Entscheidungsstichwort (Thema)
Hypothekengewinnabgabe
Leitsatz (amtlich)
Ein Erlaß der Hypothekengewinnabgabeleistungen wegen ungünstiger Ertragslage des Grundstückes ist nicht ohne weiteres ausgeschlossen, wenn das Grundstück mehreren Miterben in ungeteilter Erbengemeinschaft gehört und diese das Grundstück einem der Miterben zur gewerblichen Nutzung überlassen; es ist aber auf jeden Fall eine Ertragslageberechnung durchzuführen.
Orientierungssatz
Erlaß der Hypothekengewinnabgabe einer ungeteilten Erbengemeinschaft
Normenkette
LAG § 141 Nr. 3; 7. AbgabenDV-LA §§ 1, 9
Tatbestand
Das Grundstück W war am Währungsstichtage mit drei dinglich gesicherten Verbindlichkeiten im Gesamtbeträge von 40.000 RM belastet, nach deren Umstellung im Verhältnis 10: 1 Umstellungsgrundschulden in Höhe von 37.000 DM bzw. Hypothekengewinnabgabelasten in gleicher Höhe entstanden sind. Die Hypothekengewinnabgabeleistungen 1952 belaufen sich auf insgesamt 2.400 DM.
Eigentümer des belasteten Grundstückes waren die Geschwister E., die damals noch in ungeteilter Erbengemeinschaft lebten. Sie haben um Erlaß der oben angeführten Hypothekengewinnabgabeleistungen für 1952 gebeten, weil sie aus den Grundstücksertragen nicht aufgebracht werden könnten, und weil zudem ihre Einziehung nach den persönlichen Verhältnissen der Antragsteller eine offenbare Härte bedeuten würde.
Der Antrag wurde abgelehnt.
Die Beschwerde halte keinen Erfolg. Die OFD hat ausgeführt, daß ein Ertragslageerlaß schon deshalb nicht in Betracht komme, weil das belastete Grundstück von der Miterbin Ch. zu mehr als 20 v. H. eigengewerblich genutzt worden sei. In derartigen Fällen seien die reinen Grundstückserträge nicht eindeutig zu ermitteln. Dies gelte auch dann, wenn, wie im vorliegenden Falle, die beiden übrigen Miteigentümer das Grundstück im Erlaßzeitraum nicht eigengewerblich genutzt hätten, da die Entscheidung über einen Ertragslageerlaß für das belastete Grundstück nur einheitlich erfolgen könne. Auch ein Erlaß wegen offenbarer Härte entfalle für das Kalenderjahr 1952; denn die Miterbin Ch. habe allein aus ihrem Gewerbebetriebe Einkünfte in Höhe von 4.000 DM erzielt, die Miterbin H. habe trotz mehrfacher Aufforderungen des FA ihre Einkommensverhältnisse nicht klargelegt, und auch bei K. könne eine Gefährdung des Lebensunterhaltes nicht angenommen werden. Der Letztgenannte habe zwar im Rahmen seiner Tätigkeit nur geringe Barbezüge erhalten; es dürfe aber nicht übersehen werden, daß er außer den Barbezügen auch die volle Verpflegung erhalten habe, und daß er für die Überlassung des belasteten Grundstückes an seine Schwester Ch. ebenso wie seine andere Schwester H eine angemessene Entschädigung verlangen könne. Im übrigen besäßen die Bf. noch andere Vermögenswerte, so daß sie sich, die Mittel zur Erfüllung der ihnen obliegenden Abgabeleistungen notfalls im Wege der Veräußerung von Vermögensgegenständen beschaften könnten.
Auch die Berufung ist als unbegründet zurückgewiesen worden.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde in der Rechtsverstöße insbesondere bei der Anwendung des § 5 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz der 1. HypSichDV und der 7. AbgabenDV-LA gerugt werden, muß zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung fuhren.
Den Ausführungen der Vorinstanz nach dem Urteil des BFH III 120 53 U vom 29. April 1955 BStBl 1955 III S 202. Slg. Bd. 61 S 121 scheide Erlaß der Hypothekengewinnabgabeleistungen 1952 aus Gründen der Ertragslage aus, kann nicht gefolgt werden. Es trifft zwar zu daß der erkennende Senat in dem Urteil vom 29. April 1955 ausgesprochen hat, die in § 5 Abs. 4 Satz 1. Halbsatz 1 der 1 HypSichDV getroffene Regelung auf der auch die Vorschriften der 7. AbgabenDV-LA im wesentlichen aufgebaut seien, erstrecke sich nicht auf solche Grundstücke, die nur als Teile eines gewerblichen oder land- und forstwirtschaftlichen Betriebes Bedeutung haben, weil in solchen Fällen regelmäßig die Erträge dieser Grundstücke aus dem Gesamtertrage des Betriebes nicht herausgelöst werden könnten und weil deshalb die im § 5 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 a.a.O. unter dem Gesichtspunkt der Liquidität vorgesehene Ertragsrechnung nicht durchführbar sei. Diese Ausführungen des Senats gelten aber lediglich dann, wenn es sich dabei um Grundstücke des Betriebsinhabers handelt, die von ihm eigengenutzt oder im Rahmen des Gesamtbetriebes verpachtet werden. Sie setzen also Identität des Grundstückseigentümers und des Betriebsinhabers voraus. Ist diese Voraussetzung, die im § 9 Abs. 5 der 7. AbgabenDV-LA übrigens zum Ausdruck gelangt ist, im Einzelfalle nicht erfüllt, so sind die Grundsätze des vorerwähnten Urteils des BFH nicht anzuwenden. Dies ergibt sich sinngemäß daraus, daß mangels Identität von Grundstückseigentümer und Betriebsinhaber regelmäßig nicht von eigengewerblich genutzten Grundstücken gesprochen werden kann. Im vorliegenden Falle ist Grundstückseigentümer die Erbengemeinschaft, während der Betrieb Frau Ch. gehört. Die Ertragslageberechnung im Sinne der 7. AbgabenDV-LA wäre auch dann zulässig, wenn es sich um ein reines Geschäftshaus mit ausschließlich gewerblichen Mietern handelte und das Grundstück nicht zum Betriebsvermögen eines der Mieter gehörte. Schon diese Ausführungen zeigen, daß in solchen Fällen eine Ertragsrechnung des Grundstückes nicht nur erstellt werden kann, sondern sogar erstellt werden muß, damit die Erträgnisse der Gesellschaft bzw. der Gesamthandsgemeinschaft aus dem Grundstück und damit ihre Einkünfte aus Vermietung oder Verpachtung ermittelt werden können. Der Ertrag des oder der Betriebe als solcher hat hier mit der Ertragsberechnung des Grundstückes nichts zu tun.
