Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Bei einer berufstätigen Ehefrau gehören die Aufwendungen für eine Haushälterin und Kinderpflegerin nicht zu den Werbungskosten ihrer Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit.
Normenkette
EStG § 9
Tatbestand
Die Beschwerdeführerin (Bfin.) ist Vorstandsmitglied einer AG und außerdem Mitunternehmerin einer KG. Sie ist verheiratet. Im Streitjahr 1953 gehörte zur Familie außer ihr und ihrem Ehemann ein am 8. März 1953 geborener Sohn. Das Finanzamt veranlagte die Bfin. und ihren Ehemann gemäß § 26 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1953 zusammen, ließ dabei jedoch die Einkünfte der Bfin. aus ihrer Betätigung als Vorstandsmitglied außer Betracht. Diese Einkünfte veranlagte es gesondert gemäß § 43 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung 1953 in Verbindung mit § 46 Abs. 1 Ziff. 1 EStG 1953. Bei dieser gesonderten Veranlagung der Einkünfte der Bfin. aus nichtselbständiger Arbeit lehnte das Finanzamt es ab, die von der Bfin. mit 2.799 DM als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen für eine als Haushälterin und Kinderpflegerin beschäftigte Angestellte zu berücksichtigen. Der Steuerausschuß erkannte dagegen in der Einspruchsentscheidung diese Aufwendungen als Werbungskosten an. Auf die Berufung des Vorstehers des Finanzamts hob das Finanzgericht die Einspruchsentscheidung auf und stellte die ursprüngliche Steuerfestsetzung wieder her, also ohne Berücksichtigung der streitigen Aufwendungen.
Das Finanzgericht führte aus: Wenn Aufwendungen eines Steuerpflichtigen, die der Erwerbung, Sicherung und Erhaltung seines Arbeitslohns dienten, gleichzeitig auch die private Lebensführung beträfen, so könnten sie nach § 12 Ziff. 1 EStG nur insoweit als Werbungskosten berücksichtigt werden, als sie von dem auf das Privatleben entfallenden Teil leicht und eindeutig getrennt werden könnten. Aufwendungen für eine Haushälterin oder Kinderpflegerin seien steuerlich nicht anders zu beurteilen als die für eine Hausgehilfin, zumal diese Bezeichnungen weitgehend von der persönlichen Anschauung der Steuerpflichtigen abhingen. In der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (Urteil VI A 1317/28 vom 7. November 1928, RStBl 1929 S. 61) seien Aufwendungen für eine Hausgehilfin auch bei Berufstätigkeit der Hausfrau nicht als beruflich veranlaßt angesehen worden. Hieran sei festzuhalten. Nach der in dieser Frage nicht zu entbehrenden typischen Betrachtungsweise seien die Aufwendungen für eine Hausgehilfin der privaten Sphäre zuzurechnen. Damit entfalle die Möglichkeit einer Berücksichtigung im Rahmen der Werbungskosten. Eine Steuerermäßigung gemäß § 33 EStG 1953 komme wegen dieser Kosten gleichfalls nicht in Betracht. Die Bfin. habe im Streitjahr Einkünfte von insgesamt etwa 50.000 DM und bei der Vermögensermittlung auf den 1. Januar 1952 ein Gesamtvermögen von etwa 103.000 DM gehabt. Bei derartig günstigen sozialen Verhältnissen sei die Beschäftigung einer Haushälterin oder einer Hausgehilfin nicht als außergewöhnlich im Sinne dieser Vorschrift anzusehen.
Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) wird Verletzung des § 9 EStG, hilfsweise des § 33 EStG 1953 gerügt. Das Finanzgericht habe verkannt, daß eine Kinderpflegerin einer Hausgehilfin nicht gleichzustellen sei. Im Gegensatz zu einer Hausgehilfin leiste eine Kinderpflegerin, eine Haushälterin oder eine Wirtschaftsleiterin eine qualifizierte Arbeit und nicht lediglich Hilfsdienste. Die Kinderpflegerin sei von ihr neben der bereits seit 1951 beschäftigten Hausgehilfin eingestellt worden, um ihr die weitere Ausübung der Berufstätigkeit als Vorstandsmitglied zu ermöglichen. Da ihr Ehemann in diesem Jahr auswärts studiert habe, sei sie die einzige Ernährerin der Familie gewesen. Da die Aufwendungen für die Haushälterin und Kinderpflegerin demnach in unmittelbarem Zusammenhang zu ihren Arbeitseinkünften gestanden hätten, stellten sie Werbungskosten dar. Auch die vom Finanzgericht angeführte typische Betrachtungsweise könne zu keiner anderen Beurteilung führen; denn ihre Tätigkeit unterscheide sich wesentlich von der anderen berufstätiger Frauen. Wenn man die streitigen Kosten nicht zu den Werbungskosten rechne, müßten sie jedoch im Rahmen des § 33 EStG als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden. Sie sei nämlich im Gegensatz zur Mehrzahl der anderen Steuerpflichtigen in gleichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen gezwungen, eine Haushälterin und Kinderpflegerin zu beschäftigen. Nach Abzug der Aufwendungen für diese Hausangestellte sei ihr ein verfügbares Einkommen von 26.200 DM verblieben. Da ihr Vermögen infolge zu hoher Bewertung der Aktien nur mit 90.000 DM anzusetzen sei und es auch nicht leicht verwertet werden könne, widerspreche die Ablehnung des § 33 EStG 1953 in der Vorentscheidung dem geltenden Recht.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist im Streitpunkt nicht begründet.
Die Bfin. begehrt den Abzug der durch die Beschäftigung einer Haushälterin und Kinderpflegerin entstandenen Aufwendungen in erster Linie als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Es mag zutreffen, daß die Einstellung der Angestellten zu einem nicht unerheblichen Teil vorgenommen wurde, um der Bfin. die Fortführung ihrer Berufstätigkeit zu ermöglichen. Wesentlich ist jedoch, daß die Angestellte ihre Arbeit ausschließlich im Haushalt der Bfin. geleistet hat. Da sie demnach nur innerhalb der privaten Lebenssphäre der Bfin. tätig geworden ist, kann nicht angenommen werden, daß die private Lebensführung der Bfin. durch die Kosten der Haushälterin nicht berührt worden ist. Die streitigen Beträge wurden daher - wie das Finanzgericht in übereinstimmung mit der Lebenserfahrung angenommen hat - mindestens zum Teil auch für private Zwecke aufgewendet. § 12 Ziff. 1 EStG bestimmt, daß in derartigen Fällen eine Berücksichtigung der aus beruflichen und privaten Gründen erwachsenen Kosten nur dann möglich ist, wenn der auf den Beruf entfallende Anteil von den gesamten Aufwendungen einwandfrei ausgeschieden werden kann. Das Finanzgericht hat für den vorliegenden Fall eine solche Aufteilung als unmöglich bezeichnet. Diese auf dem Gebiet der Tatsachenwürdigung liegende Feststellung bindet den Senat gemäß § 288 Ziff. 1 der Reichsabgabenordnung, da sie weder einen Rechtsirrtum noch einen Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten erkennen läßt. Es entspricht dem geltenden Recht, wenn das Finanzgericht auf Grund dieser Feststellung gemäß § 12 Ziff. 1 EStG die Zurechnung der streitigen Aufwendungen zu den Werbungskosten in vollem Umfang abgelehnt hat. Diese Entscheidung stimmt auch überein mit dem Urteil des Bundesfinanzhofs I 105/57 U vom 10. Dezember 1957 (BStBl 1958 III S. 70, Slg. Bd. 66 S. 178), das die Berücksichtigung der Aufwendungen für eine Hausgehilfin als Betriebsausgaben abgelehnt hat, die beschäftigt wurde, um der Hausfrau eine Betätigung in einem Gewerbebetrieb zu ermöglichen, an dem sie als Gesellschafterin beteiligt war.
