Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern
Leitsatz (amtlich)
über die Voraussetzungen, unter denen in den Fällen des Ringtausches die Steuerbefreiung des § 4 Abs. 1 Ziff. 3 Buchstabe b GrEStG anwendbar ist.
Normenkette
GrEStG § 4/1/3/b
Tatbestand
Zur Neuschaffung einer öffentlichen Straße (Bau einer Umgehungsstraße) benötigte die Bundesstraßenverwaltung u. a. Teile der Grundstücke, die zum Gärtnereibetrieb der Beschwerdegegner (Bg.) und zum Betrieb des Landwirts X gehörten. Nach längeren Verhandlungen (- die Bg. legten u. a. Wert darauf, ihren Gärtnereibetrieb in dem bisherigen Umfang fortzusetzen und seine Zerschneidung in zwei Teile zu vermeiden -) kam die folgende Regelung zustande:
Die Bg. erwarben von dem Landwirt X durch öffentlich beurkundeten Vertrag vom 10. März 1955 je zur Hälfte das Miteigentum an der Parzelle Nr. 1010, groß 50,49 Ar, Wert 47.965 DM, während sie ihm die Parzelle Nr. 4414, groß 24,84 Ar, Wert 8.942 DM, überließen und als Aufgeld 39.023 DM zahlten. In einem schriftlichen Zusatzvertrag vom 10. März 1955 verpflichteten sich die Bg. ergänzend, als Entschädigung für Ertragsausfall an X weitere 4.500 DM zu zahlen. In dem öffentlich beurkundeten Vertrag verpflichtete sich X außerdem, die für den Bau der Umgehungsstraße erforderlichen Straßenflächen in einem besonderen Kaufvertrag an die Bundesstraßenverwaltung abzutreten. Die Kosten des öffentlich beurkundeten Vertrages wurden von der Bundesstraßenverwaltung übernommen, weil der Grundstückstausch durch den Bau der Umgehungsstraße bedingt sei. Etwaige Grunderwerbsteuern sollten die Bg. tragen. Der Vertrag wurde als "Tauschvertrag", die Grundstücke wurden als "vertauschte Grundstücke" bezeichnet.
Der Landwirt X veräußerte durch weiteren Vertrag vom 10. März 1955 von der Parzelle Nr. 2900 eine Teilfläche von insgesamt 15,60 Ar zum Kaufpreis von insgesamt 15.060 DM an die Bundesstraßenverwaltung. Davon waren 1,60 Ar als Feldwegfläche für die Gemeinde G bestimmt; der auf diese Teilfläche entfallende Teil des Kaufpreises sollte unmittelbar von der Gemeinde ausgezahlt werden. Andererseits erwarb X in derselben Vertragsurkunde das bundeseigene Grundstück Parzelle Nr. 3577, groß 32,48 Ar, zum "Kaufpreis" von 10.242 DM.
Die Parzelle Nr. 3577 wurde sofort aufgelassen, die von der Parzelle Nr. 2900 abgetretene Teilfläche dagegen noch nicht. Der Vertrag wurde als "Kaufvertrag", X wurde als "Verkäufer" bezeichnet.
Durch notariell beurkundeten "Kaufvertrag" vom 25. März 1955 "verkauften" die Bg. von der von X erworbenen Parzelle Nr. 1010 eine Teilfläche von 13,20 Ar zum "Kaufpreis" von 12.540 DM an die Bundesstraßenverwaltung. Davon waren 9 Ar für Straßenzwecke und 4,20 Ar zur Bildung eines neuen Ackers bestimmt. Durch denselben Vertrag "verkaufte" eine aus den Bg. und ihrer Schwester bestehende Erbengemeinschaft von der Parzelle Nr. 1011 eine Teilfläche von ca. 12,40 Ar sowie von der Parzelle Nr. 1012 eine Teilfläche von ca. 8,20 Ar an die Bundesstraßenverwaltung zum "Kaufpreis" von insgesamt 19.570 DM. Von den insgesamt ca. 20,60 Ar waren insgesamt ca. 10 Ar für Straßenzwecke und insgesamt ca. 10,60 Ar zur Bildung eines neuen Ackers bestimmt. Neben dem Kaufpreis von insgesamt 32.110 DM (12.540 + 19.570 DM) wurden, wohl der Erbengemeinschaft zufallend, nach den tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts Entschädigungen von 10.880 DM gewährt.
