Leitsatz (amtlich)
1. Es läßt sich nicht ausschließen, daß die mit einer bestandenen Abschlußprüfung endende Ausbildung zum Verbandsprüfer im Genossenschaftswesen einer der in § 118a Abs. 2 Nr. 2 StBerG genannten, mit der Gehilfenprüfung abgeschlossenen Lehrzeiten gleichzuachten ist.
2. Es ist möglich, daß die Tätigkeit eines Verbandsprüfers im Genossenschaftswesen zugleich eine hauptberufliche Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens im Sinne des § 118 a Abs. 2 Nr. 3 darstellt.
Normenkette
StBerG § 118a Abs. 2 Nrn. 2-3
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erwarb 1947 das Zeugnis der mittleren Reife. 1949 legte er die Gehilfenprüfung im Molkereifach, 1953 die Obermeier- und 1956 die Molkereimeisterprüfung ab. 1956 bis 1958 war der Kläger bei dem Institut für Milchverwertung der Bundesforschungsanstalt für Milchwirtschaft tätig. 1958 bis 1961 war er beim Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Sonderprüfer für die Einhaltung der Richtlinien zur Gewährung eines Förderungszuschlages der Bundesregierung zum Milchauszahlungspreis. 1961 trat er als Angestellter bei der Prüfungsabteilung des Raiffeisenverbandes in K ein. Dort war er zunächst als Prüfungsassistent eingesetzt. Vom 1. September 1964 bis zum 28. Januar 1965 nahm er an einem Verbandsprüferlehrgang des Deutschen Raiffeisenverbandes teil, den er mit einer mündlichen Prüfung, in welcher er die Note befriedigend erhielt, abschloß. Seit dem 1. Juli 1965 ist er als Verbandsprüfer beschäftigt.
Im März 1972 beantragte der Kläger das erste Mal die Zulassung zur Steuerbevollmächtigtenprüfung. Der Zulassungsausschuß bei der Beklagten und Revisionsbeklagten (OFD) lehnte den Antrag mit der Begründung ab, der Kläger erfülle nicht die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 2 StBerG in der damals geltenden Fassung, weil er keinen kaufmännischen, sondern einen handwerklichen Beruf erlernt und keine als geeignet anerkannte Verwaltungsakademie oder gleichwertige Lehranstalt besucht habe. Die Tätigkeit als Prüfungsassistent und die Teilnahme an dem Verbandsprüferlehrgang sei kein anerkannter Ersatz für eine ordnungsmäßige Lehrzeit mit Lehrabschluß.
Am 18. Januar 1973 bestand der Kläger vor der Industrie- und Handelskammer die Prüfung als Bürokaufmann. Am 12. Februar 1973 stellte er nochmals den Antrag auf Zulassung zur Steuerbevollmächtigtenprüfung, den der Zulassungsausschuß nunmehr mit der Begründung ablehnte, beim Kläger sei nicht die Voraussetzung erfüllt, daß er nach Ablegung der Kaufmannsgehilfenprüfung schon eine vierjährige hauptberufliche Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens aufweisen könne.
In seiner Klage trug der Kläger vor, er habe die Voraussetzung des § 118 a Abs. 2 Nr. 2 StBerG mit der Ablegung der Meisterprüfung in 1956 erfüllt.
