Leitsatz (amtlich)
1. Zum Begriff des "Gegenstandes" im Umsatzsteuerrecht.
2. Die Übertragung eines Verlagsrechts ist keine Lieferung, sondern eine sonstige Leistung, bei der der Unternehmer durch Dulden tätig wird.
Normenkette
UStG 1951 § 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1; UStDB 1951 §§ 4, 7 Abs. 2
Tatbestand
Die Klägerin, Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte (Steuerpflichtige), eine französische Verlagsfirma, räumte verschiedenen Verlegern und Rundfunkgesellschaften in der BRD gegen Entgelt das Recht ein, französische Schriftwerke, an denen sie die Verlagsrechte besitzt, in deutscher Sprache zu verlegen. Der Beklagte, Revisionsbeklagte und Revisionskläger (FA) veranlagte die Steuerpflichtige wegen dieser Vorgänge unter Zugrundelegung der ihr in den Jahren 1957 bis 1960 und 1962 zugeflossenen Entgelte zur Umsatzsteuer von insgesamt ... DM. Die Steuerpflichtige sieht sich dadurch in ihren Rechten verletzt. Sie meint: Die von ihr übertragenen dinglichen Rechte seien "Gegenstände" im Sinne des § 3 Abs. 1 UStG 1951. Sie habe deshalb am Ort der Übertragung (Paris) Lieferungen ausgeführt (§ 4 UStDB 1951). Es handle sich also um Umsätze im Ausland und diese seien nicht steuerbar. Die Steuerpflichtige erhob deshalb nach erfolglosem Einspruch die Anfechtungsklage, mit der sie in Höhe eines Betrages von ... DM obsiegt hat, im übrigen aber abgewiesen wurde.
Zur Begründung der Entscheidung hat das FG im wesentlichen ausgeführt: Entgegen der Auffassung der Steuerpflichtigen handle es sich bei den Rechtsübertragungen an die deutschen Verleger nicht um Lieferungen, sondern um "sonstige Leistungen" im Sinne des § 1 Nr. 1 UStG 1951, § 7 Abs. 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 UStG und § 2 Abs. 2 UStDB 1951. Zwar sei nach der gesetzlichen Definition in § 3 Abs. 1 UStG 1951 die Lieferung dadurch gekennzeichnet, daß die Verfügungsmacht über einen "Gegenstand" verschafft werde, und sei außerdem einzuräumen, daß das bürgerliche Recht unter einem Gegenstand auch Rechte verstehe. Für das Umsatzsteuerrecht sei aber, obgleich es den Begriff des Gegenstandes nirgends ausdrücklich abweichend vom BGB umschreibe, niemals zweifelhaft gewesen, daß unter Gegenständen nur solche körperlicher Art verstanden würden (Hinweis auf die Urteile des RFH V 109/40 vom 21. November 1941, RStBl 1942, 285, und des BFH V 245/56 S vom 31. Januar 1957, BFH 64, 245, BStBl III 1957, 93).
Der Ort der "sonstigen Leistung" sei nach § 7 Abs. 2 UStDB zu bestimmen. Die Steuerpflichtige habe die wirtschaftliche Nutzung der übertragenen Verlagsrechte hauptsächlich in der BRD, daneben aber auch im deutschsprachigen Ausland und anderen ausländischen Gebieten geduldet. Diese Orte des Duldens seien für die Steuerbarkeit der Umsätze maßgebend. Auf die Frage, ob dingliche oder obligatorische Rechte übertragen worden seien, komme es nicht an. Die Entgelte, über deren Höhe kein Streit bestehe, seien daher nur insoweit zur Berechnung der Umsatzsteuer heranzuziehen, als sie durch den Verkauf von Druckwerken im Inland oder durch Übertragung von Aufführungsrechten an inländische Rundfunkanstalten bedingt gewesen seien. Rechtsirrig wende die Steuerpflichtige ein, § 7 Abs. 2 UStDB sei ungültig, er sei durch keine gesetzliche Ermächtigung gedeckt und enthalte außerdem - da er den Ort der sonstigen Leistung anders festlege als § 4 UStDB den Ort der Lieferung - einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz. Vielmehr sei die Vorschrift dem vorkonstitutionellen Recht zuzuordnen und gelte daher fort, ohne daß es auf eine Ermächtigungsgrundlage nach Art. 80 GG ankomme; die Abweichung von § 4 UStDB sei durch den sachlichen Unterschied zwischen Lieferung und sonstiger Leistung bedingt und deshalb gerechtfertigt. Der Umfang der Inlandsleistungen sei in Ermangelung anderer Unterlagen zu schätzen, soweit diese in Verbindung mit Druckwerken erbracht worden seien. Die den Rundfunk- und Fernsehgesellschaften eingeräumten Rechte seien in vollem Umfang zu versteuern.
