Leitsatz (amtlich)
1. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung besteht ein widerlegbarer Anschein dafür, daß in einer Gastwirtschaft bei Tanzveranstaltungen spielende, nebenberuflich tätige Musiker Arbeitnehmer des Gastwirts sind.
2. Ein Arbeitsverhältnis zum Gastwirt ist jedoch in der Regel zu verneinen, wenn die Kapelle gegenüber Dritten als selbständige Gesellschaft oder der Kapellenleiter als Arbeitgeber der Musiker aufgetreten ist.
2. Spielt eine Kapelle nur gelegentlich (etwa nur für einen Abend oder an einem Wochenende) bei einem Gastwirt zum Tanz auf, so ist in der Regel eine Selbständigkeit der Kapelle gegenüber dem Gastwirt anzunehmen.
Normenkette
EStG 1967/69 § 19 Abs. 1; EStG 1967/69 § 38 Abs. 1; EStG 1967/69 § 38 Abs. 3; LStDV 1965/68 § 1 Abs. 3; LStDV 1965/68 § 46
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger und Revisionskläger (Kläger) für nicht abgeführte Lohnsteuer der bei ihm in den Streitjahren regelmäßig nur an den Wochenenden oder an Feiertagen für Tanzveranstaltungen beschäftigten Musiker mehrerer Kapellen im Wege der Haftung in Anspruch genommen werden durfte.
Auf Grund des Ergebnisses einer Lohnsteueraußenprüfung, die den Prüfungszeitraum vom 14. Juni 1967 bis zum 15. Juli 1969 - z. T. bis einschließlich August 1969 - umfaßt hatte, erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) gegen den Kläger nach § 38 Abs. 3 EStG und § 46 LStDV am 23. Oktober 1969 einen Haftungsbescheid, durch den 3 322,76 DM Lohnsteuer sowie 161,75 DM röm.-kath. und 72,83 DM ev.-luth. Kirchensteuer, insgesamt mithin ein Betrag von 3 557,34 DM, nachgefordert wurden. Als Begründung hierfür gab das FA an, daß der Kläger die Lohnsteuer für Löhne nicht ordnungsgemäß einbehalten und an das FA abgeführt habe, die einmal an das Bedienungs- und Küchenpersonal sowie zum anderen an die bei ihm beschäftigten Musiker gezahlt worden seien. Die vom Prüfer ermittelten Löhne wurden pauschal in Höhe von 10 % der Lohnsteuer unterworfen. Von diesem Steuerbetrag setzten der Prüfer und im folgend das FA 7 % für Kirchensteuern an, die sie zu 2/3 der röm.-kath. und zu 1/3 der ev.-luth. Landeskirche zurechneten. Von dem Steuerbetrag von insgesamt 3 557,34 DM entfielen 1 349,26 DM Lohnsteuer, 69,67 DM röm.-kath. und 26,78 DM ev.-luth. Kirchensteuer - mithin zusammen 1 445,71 DM - auf die an das Bedienungs- und Küchenpersonal gezahlten Löhne. Hierüber besteht kein Streit mehr zwischen den Beteiligten.
Zu Unrecht belastet fühlt sich der Kläger dagegen mit den Lohnsteuern, die das FA für die an die Musiker gezahlten Entgelte angesetzt hat. Das FG, das zu dem Rechtsstreit sechs der ihm bekanntgewordenen Kapellenleiter nach § 60 Abs. 1 FGO beigeladen hatte, hat die Haftungsbeträge herabgesetzt, und zwar bei der Lohnsteuer von 1 973,50 DM auf 1 367,20 DM, bei der röm.-kath. Kirchensteuer von 92,08 DM auf 63,20 DM und bei der ev.-luth. Kirchensteuer von 46,05 DM auf 31,90 DM. Es vertrat im wesentlichen die folgende Auffassung:
Die Mehrzahl der bei dem Kläger an den Wochenenden aufspielenden Musiker seien nach dem Gesamtbild ihrer Tätigkeit seine Arbeitnehmer gewesen. Daran vermöge die Tatsache nicht zu ändern, daß diese stets aus vier Personen bestehenden Kapellen regelmäßig nur eine kurze Zeitspanne für den Kläger tätig gewesen seien. Ebensowenig sei von Bedeutung, daß der Kläger nur mit dem Kapellenleiter verhandelt sowie diesem "möglicherweise" die Zusammenstellung der Kapelle überlassen habe. Gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses spreche auch nicht der Umstand, daß stets ein Pauschalhonorar für die gesamte Kapelle vereinbart worden sei, der Kläger somit auf die Verteilung