In einem Vorvertrag vom 10. März 1955, abgeschlossen vor einem Notar, hatten sich die Bg. und die Erbengemeinschaft bereits zum Verkauf der bezeichneten Flächen bereit erklärt.
Insgesamt wurden somit veräußert: von den Bg. (bzw. von der von ihnen und ihrer Schwester gebildeten Erbengemeinschaft) 58,64 Ar und an die Bg. 50,49 Ar (Verlust 8,15 Ar);
von dem Landwirt X 66,09 Ar und an den Landwirt X 57,32 Ar (Verlust 8,77 Ar);
von der Bundesstraßenverwaltung 32,48 Ar und an die Bundesstraßenverwaltung 49,40 Ar (Mehr 16,92 Ar).
Die angeführten Geldverpflichtungen führten, soweit ersichtlich, zu folgendem Ergebnis: Die Bg. (bzw. die Erbengemeinschaft) hatten Mehrausgaben von 533 DM (+ 42.990 DM - 43.523 DM), der Landwirt X hatte Mehreinnahmen von 48.341 DM (+ 58.583 DM - 10.242 DM) und die Bundesstraßenverwaltung hatte Mehrausgaben von 47.808 DM (+ 10.242 DM - 58.050 DM).
Die Bg. sind der Auffassung, daß die Steuerbefreiung des § 4 Abs. 1 Ziff. 3 Buchstabe b des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) anzuwenden ist. Nach dieser Vorschrift ist u. a. von der Besteuerung ausgenommen: "der freiwillige Austausch von Grundstücken ... zur besseren Bewirtschaftung von ... unwirtschaftlich geformten land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken ... wenn der Austausch von der zuständigen Behörde als zweckdienlich anerkannt wird". Die Zweckdienlichkeitsbescheinigung der zuständigen Behörde ist vorgelegt worden. Das Finanzamt hat den oben zu 1. angeführten Vertrag für sich betrachtet, die Anwendbarkeit der bezeichneten Steuerbefreiung im Hinblick auf die hohe Zuzahlung verneint und jeden Bg. unter Zugrundelegung einer Gegenleistung von 1/2 von 47.965 DM (8.942 DM + 39.023 DM) zur Grunderwerbsteuer herangezogen.
Der Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen. Auf die Berufung wurden die Einspruchsentscheidung aufgehoben und die Bg. von der Steuer freigestellt. Das Finanzgericht ist der Ansicht, daß die oben zu 1. bis 3. bezeichneten Verträge als Einheit zu betrachten seien und daß die Bg. bei einem Ausgleich aller Einnahmen und Ausgaben nur eine geringfügige Zuzahlung geleistet hätten.
Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) beantragt das Finanzamt nicht nur, das Berufungsurteil des Finanzgerichts aufzuheben, sondern außerdem - ebenso wie in der Berufungsinstanz - die festgesetzte Steuer um 315 DM zu erhöhen, weil dem Finanzamt über die von den Bg. an X gezahlte Entschädigung von 4.500 DM im Zeitpunkt der Steuerfestsetzung nichts bekannt gewesen sei.
Die Rb. führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht.
Entscheidungsgründe
Die Steuerbefreiung des § 4 Abs. 1 Ziff. 3 Buchstabe b GrEStG ist nur anwendbar, wenn der Vorgang
der besseren Bewirtschaftung unwirtschaftlich geformter land- oder forstwirtschaftlicher Grundstücke dient,
als freiwilliger Austausch von Grundstücken anzusehen ist.
