Leitsatz (amtlich)
Eine in einer Bar eingebaute Schallschutzdecke ist keine Betriebsvorrichtung.
Orientierungssatz
1. Schallschutzmaßnahmen können in Ausnahmefällen Betriebsvorrichtungen sein, wenn z.B. in einem Gewerbebetrieb in besonderem Maße starker Lärm entsteht.
2. Der Begriff der Betriebsvorrichtung setzt Gegenstände voraus, durch die das Gewerbe unmittelbar betrieben wird (vgl. BFH-Urteil vom 14.8.1958 III 382/57 U). Das erfordert, daß zwischen Anlage und Betriebsablauf ein besonders enger Zusammenhang besteht, wie er bei einer Maschine üblicherweise gegeben ist. Es reicht nicht aus, wenn eine Anlage für einen Gewerbebetrieb lediglich nützlich oder notwendig oder sogar gewerbepolizeilich vorgeschrieben ist.
3. Der Begriff des einheitlichen Nutzungszusammenhangs und Funktionszusammenhangs, der vom Großen Senat des BFH in seinem Beschluß vom 26.11.1973 GrS 5/71 zur Abgrenzung von selbständigen Gebäudeteilen gegenüber der im allgemeinen bestehenden Gebäudeeinheit entwickelt wurde, ist in seiner Anwendung auf das Ertragsteuerrecht beschränkt. Auf das Bewertungsrecht ist dieser Begriff nicht übertragbar. Der Begriff der Betriebsvorrichtung ist wesentlich enger.
4. Ein Mietereinbau kann beim Mieter zu einem selbständigen aktivierbaren Wirtschaftsgut führen, und zwar unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des wirtschaftlichen Eigentums, der Betriebsvorrichtung, des Scheinbestandteils oder des einheitlichen Nutzungszusammenhangs und Funktionszusammenhangs des Einbaus mit dem vom Mieter in dem gemieteten Gebäude unterhaltenen Betrieb.
Normenkette
BerlinFG § 19; EStG § 5; BewG 1974 § 68 Abs. 2 Nr. 2
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) unterhält in Berlin (West) in gemieteten Räumen einen Barbetrieb. Es finden dort regelmäßig Filmvorführungen und Schaustellungen von Personen in Form von Tanzvorführungen statt. Der Mietvertrag läuft auf zehn Jahre; er verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn er nicht rechtzeitig gekündigt wird. Im Streitjahr 1982 ließ der Kläger in den Gasträumen eine Schallschutzdecke für 14 734 DM einbauen. Es handelt sich um eine federnd abgehängte Unterdecke, die aus 18 mm dicken Gipskartonplatten mit einem aufgelegten Mineralfaserfilz besteht und die an den Rändern dauerelastisch verfugt ist. Im Deckenzwischenraum sind mehrere 100 m elektrische Kabel verlegt. Der Einbau der Decke beruht auf einer gewerbepolizeilichen Auflage.
Den Antrag des Klägers, ihm für die Zwischendecke die Berlinzulage von 10 v.H. zu gewähren, lehnte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) ab. Er ist der Auffassung, daß die Zwischendecke kein bewegliches Wirtschaftsgut sei; sie erfülle weder die Voraussetzungen einer Betriebsvorrichtung noch die eines Scheinbestandteils.
Dagegen gewährte das Finanzgericht (FG) die beantragte Zulage. Es sah in der Zwischendecke eine Betriebsvorrichtung und damit ein begünstigtes Wirtschaftsgut.
Dagegen wendet sich das FA mit der Revision. Es beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
1. Das FG ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, daß dem Kläger die Berlinzulage nur zusteht, wenn es sich bei der Zwischendecke einkommensteuerrechtlich und damit investitionszulagerechtlich um ein bewegliches Wirtschaftsgut handelt. Die besonderen Voraussetzungen, unter denen Gebäude und (unselbständige) Gebäudeteile nach § 19 Abs.2 letzter Satz des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG) zulagebegünstigt sind, liegen hier unstreitig nicht vor.
