Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensrecht/Abgabenordnung
Leitsatz (amtlich)
Die Zuschläge zufolge des StSäumG sind keine Steuern im Sinne der AO. Auf sie erstreckt sich daher nicht die Haftung nach § 116 AO.
AO §§ 1, 116; StSäumG §§ 1, 3, 6 vom 24. Dezember 1934 (RGBl. I S. 1271) in der Fassung vom 20.
Normenkette
AO §§ 1, 116; StSäumG §§ 1, 3, 6
Gründe
Außer auf die Zuschläge nach § 168 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung (AO) ist die Haftung auch noch auf die Säumniszuschläge erstreckt worden. Die Rechtsprechung hat insoweit bisher unterschieden, ob die Zuschläge vor oder erst nach Eintritt der Haftung entstanden sind, und im letztgenannten Falle die Haftung nach § 116 AO verneint. Die Akten geben im vorliegenden Falle über den Zeitpunkt der Entstehung keinen Aufschluß. Jedoch erübrigt sich eine Feststellung in dieser Hinsicht, weil der Senat der Meinung ist, daß sich die Haftung nach § 116 AO in keinem Falle auf die Säumniszuschläge erstreckt.
Die Säumniszuschläge betragen 2 v. H. des rückständigen Steuerbetrages für den ersten angefangenen Monat vom Fälligkeitstage ab gerechnet und 1 v. H. des Steuerbetrages für jeden weiteren angefangenen Monat (ß 3 des Steuersäumnisgesetzes - StSäumG - vom 24. Dezember 1934, Reichsgesetzblatt I S. 1271 in der Fassung vom 20. April 1949, Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes S. 69). Der Säumniszuschlag ist also in gewissem Umfange von der Verzugsdauer unabhängig, da er für einen einzigen Tag Verzug in gleicher Höhe wie für einen Verzug von einem Monat erhoben wird. Deshalb und auch seiner die Zahlung erzwingenden Höhe wegen (vgl. auch Urteil des Bundesfinanzhofs II 177/54 U vom 11. Mai 1955, Bundessteuerblatt III S. 198) hat dieser Zuschlag wirtschaftlich und rechtlich die Eigenschaft eines Druckmittels. Damit entfällt aber die Möglichkeit, den Steuersäumniszuschlag als Teil der jeweiligen Steuer anzusehen, zu der er erhoben wird. Das ergibt sich auch aus § 6 StSäumG, wonach gegen die Anforderung eines Steuersäumniszuschlages lediglich die Beschwerde, also nicht der für Steuern vorgesehene Rechtsmittelweg gegeben ist. Insbesondere auch nach der Begründung zum StSäumG (Reichssteuerblatt 1934 S. 1693) soll der Säumniszuschlag als Druckmittel dienen, damit die Steuer rechtzeitig entrichtet werde. Die Säumniszuschläge sind jedenfalls nicht Verzugszinsen, die wie alle Zinsen als eine Vergütung an den Gläubiger wegen der Kapitalüberlassung bezahlt werden und die von der Rechtsprechung als Teil der Steuer aufgefaßt worden sind, obwohl, was hier jedoch dahingestellt bleiben kann, auch insoweit Zweifel berechtigt sind, weil Steuern nach § 1 AO keine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen, Zinsen aber wegen der Kapitalnutzung geleistet werden. Jedenfalls hat der Säumniszuschlag in erster Linie die Eigenschaft eines Zwangsmittels, die für ihn bestimmend bleibt, selbst wenn man die Ansicht vertreten sollte, daß in ihn Verzugszinsen mit eingeschlossen seien.
Sind die Steuersäumniszuschläge hiernach keine Steuern, so entfällt für sie die Haftung nach § 116 AO, da diese Gesetzesbestimmung nur von der Haftung für Steuern spricht.
Fundstellen
Haufe-Index 424087 |
BStBl III 1955, 399 |
BFHE 1956, 521 |
BFHE 61, 521 |