Leitsatz (amtlich)
1. Vergütungen, die eine GmbH an Mitglieder eines neben ihrem Aufsichtsrat eingerichteten Beirats zahlt, sind nicht abzugsfähig, wenn das Schwergewicht der dem Beirat zugewiesenen Aufgaben in der Überwachung und Prüfung der Geschäftsführung besteht.
2. Gehören dem Beirat leitende Angestellte der Muttergesellschaft an, in die die GmbH als Organ eingegliedert ist, kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß der bei der Tochtergesellschaft (GmbH) eingerichtete Beirat ausschließlich oder überwiegend Geschäftsführungsbefugnisse wahrnimmt.
Normenkette
KStG § 12 Nr. 3
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) - eine GmbH - ist Organgesellschaft der F-KG. Die Klägerin und Revisionsklägerin hat einen Aufsichtsrat und einen Beirat. Der Beirat hat nach der Satzung und nach der ihn konstituierenden Gesellschafterversammlung folgende Aufgaben:
Er übt im Rahmen der gesetzlichen und satzungsmäßigen Zulässigkeit die Rechte der Gesellschafterversammlung aus, soweit sie sich auf die Geschäftsführung der Gesellschaft beziehen.
Er soll die Geschäftsführung beraten und unterstützen und zu diesem Zweck in regelmäßigen Zeitabständen mit der Geschäftsführung zusammenkommen.
Er ist insbesondere zuständig für die gemäß der Satzung erforderliche Zustimmung zu allen Geschäftsvorgängen von wesentlicher Bedeutung. Von wesentlicher Bedeutung ist ein Geschäftsvorgang in jedem Falle dann, wenn er außerhalb des üblichen Ein- und Verkaufs Verpflichtungen bzw. Ansprüche der Gesellschaft von 50 000 DM oder mehr beinhaltet.
Als Geschäftsvorgang von wesentlicher Bedeutung gelten auch die Bestellung von Prokuristen sowie die Übernahme von Geschäften, Betrieben und Beteiligungen.
In der Geschäftsordnung des Beirats heißt es weiter, daß die Geschäftsführung der Klägerin durch den Beirat verpflichtet wird, alle Geschäftsvorgänge von wesentlicher Bedeutung dem Beirat vorzutragen. Als Geschäftsvorgang von wesentlicher Bedeutung gelte auch die Bestellung von Prokuristen und Generalbevollmächtigten. Geschäftsvorgänge von wesentlicher Bedeutung bedürften der Einwilligung des Beirats. Der Beirat solle in angemessener Frist und ohne Behinderung der wirtschaftlichen Entwicklung der Unternehmensgruppe den Beschluß über die beantragte Zustimmung fassen.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) sah die Mitglieder des Beirats als mit der Überwachung der Geschäftsführung der Klägerin beauftragte Personen an und rechnete die an sie für diese Tätigkeit gezahlten Vergütungen für die Wirtschaftsjahre 1965/66 bis 1969/70 gemäß § 12 Nr. 3 des Körperschaftsteuergesetzes, aller Fassung (KStG) dem Einkommen der Klägerin hinzu. Ihr Einspruch blieb ohne Erfolg. In ihrer Klage trug die Klägerin vor, die Mitglieder des Beirats hatten keine überwachende Funktion. Diese komme ausschließlich ihrem dreiköpfigen Aufsichtsrat zu.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit der Revision. Sie rügt fehlerhafte Anwendung des § 12 Nr. 3 KStG. Das FG setze sich mit der Tatsache, daß bei der Klägerin ein Aufsichtsrat gemäß dem Betriebsverfassungsgesetz bestellt worden sei, nicht auseinander. Bei dem Beirat handle es sich um ein Gremium besonderer Art. Der Beirat solle dazu dienen, die Klägerin dem Willen der Obergesellschaft zu unterwerfen und ihre Eingliederung in die Obergesellschaft sicherzustellen. Aus diesem Grunde seien die entscheidenden Aufgaben der Geschäftsführung der Organgesellschaft dem Beirat zugeordnet worden. Diese Tätigkeit falle in das Gebiet der Leitung und nicht der Überwachung. Letztere obliege dem Aufsichtsrat. Nach