Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer Erbschaft, Schenkung und Steuern
Leitsatz (amtlich)
Ein vor dem Währungsstichtag angefallenes Geldsummen-Vermächtnis kann als Nachlaßverbindlichkeit nur mit dem Reichsmarknennbetrag abgezogen werden.
Normenkette
ErbStG § 23 Abs. 4, § 24/4
Tatbestand
A.
Der am 10. April 1948 verstorbene Dr. H. (- im folgenden kurz Erblasser genannt -) hat in § 5 seines privatschriftlichen Testaments vom 10. Oktober 1935 u. a. folgendes bestimmt: "Meiner Haushälterin Fräulein K. vermache ich in Anerkennung folgende Vermächtnisse: a) sie erhält von meinem Todestage ab als Vermächtnis eine lebenslange Geldrente von jährlich eintausend Reichsmark, zahlbar je drei Monate im Voraus zu je 1/4. Ich will, daß Fräulein K. sorgenfrei leben kann ..." Ergänzend hat der Erblasser in § II Abs. 2 seines Testaments angeordnet: "Die in ..... § 5a getroffenen Bestimmungen werden aber durch eine eventuelle Geldentwertung nicht berührt. Die daselbst genannten Geldbeträge sind, auch im Falle einer Geldentwertung, in vollem Werte auszuzahlen." Im vorläufigen Erbschaftsteuerbescheid vom 25. November 1948 hat das Finanzamt diese Rente, kapitalisiert nach dem Lebensalter der Vermächtnisnehmerin, in Reichsmark als Nachlaßverbindlichkeit abgezogen; das Vermächtnis ist bei der Vermächtnisnehmerin gemäß § 18 Abs. 1 Ziff. 15 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) steuerfrei geblieben. Hiergegen haben der Beschwerdeführer (Bf.) und sein Mittestamentsvollstrecker Anfechtung mit dem Antrag eingelegt, die Erben von der Erbschaftsteuer freizustellen; da das Vermächtnis K. im vollen Wert (- in neuer Währung -) auszuzahlen sei, ergebe sich eine Nachlaßüberschuldung. Am 21. September 1949 hat das Finanzamt den vorläufigen Steuerbescheid vom 25. November 1948 berichtigt und hierbei das Vermächtnis als Nachlaßverbindlichkeit mit dem doppelten Reichsmarknennbetrag berücksichtigt. Gegen den berichtigten vorläufigen Steuerbescheid hat der Bf. unter Bezugnahme auf die Anfechtungsbegründung Einspruch eingelegt. Der Einspruch ist als unbegründet zurückgewiesen und darüber hinaus die Steuerfestsetzung insofern erhöht worden, als das Vermächtnis K. nunmehr nur noch mit dem einfachen Reichsmarknennbetrag zum Abzug zugelassen worden ist. Die Berufung des Bf. ist erfolglos geblieben. Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) wird Freistellung der Erben von der Erbschaftsteuer begehrt; es werden Nichtanwendung und unrichtige Anwendung des bestehenden Rechts, verbunden mit unrichtiger Auslegung der testamentarischen Bestimmungen des Erblassers gerügt.
Entscheidungsgründe
B.
Die Rb. ist nicht begründet. Das Finanzgericht führt zutreffend aus, daß Wertsicherungsklauseln mit der Währungsumstellung unwirksam geworden sind, weil sie gegen den zwingenden Charakter der Umstellungsvorschriften des Umstellungsgesetzes verstoßen. Die Rb. vertritt demgegenüber die Ansicht, die zivilrechtliche Rechtsprechung habe den Standpunkt des Finanzgerichts, daß Wertsicherungsklauseln nicht zulässig seien, aufgegeben. Diese Meinung ist jedoch unzutreffend, vielmehr hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil Bd. 5 S. 173 der Entscheidung in Zivilsachen ausdrücklich ausgesprochen (a. a. O. S. 181), daß Wertsicherungsklauseln gegenüber den zwingenden Vorschriften der Währungsgesetze unwirksam sind. Die Auffassung des Bundesgerichtshofs muß natürlich für die einseitig in eine letztwillige Verfügung aufgenommene Wertsicherungsklausel ebenso gelten wie für die vertraglich vereinbarte. Ist also durch das Inkrafttreten der Währungsgesetze die vorliegendenfalls im § 11 Abs. 2 des Testaments enthaltene Wertsicherungsklausel unwirksam geworden, so beruht, wie die angefochtene Entscheidung ebenfalls zutreffend ausgeführt hat, die Verpflichtung der Erben zur Umstellung der vermachten Rente im Verhältnis 1 : 1 nicht auf dem Testament, sondern auf der besonderen gesetzlichen Vorschrift des § 18 Abs. 1 Nr. 3 des Umstellungsgesetzes (UmstG). Dies bedeutet mit anderen Worten, daß die Umstellung des Vermächtnisses K. (der Versorgungsrente) auf einem nach dem Erbfall eingetretenen Umstand, nämlich das Ergehen der Währungsgesetze zurückzuführen ist. Da für die Anwendung der Wertsicherungsklausel aus den dargelegten Gründen überhaupt kein Raum mehr ist, erübrigt sich entgegen der Ansicht des Bf. auch ihre Auslegung und ebenso die des Satzes "Ich will, daß Fräulein K. sorgenfrei leben kann".
