Entscheidungsstichwort (Thema)
Erfolgsabhängige Beitragsrückerstattung im Lebensversicherungsgeschäft ‐ keine Anwendung von § 21 KStG
Leitsatz (amtlich)
1. Beitragsrückerstattungen im Lebensversicherungsgeschäft werden i.S. des § 21 Abs. 1 Satz 1 KStG 1984/1991 aufgrund des Jahresergebnisses gewährt, wenn und soweit sie wegen der Höhe des nach den handelsrechtlichen Vorschriften ermittelten Jahresergebnisses gewährt werden.
2. Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen i.S. des § 21 Abs. 2 KStG 1984/1991 sind nur die Rückstellungen, die Beitragsrückerstattungen i.S. des § 21 Abs. 1 KStG 1984/1991 betreffen.
3. § 21 KStG 1984/1991 ist nicht ―auch nicht analog― auf Beitragsrückerstattungen im Lebensversicherungsgeschäft anwendbar, die aufgrund einer vom Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen geforderten geschäftsplanmäßigen Erklärung als Mindest-Beitragsrückerstattungen ohne Rücksicht auf das Jahresergebnis gewährt wurden.
Normenkette
HGB § 341e Abs. 2 Nr. 2; KStG § 21
Verfahrensgang
Tatbestand
Aus den Gründen:
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt seit 1989 in der Rechtsform der AG das Lebensversicherungsgeschäft. In ihrem u.a. für die Jahre 1989 bis 1992 (Streitjahre) geltenden Geschäftsplan räumte sie den Versicherungsnehmern eine Beteiligung am Jahresüberschuß in Form von Beitragsrückerstattungen (BRE) ein. Die BRE sind zum Teil als Direktgutschriften zu Lasten des Ergebnisses des laufenden Geschäftsjahres zu gewähren und mindern insoweit die Zuführungen zur Rückstellung für BRE (RfBRE). Im übrigen werden die BRE aus der RfBRE gespeist. Die Klägerin gab entsprechend einer Forderung des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen (BAV) gegenüber dem BAV die geschäftsplanmäßige Erklärung ab, sie werde durch Zuführungen zur RfBRE sicherstellen, daß während der ersten fünf Geschäftsjahre die Rückgewährquote jeweils um höchstens fünf Prozentpunkte unter dem Durchschnitt für alle Lebensversicherungsunternehmen liege.
In den Streitjahren erteilte die Klägerin ihren Versicherungsnehmern dementsprechend Direktgutschriften und dotierte außerdem die RfBRE. Die Aufwendungen für die BRE berücksichtigte die Klägerin bei der Ermittlung ihres Handelsbilanzgewinns und des zu versteuernden Einkommens für die Jahre 1989 bis 1991 überwiegend und für 1992 in vollem Umfang als gewinnmindernden Aufwand. Das nach den handelsrechtlichen Vorschriften ermittelte Jahresergebnis und das Einkommen der Klägerin waren in jedem der vier Streitjahre negativ. Auch vor Abzug der Aufwendungen für die BRE waren beide in den Streitjahren negativ.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) vertrat bei der Veranlagung der Klägerin zur Körperschaftsteuer die Auffassung, die Aufwendungen für die BRE dürften gemäß § 21 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) 1984/1991 das Einkommen nicht mindern. Er erließ Körperschaftsteuerbescheide für die Streitjahre und einen Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer auf den Schluß des Jahres 1990, denen diese Rechtsauffassung zugrunde liegt. Die Einsprüche und Klage waren erfolglos. Das Finanzgericht (FG) vertrat die Auffassung, die Aufwendungen der Klägerin für die BRE dürften in entsprechender Anwendung des § 21 KStG 1984/1991 nicht abgezogen werden.
Mit der Revision macht die Klägerin geltend, das FG-Urteil verletze § 21 Abs. 1 KStG 1984/1991.
