. 1 KVStG 1972 bezeichnetes Gesellschaftsrecht zusteht (§ 6 Abs. 2 KVStG 1972). Zu den in § 6 Abs. 1 KVStG 1972 aufgeführten Gesellschaftsrechten gehören zwar die Anteile der Kommanditisten, nicht aber die der Komplementäre einer Kommanditgesellschaft im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 3 KVStG 1972.
1. Der Umstand, daß der Kommanditanteil treuhänderisch für die Komplementärin gehalten wurde, rechtfertigt nicht den vom FG gezogenen Schluß, daß gesellschaftsteuerrechtlich keine nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 KVStG als Kapitalgesellschaft geltende Kommanditgesellschaft bestehe. Das Vorliegen dieser Voraussetzung bestimmt sich allein nach Handelsrecht (vgl. Urteile des Senats vom 5. Mai 1970 II R 98/69, BFHE 99, 550, BStBl II 1970, 757, und vom 12. April 1978 II R 149/73, BFHE 125, 81, BStBl II 1978, 422). Kraft Erfüllung aller Tatbestandsmerkmale des § 161 Abs. 1 HGB ist die Klägerin eine Kommanditgesellschaft, zu deren persönlich haftenden Gesellschaftern eine GmbH zählt. Die gesellschaftsrechtliche Stellung des Kommanditisten wird handelsrechtlich nicht dadurch verändert, daß er lediglich Treuhänder seiner Ehefrau, der zweiten Komplementärin, ist.
Ist eine Person handelsrechtlich Kommanditist, so kann ihr gesellschaftsteuerrechtlich die aus § 6 KVStG entspringende Gesellschafterstellung nicht über die steuerrechtlichen Zurechnungsvorschriften (§ 11 Nrn. 2 und 3 des Steueranpassungsgesetzes, jetzt § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 der Abgabenordnung) abgesprochen werden. Dahingestellt bleiben kann, ob mit Rücksicht auf die angeführten Zurechnungsvorschriften gegebenenfalls auch der Treugeber gesellschaftsteuerrechtlich als Gesellschafter gilt.
Ebensowenig, wie die gesellschaftsteuerrechtliche Gesellschafterstellung des Kommanditisten durch Zurechnungsvorschriften des allgemeinen Steuerrechts abweichend vom Handelsrecht bestimmt werden kanh, können von ihm in dieser Eigenschaft erbrachte Leistungen, auch wenn er sie für Rechnung des Treugebers erbringt, im Hinblick auf diese Zurechnungsvorschriften als nicht von ihm stammend angesehen werden. Das Darlehenskonto ist nach den Feststellungen des FG ein Kommanditistenkonto. Leistungen, die mit diesem Darlehenskonto zusammenhängen, sind dem zivilrechtlichen Inhaber dieses Kontos zuzurechnen, weil die Darlehensgewährung eines Kommanditisten, auch wenn sie für Rechnung des Treugebers erfolgt, nicht ihre zivilrechtliche Zuordnung ändert.
2. Die Nichtverzinsung eines zugunsten eines Kommanditisten bei der GmbH und Co. KG bestehenden Verrechnungskontos mit Darlehenscharakter unterliegt als freiwillige Leistung der Gesellschaftsteuer nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 KVStG 1972 (vgl. Urteil des Senats vom 31. Januar 1979 II R 46/77, BFHE 127, 227, BStBl II 1979, 382).
3. Das FG hat - von seinem Standpunkt aus zu Recht - keine Feststellungen darüber getroffen, ob das Darlehenskonto ein Verrechnungskonto ist oder ob eine gesellschaftsvertragliche Verpflichtung zur Unterhaltung eines sog. Darlehenskontos (und gegebenenfalls in welcher Höhe) bestand. Mangels dieser für die Entscheidung erforderlichen Feststellungen vermag der Senat nicht in der Sache selbst zu entscheiden.
Fundstellen
Haufe-Index 73356 |
BStBl II 1980, 50 |
BFHE 1980, 71 |
NJW 1980, 472 |