Leitsatz (amtlich)
Der VIII. Senat schließt sich der Rechtsprechung des VI. Senats (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs vom 6. Juli 1966 VI 124/65, BFHE 86, 578, BStBl III 1966, 584, und vom 24. November 1967 VI R 274/66, BFHE 91, 39, BStBl II 1968, 260) an, nach der bei bürgerlich-rechtlich wirksamer Nießbrauchsbestellung zugunsten einer gesetzlich unterhaltsberechtigten Person die Anwendbarkeit des § 12 Nr. 2 EStG nur ausgeschlossen ist, wenn der Nießbrauchberechtigte die Nutzung tatsächlich selbst zieht, d. h. wenn er z. B. ein Grundstück in Besitz nimmt und es verwaltet.
Normenkette
EStG § 12 Nr. 2
Tatbestand
Streitig ist die Anerkennung von Zuwendungen des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) an seine beiden Töchter als Betriebsausgaben, und zwar:
1. ......,
2. einer Zahlung des Klägers in Höhe von 2 480 DM an seine Tochter B als Miete Dezember 1966 für die Betriebsgrundstücke, an denen der Kläger dieser den Nießbrauch eingeräumt hatte.
Der Kläger fertigt ...... Instrumente im eigenen Betrieb, in dem 50 Arbeitnehmer beschäftigt, darunter hochdotierte technische und nichttechnische Angestellte waren.
......
Am 30. Dezember 1966 räumte der Kläger seiner Tochter B, geb. am 12. November 1953, in notarieller Urkunde den Nießbrauch an seinen Betriebsgrundstücken für die Zeit vom 1. Januar 1966 bis zur Vollendung ihres 18. Lebensjahres ein. Am 28. Dezember 1966 überwies der Kläger an seine Tochter 28 780 DM als "Miete für die Zeit vom 1.1. bis 31.12. 1966". Einen Miet- oder Pachtvertrag über die Betriebsgrundstücke hat der Kläger mit seiner Tochter nicht abgeschlossen.
Der Kläger buchte diese Zuwendungen an seine beiden Töchter unter den Ansätzen "Sonstige Kosten" bzw. "Raumkosten" mit der Folge, daß der erklärte Gewinn aus Gewerbebetrieb um diese Beträge gekürzt worden war. Dieser wurde im Einkommensteuerbescheid vom 22. Januar 1969 in Höhe von 183 874 DM übernommen. Erst später wurde vom Beklagten und Revisionsbeklagten (FA) festgestellt, daß der Kläger die Zahlungen an seine Töchter als Betriebsausgaben behandelt hatte. Da es sich bei diesen Zahlungen nach Auffassung des FA um nicht abzugsfähige Zuwendungen i. S. des § 12 Nr. 2 EStG handelte, wurde die Veranlagung des Klägers zur Einkommensteuer 1966 durch Steuerbescheid vom 16. Mai 1969 gemäß § 222 Abs. 1 AO entsprechend berichtigt.
Einspruch und Klage, die der Kläger für das an die Tochter S gezahlte Honorar auf den Betrag von 12 500 DM und für die an die Tochter B gezahlte Jahresmiete auf den den Dezember 1966 betreffenden Teilbetrag von 2 480 DM beschränkte, blieben ohne Erfolg.
Das FG ging davon aus, daß die Zahlungen an die Töchter S und B nicht abzugsfähige Aufwendungen des privaten Bereichs (§ 12 Nr. 2 EStG) darstellen. Im einzelnen führte es hierzu aus:
1. Zahlung an die Tochter S:
....
2. Zahlungen an die Tochter B:
Eine steuerliche Anerkennung der vom Kläger an seine Tochter B geleisteten Zahlung als Miete für die Überlassung der Betriebsgrundstücke sei - soweit sich die Zahlung auf den Zeitraum 1. bis 29. Dezember 1966 beziehe - schon deshalb nicht möglich, weil die Tochter in diesem Zeitraum noch nicht nießbrauchsberechtigt gewesen sei. Ihr habe die Nutzung aus den Betriebsgrundstücken für diesen Zeitraum zivilrechtlich noch nicht zugestanden. Die Zurückbeziehung des erst am 30. Dezember 1966 bürgerlich-rechtlich wirksam bestellten Nießbrauchs auf den 1. Dezember 1966 sei mit Rücksicht auf die enge familiäre Beziehung zum Kläger ausgeschlossen.