Sie beantragt sinngemäß, das FG-Urteil aufzuheben und die angefochtenen Körperschaftsteuerbescheide 1989 bis 1992 sowie den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 1990 dahingehend zu ändern, daß das zu versteuernde Einkommen bzw. der Verlustabzug wie folgt festgestellt werden:
Jahr bzw. Stichtag |
zu versteuerndes Einkommen DM |
verbleibender Verlustabzug DM |
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1989 |
- 2.871.193 |
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1990 |
- 7.055.599 |
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31.12.1990 |
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9.929.843 |
1991 |
-11.309.615 |
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1992 |
- 8.487.487 |
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…
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Das FG-Urteil war aufzuheben und dem Klagebegehren war zu entsprechen (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Aufwendungen für die BRE sind Betriebsausgaben der Klägerin. Sie mindern ihren Gewinn und ihr Einkommen, die nach den Vorschriften des KStG und des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu ermitteln sind (§ 8 Abs. 1 KStG 1984/1991, § 5 Abs. 1 EStG). § 21 KStG 1984/1991 schließt ihren Abzug nicht aus. Die Vorschrift ist auf die von der Klägerin gewährten Mindest-BRE nicht --auch nicht entsprechend-- anwendbar.
1. Gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 KStG 1984/1991 sind BRE, die Versicherungsunternehmen (s. Überschrift Teil 2 Kapitel 3 des KStG) für das selbstabgeschlossene Lebensversicherungsgeschäft aufgrund des Jahresergebnisses gewähren, nur beschränkt abziehbar. Zuführungen zu einer RfBRE sind gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 KStG 1984/1991 nur insoweit abziehbar --also einkommensmindernd zu berücksichtigen--, als die ausschließliche Verwendung der Rückstellung für diesen Zweck durch die Satzung oder durch geschäftsplanmäßige Erklärung gesichert ist (zum Begriff "geschäftsplanmäßige Erklärung" s. Reimer Schmidt in Prölss, Versicherungsaufsichtsgesetz, 11. Aufl. 1997, Zus. § 5 Rz. 1 f.; Goldenbaum in Arthur Andersen, Körperschaftsteuergesetz, § 21 Rz. 28). RfBRE i.S. des § 21 Abs. 2 KStG 1984/1991 sind nur die Rückstellungen, die BRE i.S. des § 21 Abs. 1 KStG 1984/1991 betreffen (Boetius, Handbuch der versicherungstechnischen Rückstellungen, 1996, Anm. 506). § 21 Abs. 2 KStG 1984/1991 knüpft an Abs. 1 der Vorschrift an und ergänzt diesen für den Fall, daß die für BRE gemäß § 21 Abs. 1 KStG 1984/1991 vorgesehenen Beträge zunächst einer Rückstellung zugeführt werden. Erfaßt werden von § 21 Abs. 2 Satz 1 KStG 1984/1991 daher nur Zuführungen, die aus den gemäß § 21 Abs. 1 KStG 1984/1991 als BRE abziehbaren Beträgen gespeist werden. Andernfalls liefe die Abzugsbeschränkung gemäß § 21 Abs. 1 KStG 1984/1991 leer.
2. BRE im Lebensversicherungsgeschäft werden i.S. des § 21 Abs. 1 Satz 1 KStG 1984/1991 "aufgrund des Jahresergebnisses" gewährt, wenn und soweit sie wegen der Höhe des nach den handelsrechtlichen Vorschriften ermittelten Jahresergebnisses (s. § 21 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 KStG 1984/1991) gewährt werden. Auf BRE, die unabhängig vom handelsrechtlichen Jahresergebnis aufgrund einer rechtlichen Verpflichtung gewährt werden (sog. erfolgsunabhängige BRE), ist § 21 KStG 1984/1991 nach der von der Finanzverwaltung und im Schrifttum einhellig vertretenen Auffassung nicht anzuwenden (s. Bundesminister der Finanzen --BMF--, Erlaß vom 7. März 1978 IV B 7 -S 2775- 10/78, BStBl I 1978, 160; Boetius, a.a.O., Anm. 211-213; Frotscher in Frotscher/Maas, Körperschaftsteuergesetz, § 21 Rz. 7; Goldenbaum, a.a.O., § 21 Rz. 9, 10; Eversberg in Dötsch/ Eversberg/Jost/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 21 KStG Rz. 11; Blümich/Freericks, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 21 KStG Rz. 4; Streck, Körperschaftsteuergesetz, 5. Aufl. 1997, § 21 Anm. 3; Recktenwald in Lademann, Körperschaftsteuergesetz, § 21 Rz. 2; Klein/Laube/ Schöberle, Handbuch des Körperschaftsteuerrechts, § 21 Anm. 2 a; s.a. Reichsfinanzhof --RFH--, Urteil vom 21. Mai 1940 I 112/39, RStBl 1940, 747; Senatsurteil vom 6. Dezember 1960 I 44/60 U, BFHE 72, 216, BStBl III 1961, 81).