Das Finanzgericht hat anerkannt, daß die zu 1. bezeichnete Voraussetzung im Streitfall gegeben ist. Das Finanzamt hat insoweit Einwendungen nicht erhoben. Die Nachprüfung gibt zu Beanstandungen keine Veranlassung. Daß der vorgenommene Grundstücksaustausch der besseren Bewirtschaftung des Gärtnereibetriebes dient, der durch die geplante neue Straße in zwei Teile zerschnitten worden wäre, bedarf keiner Erläuterung. Daß auch die Grundstücke der anderen Tauschpartei - hier die des Landwirts X - infolge des Austausches besser genutzt werden können, ist nicht erforderlich.
Streitig ist dagegen, ob auch die zu 2. angeführte Voraussetzung erfüllt ist. Dies trifft, wie auch das Finanzgericht annimmt, nicht zu, wenn der zwischen den Bg. und dem Landwirt X am 10. März 1955 abgeschlossene Tauschvertrag für sich betrachtet wird. Denn die Bg. erwarben ein 50,49 Ar großes Grundstück im Wert von 47.965 DM, während sie selbst ein 24,84 Ar großes Grundstück im Wert von 8.942 DM hingaben und außerdem - außer einer Entschädigung von 4.500 DM - 39.023 DM zu zahlen sich verpflichteten. Allerdings kann von einem Grundstücksaustausch auch dann gesprochen werden, wenn die Zuzahlung lediglich in einem spitzenbetrag besteht. Wie jedoch der Senat mehrfach entschieden hat, ist in einer Zuzahlung, die den Wert des veräußerten Grundstücks fast erreicht oder ihn sogar überschreitet, ein unschädlicher Spitzenbetrag nicht mehr zu erblicken. Siehe die Urteile des Senats II 165/52 S vom 19. Februar 1953 (Bundessteuerblatt - BStBl - 1953 III S. 95, Slg. Bd. 57 S. 239) und II 8/55 S vom 23. Februar 1956 (BStBl 1956 III S. 130, Slg. Bd. 62 S. 353). Im Streitfall beträgt die Zuzahlung mehr als das Vierfache des Werts des von den Bg. hingegebenen Grundstücks. Entsprechend der in den angeführten Fällen vom Senat vertretenen Auffassung kann somit, wenn der Vertrag zwischen den Bg. und dem Landwirt X für sich betrachtet wird, ein Grundstücksaustausch nicht mehr bejaht werden.
Andererseits hat der Senat in dem Urteil II 58/50 S vom 15. November 1950 (BStBl 1951 III S. 1, Slg. Bd. 55 S. 1), an dem nach wie vor festgehalten wird, entschieden, daß der Begriff des freiwilligen Grundstücksaustausches im Sinn des § 4 Abs. 1 Ziff. 3 Buchstabe b GrEStG auch den Ringtausch umfaßt. In Anlehnung an diese Rechtsprechung hat das Finanzgericht auch im Streitfall einen Ringtausch bejaht. Dabei hat es die zwischen allen Beteiligten getroffenen Abmachungen als ein einheitliches Vertragswerk angesehen und unter Zugrundelegung der Gesamtregelung die bezeichnete Steuerbefreiung als gegeben anerkannt.
Zur Frage, ob und inwieweit im Einzelfall ein Ringtausch vorliegt, hat der Senat in dem vorerwähnten Urteil II 58/50 S vom 15. November 1950 ausgeführt, daß die Parteien "natürlich ... insofern immer dieselben sein müssen", als die Partei, die ein Grundstück erhält, auch ein eigenes weggibt, so daß sich dadurch eine fortlaufende Kette ergibt. Ergänzend ist gesagt worden: "Würde A ein Grundstück an B geben, B eines an C und C eines an den Bruder des A, so wäre dies kein Austausch." An anderer Stelle dieses Urteils heißt es, daß beim zweiseitigen Grundstückstausch - unbeschadet der Natur jedes Grundstücks als Gegenleistung für das andere Grundstück - zwei Grundstücksumsätze gegeben seien. In gleicher Weise seien beim Ringtausch entsprechend mehr Grundstücksumsätze vorhanden. An noch anderer Stelle dieses Urteils wird ausgeführt, daß ein steuerfreier Ringtausch nur vorliegen würde, wenn bezüglich aller Grundstücke die Befreiungsvoraussetzungen gegeben seien.