Das FG wies die Klage ab. Es führte aus, § 118a Abs. 2 Nr. 2 StBerG stelle auf die Belange des zu ergreifenden Berufs eines Steuerbevollmächtigten ab. Die Molkereilehrlingsausbildung sei ihrem Inhalt nach eine Unterweisung in vornehmlich technischen Dingen des Molkereiwesens und unterscheide sich wesentlich von einer kaufmännischen Lehrlingsausbildung. Eine Ausweitung auf andere als die in § 118a Abs. 2 Nr. 2 StBerG vorgesehenen Lehrmöglichkeiten würde zu einer nicht mehr überschaubaren Ausdehnung führen. Der Kläger habe somit keine der in § 118a Abs. 2 Nr. 2 StBerG genannten Lehrzeiten hinter sich. Erst auf Grund der von ihm am 18. Januar 1973 bestandenen Prüfung als Bürokaufmann sei er so zu stellen, als habe er mit der Erteilung des Gehilfenbriefes eine ordnungsmäßige Lehrzeit beendet. Der Kläger könne aber nicht die weiterhin erforderliche anschließende vierjährige hauptberufliche Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens nachweisen. Es nutze dem Kläger somit nichts, daß er schon in der Vergangenheit Verbandsprüfer beim Raiffeisenverband gewesen sei. Es sei auch darauf hinzuweisen, daß sich aus dieser Prüfungstätigkeit eine hauptberufliche Tätigkeit auf dem Gebiete des Steuerwesens nach Auffassung des FG nicht ohne weiteres herleiten lasse.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Revision, zu deren Begründung er vorträgt, das FG würdige den Ausbildungsweg im Meiereifach nicht sachgerecht. Dieser weiche durch seine Mehrstufigkeit von dem allgemein üblichen Ausbildungsweg im kaufmännischen Beruf ab. Die besondere technische Seite in der Ausbildung werde vorausgesetzt, bevor eine kaufmännische Ausbildung einsetzen könne. Ähnliche Beispiele gebe es bei der Ausbildung zum Kaufmann für Maschinen oder technische Ausrüstungen. Die ordnungsgemäße Ausbildung in einem kaufmännischen Beruf im Sinne des § 118 a Abs. 2 Nr. 2 StBerG sei im Meiereifach nicht mit der Gehilfenprüfung, sondern mit der Meisterprüfung abgeschlossen. Voraussetzung für die Aufnahme seiner Tätigkeit beim Raiffeisenverband sei die Molkereimeisterprüfung gewesen. Seine Fortbildung als Verbandsprüfer habe insbesondere auf rechtlichem und steuerrechtlichem Gebiet gelegen. Die Pflichtprüfungen nach dem Genossenschaftsgesetz beinhalteten auch die steuerliche Beratung der zu prüfenden Unternehmen, zu der der Raiffeisenverband nach § 107 a AO befugt sei.
Der Kläger beantragt sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung und der Entscheidung des Zulassungsausschusses die OFD zu verpflichten, ihn zur Steuerbevollmächtigtenprüfung zuzulassen.
Die OFD, die Zurückweisung der Revision beantragt, ist der Auffassung, der Zulassungsausschuß habe schon in seiner ersten Entscheidung vom 9. Mai 1972 darüber befunden, daß die Ablegung der Meiereigehilfenprüfung und der Meiereimeisterprüfung die Zulassung zur Steuerbevollmächtigtenprüfung nicht rechtfertige. Diese Entscheidung sei nicht angefochten worden und damit in materielle Rechtskraft erwachsen.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
Der erkennende Senat ist mangels näherer tatsächlicher Feststellungen des FG nicht in der Lage, abschließend zu entscheiden, ob der Kläger etwa doch entgegen der Auffassung des FG die hier streitige Vorbildungsvoraussetzung des § 118 a Abs. 2 Nr. 2 StBerG schon früher als mit der im Januar 1973 abgelegten Prüfung als Bürokaufmann erfüllt hat. Die Bestandskraft der Entscheidung des Zulassungsausschusses vom 9. Mai 1972, in welcher die Ausbildung zum Verbandsprüfer nicht als fachliche Vorbildungsvoraussetzung für die Zulassung zur Steuerbevollmächtigtenprüfung anerkannt worden ist, steht entgegen der von der OFD in ihrer Revisionsentgegnung vertretenen Auffassung einer richterlichen Untersuchung und Würdigung gerade dieser Ausbildung nicht im Wege. Gegenstand der vorliegenden Klage ist nicht die Verfügung vom 9. Mai 1972, sondern eine später ergangene, mit einer Rechtsmittelbelehrung versehene Entscheidung über einen neuen und anders als bisher begründeten Antrag des Klägers. In dieser neuen Verwaltungsentscheidung ist daher in Übereinstimmung mit dem BVerwG (vgl. Urteil vom 10. Oktober 1961 VI C 123.59, BVerwGE 13, 99) nicht lediglich die Wiederholung eines bereits unanfechtbar gewordenen Verwaltungsakts oder der Hinweis auf einen früheren unanfechtbar gewordenen Verwaltungsakt zu sehen.