dem Gesetz dürften dem Aufsichtsrat keine Aufgaben der Geschäftsführung zugewiesen werden. Der Wille der Gesellschafter, dem Beirat Aufgaben der Geschäftsführung zu übertragen, werde unterstrichen durch die Tatsache, daß dem Beirat der Klägerin sämtliche Mitglieder des Beirats der Obergesellschaft angehörten. Den Beiratsmitgliedern der Obergesellschaft obliege die Aufgabe, alle wichtigen Maßnahmen, die in den Bereich der Geschäftsführung fielen, wahrzunehmen. Ihre beratende und leitende Funktion übten sie nicht nur bei den regelmäßig stattfindenden Beiratssitzungen aus. Durch die dem Beirat obliegende Leitungs- und Beratungsfunktion sei sichergestellt, daß der Wille der Obergesellschaft in allen Belangen durchgesetzt werden könne. Der Organschaftsvertrag verlange die organisatorische Eingliederung in das Oberunternehmen und deren Durchsetzung. In Anbetracht des Organschaftsverhältnisses werde der Beirat nicht als Aufsichts- oder Kontrollorgan tätig. Er nehme eine echte unternehmerische Tätigkeit wahr.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
Das FG hat zutreffend die den Mitgliedern des Beirats gezahlten Vergütungen bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens der Klägerin nicht zum Abzug zugelassen.
Nach § 12 Nr. 3 KStG sind nicht abzugsfähig die Vergütungen jeder Art, die Mitgliedern des Aufsichtsrats, Verwaltungsrats, Grubenvorstands oder anderen mit Überwachung der Geschäftsführung beauftragten Personen gewahrt werden. Die Aufzahlung der drei erstgenannten Gruppen ist, wie sich aus der Erwähnung anderer "mit der Überwachung der Geschäftsführung beauftragter Personen" ergibt, nur beispielhaft. Auf die tatsächliche Bezeichnung dieser Personen kommt es nicht an. Wesentlich ist die von ihnen ausgeübte Tätigkeit. Nach dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 7. November 1972 1 BvR 338/68 (BVerfGE 34, 103) ist § 12 Nr. 3 KStG mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar.
Bei einer GmbH - diese Rechtsform hat die Klägerin - unterliegen die Maßregeln zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführer der Bestimmung der Gesellschafter (§ 46 Nr. 6 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbHG). Das Prüfungs- und Überwachungsrecht der Gesellschafter einer GmbH ist umfassend. Sie können jedes einzelne Geschäft prüfen, sich darüber berichten lassen, die Unterlagen einsehen und die persönliche Berichterstattung anordnen. Sie können auch einen Katalog zustimmungspflichtiger Geschäfte aufstellen. Der Gesellschaftsvertrag kann die Kontrollbefugnis auf ein anderes Gesellschaftsorgan übertragen, z. B. auf einen Gesellschafterausschuß, Aufsichtsrat, Beirat, Verwaltungsrat. Auch wenn ein Aufsichtsrat bestellt ist, sei es fakultativ nach § 52 GmbHG, sei es obligatorisch (z. B. nach § 77 des Betriebsverfassungsgesetzes BetrVG 1952), bleibt das Überwachungsrecht der Gesellschafter gemäß § 46 Nr. 6 GmbHG weiter bestehen. Im Falle des obligatorischen Aufsichtsrats können die Gesellschafter ihre Überwachungsbefugnis, soweit sie nicht dem Aufsichtsrat obliegt, ebenfalls auf ein besonderes Organ übertragen, das dann neben dem Aufsichtsrat die Geschäftsführung überwacht (vgl. zu vorstehendem Schilling in Hachenburg, Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, 7. Aufl., § 46,
RdNr. 27, § 52 RdNr. 22, 23; Fitting/Kraegeloh/Auffahrt, Betriebsverfassungsgesetz, 9. Aufl., § 77 RdNr. 5). Entgegen der Auffassung der Revision kommt es daher nicht darauf an, daß bei der Klägerin außer dem Beirat noch ein nach dem Betriebsverfassungsgesetz bestellter Aufsichtsrat vorhanden ist.