Jedoch hat der Senat in dem oben bezeichneten Urteil zu der Frage, ob ein Ringtausch auch dann anerkannt werden kann, wenn mehrere besonders beurkundete Verträge vorliegen, keine Stellung genommen. Der Senat hat keine Bedenken, dies dann zu bejahen, wenn alle Beteiligten trotz der mehreren Verträge beabsichtigten, eine einheitliche Regelung zu treffen, und wenn zwischen den mehreren Verträgen ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Es handelt sich ausschließlich um die Abtretung von Straßenflächen aus Anlaß der Schaffung einer neuen öffentlichen Straße sowie um die Um- und Zusammenlegung der dadurch unwirtschaftlich gewordenen Grundstücke. Zwei der drei Verträge wurden am 10. März 1955 abgeschlossen; auch der Vorvertrag zu dem am 25. März 1955 abgeschlossenen dritten Vertrag datiert vom 10. März 1955. Die Regelung geschah im Einvernehmen aller Beteiligten.
Vorsorglich sei bemerkt: Auch wenn die in besonderen Urkunden selbständig abgeschlossenen verschiedenen Verträge als ein einheitliches Vertragswerk anzusehen sind, wird nicht ausgeschlossen, diese Verträge nach § 4 Abs. 1 Ziff. 3 Buchstabe b GrEStG als steuerfrei zu behandeln. Es kann nicht in Betracht kommen, daß die Steuerfreiheit selbständiger, in besonderen Urkunden errichteter Verträge deshalb entfällt, weil zugleich die Voraussetzungen für die Anerkennung eines einheitlichen, jedoch nicht steuerbefreiten Vertragswerks gegeben sind.
Zur Frage der Identität der Tauschparteien macht das Finanzamt geltend, daß diese deshalb nicht gewahrt sei, weil laut Vertrag vom 25. März 1955 Teilflächen im Gesamtausmaß von 20,60 Ar nicht von den Bg., sondern von der Erbengemeinschaft (bestehend aus den Bg. und ihrer Schwester) an die Bundesstraßenverwaltung abgetreten worden seien, während Erwerber der von X veräußerten Grundstücke nicht die Erbengemeinschaft, sondern ausschließlich die Bg. gewesen seien. Wie aber das Reichsgericht in dem Urteil VIII 64/39 vom 15. Juni 1939 (Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Bd. 161 S. 3) entschieden hat, liegt ein Tauschvertrag auch dann noch vor, wenn jemand durch einen einheitlichen Vertrag seine Sache einem anderen überläßt und dafür die Sache eines Dritten erhält. Der Senat hat keine Bedenken, sich dieser Auffassung anzuschließen. Als Tauschparteien sind hiernach, soweit der Vertrag vom 25. März 1955 in Betracht kommt - entsprechend den Ausführungen des Reichsgerichts in dem vorerwähnten Fall -, die Bg. und die Bundesstraßenverwaltung anzusehen. Wie der Vorgang zwischen den Bg. und ihrer Schwester grunderwerbsteuerlich zu beurteilen ist, ist eine andere Frage, die in diesem Verfahren dahingestellt bleiben kann.
Damit braucht nicht mehr geprüft zu werden, ob in dem Vertrag vom 25. März 1955, wie die Bg. behaupten, zugleich eine teilweise, nach § 3 Ziff. 3 GrEStG steuerbefreite Teilung des elterlichen Nachlasses (ß 2042 BGB) zu erblicken ist.
