Leitsatz (amtlich)
Unterläßt ein Kreditinstitut mit Zustimmung des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen in seiner inländischen Zweigstellenbilanz die Bildung von Sammelwertberichtigungen und wird der steuerliche Gewinn auf dieser Grundlage vom FA ermittelt, so ist bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens regelmäßig davon auszugehen, daß der Ansatz der Kapitalforderungen ohne Bildung von Sammelwertberichtigungen den Grundsätzen der steuerlichen Gewinnermittlung und somit dem Teilwert entspricht.
Die daraus folgende Vermutung der Richtigkeit des Wertansatzes der Kapitalforderungen bei der steuerlichen Gewinnermittlung wird nicht dadurch entkräftet, daß das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen eine ausländische Bank deshalb von der Bildung von Sammelwertberichtigungen in ihrer inländischen Zweigstellenbilanz befreit hat, weil die ausländische Bank in ihrer Unternehmensbilanz ausreichende Vorsorge getroffen hat.
Normenkette
BewG 1974 § 109 Abs. 4
Tatbestand
Die Klägerin ist eine nach dem Recht eines Gliedstaates der USA errichtete Kapitalgesellschaft, die das Bankgeschäft betreibt. Sie unterhält in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) eine Zweigstelle, die als Zweigniederlassung in das Handelsregister eingetragen ist.
Bei der Feststellung des inländischen Betriebsvermögens auf den 1.Januar 1976 wurde die Berücksichtigung von Sammelwertberichtigungen im Sinne der Anordnung des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen vom 17.September 1974 (Bundesanzeiger -BAnz-- Nr.180) und der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift über die steuerliche Anerkennung von Sammelwertberichtigungen bei Kreditinstituten vom 23.Juli 1974 (BAnz Nr.137) streitig. In ihrem Jahresabschluß für die inländische Zweigniederlassung auf den 31.Dezember 1975, zu dem sie aufgrund des § 53 Abs.1 Nr.2 des Gesetzes über das Kreditwesen (KWG) verpflichtet war, hatte die Klägerin eine Sammelwertberichtigung nicht ausgewiesen, auch keine Rückstellung für Wechselhaftung. Hierzu hat sie vorgetragen ihre inländische Zweigniederlassung sei vom Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen von dem Ansatz von Sammelwertberichtigungen freigestellt worden, weil in der für das Gesamtunternehmen erstellten Bilanz entsprechende Vorsorge getroffen worden sei. Auch bei der steuerlichen Gewinnermittlung wurde eine Sammelwertberichtigung nicht berücksichtigt.
In der Aufstellung über das Vermögen der inländischen Zweigniederlassung auf den 1.Januar 1976 hat die Klägerin demgegenüber Sammelwertberichtigungen nach den Grundsätzen der Anordnung des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen vom 17.September 1974 geltend gemacht. Das beklagte Finanzamt (FA) hat es unter Hinweis auf § 109 Abs.4 des Bewertungsgesetzes (BewG) abgelehnt, diese Sammelwertberichtigungen bei der Feststellung des Einheitswerts des inländischen Betriebsvermögens zu berücksichtigen.
Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage ist vom Finanzgericht (FG) abgewiesen worden. Das FG hat die Auffassung vertreten, die Sammelwertberichtigungen seien unzulässig, weil diese in der Steuerbilanz nicht angesetzt worden seien.
Die Klägerin hat Revision eingelegt und beantragt, den Einheitswert des Betriebsvermögens unter Berücksichtigung der geltend gemachten Sammelwertberichtigungen herabzusetzen.
Entscheidungsgründe
Ihre Revision ist unbegründet.
Eine Korrektur der der steuerlichen Gewinnermittlung zugrunde gelegten Ansätze der Kapitalforderungen um Sammelwertberichtigungen einschließlich einer Wertberichtigung für Eventualforderungen (Rückstellung für Wechselhaftung) haben das FA und, ihm folgend, das FG im Ergebnis zu Recht abgelehnt.
Gemäß § 109 Abs.4 BewG sind u.a. Kapitalforderungen sowie Rückstellungen für Wechselhaftung mit den Werten anzusetzen, die sich nach den Grundsätzen über die steuerliche Gewinnermittlung ergeben. Dies bedeutet zwar nicht, wie das FG meint, eine strikte Bindung an die Wertansätze, von denen bei der steuerlichen Gewinnermittlung ausgegangen worden ist (vgl. hierzu Gürsching/Stenger, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 8.Aufl., § 109 BewG Tz.2; Rössler/Troll, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 14.Aufl., § 109 BewG Tz.3). Denn für eine derartige Auffassung gibt der Gesetz gewordene Wortlaut der Vorschrift nichts her, wobei offenbleiben kann, ob eine strikte Bindung anzunehmen gewesen wäre, wenn der Regierungsentwurf (vgl. BTDrucks VI/3418) Gesetz geworden wäre, der von dem Ansatz der Werte der Steuerbilanz ausging.