Für die Schätzung sei maßgebend, daß die deutschsprachige Weltbevölkerung abzüglich der Einwohner der DDR und Ost-Berlins (= 100 %) zu 69,5 % in der BRD und in West-Berlin lebe. Entsprechend diesem Verhältnis seien die Inlands- und Auslandsleistungen aufzuteilen. Da berücksichtigt werden müsse, daß ein Teil der Druckwerke im Ausland auch an Personen verkauft worden sei, die Deutsch als Fremdsprache sprächen, sei der Prozentsatz der Auslandsleistungen um 1,5 v. H. auf 32 v. H. zu erhöhen. Als Einnahmen aus Lizenzen an Rundfunk- und Fernsehanstalten sei mit den Beteiligten ein schätzungsweiser Jahresbetrag von 1 000 DM anzunehmen. Das FA habe deshalb die Steuerpflichtige in dem dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Veranlagungszeitraum nur jeweils mit 1 000 DM und 68 v. H. der um diesen Betrag verminderten Jahreseinnahmen aus den an deutsche Verleger übertragenen Verlagsrechten unter Berücksichtigung des Freibetrags nach § 7a Abs. 1 UStG 1951 zur Umsatzsteuer heranziehen dürfen.
Gegen diese Entscheidung haben sowohl die Steuerpflichtige wie das FA Revision eingelegt. Beide Beteiligten begehren die Aufhebung des Urteils, soweit sie beschwert sind. Die Steuerpflichtige sucht mit der Revision die Aufhebung der angefochtenen Bescheide in vollem Umfang, das FA die vollständige Zurückweisung der Klage zu erreichen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
I.
Die Revision der Steuerpflichtigen ist nicht begründet.
Für die Entscheidung des Rechtsstreits ist die Frage zu klären, ob die strittigen Umsätze beschränkter Verlagsrechte im Inland oder im Ausland ausgeführt wurden. Da der Ort des Umsatzes bei "Lieferungen" einerseits und bei "sonstigen Leistungen" andererseits nach verschiedenen Merkmalen des Rechtsverkehrs zu bestimmen ist (§ 4 und § 7 Abs. 2 UStDB 1951) und im vorliegenden Falle diese kennzeichnenden Vorgänge teils im Inland, teils im Ausland stattgefunden haben, muß zunächst auf den Streitpunkt eingegangen werden, der den Charakter des Umsatzes als Lieferung oder als sonstige Leistung betrifft.
Nach dem Umsatzsteuerrecht sind - abgesehen vom Eigenverbrauch und der Einfuhr (§ 1 Nr. 2 und 3 UStG 1951) - alle Umsätze "sonstige Leistungen", soweit sie nicht als "Lieferungen" gelten müssen. Der Begriff der "Lieferung" ist in § 3 Abs. 1 UStG 1951 gesetzlich umschrieben: "Lieferungen sind Leistungen, durch die der Unternehmer dem Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen."
Im Gegensatz zur Auffassung des Steuerpflichtigen und im wesentlichen in Übereinstimmung mit dem Urteil des FG können unter "Gegenständen" im Sinne dieser Bestimmung nur körperliche Gegenstände (Sachen im Sinne des § 90 BGB), Sachgesamtheiten sowie solche Wirtschaftsgüter verstanden werden, die im Wirtschaftsverkehr wie Sachen behandelt werden, insbesondere Energien, z. B. der elektrische Strom. Rechte sind dagegen keine "Gegenstände", die im Rahmen einer Lieferung übertragen werden können. In dieser mangels einer gesetzlichen Definition im Wege der Auslegung gewonnenen Bestimmung des strittigen Begriffs folgt der Senat der ständigen Rechtsprechung des RFH und des BFH (vgl. insbesondere das Urteil V 245/56 S vom 31. Januar 1957, a. a. O., mit weiteren Nachweisen), auf die abweichend von der Meinung des Steuerpflichtigen die Verkehrsauffassung keinen Einfluß hat. Der Begriff des "Gegenstandes" ist nach diesem Verständnis allerdings enger und spezieller als ihn das BGB gebraucht. Auch in diesem Gesetz ist der Begriff nicht festgelegt. Er wird aber nach dem Inhalt vieler Bestimmungen als Oberbegriff für alle Objekte des Rechts (Rechtsgegenstände) gebraucht, soweit diese nicht Personen sind, also für Sachen sowie - mit der erwähnten Einschränkung - für absolute und relative Rechtsverhältnisse.