§ 118a Abs. 2 Nr. 2 StBerG erfordert für die Zulassung zur Steuerbevollmächtigtenprüfung wie bisher schon § 6 Abs. 1 Nr. 2 StBerG a. F. eine mit der Gehilfenprüfung abgeschlossene ordnungsmäßige Lehrzeit im steuerberatenden, wirtschaftsberatenden oder kaufmännischen Beruf. Gleichgestellt wird vom Gesetz nur der viersemestrige Besuch einer als geeignet anerkannten Verwaltungsakademie oder einer gleichwertigen Lehranstalt. Die Rechtsprechung ist sehr zurückhaltend in der erweiternden Auslegung dieser Bestimmung. Es darf nämlich nicht verkannt werden, daß die genannte Vorschrift, die eine fachliche Vorbildungsvoraussetzung für den Beruf des Steuerbevollmächtigten aufstellt, gerade auf die Belange dieses Berufsstands abstellt und einen Ersatz für die dort genannten Lehrzeiten oder für den längeren Besuch bestimmter Lehranstalten nicht vorsieht. Unter Berücksichtigung des Sinns und Zwecks dieser gesetzlichen Bestimmung hat es der erkennende Senat daher abgelehnt, die Ausbildung und Prüfung eines Bürogehilfen etwa einer mit der Kaufmannsgehilfenprüfung abgeschlossenen kaufmännischen Lehre gleichzuachten (Urteil des BFH vom 22. Dezember 1970 VII R 111/69, BFHE 101, 340, BStBl II 1971, 311). Desgleichen ist es abgelehnt worden, den einjährigen Besuch von Finanzschulen und eine zweijährige Tätigkeit bei der Finanzverwaltung als Erfüllung der genannten Vorbildungsvoraussetzung für den Beruf des Steuerbevollmächtigten anzusehen (Urteil vom 26. November 1963 VII 239/63 U, BFHE 78, 64, BStBl III 1964, 23). Gleiches hat der erkennende Senat hinsichtlich eines mehrjährigen Praktikums eines Finanzschülers beim Finanzamt und ferner einer mit der Steuerassistentenprüfung abschließenden eineinhalbjährigen Ausbildung als Steueranwärter ausgesprochen (Urteile vom 10. April 1973 VII R 122/71, BFHE 109, 412, BStBl II 1973, 615, und vom 13. Februar 1973 VII R 23/71, BFHE 108, 561, BStBl II 1973, 425).