Für die Zeit ab 30. Dezember 1966 scheitere eine Anerkennung der vom Kläger geleisteten Zahlung als Miete für die Überlassung der Betriebsgrundstücke schon daran, daß die nießbrauchsberechtigte Tochter die Nutzung aus den zu ihren Gunsten belasteten Grundstücken nicht durch eigene wirtschaftliche Betätigung gezogen habe. Die Tochter B. habe die Grundstücke weder in Besitz genommen noch selbst verwaltet. Die Bewirtschaftung sei vielmehr weiterhin durch den Kläger selbst, die Verwaltung durch seinen Steuerbevollmächtigten wahrgenommen worden. Sie habe lediglich einen als "Miete" deklarierten von vornherein feststehenden und vom Steuerpflichtigen einseitig bestimmten Betrag bezogen. Dazu komme noch, daß der Nießbrauch auf verhältnismäßig kurze Zeit befristet gewesen sei.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist nicht begründet.
1. Zahlung an die Tochter S:
Der Senat tritt insoweit der Vorentscheidung in vollem Umfang bei. Sie entspricht den Grundsätzen ständiger Rechtsprechung des BFH......
2. Zahlung an die Tochter B:
Es kann ungeprüft bleiben, ob die steuerliche Anerkennung der vom Kläger an seine Tochter B geleisteten Zahlung als Miete für die Überlassung der Betriebsgrundstücke, soweit sich diese auf den Zeitraum vom 1. bis 29. Dezember 1966 bezieht, schon mangels Zurückbeziehung der erst am 30. Dezember 1966 bürgerlichrechtlich erfolgten Bestellung des Nießbrauchs an den Betriebsgrundstücken auf den 1. Dezember 1966 ausgeschlossen ist. Desgleichen kann unerörtert bleiben, ob u. U. das FG rechtsirrtümlich davon ausgegangen ist, daß für die bürgerlich-rechtliche Wirksamkeit der Nießbrauchseinräumung die notarielle Beurkundung ausreicht (vgl. BFH-Urteil vom 15. Januar 1974 VIII R 115/69, BFHE 111, 472, BStBl II 1974, 351).
Auf jeden Fall greift nämlich das Abzugsverbot des § 12 Nr. 2 EStG für den gesamten Zeitraum des Monats Dezember 1966 durch. Denn die nießbrauchsberechtigte Tochter hat nicht die volle Besitz- und Verwaltungsbefugnis über die Betriebsgrundstücke erhalten. Sie wurde vielmehr nur auf einen von vornherein festgesetzten Betrag beschränkt. Die Rechtsprechung des BFH hat sich bei bürgerlich-rechtlich wirksamer Nießbrauchsbestellung zugunsten einer gesetzlich unterhaltsberechtigten Person die Anwendbarkeit des § 12 Nr. 2 EStG nur ausgeschlossen, wenn der Nießbrauchsberechtigte die Nutzung tatsächlich selbst zieht, d. h. wenn er z. B. ein Grundstück in Besitz nimmt und es verwaltet (vgl. Urteile des BFH vom 6. Juli 1966 VI 124/65, BFHE 86, 578, BStBl III 1966, 584, und vom 24. November 1967 VI R 274/66, BFHE 91, 39, BStBl II 1968, 260). Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat für den Streitfall an. Nach den Feststellungen der Vorinstanz hat die nießbrauchsberechtigte Tochter im Streitfall die zu ihren Gunsten bestellten Grundstücke weder in Besitz genommen noch sie verwaltet, wobei besonders ins Gewicht fällt, daß die nießbrauchsberechtigte Tochter nicht einmal die Einzelheiten der Nutzung und die Höhe des Nutzungsentgelts durch Miet- oder Pachtvertrag gesichert hat. Da sie vielmehr einen als "Miete" deklarierten, von vornherein festgesetzten und vom Steuerpflichtigen einseitig bestimmten Betrag bezogen hat, sind die von der Rechtsprechung geforderten Voraussetzungen einer steuerlich zu beachtenden Nießbrauchsbestellung nicht gegeben. Die Zuwendung des Klägers an seine Tochter B hat deshalb die Vorinstanz zu Recht gemäß § 12 Nr. 2 EStG bei den Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb als nicht abzugsfähig behandelt.
Fundstellen
Haufe-Index 71928 |
BStBl II 1976, 613 |
BFHE 1977, 244 |