Der erkennende Senat teilt nicht die Auffassung des FA, BRE im Lebensversicherungsgeschäft würden stets i.S. des § 21 Abs. 1 Satz 1 KStG 1984/1991 aufgrund des Jahresergebnisses gewährt. Bei einer solchen Auslegung wäre das Tatbestandsmerkmal "aufgrund des Jahresergebnisses" funktionslos. Versicherungsunternehmen erzielen in jedem Wirtschaftsjahr ein handelsrechtliches Jahresergebnis. Entweder ist es positiv oder negativ oder es beträgt Null. Das Tatbestandsmerkmal kann seine Funktion, den Anwendungsbereich der Norm zu bestimmen, nur erfüllen, wenn unter Jahresergebnis i.S. des § 21 Abs. 1 Satz 1 KStG 1984/1991 nicht jedes handelsrechtliche Jahresergebnis gleich welcher Höhe verstanden wird. BRE werden daher nicht aufgrund des Jahresergebnisses i.S. des § 21 Abs. 1 Satz 1 KStG 1984/1991 gewährt, soweit sie unabhängig von der Höhe des Jahresergebnisses zu gewähren sind, also unabhängig davon, ob dieses positiv oder negativ ist oder Null beträgt.
3. Das FG hat daher zutreffend entschieden, daß § 21 KStG 1984/ 1991 auf die von der Klägerin in den Streitjahren gewährten BRE nicht unmittelbar anzuwenden ist. Die BRE --sowohl die Direktgutschriften als auch die der RfBRE zugeführten Beträge-- wurden nicht i.S. des § 21 Abs. 1 Satz 1 KStG 1984/1991 aufgrund des Jahresergebnisses gewährt. Die Klägerin gewährte sie als Mindest-BRE unabhängig von der Höhe ihres handelsrechtlichen Jahresergebnisses. Das zeigt sich auch daran, daß für die BRE die durchschnittliche Rückgewährquote aller Lebensversicherungsunternehmen maßgebend war.
4. Entgegen der Auffassung des FG ist § 21 Abs. 1 Nr. 1 KStG 1984/1991 auch nicht entsprechend anzuwenden (gl.A. Frotscher, a.a.O., § 21 Rz. 7). Die von der Klägerin in den Streitjahren gewährten BRE sind im Hinblick auf den Zweck des § 21 Abs. 1 Nr. 1 KStG 1984/1991 nicht mit BRE vergleichbar, die aufgrund des Jahresergebnisses gewährt werden.