Demgegenüber hat der Senat in dem Urteil vom 22. Juli 1969 VII R 80/67 (BFHE 96, 256, BStBl II 1969, 693) die Nachholung einer ordnungsmäßigen Lehrzeit im steuerberatenden, wirtschaftsberatenden oder kaufmännischen Beruf nicht für erforderlich gehalten, wenn der Bewerber ohne eine derartige Lehrzeit die Gehilfenprüfung erfolgreich abgelegt hat. Ein solcher Bewerber habe durch die Gehilfenprüfung den Nachweis erbracht, daß er den Wissensstoff, der ihm durch die Lehrzeit vermittelt werden sollte, sich auf andere Weise verschafft hat und beherrscht. Eine Gleichsetzung mit den in § 6 Abs. 1 Nr. 2 StBerG a. F. (§ 118 a Abs. 2 Nr. 2 StBerG n. F.) genannten Vorbildungsvoraussetzungen hat die Rechtsprechung bisher nur für die nach dreijähriger Fachausbildung abgelegte Steuerinspektorenprüfung und für die Ablegung der Bilanzbuchhalterprüfung für angebracht gehalten (BFH-Urteile vom 8. März 1966 VII 141/65, BFHE 85, 61, BStBl III 1966, 234; vom 9. Mai 1967 VII 170/65, BFHE 88, 481, BStBl III 1967, 437, und vom 9. Mai 1967 VII 174/65, BFHE 88, 485, BStBl III 1967, 438). Im Mittelpunkt der Ausbildung des künftigen Steuerinspektors steht die Unterweisung auf allen Gebieten des Steuerwesens. Die mit der Steuerinspektorenprüfung abgeschlossene Ausbildung erweist sich gegenüber der im Gesetz genannten abgeschlossenen Lehrzeit im steuerberatenden Beruf mehr als gleichwertig. Die Bilanzbuchhalterprüfung hat den Zweck, erfahrenen Buchhaltern zu bestätigen, daß sie das betriebliche Rechnungswesen einschließlich der Bilanzierung beherrschen und die daraus zu gewinnenden Erkenntnisse auszuwerten verstehen. Sie erfordert demgemäß weit höhere und speziellere Kenntnisse als die Kaufmannsgehilfenprüfung. Es bestanden somit keine Bedenken, die Steuerinspektorenprüfung und die Bilanzbuchhalterprüfung als Erfüllung einer der im Gesetz genannten fachlichen Vorbildungsvoraussetzungen anzuerkennen.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist dem FG darin zu folgen, daß die mit der Gehilfenprüfung abgeschlossene Lehre im Molkereifach nicht einer der in § 118a Abs. 2 Nr. 2 StBerG genannten Vorbildungsvoraussetzungen gleichzusetzen ist. Sie ist speziell auf die Belange des Berufs des Molkereigehilfen abgestellt und steht einer ordnungsmäßigen Lehrzeit in einem kaufmännischen Beruf, der mit der Kaufmannsgehilfenprüfung abgeschlossen wird, nicht gleich. Der kaufmännische Beruf ist deshalb als geeignete fachliche Ausbildung für den Beruf des Steuerbevollmächtigten angesehen worden, weil er Kenntnisse auf dem Gebiet der Buchführung einschließlich einfacher Abschlußarbeiten und ferner einen Überblick über die rechtlichen Bestimmungen vermittelt.
Der Kläger hat nicht nur eine abgeschlossene Lehre im Molkereifach hinter sich, sondern außerdem 1956 die Molkereimeisterprüfung abgelegt und war dann anschließend als Fach- und Sonderprüfer sowie als Prüfungsassistent und - nach Ablegung einer besonderen Prüfung - als Verbandsprüfer bei einem genossenschaftlichen Prüfungsverband tätig. Das FG hat, obwohl der berufliche Werdegang des Klägers im Tatbestand des Urteils in Übereinstimmung mit den Akten kurz geschildert worden ist, nicht dazu Stellung genommen, ob die weitere mit den oben erwähnten Prüfungen abgeschlossene Ausbildung des Klägers einer der im Gesetz genannten, für den Beruf des Steuerbevollmächtigten erforderlichen Lehrzeiten unbedenklich gleichgesetzt werden kann. So hatte der Kläger schon in seiner Klageschrift darauf hingewiesen, daß für die Ablegung der Meisterprüfung im Molkereifach umfassende kaufmännische Kenntnisse vorausgesetzt werden und ein Molkereimeister von den Industrieund Handelskammern sogar die Befugnis erhalte, neben Molkereilehrlingen auch kaufmännische Lehrlinge auszubilden. Der Kläger hatte ferner geltend gemacht, die Tätigkeit eines genossenschaftlichen Verbandsprüfers erfordere mindestens die Kenntnisse, wie sie für die vor den Industrie- und Handelskammern abzulegende Bilanzbuchhalterprüfung verlangt werden.