Unbedenklich ist, daß der Landwirt X 1,60 Ar als Feldwegfläche gegen Zahlung des Kaufpreisanteils unmittelbar der Gemeinde G übereignete. Würde es sich allerdings um eine größere Grundstücksfläche handeln, so müßte schon aus diesem Grunde ein Ringtausch verneint werden, selbst wenn seine Voraussetzungen im übrigen gegeben sein würden. Da aber der Landwirt X insgesamt 66,09 Ar Grundfläche weggab, kann die Teilfläche, die nicht innerhalb der Kette der Tauschpartner verblieb, weil ganz geringfügig, unberücksichtigt bleiben.
Um die Steuervergünstigung des § 4 Abs. 1 Ziff. 3 Buchstabe b GrEStG anwenden zu können, ist außerdem erforderlich, daß das einheitliche Vertragswerk seinem Gesamtinhalt nach als Grundstücksaustausch anzusehen ist. Auf das bereits erwähnte Urteil des Senats II 58/50 S vom 15. November 1950 wird Bezug genommen. Dort wird, um es zu wiederholen, ausgeführt, daß bezüglich aller Grundstücke die Befreiungsvoraussetzungen gegeben sein müssen. Es ist also noch zu prüfen, ob die vereinbarten Zuzahlungen noch als unschädliche Spitzenbeträge angesehen werden können. Dabei ist diese Prüfung für jede Tauschpartei gesondert vorzunehmen. Zwar wird die sehr erhebliche Zuzahlung, die die Bg. an den Landwirt X leisteten, nach den Feststellungen des Finanzgerichts dadurch ausgeglichen, daß sie von der Bundesstraßenverwaltung ungefähr gleich hohe Geldleistungen erhielten. Notwendig ist aber, auch die Auswirkungen des einheitlichen Vertragswerks auf den Landwirt X und die Bundesstraßenverwaltung einer Prüfung zu unterziehen und unter Berücksichtigung der Grundsätze, die vom Senat in den vorerwähnten Urteilen II 165/52 S vom 19. Februar 1953 und II 8/55 S vom 23. Februar 1956 aufgestellt wurden, Feststellungen darüber zu treffen, ob in beiden Fällen die Zuzahlungen noch als unschädliche Spitzenbeträge angesehen werden können.
Andererseits bedarf es der Prüfung, ob das einheitliche Vertragswerk seinem Gesamtinhalt nach auch rechtlich als Grundstücksaustausch anzusehen ist. Daß die verschiedenen Vorgänge in ihrem Zusammenhang wirtschaftlich einem Tausch gleichkommen, wie das Finanzgericht ausführt, genügt nicht. Es kommt vielmehr darauf an, ob das Vertragswerk nach der Gesamtheit der darin begründeten Rechte und Pflichten, und zwar gesondert für jede Tauschpartei, rechtlich als Tausch anzusehen ist.
Dazu wird bemerkt: Nicht ausschlaggebend ist, daß der Vertrag zwischen den Bg. und dem Landwirt X als "Tauschvertrag", dagegen der Vertrag zwischen X und der Bundesstraßenverwaltung vom 10. März 1955 sowie die Verträge zwischen den Bg. (bzw. der Erbengemeinschaft) und der Bundesstraßenverwaltung vom 25. März 1955 als "Kaufverträge" bezeichnet wurden; auch kommt es nicht darauf an, daß im Vorvertrag vom 10. März 1955 der Abschluß von "Kaufverträgen" vorgesehen war. Die Beurteilung der abgeschlossenen Verträge ist vielmehr ausschließlich davon abhängig, ob sie ihrem Inhalt nach als Tausch oder als doppelseitiger Kauf anzusehen sind.
