Leitsatz (amtlich)
Wlrd eln Grundstück zum Zwecke der Erwelterung elner Betrlebsstätte erworben, so erstreckt slch die Grunderwerbsteuerbefrelung aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a NW GrEStStrukturG auf den gesamten Erwerbsvorgang.
Normenkette
NW GrEStStrukturG § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erwarb durch Meistgebot vom 27. Oktober 1976 ein Hotelgrundstück. Sein Meistgebot betrug 690 000 DM. Er war seit 1971 Pächter des erworbenen Hotels gewesen und führte dieses nach dem Erwerb als Eigentümer weiter.
Seinen Antrag auf Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 des nordrhein-westfälischen Gesetzes über Grunderwerbsteuerbefreiung bei Maßnahmen zur Verbesserung der Wirtschaftsstruktur (GrEStStrukturG) i. d. F. des Grunderwerbsteueränderungsgesetzes vom 8. April 1975 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen -- GV NW -- 1975, 298) lehnte das Finanzamt (FA) ab und setzte die Grunderwerbsteuer auf 48 300 DM fest. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
Mit der Klage begehrt der Kläger die Aufhebung der Steuerfestsetzung. Nachdem der Kläger Erweiterungsabsichten belegt und durch die Errichtung eines weiteren Hoteltrakts und verschiedener Außenanlagen bestätigt hatte, blieb im Klageverfahren nurmehr die Frage streitig, ob der Grundstückserwerb insgesamt oder nur für die von den Erweiterungsmaßnahmen erfaßte Teilfläche gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStStrukturG von der Grunderwerbsteuer freizustellen war.
Das Finanzgericht (FG) stellte den Erwerb hinsichtlich des im Meistgebot enthaltenen Inventars und der anteiligen von den Erweiterungsmaßnahmen betroffenen Fläche von der Grunderwerbsteuer frei und setzte die Grunderwerbsteuer auf 34 420 DM herab. Die Freistellung des auf das übernommene Hotel entfallenden Anteils der Gegenleistung lehnte es ab, da der Erwerb insoweit nicht begünstigten Zwecken diene.
Mit der Revision begehrt der Kläger die völlige Befreiung der Erwerbsmaßnahme von der Grunderwerbsteuer. Er stützt sich dabei vor allem auf das zeitlich nach dem FG-Urteil ergangene Urteil des erkennenden Senats vom 4. Februar 1981 II R 83--84/78 (BFHE 133, 223, BStBl II 1981, 444). Das FA ist der Revision entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, des angefochtenen Steuerbescheids sowie der Einspruchsentscheidung und zur materiell vorläufigen Freistellung des Erwerbsvorgangs von der Grunderwerbsteuer gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a GrEStStrukturG.
Der Senat folgt nicht der vom FG vertretenen Auffassung, daß die erworbene Grundstücksfläche in eine begünstigte Teilfläche -- darauf Erweiterung des Betriebes -- und eine nichtbegünstigte Teilfläche -- darauf Fortführung des Betriebes -- aufzuspalten ist.
Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist der Erwerb dann befreit, wenn das Grundstück unmittelbar zur Errichtung oder Erweiterung einer Betriebsstätte verwendet werden soll. Der Senat hat mit der Entscheidung in BFHE 133, 223, BStBl II 1981 444 ausgesprochen, daß zwischen der Fortführung des Betriebes und der Fortführung und Erweiterung des Betriebes unterschieden werden muß. Dies ist darin begründet, daß die Erweiterung die Fortführung dann überlagert und zur vollständigen -- materiell vorläufigen -- Steuerbefreiung führt, wenn die Erweiterung in Anbetracht der bereits vorhandenen Betriebsstätte erheblich ist. Das Merkmal der Erheblichkeit läßt sich einerseits dadurch abgrenzen, daß, wie in der zum GrEStStrukturG Niedersachsen ergangenen Entscheidung in BFHE 133, 223, BStBl II 1981, 444 auf die Neuschaffung von Arbeitsplätzen abgestellt wird. Denn auch das GrEStStrukturG Nordrhein-Westfalen soll insbesondere die Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen in bestimmten strukturschwachen Gebieten fördern (vgl. Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses zur zweiten Lesung des Grunderwerbsteueränderungsgesetzes 1974, Landtag Nordrhein-Westfalen, Drucksache -- Drucks. -- 7/4809, 6). Andererseits kann sich auch aus dem baulichen Umfang der Erweiterungsmaßnahmen ergeben, daß die Erweiterungsmaßnahmen so erheblich sind, daß dadurch sine strukturelle Verbesserung des Betriebes eintritt (vgl. Regierungsbegründung zum Entwurf des GrEStStrukturG vom 29. April 1969, Landtag Nordrhein-Westfalen, 6. Wahlperiode, Drucks. 1238,9).
Die vom FG vorgenommene flächenmäßige Aufteilung des Erwerbs nach Merkmalen, die bei anderen, wenn auch ähnlichen Befreiungstatbeständen zur Anwendung kommen, kann hier deshalb nicht zu richtigen Ergebnissen führen, weil das Gesetz den Umfang der zur Steuerbefreiung führenden Erweiterung nicht festlegt. Zwar kann im vorliegenden Fall eine solche Aufteilung tatsächlich erfolgen, da es sich um einen Anbau handelt. Hätte der Kläger die Erweiterung jedoch in einer Weise durchgeführt, die eine flächenmäßige Aufteilung nicht zugelassen hätte, z. B. durch Gebäudeaufstockung, müßte entsprechend der Gedankenführung des FG auf den überwiegenden Zweck abgestellt werden. Dies würde bei einer zwar erheblichen, aber nicht überwiegenden Erweiterung durch Aufstockung dazu führen, daß der Erwerb insgesamt der Steuer zu unterwerfen wäre. Es kann aber nicht mit Sinn und Zweck des Gesetzes in Einklang gebracht werden, daß die Steuerbefreiung möglicherweise von der bautechnischen und baurechtlichen Ausnutzbarkeit des erworbenen Grundstücks abhängt.
Da das FG die Voraussetzungen des Befreiungstatbestandes für den überwiegenden Teil der Grundstücksfläche angenommen hat, ist für den vorliegenden Fall davon auszugehen, daß die Erweiterung des Hotelbetriebes so erheblich war, daß sie die Fortführung des Altbetriebes überlagert. Der Erwerb ist deshalb gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 a GrEStStrukturG von der Grunderwerbsteuer befreit.
Fundstellen
Haufe-Index 74484 |
BStBl II 1983, 90 |
BFHE 1983, 559 |