Gerade die Anstellung des Klägers als Verbandsprüfer hätte zu einer rechtlichen Untersuchung Anlaß geben müssen, ob die Ausbildung hierzu einer der in § 118 a Abs. 2 Nr. 2 StBerG genannten Lehrzeiten offensichtlich gleichzusetzen ist, zumal der Kläger im Januar 1965 nach Teilnahme an einem mehrmonatigen Lehrgang ein Abschlußexamen als Verbandsprüfer abgelegt hat.
Das Genossenschaftsgesetz (GenG) enthält keine Vorschriften, welche Vorbildungsvoraussetzungen ein Verbandsprüfer aufweisen muß. § 63 c Abs. 2 GenG sagt lediglich, daß die Satzung des Prüfungsverbandes Bestimmungen enthalten soll über Auswahl und Befähigungsnachweis der anzustellenden Prüfer. Die notwendigen Voraussetzungen für die Anstellung als Verbandsprüfer ergeben sich aber mittelbar aus den den Prüfungsverbänden zugewiesenen Aufgabengebieten. Die Verbandsprüfer werden im Rahmen der von § 53 GenG angeordneten Pflichtprüfungen der einem Prüfungsverband angehörenden Genossenschaften tätig. Diese genossenschaftsrechtliche Prüfung hat sich auf die Buchführung, den Jahresabschluß und die wirtschaftlichen Verhältnisse der verbandsangehörigen Genossenschaft zu erstrecken (Meyer-Meulenbergh, Genossenschaftsgesetz, 11. Aufl., § 53 Anm. 1). Die genossenschaftsrechtliche Prüfung ist daher der aktienrechtlichen Pflichtprüfung sehr ähnlich. Im einzelnen hat sie sich mit der formellen und materiellen Ordnungsmäßigkeit der Buchführung und Rechnungslegung zu befassen, insbesondere ob diese den handelsrechtlichen Vorschriften der §§ 38 ff. HGB entspricht und ob die Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften der §§ 33, 33a bis 33f GenG eingehalten worden sind. Nach § 58 GenG ist über das Ergebnis der Prüfung ein schriftlicher Bericht zu erstatten, dessen Inhalt und Gestaltung der aktienrechtlichen Berichterstattung ähnelt (vgl. zu Vorstehendem: F. A. Schmitt und Fritz Schmitt, Das neue Revisionshandbuch, 2. Aufl., S. 347, 348 und 366).
Der erkennende Senat ist mangels hinreichender tatsächlicher Feststellungen des FG nicht in der Lage, abschließend zu beurteilen, ob der berufliche Werdegang des Klägers bis zu seiner Anstellung als Verbandsprüfer in 1965 einer der in § 118 a Abs. 2 Nr. 2 StBerG genannten Lehrzeiten offensichtlich gleichwertig ist. Die Vorentscheidung war daher aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.
Das FG wird das Schwergewicht seiner Feststellungen darauf richten müssen, nach welchen Grundsätzen der Prüfungsverband, der den Kläger als Verbandsprüfer angestellt hat, seine Verbandsprüfer auswählt, welche Befähigungsnachweise von den anzustellenden Verbandsprüfern verlangt werden, wie die Lehrpläne für die einzelnen Fächer des Verbandsprüferlehrgangs, an dem der Kläger teilgenommen hat, ausgestaltet waren, und worauf bei diesen Lehrgängen das Schwergewicht gelegt worden ist; ggf. ist eine Stellungnahme des Prüfungsverbandes einzuholen. Sollte sich auf Grund dieser Ermittlungen ergeben, daß vom Kläger als Verbandsprüfer verlangt wird, daß er das betriebliche Rechnungswesen einschließlich der Bilanzierung beherrscht und die daraus zu gewinnenden Erkenntnisse in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auszuwerten versteht, bestehen keine Bedenken - ähnlich wie bei einem Bilanzbuchhalter -, die Abschlußprüfung des Verbandsprüferlehrgangs als Erfüllung einer der Vorbildungsvoraussetzungen des § 118 a Abs. 2 Nr. 2 StBerG anzusehen.