2. Bei der Zwischendecke handelt es sich um einen sog. Mietereinbau, der als selbständiges Wirtschaftsgut (selbständiger Gebäudeteil) dem Kläger zuzurechnen ist. Maßgebend sind dafür die Grundsätze, die der Bundesfinanzhof (BFH) im Anschluß an den Beschluß des Großen Senats vom 26.November 1973 GrS 5/71 (BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132) in seinen Urteilen vom 26.Februar 1975 I R 32/73 (BFHE 115, 238, BStBl II 1975, 443) und I R 184/73 (BFHE 115, 250, BStBl II 1975, 443) entwickelt hat. Danach kann ein Mietereinbau beim Mieter zu einem selbständigen aktivierbaren Wirtschaftsgut führen, und zwar unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des wirtschaftlichen Eigentums, der Betriebsvorrichtung, des Scheinbestandteils oder des einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhangs des Einbaus mit dem vom Mieter in dem gemieteten Gebäude unterhaltenen Betrieb (Hinweis auf das Schreiben des Bundesministers der Finanzen --BMF-- vom 15.Januar 1976 IV B 2 - S 2133 - 1/76, BStBl I 1976, 66, das die Grundsätze der Rechtsprechung im einzelnen zutreffend wiedergibt). Das FA hat den Mietereinbau dem Kläger unter dem letzteren Gesichtspunkt als selbständiges aktivierbares Wirtschaftsgut zugerechnet. Der Senat hält dies für zutreffend. Denn die eingebaute Zwischendecke dient unmittelbar den besonderen betrieblichen Zwecken des Klägers (der von ihm in dem Gebäude betriebenen Bar) und steht mit dem Gebäude nicht in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang. Diese Einordnung berechtigt aber den Kläger nicht zur Berlinzulage. Denn ein unter dem Gesichtspunkt des wirtschaftlichen Eigentums oder des einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhangs erfaßter Mietereinbau führt lediglich zu einem unbeweglichen Wirtschaftsgut (vgl. BMF-Schreiben vom 15.Januar 1976, a.a.O., unter Nr.10). Demgegenüber stellen Betriebsvorrichtungen und Scheinbestandteile bewegliche Wirtschaftsgüter dar (vgl. BFH-Urteil vom 12.August 1982 III R 118/79, BFHE 136, 443, BStBl II 1982, 782).
3. Die Auffassung der Vorinstanz, daß die vom Kläger eingezogene Zwischendecke eine Betriebsvorrichtung sei, teilt der Senat nicht. Nach der auch im Einkommensteuerrecht geltenden Regelung des § 68 Abs.2 Nr.2 des Bewertungsgesetzes (BewG) kommen als Betriebsvorrichtungen nur Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art in Betracht, die zu einer Betriebsanlage gehören, auch wenn sie wesentliche Grundstücksbestandteile sind. Insbesondere aus dem Erfordernis der Zugehörigkeit "zu einer Betriebsanlage" folgert die Rechtsprechung, daß der Begriff der Betriebsvorrichtung Gegenstände voraussetzt, durch die das Gewerbe unmittelbar betrieben wird (vgl. BFH-Urteil vom 14.August 1958 III 382/57 U, BFHE 67, 325, BStBl III 1958, 400). Das erfordert, daß zwischen Anlage und Betriebsablauf ein besonders enger Zusammenhang besteht, wie er bei einer Maschine üblicherweise gegeben ist. Es reicht nicht aus, wenn eine Anlage für einen Gewerbebetrieb lediglich nützlich oder notwendig oder sogar gewerbepolizeilich vorgeschrieben ist. In seinem Urteil vom 15.Februar 1980 III R 105/78 (BFHE 130, 224, BStBl II 1980, 409) hat der Senat eine Sprinkleranlage grundsätzlich zur Gebäudeeinheit gerechnet und eine Ausnahme nur für denkbar gehalten, wenn in dem Betrieb in