der Gesamtvergütung an die einzelnen Mitglieder der Kapellen keinen Einfluß genommen habe. Eine Arbeitnehmerstellung könne lediglich dann nicht angenommen werden, wenn es sich entweder um eine festgefügte Kapelle handele, deren Kapellenleiter selbst Arbeitgeber sei und Lohnsteuer für die Musiker abführe, oder wenn die Kapelle sich zu einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts zusammengeschlossen und auch die steuerlichen Konsequenzen gezogen, insbesondere die Erklärungen zur einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung abgegeben habe. Soweit es hierzu bei einigen Kapellen solche Feststellungen habe treffen können, habe es den Kläger von der Haftung freigestellt. Eine Inanspruchnahme des Klägers sei auch bzgl. vier weiterer Musiker nicht gerechtfertigt, da sie zur Einkommensteuer veranlagt würden. Bei der Haftung des Klägers für die Lohnsteuer der übrigen Musiker sei zu beachten, daß das FA nicht einen pauschalierten Steuersatz nach § 35 b Abs. 1 Nr. 2 LStDV habe anwenden dürfen. Eine zutreffende Ermittlung dieser Steuerbeträge würde insoweit aber zum Ansatz einer höheren Haftungssumme führen. Das sei wegen des Verböserungsverbots nicht zulässig.
Der Kläger rügt mit der Revision mangelhafte Sachaufklärung durch das FG sowie die Verletzung materiellen Rechts, und zwar mit folgender Begründung:
Das FG habe seiner Entscheidung einen nicht zutreffenden Sachverhalt zugrunde gelegt. Abgesehen von einigen Ausnahmen habe es die Musiker als seine - des Klägers - Arbeitnehmer behandelt, obwohl er stets nur mit dem Kapellenleiter Vereinbarungen getroffen habe, die sich einmal auf die pauschale Vergütung sowie auf die Zeiten bezogen habe, in denen die Kapellen bei ihm hätten auftreten sollen. Irgendwelche Arbeitgeberfunktionen und damit verbundene soziale Verpflichtungen habe er bei diesen Vereinbarungen weder übernehmen wollen, noch habe er sie übernommen. Das ergebe sich schon daraus, daß er auf die Besetzung der Kapellen an den vereinbarten Beschäftigungstagen keinen Einfluß genommen, sondern dies stets dem Kapellenleiter überlassen habe. Wenn das FG insoweit hinsichtlich seines - des Klägers - Vorbringens Zweifel gehegt habe, hätte es Beweis erheben müssen. Das sei jedoch nicht geschehen.
Statt dessen habe sich das FG in dem angefochtenen Urteil zu der Behauptung verstiegen, es komme für die Frage, ob ein Arbeitsverhältnis begründet worden sei oder nicht, auf den Vortragswillen nicht an. Die steuerrechtliche Beurteilung müsse indessen an das anschließen, was die Vertragspartner bürgerlich-rechtlich vereinbart hätten. Jede andere Rechtsfindung beruhe auf Willkür. Das gelte hier in besonderem Maße, da das FG - soweit möglich - die einzelnen Musiker ermittelt hätte, so daß das FA in der Lage gewesen wäre, diese unmittelbar der Besteuerung zu unterwerfen. Unter diesen Umständen sei es ermessensfehlerhaft, wenn an der Haftung durch den "Arbeitgeber" festgehalten werde.
Der Kläger beantragt,
1. den Lohnsteuerhaftungsbescheid des beklagten FA auf folgende Beträge abzuändern:
Lohnsteuer 1 349,26 DM
kath. Kirchensteuer 69,67 DM
ev. Kirchensteuer 26,78 DM
insgesamt 1 445,71 DM
2. die Kosten des Verfahrens einschließlich der für das Einspruchsverfahren dem beklagten FA aufzuerlegen mit Ausnahme der Kosten, welche in Anbetracht des anerkannten Haftungsbetrages entstanden waren.
Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen, und verweist zur Begründung auf die seiner Auffassung nach zutreffenden Ausführungen des FG.
Sämtliche Beteiligten - unter Einschluß der Beigeladenen - haben auf die mündliche Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung der Sache an das FG.
Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß ein Haftungsanspruch nach § 38 Abs. 3 EStG i. V. m. § 46 LStDV gegenüber dem Kläger nur dann und insoweit besteht, als die bei ihm beschäftigten Musiker nach dem Gesamtbild ihrer Tätigkeit seine Arbeitnehmer im Sinne des § 19 Abs. 1 EStG i. V. m. § 1 Abs. 3 LStDV gewesen sind. Es hat daher entsprechend der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Urteile vom 11. Juni 1968 VI R 102/67, BFHE 93, 135, BStBl II 1968, 726; vom 2. Oktober 1968 VI R 233/67, BFHE 94, 215, BStBl II 1969, 142; vom 2. Oktober 1968 VI R 323/67, BFHE 94, 222, BStBl II 1969, 143; vom 16. April 1971 VI R 153/68, BFHE 102, 370, BStBl II 1971, 656, und vom 9. August 1974 VI R 40/72, BFHE 113, 235, BStBl II 1974, 720) die Arbeitnehmereigenschaft der Musiker verneint, die einer festgefügten, im Rahmen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts organisierten und als solche von dem zuständigen FA steuerlich erfaßten Kapelle angehört haben. Hinsichtlich der an diese Musiker gezahlten Entgelte hat das FG den Kläger zu Recht von der Lohnsteuerhaftung freigestellt. Es hat eine Inanspruchnahme des Klägers im Wege der Haftung vor der Inanspruchnahme der Arbeitnehmer als Steuerschuldner auch bei den Musikern verneint, die in den Streitjahren zur Einkommensteuer veranlagt worden sind.
Im Streit verblieben ist die Lohnsteuerhaftung für die Zahlung von Entgelten an solche, nicht zur Einkommensteuer veranlagte Musiker, die nicht als Gesellschaft bürgerlichen Rechts beim zuständigen FA für Zwecke der einheitlichen Gewinnfeststellung nach § 215 Abs. 1 und 2 Nr. 2 AO sowie bei der Gewerbe- und Umsatzsteuer steuerlich erfaßt waren und deren Leiter auch nicht ihre Arbeitgebereigenschaft in bezug auf die bei ihnen mitwirkenden Musiker und die Erfüllung der sich für sie, die Leiter, daraus ergebenden steuerlichen Pflichten (Abführung von Lohn- und Umsatzsteuer) glaubhaft dartun konnten.
Der Senat hat in den oben bezeichneten Urteilen es stets als beachtenswertes Indiz für die Selbständigkeit einer Kapelle angesehen, wenn u. a. die genannten steuerlichen Folgerungen aus der behaupteten Selbständigkeit gezogen waren. In diesem Sinn waren in den obigen Urteilen auch die Ausführungen des Senats zu verstehen, daß die Selbständigkeit dann zu bejahen sei, wenn es sich bei den beschäftigten Musikern um Angehörige einer weithin bekannten Kapelle gehandelt habe. Denn bei Kapellen dieser Art kann in der Regel von einer festgefügten Organisation und daher im allgemeinen auch von der ordnungsmäßigen Erfüllung der ihnen obliegenden steuerlichen Pflichten ausgegangen werden.
Das FG hat jedoch die Rechtsprechung des Senats mißverstanden, wenn es meint, die vorstehend erörterten Tatbestandsmerkmale, nämlich die festgefügte Organisation der Gesellschaft oder die Arbeitgebereigenschaft des Kapellenleiters und die Erfüllung der der Gesellschaft oder dem Kapellenleiter obliegenden steuerlichen Verpflichtungen stellten die einzigen Abgrenzungskriterien dar mit der Folge, daß ihre Nichterfüllung eine unwiderlegliche Vermutung für die Nichtselbständigkeit der Musiker im Verhältnis zum Gastwirt schaffe. Die Frage, ob Musiker Arbeitnehmer des Gastwirts sind, muß vielmehr auf der Grundlage der Kriterien entschieden werden, die allgemein als Voraussetzungen für die Annahme eines Arbeitsverhältnisses anerkannt sind. Danach ist u. a. erforderlich, daß- entsprechend der Begriffsbestimmung der nichtselbständigen Arbeit in § 1 Abs. 2 und 3 LStDV - eine Eingliederung in das Unternehmen als abhängiges, unselbständiges Glied gegeben ist (z. B. Urteil vom 18. Januar 1974 VI R 221/69, BFHE 111, 326, BStBl II 1974, 301). Für die Beurteilung ist dabei, wie der Senat in der Entscheidung VI R 221/69 ebenfalls erneut bestätigt hat, das Gesamtbild der Verhältnisse maßgebend. Zu dem Gesamtbild gehören auch Verträge, in denen die Beteiligten ihre bürgerlich-rechtlichen Rechtsbeziehungen geregelt haben (vgl. Urteil VI R 102/67), sofern die Beteiligten