Zu dem gleichen Ergebnis zwingt aber noch eine andere überlegung. Das EStG 1934 sah erstmals in § 10 Abs. 1 Ziff. 1 für jeden vollen Kalendermonat, in dem ein Steuerpflichtiger eine Hausgehilfin beschäftigte, einen Abzug von 50 RM als Sonderausgaben vor. Als dieser Sonderausgabenabzug durch das Gesetz zur änderung des Einkommensteuergesetzes vom 17. Februar 1939 (Reichsgesetzblatt 1939 I S. 283) beseitigt wurde, ließ die Finanzverwaltung in den Einkommensteuer-Richtlinien - EStR - (zuerst im Abschnitt 83 EStR 1939, zuletzt in Abschnitt 152 EStR 1953) für einzelne Fälle eine Berücksichtigung der durch die Beschäftigung einer Hausgehilfin entstandenen Kosten als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG zu. Es handelte sich hierbei, wie ausdrücklich festgestellt wurde, um eine abschließende Regelung. Als der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Neuordnung von Steuern vom 16. Dezember 1954 (BGBl 1954 I S. 373) für einige Fälle der außergewöhnlichen Belastungen, bei deren Bearbeitung sich in der Praxis besondere Schwierigkeiten ergeben hatten, eine gesetzliche Typisierung vornahm, bezog er auch die Steuerermäßigung wegen Beschäftigung einer Hausgehilfin in diese Regelung ein. Er wollte durch den neuen § 33a EStG 1955 abschließend regeln, wann und in welcher Weise bei den in dieser Bestimmung behandelten Gruppen von Aufwendungen eine Ermäßigung der Einkommensteuer vorgenommen werden darf (vgl. hierzu die in dem Urteil des Bundesfinanzhofs VI 144/55 U vom 9. Juli 1958 mitgeteilte Stellungnahme des Bundesministers der Finanzen zu § 33a EStG 1955 in BStBl 1958 III S. 407, Slg. Bd. 67 S. 346). Auf diese Weise sollte unter anderem auch eine einheitliche Berücksichtigung aller Fälle erreicht werden, in denen der Gesetzgeber wegen Beschäftigung einer Hausgehilfin eine Steuerermäßigung für vertretbar hielt. Aus der Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift und der in ihr vorgenommenen genauen Festlegung der Voraussetzungen, unter denen die Beschäftigung einer Hausgehilfin zu einer Minderung der Einkommensteuer führen kann, muß gefolgert werden, daß in anderen, in § 33a Abs. 3 EStG 1955 nicht behandelten Fällen eine Berücksichtigung bei der Einkommensbesteuerung nicht gewollt ist. Es muß angenommen werden, daß hierdurch für diese anderen Fälle nicht nur eine Herabsetzung der Einkommensteuer im Rahmen der außergewöhnlichen Belastung, sondern in gleicher Weise auch durch andere Abzugsmöglichkeiten (Werbungskosten und Betriebsausgaben) ausgeschlossen werden sollte. § 33a EStG 1955 gilt allerdings noch nicht für den hier streitigen Veranlagungszeitraum 1953. Da die für das Jahr 1953 maßgebende Regelung in Abschnitt 152 EStR 1953 jedoch weitgehend mit § 33a EStG 1955 übereinstimmt, kann nicht zweifelhaft sein, daß die Erwägungen, die in § 33a Abs. 3 EStG 1955 zum Ausdruck gekommen sind, auch der vorhergehenden verwaltungsmäßigen Regelung zugrunde gelegen haben. Es ist also auch für den Veranlagungszeitraum 1953 davon auszugehen, daß der Gesetzgeber eine steuerliche Berücksichtigung der Aufwendungen für Hausgehilfinnen nur im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen zulassen wollte.
Die Bfin. bestreitet zwar, daß ihre Hausangestellte eine Hausgehilfin im Sinne des Abschnitts 152 EStR 1953 (ß 33a Abs. 3 EStG 1955) gewesen ist; denn sie habe im Gegensatz zu Haus- "Gehilfinnen" als Haushälterin und Kinderpflegerin selbständige Arbeit geleistet. Dieser Einwand ist nicht erheblich. Der Senat hat in dem Urteil VI 260/57 U vom 13. Februar 1959 (BStBl 1959 III S. 170) entschieden, daß als Hausgehilfin im Sinne dieser Bestimmungen alle mit hauswirtschaftlichen Arbeiten beschäftigten Frauen anzusehen sind, die in die häusliche Gemeinschaft ihres Arbeitgebers aufgenommen sind oder im Tagesdurchschnitt mindestens acht Stunden dort beschäftigt sind, ohne daß es darauf ankommt, ob sie "einfache" häusliche Arbeiten verrichten. Eine Haushälterin gehört hiernach zu den Hausgehilfinnen, bei deren Beschäftigung ab 1955 allenfalls gemäß § 33a EStG 1955 und für die vorhergehenden Jahre gemäß § 33 EStG eine Ermäßigung der Einkommensteuer eintreten kann.
Fundstellen
Haufe-Index 409354 |
BStBl III 1959, 247 |
BFHE 1959, 649 |
BFHE 68, 649 |