Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Wird bei einer vorweggenommenen Erbfolge dem einen Kind der väterliche Hof übergeben und ihm die Verpflichtung auferlegt, das Einschlagen des Holzes einer bestimmten Waldparzelle durch das andere Kind zur Erbabfindung zu dulden, so liegt im Einschlag eine Entnahme des Hofübernehmers.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Ziff. 4
Tatbestand
Streitig ist bei den Einkommensteuerveranlagungen 1952 und 1953, ob dem Bf., einem buchführenden Landwirt, die Erlöse aus einem Holzeinschlag in Höhe von 112.183,60 DM als Entnahmen zuzurechnen sind.
Auf Grund des im Jahre 1952 abgeschlossenen notariellen übergabevertrages übertrug der Schwiegervater des Bf. seiner Tochter, der mit dem Bf. in den Streitjahren zusammen veranlagten Ehefrau, im Wege der vorweggenommenen Erbfolge seinen Hof. In § 2 Abs. 3 dieses Vertrages war folgendes vereinbart worden:
"Fräulein B bekommt ferner den Nießbrauch an den Parzellen bis zum 1. April 1972. Sie ist berechtigt, alle Nutzungen aus den Grundstücken zu ziehen, insbesondere das darauf stehende Holz schlagen zu lassen und es zu verkaufen. Sie ist nicht verpflichtet, die Lasten des Grundstücke zu tragen und das Grundstück wiederaufzuforsten und zu bestellen".
B ist die Schwester der Ehefrau des Bf. Den im Jahre 1953 aus der vollständigen Abholzung dieser Gemarkung erzielten Erlös von 112 183,60 DM rechnete das Finanzamt im Veranlagungsverfahren zunächst nicht dem Bf., sondern dem Hofübergeber, also dem Schwiegervater, als Entnahme zu. In den Berichtigungsveranlagungen 1952 und 1953 nahm das Finanzamt diese Zurechnung bei dem Bf. vor.
Die Sprungberufung des Bf. hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht führe im wesentlichen folgendes aus.
Die Berichtigungen seien begründet. Erhalte in einem Hofübergabevertrag ein abfindungsberechtigter Angehöriger das Recht, auf einzelnen Parzellen des Hofes einmalig schlagreifes Holz einzuschlagen, so liege in dem späteren Einschlag nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs eine Entnahme des zur Abfindung verpflichteten Hofübernehmers. Handele es sich dagegen um einen dem Berechtigten eingeräumten Nießbrauch, so sei der Einschlag des Holzes ein Betriebsvorfall in dem Forstbetrieb des Nießbrauchers (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs IV 202/52 U vom 28. August 1952, BStBl 1952 III S. 268, Slg. Bd. 56 S. 697 und IV 275/57 U vom 20. März 1958, BStBl 1958 III S. 226, Slg. Bd. 66 S. 586). Im Streitfall sei zwar vor einem Nießbrauch die Rede, in Wirklichkeit handele es sich aber um einen Anspruch auf ein einmaliges Holzeinschlagsrecht. Zweck der Vereinbarung sei gewesen, die Schwägerin abzufinden. Mit der äußeren Form des Nießbrauchs habe offenbar nur eine Eintragung des Abfindungsanspruchs im Grundbuch ermöglicht werden sollen. Es sei deshalb zutreffend, wenn das Finanzamt eine Entnahme der Hofübernehmerin angenommen habe.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist unbegründet.
Die Ausführungen des Finanzgerichts sind zutreffend. Daß die Beteiligten keinen Nießbrauch, sondern die einmalige Abfindung der B durch Einräumung eines einmaligen Holzeinschlagsrecht beabsichtigen, hat das Finanzgericht auf Grund einer möglichen und daher für den Senat bindenden Würdigung des Sachverhalts festgestellt. Hierfür spricht vor allem, daß B nicht verpflichtet war, die Lasten der Grundstücke zu tragen und sie wieder aufzuforsten und daß der Holzbestand schon im Jahre 1953 in vollem Umfang abgeholzt wurde, im Zeitpunkt des Abschlusses des übergabevertrags also in vollem Umfang hiebreif war. Die baldige Abholzung war offensichtlich der Zweck der sogenannten Nießbrauchbestellung für B. Eine Bewirtschaftung und die Pflege der B zur Abholzung überlassenen Grundstücke, wie sie bei einem Nießbrauch üblich sind, waren weder beabsichtigt noch fanden sie statt. Es ist zulässig, aus diesen, allerdings erst nach Abschluß des Vertrags eingetretenen Umständen Rückschlüsse auf die wahren Absichten der Beteiligten zu ziehen.