a) Lebensversicherungsverträge werden langfristig abgeschlossen. Meist werden bereits bei Vertragsabschluß die Beiträge und die Versicherungssummen für die gesamte Laufzeit des Vertrags festgelegt. Eine spätere Erhöhung der Beiträge wegen veränderter Verhältnisse ist den Versicherungsunternehmen dann verwehrt. Die Unternehmen müssen daher, um die Verträge dauerhaft erfüllen zu können, die Beiträge vorsichtig kalkulieren. Die Beiträge enthalten deshalb Sicherheitszuschläge, um auch Belastungen abzudecken, die sich während der Laufzeit des Vertrags aus nicht vorhergesehenen negativen Entwicklungen beim Risiko-, Zins- und Kostenverlauf ergeben können (s. Boetius, a.a.O., Anm. 471-473; Stuirbrink/Westenhoff/Reich in Beck'scher Versicherungsbilanz-Kommentar, 1998, § 341e Rz. 76-79; BTDrucks 9/1493, S. 27). Bleiben negative Entwicklungen aus oder werden sie durch nicht bereits einkalkulierte positive Entwicklungen kompensiert, entstehen beim Versicherungsunternehmen Überschüsse. Durch die an das Jahresergebnis anknüpfenden BRE sollen die Versicherungsnehmer an diesen Überschüssen aus den sog. "überhobenen Beiträgen" beteiligt werden (s. Boetius, a.a.O., Anm. 472, 473; BTDrucks 7/1470, S. 357 --zu § 24 Beitragsrückerstattungen--; s.a. RFH-Urteil vom 9. Januar 1940 I 71/39, RStBl 1940, 436 --betr. BRE im Schadenversicherungsgeschäft--). Wirtschaftlich sind solche BRE Beitragsrabatte, die das Versicherungsunternehmen nachträglich gewährt, weil es aufgrund überhobener Beiträge in dem betreffenden Wirtschaftsjahr im selbstabgeschlossenen Lebensversicherungsgeschäft ein positives Jahresergebnis vor BRE erzielt hat (vgl. Senatsurteil vom 13. November 1991 I R 45/90, BFHE 166, 335, BStBl II 1992, 429 --betr. BRE eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit (VVaG) im Schadenversicherungsgeschäft--).
b) Bei Versicherungsunternehmen in der Rechtsform des VVaG, die nur das Mitgliedergeschäft betreiben, sind erfolgsabhängige BRE ihrem Wesen nach Gewinnausschüttungen, die grundsätzlich das zu versteuernde Einkommen nicht mindern dürfen (§ 8 Abs. 3 KStG; vgl. RFH-Urteil in RStBl 1940, 747 --betr. BRE im Nichtlebensversicherungsgeschäft--). Für körperschaftsteuerpflichtige Versicherungsunternehmen anderer Rechtsformen sind sie dagegen gewinn- und einkommensmindernde Betriebsausgaben (s. Senatsurteil vom 3. Februar 1959 I 145/57 U, BFHE 68, 354, BStBl III 1959, 138 --betr. BRE im Lebensversicherungsgeschäft einer Versicherungsanstalt des öffentlichen Rechts--). Wenn für die erfolgsabhängigen BRE die allgemeinen Gewinn- und Einkommensermittlungsgrundsätze gelten würden, wären VVaG daher im Wettbewerb erheblich benachteiligt. Sie müßten die erfolgsabhängigen BRE im Gegensatz zu ihren Konkurrenten anderer Rechtsformen versteuern und könnten ihren Mitgliedern und Versicherungsnehmern überhobene Beiträge nur in geringerem Umfang erstatten. Zweck des § 21 KStG 1984/1991 ist es, soweit die Norm die BRE im Lebensversicherungsgeschäft betrifft, diesen Wettbewerbsnachteil --und nur ihn-- auszuschließen. Gesetzestechnisch geschieht dies dadurch, daß erfolgsabhängige BRE unabhängig von der Rechtsform des Versicherungsunternehmens einkommensmindernd abziehbar sind (Frotscher, a.a.O., § 21 Rz. 6; s.a. Senatsurteil in BFHE 166, 335, BStBl II 1992, 429). § 21 KStG 1984/1991 enthält insoweit eine Einschränkung des § 8 Abs. 3 KStG. Der Höhe nach wird der Abzug jedoch auf den Teil der BRE begrenzt, der aus der Beitragsüberhebung resultiert. Der Ertrag des Eigenkapitals (der sog. Nettoertrag i.S. des § 21 Abs. 1 Nr. 1 KStG 1984/1991) darf nicht als Teil der BRE einkommensmindernd abgezogen werden (s. BTDrucks 7/1470, S. 358; Boetius, a.a.O., Anm. 475 f.; BMF-Erlaß in BStBl I 1978, 160; Uhrmann, Die steuerliche Betriebsprüfung 1992, 111; zur Abzugsbegrenzung vor 1977 vgl. Senatsurteil vom 19. Februar 1969 I R 90/66, BFHE 95, 542, BStBl II 1969, 493). Die Norm enthält insoweit hinsichtlich der Aufwendungen für erfolgsabhängige BRE ein für alle körperschaftsteuerpflichtigen Versicherungsunternehmen geltendes begrenztes steuerrechtliches Abzugsverbot. Es ist unabhängig davon, ob die erfolgsabhängige BRE einem Mitglied, Gesellschafter oder Aktionär des Versicherungsunternehmens gewährt wird oder einem Dritten.