Der begriffliche Unterschied zwischen dem Tausch und dem doppelseitigen Kauf besteht darin, daß beim Tausch die zu verschaffenden Grundstücke im Verhältnis von Leistung und Gegenleistung stehen, während beim doppelseitigen Kauf für jede der Parteien eine Kaufpreisforderung entsteht, die durch Aufrechnung gegen die entsprechende Forderung des anderen Teils erlischt. Die Merkmale eines Tauschvertrages liegen also vor, wenn ein unmittelbarer Austausch gleichwertiger Gegenstände stattfindet oder, falls die Tauschgegenstände ungleichwertig sind, wenn über die Werte der in Tausch gegebenen Gegenstände abgerechnet und eine Ausgleichung des überschusses durch Barzahlung, Stundung usw. vorgenommen wird. Werden dagegen über die Berichtigung der sich gegenüberstehenden Wertsummen keine Bestimmungen in der Art getroffen, daß die Werte teilweise durch gegenseitige Aufrechnung auszugleichen sind, so haben die festgesetzten Werte die Eigenschaft von Kaufpreisen; es handelt sich dann um selbständige Kaufverträge.
Ist in dem einheitlichen Vertragswerk teils ein Tausch, teils ein doppelseitiger Kauf zu erblicken, so ist entsprechend den Urteilen des Senats II 165/52 S vom 19. Februar 1953 und II 8/55 S vom 23. Februar 1956 ein Tausch dann nicht mehr gegeben, wenn bei dem einen oder anderen Vertragspartner nahezu zur Hälfte oder sogar überwiegend ein Kauf vorliegt. Die vorerwähnte Rechtsprechung, die an sich nur die Zuzahlung betrifft, kann deshalb entsprechend angewendet werden, weil es sich dort wie hier um die Frage handelt, ob noch ein Tausch oder schon ein Kauf gegeben ist.
Schließlich hat das Finanzgericht nicht geprüft, ob der Ringtausch im Streitfall als zweckdienlich anzusehen ist. Bei Prüfung dieser Frage ist - ebenso wie beim zweiseitigen Tausch - jeder Grundstücksumsatz getrennt zu betrachten. Geben also im Ringtausch A das Grundstück I an B, B das Grundstück II an C und C das Grundstück III an A, so ist jeweils getrennt zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Ziff. 3 Buchstabe b GrEStG gegeben sind. Handelt es sich z. B. um den Erwerb des Grundstücks III durch A, so kommt es darauf an, ob dieser Erwerb bei A oder ob der Erwerb des von A als Gegenleistung hingegebenen Grundstücks I bei B als zweckdienlich im Sinne des § 4 Abs. 1 Ziff. 3 Buchstabe b GrEStG anzusehen ist. Es genügt, daß diese Voraussetzung - ebenso wie beim zweiseitigen Tausch - bei A oder bei B zu bejahen ist. In Fällen, in denen Grundstücke von mehreren Tauschpartnern erworben (z. B. erwirbt von B und C) oder Tauschgrundstücke an mehrere Tauschparteien veräußert wurden (z. B. A veräußert an D und E), wäre zu prüfen, ob der Tausch bei jedem Tauschpartner entweder wegen der von ihm erworbenen oder wegen der von ihm als Gegenleistung veräußerten Grundstücke als zweckdienlich anzuerkennen ist. Da das GrEStG im § 4 Abs. 1 Ziff. 3 Buchstabe b nicht fordert, daß der Austausch ohne jede Einschränkung zweckdienlich sein muß, so wäre die Steuerbefreiung auch dann noch gegeben, wenn eine Zweckdienlichkeit in geringfügigem Umfang nicht anerkannt werden könnte.
Da die vorerwähnten Gesichtspunkte vom Finanzgericht nicht immer berücksichtigt wurden, war das angefochtene Urteil aufzuheben und die nicht spruchreife Sache zur erneuten Prüfung und nochmaligen Entscheidung an das Finanzgericht zurückzuverweisen.
Zu berücksichtigen wäre auch, daß der Wert des Streitgegenstandes für die Berufungsinstanz statt auf 1.678,80 DM offenbar versehentlich auf 678,80 DM festgestellt wurde, und außerdem, daß das Finanzamt inzwischen die Erhöhung der festgesetzten Steuer beantragt hat.
Fundstellen
Haufe-Index 409196 |
BStBl III 1959, 7 |
BFHE 1959, 15 |
BFHE 68, 15 |