Das FG hat weiterhin zu prüfen, ob der Kläger nach Erfüllung der Voraussetzungen des § 118 a Abs. 2 Nr. 2 StBerG - hier also ggf. nach Ablegung des Verbandsprüferexamens und seiner Anstellung als Verbandsprüfer in 1965 - vier Jahre auf dem Gebiet des Steuerwesens hauptberuflich tätig gewesen ist (§ 118 a Abs. 2 Nr. 3 StBerG). Es ist dem FG zuzustimmen, daß sich aus § 53 GenG allein nicht ohne weiteres eine hauptberufliche Tätigkeit des Verbandsprüfers auf dem Gebiet des Steuerwesens herleiten läßt. Auf der anderen Seite ist nicht zu verkennen, daß es die Prüfungsverbände vielfach als ihre besondere Aufgabe ansehen, die Geschäftsführungen ihrer Mitgliedsgenossenschaften auch in steuerrechtlicher Hinsicht zu beraten, um diese Genossenschaften vor finanziellen Nachteilen zu bewahren (siehe Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, S. 308). Dem trägt die Reichsabgabenordnung Rechnung, in deren § 107 a Abs. 2 Nr. 6 bestimmt ist, daß zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen auch genossenschaftliche Prüfungsverbände befugt sind, soweit sie im Rahmen ihres Aufgabenbereichs ihren Mitgliedern Hilfe in Steuersachen leisten.
Eine Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens ist "hauptberuflich", wenn sie den Hauptinhalt der Tätigkeit des Bewerbers bildet, durch sie also Arbeitszeit und Arbeitskraft des Bewerbers überwiegend beansprucht werden (BFH-Urteil vom 27. Juli 1966 VII 48/64, BFHE 86, 460, BStBl III 1966, 569). Die Tätigkeit eines Verbandsprüfers auf dem Gebiet des Genossenschaftswesens kann sich in vielen Bereichen mit einer Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens decken. Der Begriff der Tätigkeit "auf dem Gebiet des Steuerwesens" ist sehr weit auszulegen. Er umfaßt z. B. auch die Hilfeleistung bei Erfüllung von Buchführungspflichten, die auf Grund der Steuergesetze bestehen, ferner die Erstellung der Bilanzunterlagen und der Unterlagen für die Jahresabschlüsse. Auch die Revisionstätigkeit eines Verbandsprüfers, die sich zugleich darauf erstreckt, nachzuprüfen, ob die Buchführung und die Jahresabschlüsse der von ihm geprüften Genossenschaft den steuerlichen Vorschriften genügen oder ob die betreffenden Genossenschaften von den in den einzelnen Steuergesetzen eingeräumten Möglichkeiten den richtigen Gebrauch gemacht haben, muß als eine Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens angesehen werden. Die Tatsache, daß der Prüfungsverband etwa für schwierig zu beurteilende steuerliche Fragen eigene Steuerfachleute beschäftigt, braucht eine Tätigkeit des Verbandsprüfers auf dem Gebiet des Steuerwesens nicht auszuschließen. Es ist nicht erforderlich, daß sie befugt sein müssen, alle steuerlichen Fragen abschließend zu beurteilen (vgl. BFH-Urteil vom 16. Juni 1964 VII 281/63, HFR 1965, 81, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Steuerberatungsgesetz, § 6, Rechtsspruch 8). Das FG wird - vorausgesetzt, daß es notwendig ist, darüber zu befinden, ob der Kläger auch die Voraussetzungen des § 118 a Abs. 2 Nr. 3 StBerG erfüllt - die entsprechenden Ermittlungen anzustellen haben.
Fundstellen
Haufe-Index 71284 |
BStBl II 1975, 313 |
BFHE 1975, 310 |