Im Streitfall übt der Beirat im wesentlichen Überwachungsfunktionen aus. Den Begriff der Überwachung der Geschäftsführung i. S. des § 12 Nr. 3 KStG hat die Rechtsprechung stets weit ausgelegt (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 15. November 1978 R 65/76, BFHE 126, 424 BStBl II 1979, 193 mit Hinweisen auf die ältere Rechtsprechung). Auch wenn diesem Gremium gewisse Geschäftsführungshandlungen zugewiesen werden, verliert es dadurch nicht seine Eigenschaft als Überwachungsorgan. Als Überwachungsorgane sind auch solche Einrichtungen angesehen worden, die, wie die häufig vorkommenden Verwaltungsräte oder Beiräte, eine Zwischenstellung zwischen Geschäftsführung und Aufsichtsrat einnehmen, aber im wesentlichen oder überwiegend eine Überwachungstätigkeit ausüben (Urteil des Reichsfinanzhofs RFH - vom 19. November 1935 I A 94, 95/34, RStBl 1936, 141, BFH-Urteil vom 12. September 1973 R 249/71, BFHE 110, 277, BStBl II 1973, 872).
Im Gesellschaftsvertrag der Klägerin, in dem Protokoll der Gesellschafterversammlung über die Errichtung des Beirats und in dessen Geschäftsordnung wird zwar vermieden, von Überwachungsbefugnissen des Beirats zu sprechen. Dort wird nur gesagt, daß auf den Beirat die Vorschriften des Aktiengesetzes (AktG) über den Aufsichtsrat, auf die in § 52 GmbHG, § 77 BetrVG 1952 Bezug genommen wird, keine Anwendung finden und der Beirat die Geschäftsführung beraten und unterstützen solle. Aus dem Beirat konkret zugewiesenen Aufgabenbereich ergibt sich aber, daß ihm die Gesellschafter der Klägerin wesentliche Aufgaben auf dem ihnen vorbehaltenen Gebiet der Überwachung der laufenden Geschäftsführung übertragen haben. Das folgt aus seiner Zuständigkeit für die nach dem Gesellschaftsvertrag erforderliche Zustimmung zu allen Geschäftsvorgängen von wesentlicher Bedeutung, die im Gesellschaftsvertrag selbst, im Beschluß der Gesellschafterversammlung, und in der Geschäftsordnung des Beirats näher definiert sind. Die Zustimmung zu allen Geschäftsvorgängen von wesentlicher Bedeutung ist mehr als eine bloße Beratung. Sie beinhaltet, daß die Geschäftsführung im Innenverhältnis verpflichtet ist, spätestens vor Abschluß dieser Geschäfte sich der Einwilligung des Beirats zu vergewissern. Der Beirat soll hierdurch auf dem laufenden bleiben und nicht erst nachträglich von ihrem Abschluß erfahren. Dessen Ansicht ist entscheidend dafür, ob die Geschäftsführung das von ihr geplante Geschäft eingehen soll oder unterlassen muß. Da der Beirat wie es in dem ihn konstituierenden Beschluß ausdrücklich festgelegt ist, näher bezeichnete Rechte der Gesellschafterversammlung ausübt, hat er auch die Pflicht, unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte zu prüfen, ob die Geschäftsführung das zustimmungsbedürftigte Geschäft vornehmen, d. h. ob er ihm zustimmen soll. Dadurch ist dem Beirat zwar ermöglicht, Einfluß auf die Geschäfte der Gesellschaft auszuüben; er trägt insoweit auch die Mitverantwortung für die näher bezeichneten Geschäfte. Die Zustimmung selbst stellt jedoch keine Maßnahme dar, die ihrem Wesen nach als Handlung der Geschäftsführung zu qualifizieren wäre. Sie ist der abschließende Akt einer Prüfung der von der Geschäftsführung einzuleitenden oder schon eingeleiteten Maßnahmen auf Gebieten, die für die Gesellschaft von wesentlicher Bedeutung sind. Mit der der Zustimmung vorausgehenden Prüfung des zustimmungsbedürftigen Geschäfts übt der Beirat die ihm übertragene Überwachung über ein anderes Organ der Gesellschaft - die Geschäftsführung - aus. Ohne Überwachung der Geschäftsführung kann der Beirat seine Zustimmung zu den zustimmungsbedürftigen Geschäften nicht erteilen.