Der Auffassung des Bf., eine Besteuerung der Holznutzung komme nicht bei ihm, sondern nur bei seinem Schwiegervater in Betracht, weil sein Schwiegervater den Holzbestand zugleich mit der Hofübergabe an ihn seiner Schwägerin B geschenkt habe, kann nicht gefolgt werden. Es bestehen schon Bedenken, ob die Beteiligten bürgerlich-rechtlich überhaupt in dieser Weise hätten verfahren können. Denn es wird vom Bf. nicht bestritten, daß seine Ehefrau Eigentümerin des Grund und Bodens wurde, auf dem das Holz im Zeitpunkt der Hofübergabe stand. Damit ging nach den §§ 93, 94 BGB das Eigentum am stehenden Holz auf die Ehefrau des Bf. über. In jedem Fall aber ist der Senat an die mögliche Würdigung des Sachverhalts durch das Finanzgericht gebunden, wonach der Schwiegervater des Bf. seiner Tochter den Hof mit der Waldparzelle im Wege einer umfassenden Erbregelung übergab mit der Auflage, die Schwester durch Gestattung des Holzeinschlags abzufinden. Bei diesem Sachverhalt ist die rechtliche Würdigung des Finanzgerichts zutreffend, daß die Erlöse aus dem Einschlag der Waldparzelle dem Bf. unter dem Gesichtspunkt der Privatentnahme zuzurechnen sind. Denn die Erfüllung einer Abfindungsverpflichtung liegt auf außerbetrieblichem Gebiet. Die Ehefrau des Bf. erhielt den Hof von ihrem Vater unentgeltlich. Es handelte sich bei der Abfindungsverpflichtung nicht um den Kaufpreis für den entgeltlich erworbenen Teil einer gemischten Schenkung, sondern um eine aus dem übernommenen Vermögen zu erfüllende Auflage, die mit der vorweggenommenen Erbregelung in wirtschaftlichem Zusammenhang stand. Die Erfüllung der Auflage stellte einen Teil der Erbregelung dar und darf den Gewinn des Bf. nicht berühren. Soweit die Mittel zur Erfüllung der Abfindungsverpflichtung aus der Verwertung von Teilen des übergegangenen Vermögens stammen, liegt eine Entnahme vor. Daß nicht der Bf. oder seine Ehefrau das Holz schlugen und verwerteten, sondern der Schwägerin B die Verwertung zum Zwecke der Erfüllung der privaten Abfindungsverpflichtung überließen, steht der Annahme der Entnahme durch den Bf. nicht entgegen.
Es ist auch nicht gerechtfertigt, die Entnahme des Schwiegervaters des Bf. schon darin zu sehen, daß er durch den übergabevertrag das Holzeinschlagsrecht der Tochter B begründete und der Ehefrau des Bf. die Verpflichtung auferlegte, den Holzeinschlag zu dulden. Denn entscheidend ist, daß, als B von ihrem Holzeinschlagsrecht Gebrauch machte und das Holz in ihr Eigentum überging, nicht mehr der Schwiegervater, sondern die Ehefrau des Bf. Eigentümerin des Holzes war. Diese bürgerlich-rechtliche Beurteilung kann bei der steuerlichen Würdigung nicht außer Betracht bleiben. Die Begründung der Verpflichtung, an einen Dritten Gegenstände des Betriebsvermögens zu überlassen, stellt noch keine Entnahme dar. Zur Entnahme gehört vielmehr, daß die Verpflichtung durch Hingabe des Gegenstandes an den berechtigten Dritten erfüllt wird. Es ist daher für die Frage, wem eine solche Entnahme zuzurechnen ist, entscheidend, wer im Zeitpunkt der Erfüllung der Verpflichtung Eigentümer des entnommenen Wirtschaftsguts gewesen ist. Es könnte daher im Streitfall nur dann anders sein, wenn die Schwägerin des Bf. das Holz schon vor Vollzug des übergabevertrags eingeschlagen hätte. Dann wäre der Fall demjenigen des Urteils des erkennenden Senats IV 275/57 U vergleichbar. Dort wurde die auf Grund eines Schenkungsversprechens durch die beschenkte Tochter vollzogene Holznutzung dem Vater als Entnahme zugerechnet, weil er im Zeitpunkt des Vollzugs der Schenkung noch als Land- und Forstwirt angesehen wurde. Im Streitfall hat die Schwägerin des Bf. aber von ihrem Holzeinschlagsrecht erst zu einem Zeitpunkt Gebrauch gemacht, in dem die Ehefrau des Bf. längst Eigentümerin des Hofes und der Bf., nicht aber sein Schwiegervater Land- und Forstwirt waren.
Fundstellen
Haufe-Index 411758 |
BStBl III 1965, 588 |
BFHE 1966, 242 |
BFHE 83, 242 |
BB 1965, 1135 |
DB 1966, 96 |