c) Die von der Klägerin in den Streitjahren gewährten BRE waren keine BRE, durch die den Versicherungsnehmern Überschüsse aufgrund überhobener Beiträge erstattet wurden. Die Klägerin erzielte in den Streitjahren keine derartigen Überschüsse. Ihre Jahresergebnisse vor BRE waren nach den tatsächlichen Feststellungen des FG auch unter Berücksichtigung der als Betriebseinnahmen anzusetzenden Erträge aus Kapitalanlagen negativ. Die Beiträge deckten somit nicht die Aufwendungen im selbstabgeschlossenen Lebensversicherungsgeschäft. Zwar wurden die Versicherungsnehmer durch die gewährten BRE wirtschaftlich so gestellt, als ob die Beiträge in den Streitjahren entsprechend überhoben gewesen wären. Dies macht die BRE aber noch nicht zu Erstattungen aufgrund überhobener Beiträge. Die vom BAV durchgesetzte Mindest-BRE hatte vielmehr --wie die Begrenzung der geschäftsplanmäßigen Erklärung der Klägerin auf die ersten fünf Geschäftsjahre zeigt-- den Zweck, die Versicherungsnehmer in Höhe der Mindest-BRE nicht mit den zu erwartenden und auch tatsächlich entstandenen Anlaufverlusten des Lebensversicherungsgeschäfts der Klägerin zu belasten (zu der vom BAV verlangten geschäftsplanmäßigen Erklärung über die Rückgewährquote s. § 81c des Versicherungsaufsichtsgesetzes --VAG-- in der in den Streitjahren geltenden Fassung; Prölss, a.a.O., 10. Aufl. 1989, § 81c; Kollhosser in Prölss, a.a.O., Nachtrag zur 10. Aufl. 1992, § 81c; ders. in Prölss, a.a.O., 11. Aufl. 1997, § 81c). Wirtschaftlich gingen die um die BRE erhöhten Anlaufverluste voll zu Lasten der Anteilseigner der Klägerin.
d) Offen bleiben kann, ob die Verluste das Einkommen mindern würden oder in ihrer Höhe verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) anzunehmen wären, wenn die Klägerin ein VVaG wäre (zu vGA bei VVaG aufgrund der Erhebung nicht kostendeckender Beiträge in der Schadenversicherung s. Senatsurteil in BFHE 166, 335, BStBl II 1992, 429). Selbst wenn bei einem VVaG ein Abzug wegen § 8 Abs. 3 KStG ausgeschlossen wäre, würde dies wegen des begrenzten Zwecks des § 21 KStG 1984/1991 (s.o. II. 4. b) keine entsprechende Anwendung der Vorschrift auf BRE rechtfertigen, die --wie im Streitfall-- keine BRE aufgrund überhobener Beiträge sind.
5. Im Streitfall muß nicht entschieden werden, ob ohne rechtliche Verpflichtung gewährte BRE (sog. freiwillige BRE) gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 KStG 1984/1991 oder in entsprechender Anwendung der Vorschrift einem Abzugsverbot unterliegen. Die Klägerin gewährte die BRE für die Streitjahre aufgrund einer rechtlichen Verpflichtung.