Da nach dem Gesellschaftsvertrag der Klägerin schon Geschäfte, die außerhalb des üblichen Ein- und Verkaufs Verpflichtungen von 50 000 DM und mehr betreffen, zu den Geschäften von wesentlicher Bedeutung gehören, ist die Würdigung des FG nicht zu beanstanden, das Schwergewicht der Aufgaben des Beirats der Klägerin liege in seiner Überwachungsfunktion. Für die Anwendung der Vorschrift des § 12 Nr. 3 KStG genügt es, wenn die Tätigkeit des betreffenden Gremiums im wesentlichen dieser Aufgabe dient; sie braucht nicht ausschließlich auf die Überwachung der Geschäftsführung gerichtet zu sein (vgl. RFH-Urteil vom 9. Juni 1931 A 410/30, RStBl 1931, 555).
Das Organschaftsverhältnis zwischen der Klägerin und ihrer Muttergesellschaft führt entgegen der Auffassung der Revision nicht dazu, dem bei der Klägerin eingerichteten Beirat eine Überwachungsfunktion i. S. des § 12 Nr. 3 KStG abzusprechen. Aus den Feststellungen im Urteil des FG geht nicht hervor, wie das Organschaftsverhältnis im einzelnen ausgestaltet, insbesondere, wie die organisatorische Eingliederung der Klägerin in das Unternehmen des Organträgers (Muttergesellschaft) im einzelnen geregelt ist. Aus dem den Beirat konstituierenden Gesellschafterbeschluß ergibt sich lediglich, daß dem Beirat der Klägerin die jeweiligen Mitglieder des Beirats bei der Muttergesellschaft und ein weiteres Mitglied angehören, das möglicherweise von einem nicht an der Muttergesellschaft beteiligten Minderheitsgesellschafter der Klägerin benannt wird. Es kann sein, daß der auf diese Weise besetzte Beirat dazu dient, den Willen der beherrschenden Muttergesellschaft bei der Klägerin (Organgesellschaft) durchzusetzen. Auch wenn das der Fall sein sollte, ist nicht ohne weiteres davon auszugehen daß der bei der Organgesellschaft eingerichtete Beirat ausschließlich oder überwiegend Geschäftsführungsbefugnisse wahrnimmt. Es kommt jeweils auf die konkret festgelegten Befugnisse dieses Gremiums an. Wird es von der Gesellschafterversammlung der Organgesellschaft bestellt und sein Aufgabengebiet in der Weise umrissen, daß ihm im wesentlichen Überwachungsfunktionen zukommen, sind seine Mitglieder als mit der Überwachung der Geschäftsführung beauftragte Personen anzusehen. Die von der bestellenden Tochtergesellschaft hier der Klägerin an die Mitglieder dieses Gremiums (Beirat) gezahlten Vergütungen unterliegen damit dem Abzugsverbot des § 12 Nr. 3 KStG.
Fundstellen
Haufe-Index 413593 |
BStBl II 1981, 623 |
BFHE 1981, 193 |