Dieser Gebrauch des Wortes "Gegenstand" konnte aber weder den Gesetzgeber des Umsatzsteuerrechts, noch kann er den das Umsatzsteuerrecht anwendenden Richter binden. Für diesen kann die bürgerlich-rechtliche Bedeutung lediglich als Auslegungshilfe in Betracht kommen. Für eine Bindung fehlt es an einer entsprechenden Norm. Auch folgt weder aus dem Gesichtspunkt, daß das Steuerrecht allgemeine Rechtsbegriffe grundsätzlich dem bürgerlichen Recht entnimmt, noch aus dem dem Rechtsstaatsprinzip erwachsenden Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung das Prinzip einer vollständigen Begriffsidentität in den verschiedenen Rechtsgebieten - eine solche liegt außerhalb der sprachlichen Möglichkeiten. Dies gilt insbesondere für den Begriff des Gegenstandes, der wie schon betont, im bürgerlichen Recht nicht gesetzlich festgelegt ist, und der außerdem einen außerordentlich weiten Anwendungsbereich im allgemeinen Sprachgebrauch hat. Unter diesen Umständen kann es nicht als ungewöhnlich angesehen werden, wenn der Gesetzgeber das Wort in dem gegenüber dem bürgerlichen Recht spezielleren Steuerrecht in einem eingeschränkten und den Bedürfnissen dieses Rechtsgebiets angepaßten begrifflichen Umfang verwendet hat (vgl. dazu den mehrdeutigen Gebrauch des Worts "Streit gegenstand" in der ZPO, Baumbach-Lauterbach, Zivilprozeßordnung, Anm. 2 zu § 2 ZPO, wie auch in der FGO, z. B. § 44 Abs. 2 gegenüber § 65 Abs. 1, und in anderen Prozeßordnungen). Es ist also, entgegen der Meinung des Steuerpflichtigen, im Umsatzsteuerrecht nicht deshalb geboten, den Umsatz von Rechten als Lieferung zu beurteilen, weil im bürgerlichen Recht Rechte als "Gegenstände" bezeichnet werden und nach § 3 Abs. 1 UStG 1951 unter Lieferung die Verschaffung der Verfügungsmacht an einem "Gegenstand" zu verstehen ist.
In der früheren Rechtsprechung des RFH werden für den Nachweis, daß der "Gegenstand" nach dem Umsatzsteuerrecht eine engere Bedeutung hat als nach dem bürgerlichen Recht, hauptsächlich die bekannten entstehungsgeschichtlichen Argumente herangezogen. Diese Beweisführung hält der Senat nach wie vor für gültig.
Zu diesem Ergebnis führen aber auch die folgenden Erwägungen:
a) Wo das UStG 1951 außerhalb des § 3 Abs. 1 das Wort "Gegenstand" verwendet - so insbesondere in § 1 Nr. 3, § 3 Abs. 2, § 5 Abs. 1, § 6, § 7 Abs. 3, § 15 Abs. 2, § 16 Abs. 3 - bezieht sich dieses Wort regelmäßig (Ausnahme § 85 Abs. 3 UStDB 1951) nach dem Zusammenhang, in dem es gebraucht wird, auf körperliche Gegenstände (insbesondere Waren). Ein besonders deutlicher Beweis dafür, daß unter dem Begriff des Gegenstandes keine immateriellen Rechte verstanden werden können, ergibt sich aus § 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 6 UStG 1951. Danach unterliegt die Einfuhr von "Gegenständen" in das Inland der Ausgleichsteuer, wobei für die Berechnungsgrundlage (Wert des eingeführten Gegenstandes) die Vorschriften des ZG und seiner Durchführungsverordnungen maßgebend sind. Das ZG erfaßt aber nur Waren, die es begrifflich als "bewegliche Sachen" festlegt (§ 1 Abs. 1 und 2 ZG), und kennt deshalb nur Zollwerte für diese. Würden in den umsatzsteuerlichen Begriff des Gegenstands auch Rechte einbezogen werden müssen, so wäre auch deren "Einfuhr" in das Inland ausgleichsteuerbar, ohne daß dafür eine gesetzliche Berechnungsgrundlage geschaffen wäre. Hätte der Gesetzgeber also mit dem Wort Gegenstand begrifflich auch Rechte erfassen wollen, so hätte er für deren Einfuhr eine besondere Regelung treffen müssen (Befreiungsvorschrift oder Wertregelung). Im übrigen ist hierzu auf § 1 Abs. 3 der Ausgleichsteuerordnung vom 19. Januar 1962 (BGBl I 1962, 35) zu verweisen, wo der Begriff des Gegenstandes im Sinne des UStG ausdrücklich den Waren im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 ZG gleichgesetzt wird.
