rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorliegen einer Überwachungsfunktion i.S.d. § 10 Nr. 4 KStG
Leitsatz (redaktionell)
- Eine Überwachung der Geschäftsführung i.S.d. § 10 Nr. 4 KStG liegt auch vor, wenn ein Gremium gewisse Geschäftsführungsaufgaben ausübt, die Überwachungsfunktion aber den Schwerpunkt der wahrzunehmenden Aufgaben bildet.
- Eine Überwachung liegt bereits dann vor, wenn der Beirat in Bezug auf die von der Geschäftsführung zu treffenden Maßnahmen (wie Entlastung, Abberufung, Verlängerung von Dienstverträgen und Feststellung des Jahresabschlusses) nur ein Votum gegenüber der Gesellschafterversammlung abgibt.
- Dass die Überwachungsorgane auf Grund ihrer Erkenntnisse nur Entscheidungsvorschläge und keine eigenen Entscheidungen treffen, schließt die Anwendung des § 10 Nr. 4 KStG nicht aus.
- Besteht die schwerpunktmäßige Aufgabe eines Beirats in der „Beratung der Gesellschafter” und nicht der Geschäftsführung, liegt eine Überwachung i.S.d. § 10 Nr. 4 KStG vor.
Normenkette
KStG § 10 Nr. 4
Streitjahr(e)
2002, 2003
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die an die Beiratsmitglieder der Klägerin gezahlten Vergütungen in voller Höhe oder gemäß § 10 Nr. 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) nur zur Hälfte als Betriebsausgaben abzugsfähig sind.
Die Klägerin ist eine 1980 gegründete GmbH und unter HRB beim Amtsgericht A in das Handelsregister eingetragen. Gegenstand des Unternehmens ist die Herstellung und der Vertrieb von Arzneimitteln. Gesellschafter der Klägerin waren in den Streitjahren G-A (zunächst zu 49,03 %, ab 15.08.2001 zu 42,55 %) sowie G-B, G-C und G-D (je zunächst 16,99 %, ab 15.08.2001 zu 19,15 %). Sie hatten die Anteile vom Gründer des Unternehmens übernommen.
Die Klägerin hat seit 1989 einen aus vier Mitgliedern bestehenden Beirat. Mitglieder des Beirats waren in den Streitjahren B-A (als Vorsitzender), G-B (als so genannter Vertreter der Gesellschafter), B-B und B-C.
Rechte und Pflichten des Beirats waren in § 10 des Gesellschaftsvertrags geregelt. Zur ersten ab 19.04.1989 geltenden Fassung wird auf Bl. xxx der Gerichtsakte (FG-Akte) verwiesen.
Im August 1991 wurde eine Geschäftsordnung (GO) für die Geschäftsführung erlassen. Die Geschäftsordnung bestimmte unter anderem den Katalog der außergewöhnlichen Maßnahmen und Rechtsgeschäfte, in die der Beirat nach der zunächst geltenden Fassung des § 10 Abs. 8 Buchstabe f) des Gesellschaftsvertrag einwilligen musste. Zum vollständigen Inhalt der Geschäftsordnung vom August 1991 wird auf Bl. xx des Fallhefts betr. Bp 2000–2003 verwiesen.
Nachdem der Beklagte aufgrund einer Betriebsprüfung für die Jahre 1985 bis 1989 die Beiratsvergütungen nach §10 Nr. 4 KStG nur zur Hälfte als Betriebsausgaben berücksichtigt hatte, änderte die Gesellschafterversammlung durch am 07.05.1992 notariell beurkundeten Beschluss § 10 des Gesellschaftsvertrags. Zum vollständigen Inhalt des Gesellschafterbeschlusses vom 07.05.1992 wird auf Bl. xxx der FG-Akte verwiesen.
§ 10 Abs. 8 und Abs. 9 des Gesellschaftsvertrags lautete seitdem und in den Streitjahren 2000 bis 2003 wie folgt (die 1992 eingefügten und geänderten Teile in Fettschrift, Fettschrift nicht im Original):
§ 10 (8) Aufgabe des Beirats ist es:
a) den oder die Geschäftsführer auszuwählen und der Gesellschaft Versammlung zur Wahl vorzuschlagen oder Geschäftsführer zur Abberufung vorzuschlagen und alsdann Dienstverträgen namens der Gesellschaft mit ihnen abzuschließen, zu ändern oder zu beenden können, wenn er von der Gesellschafterversammlung damit beauftragt wird;
b) die Geschäftsführung zu beraten, insbesondere auch in Zukunftsüberlegungen und Planungen;
c) der Gesellschafterversammlung die Entlastung der Geschäftsführung für das abgelaufene Geschäftsjahr vorzuschlagen;
d) bei Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Geschäftsführung zwischen den Geschäftsführern zu vermitteln;
e) das Budget und die Investitionspläne zu prüfen und der Gesellschafterversammlung zur Genehmigung vorzuschlagen;
f) Aufstellung einer von der Gesellschafterversammlung zu beschließenden Geschäftsordnung für die Geschäftsführung (Katalog außergewöhnlicher Maßnahmen und Rechtsgeschäfte) und Beratung der Gesellschafterversammlung vor deren Einwilligung zur Vornahme dieser Maßnahmen und Rechtsgeschäfte;
g) Leitung der Gesellschafterversammlung durch den Beiratsvorsitzenden;
h) Beurteilung des Jahresabschlusses und Mitteilung an die Gesellschafterversammlung, bei der die Feststellung und Genehmigung des Jahresabschlusses sowie die Verwendung des Jahresergebnisses liegt.
Der Bereit soll in allen diesen Angelegenheiten seine Entschlüsse nach billigem Ermessen treffen und dabei in erster Linie die gedeihliche Entwicklung der Gesellschaft im Auge haben.
(9) Soweit dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich und zweckmäßig ist, hat der Beirat das Recht, sich jederzeit in Angelegenheiten der Gesellschaft persönlich zu unterrichten, insbesondere die Handelsbücher und Papiere der Gesellschaft einzusehen oder durch einen durch ihm beste...