Für die Frage, mit welchem Betrag das Vermächtnis K. als Nachlaßverbindlichkeit zu berücksichtigen ist, sind weiterhin die Ausführungen von Bedeutung, die der Bundesgerichtshof in seinem Urteil Bd. 7 S. 134 der Entscheidungen in Zivilsachen gemacht hat. Der Bundesgerichtshof hat dort dargelegt (a. a. O. S. 140), daß außerhalb des im Umstellungsgesetz vorgesehenen Verfahrens nach § 21 UmstG (jetzt nach dem Vertragshilfegesetz vom 26. März 1952, Bundesgesetzblatt - BGBl. - 1952 I S. 198) jede rechtliche Grundlage für die Berücksichtigung der durch die Währungsneuordnung geschaffenen Lage zum Zwecke der Ermittlung des Nachlaßwerts für vor der Währungsumstellung entstandene Pflichtteilsansprüche fehlt. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs kommt es daher nicht darauf an, ob sich der Erbe Sachwerte hat erhalten können oder ob die Nachlaßaktiven durch den Währungsverfall und die Währungsneuordnung getroffen wurden. Die vorstehend wiedergegebenen Ausführungen des Bundesgerichtshofs treffen auch dort zu, wo es sich um Ermittlung des Nachlaßwerts zwecks Feststellung der Höhe der Erbteile handelt. Demnach ist der in einer Geldforderung bestehende, vor der Währungsneuordnung entstandene Vermächtnisanspruch als Nachlaßverbindlichkeit für Zwecke der Ermittlung des Nachlaßwerts nicht nach der erst durch die Währungsneuordnung geschaffene Lage zu berücksichtigen. Mit anderen Worten kann die nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 UmstG umgestellte Vermächtnisforderung nicht - auf Reichsmark im Verhältnis 1 : 10 umgerechnet - als Nachlaßverbindlichkeit abgezogen werden, was die Rb. erstrebt.
Auch für das Steuerrecht greift keine andere Regelung Platz. Die angefochtene Entscheidung hat zutreffend ausgeführt, daß für die Frage, mit welchem Betrage vorliegendenfalls das Vermächtnis K. als Nachlaßverbindlichkeit anzusetzen ist, gemäß § 21 ErbStG in Verbindung mit § 14 Abs. 1 Ziff. 1 ErbStG die Verhältnisse am Todestag des Erblassers maßgebend und nach diesem Zeitpunkt eingetretene änderungen unbeachtlich, vor dem Währungsstichtag entstandene Vermächtnisforderungen bzw. -verbindlichkeiten also mit ihrem Reichsmarkwert anzusetzen sind. Dies ist auch die einhellige Meinung des Schrifttums (Binder-Wetter-Reinbothe, Umstellungsgesetz, Anm. 16 auf S. 341; Hartmann-Kirmse, Erbschaftsteuerrecht, Blattreihe IV, Nachtrag 1 Hauptblatt; Kapp, Erbschaftsteuergesetz Anm. 2 g) ff.) zu § 2 auf S. 49; Model, Handbuch zum Testaments- und Erbschaftsteuerrecht, Vorbem. Anm. 56a auf S. 86; Eppler, Deutsche Steuerzeitung 1949, S. 154; Oswald, Steuer und Wirtschaft 1951 S. 138). Das Finanzgericht hat schließlich zu Recht § 16 Abs. 5 des Bewertungsgesetzes - BewG - (Reichsbewertungsgesetz - RBewG -) nicht angewandt. § 16 Abs. 5 BewG setzt voraus, daß nach den Verhältnissen vom Bewertungsstichtag (hier: Todestag des Erblassers) ein höherer gemeiner Wert als der nach § 16 Abs. 2 BewG (RBewG) errechnete Kapitalwert nachweislich ist; hiervon kann aber bei der am Todestag des Erblassers bestehenden völligen Ungewißheit über die Auswirkungen der damals noch nicht erfolgten Währungsneuordnung keine Rede sein. Mit Recht hat die angefochtene Entscheidung schließlich darauf hingewiesen, daß auch die Steuer in Reichsmark festgesetzt und nur im Verhältnis 10 : 1 DM zu entrichten ist. Insofern besteht also auch keine unbillige Härte zu Lasten der Erben (vgl. auch Oswald a. a. O.).
Zusammenfassend bleibt danach festzustellen, daß das Finanzgericht die in der Einspruchsentscheidung vorgenommene Steuerfestsetzung mit Recht aufrechterhalten hat.
Hiernach ist die Rb. als unbegründet zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 307 ff. der Reichsabgabenordnung.
Fundstellen
Haufe-Index 407669 |
BStBl III 1953, 172 |
BFHE 1954, 442 |
BFHE 57, 442 |