nach den Verträgen verfahren sind, sie also durchgeführt haben. Maßgebend sind dabei nicht die von den Beteiligten gewählten Bezeichnungen; entscheidend ist vielmehr, als was das Verhältnis sich nach seiner tatsächlichen Durchführung darstellt. In diesem Sinne hätte das FG, wie der Kläger zu Recht nach § 118 Abs. 3 Satz 1 FGO gerügt hat, seine Beweiserhebung nicht allein auf die Erfüllung steuerlicher Pflichten durch die Musiker beschränken dürfen. Es hätte insbesondere unter Ausschöpfung relevanter Beweismittel prüfen müssen, ob nach dem Gesamtbild Arbeitsverhältnisse zwischen den Beteiligten vorlagen. Denn auch dann, wenn jemand - wie hier u. U. die Musiker bzw. deren Kapellenleiter - seinen steuerlichen Pflichten nicht nachgekommen ist, kann er gleichwohl selbständig gewesen sein, allerdings mit der möglichen Folge, daß sein steuerliches Fehlverhalten als Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit im Sinne der §§ 391 ff. AO zu werten ist. Da das FG von anderen Überlegungen ausgegangen ist, war seine Entscheidung aufzuheben und die Sache nach § 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen. Dabei wird das FG von folgenden Erwägungen ausgehen müssen:
1. Wenn ein Sachverhalt keine der nachstehend aufgezeigten Besonderheiten erkennen läßt, spricht ein auf allgemeiner Lebenserfahrung beruhender (widerlegbarer) Anschein dafür, daß in einer Gaststätte zum Tanz spielende, nebenberuflich tätige Musiker Arbeitnehmer des Gastwirts sind. Diese Auffassung folgt aus der Überlegung, daß der Gastwirt der eigentliche Veranstalter ist und die Musiker von ihm im Rahmen seiner Veranstaltungen zur Befriedigung der Bedürfnisse der Gäste ebenso eingesetzt werden wie das andere Bedienungspersonal der Gaststätte. Für den Gastwirt sind die Tanzveranstaltungen ein Teil seines Angebots an die Öffentlichkeit, mit dem er das interessierte Publikum anziehen und das Verzehrbedürfnis anregen will. Die Gäste sehen in den Tanzgelegenheiten eine wesentliche Leistung des Wirtes, die sie für ihre Verzehrausgaben mitverlangen.
Der Sachverhalt unterscheidet sich insoweit grundsätzlich von den Fällen, daß eine Privatperson Musiker zur Gestaltung einer Feier (Hochzeit und dergleichen) oder daß z. B. auch ein Hauseigentümer Bauhandwerker zur Errichtung einer Garage (sog. Schwarzarbeiter-Urteil vom 21. März 1975 VI R 60/73, BFHE 115, 466, BStBl II 1975 513) beschäftigt; denn in diesen Beispielsfällen kann von einer Eingliederung in einen Betrieb oder ein Unternehmen in der Regel nicht gesprochen werden.
2. Bei einer zeitlich nur kurzen Berührung mit dem Betrieb des Auftraggebers ist die Eingliederung des Beauftragten besonders sorgfältig zu prüfen (vgl. Urteil des BFH vom 24. November 1961 VI 183/59 S, BFHE 74, 97, BStBl III 1962, 37). Dabei kann auch die Eigenart der Tätigkeit bedeutsam sein. Bei einfachen Arbeiten, vor allem bei Handarbeiten, ist eher eine Eingliederung in den Betrieb anzunehmen als bei gehobenen Arbeiten, in denen die Weisungsbefugnis des Auftraggebers sich mehr auf äußere und organisatorische Dinge beschränkt, während im übrigen der Beauftragte in der Gestaltung seiner Arbeit freie Hand hat. Soweit der Senat in diesem Urteil die Tätigkeit von Musikern, die in Gaststätten und in Cafes spielen, als einfache Arbeiten in diesem Sinne angesehen hat, hält der Senat an dieser Beurteilung nicht fest. Man wird deshalb in der Regel kein Arbeitsverhältnis zwischen Gastwirt und Kapellenmitgliedern annehmen können, wenn die Kapelle vom Gastwirt nur gelegentlich, etwa für einen Abend oder für ein Wochenende, verpflichtet worden ist. Von ähnlichen Grundsätzen geht die Finanzverwaltung auch bei Prüfung der Frage aus, ob gastspielverpflichtete Künstler bei Theaterunternehmen und ob Künstler und Angehörige verwandter Berufe bei ihrer Tätigkeit für Rundfunkanstalten als selbständig oder unselbständig anzusehen sind (vgl. Abschn. A I 2 und A II letzter Absatz des Erlasses des BdF vom 27. Juni 1975 IV B 6 - S 2365 - 8/75, BStBl I 1975, 923).