a) Die Klägerin war öffentlich-rechtlich verpflichtet, den Versicherungsnehmern für einen begrenzten Zeitraum die erfolgsunabhängige BRE zu gewähren. Die Verpflichtung ergab sich aus der geschäftsplanmäßigen Erklärung gegenüber dem BAV (s. Bundesgerichtshof --BGH--, Urteile vom 13. Juli 1988 IVa ZR 55/87, BGHZ 105, 140, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1988, 2734; vom 7. Februar 1996 IV ZR 155/95, Versicherungsrecht --VersR-- 1996, 486; Reimer Schmidt, a.a.O., Zus. zu § 5 Rz. 9 f.; Goldenbaum, a.a.O., § 21 Rz. 28). Ob die geschäftsplanmäßige Erklärung auch zu zivilrechtlichen Verpflichtungen der Klägerin gegenüber den Versicherungsnehmern führte --was die Klägerin vorgetragen und das FA verneint hat--, ist nicht entscheidungserheblich (zu möglichen zivilrechtlichen Ansprüchen aufgrund geschäftsplanmäßiger Erklärungen, wenn die Erklärung vom BAV veröffentlicht wurde oder wenn sie den Versicherungsnehmern bei Vertragsabschluß mitgeteilt und als Vertragsbestandteil bezeichnet worden ist, s. Urteile in BGHZ 105, 140, und VersR 1996, 486). Steuerrechtlich reicht eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung aufgrund einer geschäftsplanmäßigen Erklärung für die gewinn- und einkommensmindernde Berücksichtigung von BRE aus. Gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz KStG 1984/19991 kann die ausschließliche Verwendung der einer RfBRE zugeführten Beträge für die BRE entweder durch eine entsprechende Satzungsbestimmung oder durch eine geschäftsplanmäßige Erklärung gesichert werden. Die öffentlich-rechtliche Verpflichtung zur Gewährung einer BRE aufgrund einer geschäftsplanmäßigen Erklärung wird daher steuerrechtlich der zivilrechtlichen Verpflichtung aufgrund einer Satzungsbestimmung gleichgestellt (zur handelsrechtlichen Gleichstellung s. § 341e Abs. 2 Nr. 2 des Handelsgesetzbuches --HGB--; Boetius, a.a.O., Anm. 507, 508; Stuirbrink/Westenhoff/Reich, a.a.O., § 341e Rz. 83 f.; zur zulässigen Unterschreitung des Mindestgewinns nach § 56a Satz 2 VAG durch BRE, auf die ein Rechtsanspruch der Versicherten besteht, s. Mayer in Prölss, a.a.O., 11. Aufl. 1997, § 56a Rz. 2 f.).
b) Das Senatsurteil vom 6. August 1962 I 197/60 U (BFHE 75, 591, BStBl III 1962, 483) ist entgegen der Auffassung des FA nicht einschlägig. Es betrifft freiwillige BRE und zudem die Auslegung des § 22 Abs. 1 Nr. 2 der Körperschaftsteuer-Durchführungsverordnung 1953 (später § 6 Abs. 2 Nr. 2 KStG 1975), einer Vorgängervorschrift des § 21 Abs. 1 Nr. 2 KStG 1984/1991. Auf die Bedenken der Klägerin gegen die in dem Urteil vertretene Auffassung, freiwillige BRE unterlägen aus Gründen der Wettbewerbsneutralität des Steuerrechts (hier: der Gleichbehandlung der VVaG und der Versicherungsunternehmen anderer Rechtsformen) einem Abzugsverbot, muß der erkennende Senat daher nicht eingehen.
6. Das FG ist von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen. Sein Urteil war daher aufzuheben und die angefochtenen Bescheide waren entsprechend dem Revisionsantrag und mit den sich aus ihm ergebenden Begrenzungen (§ 96 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 121 Satz 1 FGO) wie im Tenor angegeben zu ändern.
Fundstellen
Haufe-Index 56044 |
BFH/NV 1999, 1702 |
BStBl II 1999, 739 |
BFHE 189, 364 |
BFHE 2000, 364 |
BB 1999, 2071 |
BB 1999, 2347 |
DB 1999, 2094 |
DStRE 1999, 867 |
DStZ 1999, 954 |
HFR 1999, 1007 |
StE 1999, 609 |