besonderem Maße feuergefährliche Materialien verarbeitet werden oder ähnliche Risiken mit dem Produktionsprozeß verbunden sind. Ähnliche Überlegungen müssen für Schallschutzeinrichtungen in einem Gebäude gelten. Der Übertragung des Schalls entgegenzuwirken, ist grundsätzlich Aufgabe des Gebäudes selbst, insbesondere der Ausstattung von Decken und Wänden mit entsprechendem Isoliermaterial. Dabei macht es keinen Unterschied, ob diese Maßnahmen bereits bei der Errichtung des Gebäudes oder später, z.B. durch das Abhängen einer zweiten Decke, getroffen werden. Es ist allerdings denkbar, daß in Ausnahmefällen Schallschutzmaßnahmen Betriebsvorrichtungen sein können, wenn z.B. in einem Gewerbebetrieb in besonderen Maße starker Lärm entsteht. In diesem besonderen Fall könnte ein enger Zusammenhang mit dem Betriebsablauf und der Schallschutzmaßnahme bestehen und eine Betriebsvorrichtung zu bejahen sein. Ein so enger betriebsspezifischer Zusammenhang besteht nach Auffassung des Senats zwischen der streitigen Zwischendecke und dem vom Kläger in dem Gebäude unterhaltenen Barbetrieb jedoch nicht. Die regelmäßigen Filmvorführungen und Schaustellungen von Personen in Form von Tanzvorführungen, auf die sich der Kläger in diesem Zusammenhang besonders beruft, bedingen nach Auffassung des Senats keine Schutzvorkehrungen, die über das auch bei Gaststätten übliche Maß hinausgehen. Das ist auch daran erkennbar, daß die Zwischendecke nicht besonders aufwendig gestaltet ist. Der Preis von 14 734 DM für die 90 qm große Decke spricht dafür, daß keine Schutzvorkehrung gegen einen außergewöhnlich starken Lärm geschaffen werden mußte. Auch wäre es sonst wohl nötig gewesen, die Wände in die Isolierung miteinzubeziehen. Entgegen der Auffassung des Klägers wäre die Schallschutzdecke später auch durchaus für andere Mieter verwendbar, so z.B. für Gaststätten herkömmlicher Art.
Das FG ist zum entgegengesetzten Ergebnis gekommen, weil es im Rahmen seiner Ausführungen zur Betriebsvorrichtung auf den einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang abgestellt hat. Dieser Begriff ist jedoch in seiner Anwendung auf das Ertragsteuerrecht beschränkt. Er wurde dort vom Großen Senat in seinem Beschluß in BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132 entwickelt zur Abgrenzung von selbständigen Gebäudeteilen (Wirtschaftsgütern) gegenüber der im allgemeinen bestehenden Gebäudeeinheit (vgl. Abschn.13b der Einkommensteuer-Richtlinien, der auf dieser Rechtsprechung beruht). Er wurde später (vgl. die bereits zitierten Urteile in BFHE 115, 238, BStBl II 1975, 443, und BFHE 115, 250, BStBl II 1975, 443) auf die Mietereinbauten übertragen. Auf das Bewertungsrecht ist der Begriff des einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhangs jedoch nicht übertragbar (ebenso Gürsching/Stenger, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 8.Aufl., Anm.83.1 zu § 68 BewG). Der Begriff der Betriebsvorrichtung ist wesentlich enger.
4. Die Vorentscheidung, die von anderen Grundsätzen ausgeht, war aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG wird nunmehr festzustellen haben, ob dem Kläger die beantragte Investitionszulage unter dem Gesichtspunkt eines Scheinbestandteils zusteht.
Fundstellen
Haufe-Index 415504 |
BStBl II 1988, 300 |
BFHE 151, 573 |
BFHE 1988, 573 |
DStR 1988, 425 (ST1) |