b) Wäre das Wort "Gegenstand" in dem Sinne zu verstehen, wie ihn das bürgerliche Recht gebraucht, so wären alle speziellen Vorschriften des Umsatzsteuerrechts über die sonstige Leistung und die Unterscheidung der Lieferung von der sonstigen Leistung in § 1 Nr. 1 UStG 1951 ohne Sinn. Denn alle sonstigen Leistungen, die dem Rechtsverkehr unterliegen, wie Dienstleistungen, Personengestellungen und Sachgestellungen (Miete, Pacht, Nießbrauch) sowie die Übertragung immaterieller Rechte sind "Gegenstände" im Sinne des bürgerlichen Rechts. So erfaßt z. B. das Wort "Gegenstand" im § 273 Abs. 2 BGB unstreitig auch Handlungen jeder Art, wie Dienstoder Arbeitsleistungen, ferner auch geschuldete Unterlassungen (s. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, Anm. 2 zu § 273). Jeder Rechtsverkehr in diesem Bereich müßte dann gemäß § 3 Abs. 1 UStG ebenso wie der Warenverkehr als "Lieferung" beurteilt werden. Der Gesetzgeber hat aber die Unterscheidung zwischen Lieferungen und sonstigen Leistungen nicht nur - wie der Steuerpflichtige meint - ohne zwingenden Grund - lediglich aus historischen Bedingtheiten, zum Ausdruck dafür, daß anders als im Warenumsatzsteuergesetz 1916 auch Leistungen, die keine Warenumsätze sind, steuerpflichtig sein sollen - aufrechterhalten, sondern insbesondere deshalb, weil für die verschiedenen Umsatzarten die ihrem verschiedenen Wesen und ihrer verschiedenen wirtschaftlichen Bedeutung entsprechenden besonderen Regelungen zu treffen waren (vgl. Popitz, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz 1926, 3. Aufl., Anm. II, 1 zu § 1 Nr. 1 S. 355).
Das Bedürfnis für die Unterscheidung zeigt besonders der vorliegende Fall, der die Übertragung eines immateriellen Wirtschaftsguts betrifft. Hätte der Gesetzgeber diesen Vorgang als Verschaffung der Verfügungsmacht an einem Gegenstand aufgefaßt und vom Vorgang der Lieferung nicht unterschieden, so müßte die Rechtsprechung für die Bestimmung des Orts einer solchen "Lieferung" andere Gesichtspunkte heranziehen wie für die Bestimmung des Orts einer Warenlieferung und damit die vom Gesetzgeber unterlassene Regelung im Wege der Auslegung nach dem Sinn und Zweck des UStG finden. Denn während als Ort des Warenumsatzes mit Rücksicht auf den vom Verpflichtungsgeschäft unabhängigen, dinglichen oder jedenfalls sachbezogenen Charakter dieses Vorgangs grundsätzlich nur der Ort in Frage kommen kann, an dem sich die Sache befindet (vgl. § 4 UStDB), fehlt bei Übertragung eines abstrakten Rechts jede Beziehung des erfaßten "Gegenstandes" zu einem Ort. Denn ein immaterieller "Gegenstand" befindet sich nirgends.
Mit der Übertragung des Verlagsrechts - sei es durch den Urheber oder einen Verlaggeber (§ 48 des Verlaggesetzes - VerlG -) - erwirbt der Verleger - u. U. mit Einschränkungen - das Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung des Werks sowie die Befugnis, dem Verfasser und Dritten, soweit der Schutz des Verlagsrechts es erfordert, die Nutzung des Werks zu verbieten (§ 9 Abs. 2 VerlG). Alle diese Rechte stehen dem Erwerber der Möglichkeit nach an allen Orten, also im In- und Ausland zu. Für den "Gegenstand" der Übertragung läßt sich daher kein Ort feststellen.