3. Haben sich die Mitglieder einer Kapelle zu einer Personengesellschaft zusammengeschlossen, so sind regelmäßig Rechtsbeziehungen nur zwischen Gastwirt und Gesellschaft gegeben. Die Gesellschaft übt eine selbständige Tätigkeit aus; Rechtsbeziehungen zwischen dem Gastwirt und den einzelnen Kapellenmitgliedern bestehen nicht, so daß auch keine Arbeitsverhältnisse vorliegen können. Die Kapellenmitglieder sind in der Regel auch dann keine Arbeitnehmer des Gastwirts, wenn der Kapellenleiter Arbeitgeber der Kapellenmitglieder ist, wenn also zwischen dem Kapellenleiter und den Musikern echte Arbeitsverhältnisse vorliegen. Es muß in einem solchen Fall im allgemeinen davon ausgegangen werden, daß der Kapellenleiter nicht nur als Arbeitgeber der Musiker, sondern auch gegenüber dem Gastwirt selbständig tätig ist und daß die Musiker nicht ein zweites Arbeitnehmerverhältnis zum Gastwirt begründet haben.
Dies wird insbesondere dann anzunehmen sein, wenn die Gesellschaft beim FA zur einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung erfaßt ist oder wenn in dem anderen Beispielsfalle der Kapellenleiter als zur Einbehaltung von Lohnsteuern verpflichteter Arbeitgeber beim FA geführt wird. Indessen kann der Nachweis, daß entsprechende Vereinbarungen durchgeführt worden sind, auch in anderer Weise erbracht werden, z. B. indem die Gesellschaft oder der Kapellenleiter nach außen hin auf Briefbögen oder im sonstigen Schriftverkehr als Träger der Kapelle gekennzeichnet werden oder in diesem Sinne nachhaltig gegenüber Behörden usw. auftreten. Sind entsprechende Feststellungen möglich, so ist die zu 1 dargestellte Vermutung von Arbeitsverhältnissen zum Gastwirt als widerlegt anzusehen.
4. Das FG wird unter Berücksichtigung der aufgezeigten Gesichtspunkte im Streitfall alle Umstände des Einzelfalles, die hiernach für die Entscheidung von Bedeutung sein könnten, von Amts wegen aufzuklären und zu würdigen haben. Wenn eine Aufklärung des Sachverhalts nicht möglich ist oder zu keinem eindeutigen Ergebnis führt, sind für die Entscheidung die unter 1 Abs. 1 aufgezeigten Grundsätze zu beachten. Insbesondere wird das FG entsprechend diesen Ausführungen bei der Kapelle "S" zu ermitteln haben, ob sie nach den bisher vom FG nicht überprüften Angaben ihres Leiters als Gesellschaft bürgerlichen Rechts organisiert ist. Das FG muß auch dazu Stellung nehmen, ob etwa mit der behaupteten Eintragung in dem zuständigen Gewerberegister "als Kleinkapelle im Nebenberuf" die Durchführung der Vereinbarungen hinreichend dargetan ist; von Bedeutung ist auch, ob die Kapelle die Mindestgewerbesteuer an die zuständige Gemeinde abgeführt hat. Zudem hat diese Kapelle nach den Feststellungen des FG nur an zwei Abenden bei dem Kläger zum Tanz aufgespielt.
Im Hinblick auf die Zurückverweisung der Sache an das FG brauchte der Senat nicht dazu Stellung zu nehmen, ob die Vorinstanz - soweit nach ihrer Auffassung Steuerherabsetzungen in Betracht kamen - diese zu Recht nicht mit den in den Fällen anderer Kapellen errechneten Steuererhöhungen wegen des Verböserungsverbots saldiert hat.
Fundstellen
Haufe-Index 72183 |
BStBl II 1977, 178 |
BFHE 1977, 465 |