Auch wenn danach eine strikte Bindung an die Werte nicht angeordnet worden ist, die der steuerlichen Gewinnermittlung zugrunde gelegt wurden, so kann doch regelmäßig angenommen werden, daß die der steuerlichen Gewinnermittlung zugrunde gelegten Werte im Einklang mit den Grundsätzen über die steuerliche Gewinnermittlung stehen. Der durch § 109 Abs.4 BewG angestrebte Vereinfachungseffekt (vgl. BTDrucks 7/1389 S.7 zu Nr.28) wird auf diese Weise dadurch erreicht, daß die bei der steuerlichen Gewinnermittlung angesetzten Werte auch bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens als Werte anzusehen sind, die den Grundsätzen über die steuerliche Gewinnermittlung entsprechen.
Die daraus folgende Vermutung der Richtigkeit der Ansätze der steuerlichen Gewinnermittlung kann im Einzelfall nur dadurch erschüttert werden, daß der Steuerpflichtige substantiiert vorträgt, diese Werte entsprächen nicht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Gewinnermittlung. Dies ist im vorliegenden Fall seitens der Klägerin nicht geschehen.
Ihr Hinweis auf die Verwaltungsanweisungen über die Bildung von Sammelwertberichtigungen für Kreditinstitute und auf die Entscheidung des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen, wonach ihr die Bildung von Sammelwertberichtigungen in ihrer Zweigstellenbilanz allein deshalb erlassen worden sei, weil sie in ihrer Unternehmensbilanz ausreichend Vorsorge getroffen habe, reicht nicht aus, die Vermutung der Richtigkeit der der steuerlichen Gewinnermittlung zugrunde gelegten Werte zu erschüttern. Dies wäre nur dann möglich, wenn die vom Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen vorgeschriebenen Sammelwertberichtigungen für Kreditinstitute voll im Einklang mit den steuerlichen Vorschriften über den Ansatz der Teilwerte stände. Das aber ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht der Fall.
Der I.Senat hat in seiner Rechtsprechung, vor allem in seinem Urteil vom 24.Juli 1962 I 275/60 U (BFHE 75, 473, BStBl III 1962, 440) erhebliche Bedenken dagegen geäußert, daß die durch das Bundesaufsichtsamt vorgeschriebenen Mindestsätze für Sammelwertberichtigungen nach den Grundsätzen gebildet worden sind, die die Rechtsprechung für Wertberichtigungen aufgestellt hat. Auch im Schrifttum sind erhebliche Bedenken dagegen erhoben worden, daß die Allgemeine Verwaltungsvorschrift vom 23.Juli 1974 im Einklang mit § 6 Abs.1 Nr.2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steht (vgl. Blümich/Falk, Einkommensteuergesetz, 12.Aufl., § 6 Tz.1168; Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, 19.Aufl., § 6 EStG Tz.925). In diesem Zusammenhang ist auch nicht ohne Bedeutung, daß die Verwaltung beabsichtigt, Sammelwertberichtigungen für Kreditinstitute in der Zukunft nicht mehr zuzulassen; die Allgemeine Verwaltungsvorschrift vom 23.Juli 1974 soll aufgehoben werden (vgl. Bundesanzeiger 1988 Nr.125 S.3027, BStBl I 1988, 316). Die bereits gebildeten Sammelwertberichtigungen sollen gewinnerhöhend aufgelöst werden (vgl. BTDrucks 11/2157 zu Art.23, zu Nr.2).
Bei Berücksichtigung der vorstehenden Umstände kann deshalb die Vermutung der Richtigkeit der der steuerlichen Gewinnermittlung zugrunde gelegten Werte nicht durch den bloßen Hinweis auf die vom Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen vorgeschriebenen Mindestsätze für Sammelwertberichtigungen erschüttert werden.
Sonstige Anhaltspunkte, daß die der Gewinnermittlung zugrunde gelegten Werte nicht mit den Grundsätzen der steuerlichen Gewinnermittlung im Einklang stehen, sind nicht erkennbar. Auf die Frage, was gilt, wenn ein Bewertungswahlrecht besteht, worauf das FG seine Entscheidung hilfsweise gestützt hat (vgl. hierzu Gürsching/Stenger, a.a.O., § 109 BewG Tz.2), braucht der Senat nicht einzugehen. Ein solches Bewertungswahlrecht ist im vorliegenden Fall nicht gegeben. Wenn die Klägerin beim Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen die Befreiung von der Bildung von Sammelwertberichtigungen in ihrer Zweigstellenbilanz erreicht hat, so ist dies nicht die Folge eines von ihr ausgeübten Bewertungswahlrechtes.
Keiner Erörterung mehr bedarf die Frage, ob der Abzug einer Rückstellung für Wechselhaftung bereits dem Grunde nach durch § 103a BewG deshalb ausgeschlossen ist, weil in der Zweigstellenbilanz eine Rückstellung nicht gebildet worden ist.
Fundstellen
Haufe-Index 62298 |
BStBl II 1988, 875 |
BFHE 154, 146 |
BFHE 1989, 146 |
DB 1988, 2342 (T) |
HFR 1989, 9 (LT) |