So liegt der Fall hier. Die drei Miterben sind die Eigentümer des Grundstückes W. gewesen, das sie ihrer Schwester und Miterbin Ch. zur alleinigen gewerblichen Nutzung für deren Gewerbe überlassen haben. Die beiden anderen Miterben sind an diesem gewerblichen Betriebe nicht beteiligt, sondern nur an den Erträgnissen des Grundstückes aus seiner Verpachtung. Diese Gebrauchsüberlassung ist die alleinige Quelle ihrer Einkünfte aus dem Grundstück W. Deshalb ist in jedem Falle eine Ermittlung der Grundstückserträge nötig und auch möglich. Soweit diese Grundstückserträge im Rahmen der Einkommensermittlung der Miterben einheitlich festgestellt sind, kann das Ergebnis zum Ausgangspunkt der Ertragsermittlung im Rahmen der 7. AbgabenDV-LA genommen werden; hierbei sind allerdings die dort festgelegten Besonderheiten der Ertragslageberechnung zu beachten. Sollte sich ergeben, daß der Pachtzins im Hinblick auf die verwandtschaftlichen Beziehungen der Grundeigentümer nur ungenau oder zu niedrig in Ansatz gebracht ist, so ist ein angemessener Pachtzins unter Berücksichtigung der Lage und der örtlichen Verhältnisse des Grundstückes zu ermitteln.
Da die Vorinstanzen es bisher unterlassen haben, eine solche Berechnung durchzuführen, war die angefochtene Entscheidung ebenso wie die Beschwerdeentscheidung der OFD schon aus diesem Grunde aufzuheben.
Die ablehnende Entscheidung der Vorinstanzen begegnet aber weiterhin auch insoweit Bedenken, als es sich um den von den Bf. begehrten Billigkeitserlaß aus Härtegründen handelt. Bei der Höhe des für 1952 rechtskräftig auf 4.000 DM geschätzten gewerblichen Einkommens der Miterbin Ch. wird für diese ein Billigkeitserlaß allerdings nicht in Betracht kommen. Anders liegen aber die Verhältnisse bei der Miterbin H. Bei dieser, die ihre Einkünfte dem FG mit 3.000 DM nachgewiesen hat, ergab sich nach Abzug der in § 10 Abs. 4 und 6 der 7. AbgabenDV-LA genannten Beträge und der Pauschbeträge für den Lebensunterhalt nach den Feststellungen des FG nur noch ein Überschuß von 400 DM. Da aber auf sie ein Drittel der für das Jahr 1952 zu erbringenden Leistungen von insgesamt 2.400 DM entfällt, würde dieser Überschuß nicht ausreichen, um die Umstellungsgrundschuld- bzw. Hypothekengewinnabgabeleistungen zu decken, wenn sich bei der endgültigen Prüfung herausstellen sollte, daß ein Ertragslageerlaß für das Grundstück auch weiterhin nicht zu gewähren ist. Noch ungünstiger liegen die Verhältnisse bei dem Miterben K, der sich im Jahre 1952 noch in Berufsausbildung befand. Dieser hat lediglich Bareinkünfte in Höhe von etwa 600–700 DM erhalten, so daß sich auch unter Hinzurechnung der freien Station, die er als Lehrling erhalten hat, nicht einmal ein Einkommen ergibt, das das Existenzminimum deckt. Welche Beträge er als Einkünfte aus dem Grundstück W erzielen konnte und erzielt hat, bleibt insoweit bedeutungslos, weil diese Einkünfte schon bei der Ertragslagaberechnung für dieses Grundstück voll erfaßt werden. Ob zur Beschaffung notwendiger Mittel eine Veräußerung der der Erbengemeinschaft sonst noch verbliebenen Grundstücke zumutbar wäre, kann ohne genaue Feststellung der Höhe des Erbschaftsvermögens und der auf die Miterben entfallenden Vermögensanteile nicht entschieden werden.
Fundstellen