Im Falle der gedachten und vom Steuerpflichtigen dargelegten Rechtslage wäre die Meinung des Steuerpflichtigen, der Ort des Kausalgeschäfts ("Verkaufs") sei als Ort der Leistung in Betracht zu ziehen, als systemwidrig abzulehnen, da die Entstehung der Umsatzsteuer gemäß § 1 UStG an die Objekte, nicht aber die Subjekte des Rechtsverkehrs geknüpft ist (insbesondere an bewirkte Lieferungen oder sonstige Leistungen). Dasselbe müßte für den Ort des Verfügungsgeschäfts gelten, weil dieser Ort ebenso nur von den Subjekten des rechtlichen Vorgangs bestimmt ist. Schließlich könnte der Leistungsort auch nicht dem Ort der Ablieferung des geschützten Werks gleichgesetzt werden, obwohl nach deutschem Recht (§ 9 Abs. 1 VerlG) das Verlagsrecht mit der Ablieferung eines geeigneten Werkstücks (Manuskripts) beim Verleger entsteht. Denn dieser Entstehungsgrund - der im übrigen nur beim Verlagsvertrag mit dem Urheber Bedeutung hat und bei der hier zu behandelnden Weiterveräußerung eines abgeleiteten Urheberrechts gegenstandslos ist (Ulmer, "Urheber- und Verlagsrecht", 2. Aufl., S. 314) - hat kein anderes Verhältnis zum Verlagsrecht wie die Kausalvereinbarung und die Zession, die gleichfalls für die Entstehung maßgebend sind (Ulmer a. a. O.). Der Ort eines rechtsbegründenden Vorgangs ist nicht der Ort des begründeten immateriellen Rechts.
Nach der Systematik des Umsatzsteuerrechts könnte die Rechtsprechung nur den Ort als maßgeblich betrachten, an dem das Verlagsrecht im Einzelfall vergegenständlicht oder - um den strittigen Begriff zu vermeiden - verstofflicht wird, d. h. von der Leistungsseite her gesehen, dort, wo der Unternehmer (Urheber, Verlaggeber) die Verwirklichung der aus dem Urheberrecht überlassenen Nutzungs- und Verwertungsrechte (Verlagsrecht) konkret duldet.
Die Folgerung aus den eigenen rechtlichen Grundthesen des Steuerpflichtigen führen also zu demselben Ergebnis, das der Senat in ständiger Rechtsprechung für gesetzlich vorgegeben ansieht und das Lieferungen und sonstige Leistungen unterscheidet.
Rechtsirrig ist auch die These des Steuerpflichtigen, nach Übertragung des Verlagsrechts sei eine Leistung (Dulden) des Veräußerers (Urhebers, Verlaggebers) weder feststellbar noch überhaupt möglich. Der Steuerpflichtige führt dazu aus: Das Urheberrecht gehöre dem Veräußerer nach der Übertragung nicht mehr. Dieser könne deshalb die Nutzung durch den Erwerber ebensowenig "dulden", wie der Lieferer einer Maschine deren gewinnbringende Verwendung dulde.
Es ist dem Steuerpflichtigen in diesen Darlegungen insoweit zu folgen, als er davon ausgeht, daß die Leistung durch Dulden einen fortbestehenden Rechtsbereich des Unternehmers zur Voraussetzung hat, also nach endgültiger und vollständiger Aufgabe eines Rechts (z. B. nach Eigentumsübertragung) im Rahmen des Inhalts dieses Rechts ausgeschlossen ist. Der Steuerpflichtige verkennt aber, daß die Verfügung über die Nutzungsrechte aus dem Urheberrecht - gleichgültig, ob es sich um ausschließliche (Verbotsrecht) oder lediglich um relative Rechte (Lizenzen) zur Benutzung oder Wahrnehmung handelt und in welchem Umfang sie jeweils eingeräumt sind - stets konstitutiv und nicht translativ (Ulmer) ist. Das Urheberrecht geht nicht auf den "Erwerber" über, sondern es wird ihm - je nach der Intensität der Übertragung vergleichbar mit Pacht oder Nießbrauch - zur Ausübung überlassen. "Das Urheberrecht verbleibt dem Urheber" - so veranschaulicht Ulmer (a. a. O. S. 298) den Vorgang - "als das Mutterrecht, in dessen Bann die Tochterrechte stehen und in das sie bei ihrem Erlöschen zurückfallen. Wenn das Verlagsrecht, das abgeleitete Aufführungs-, Sende- oder Bearbeitungsrecht endet, so erstarkt das Urheberrecht wieder zum Vollrecht. Der Gehalt, der an die Tochterrechte abgegeben war, kehrt zum Urheber zurück."
Nach diesem der herrschenden Lehre entsprechenden und vom Senat im Ergebnis stets eingenommenen Betrachtungsstandpunkt nimmt also der Urheber oder Verlaggeber für die gesamte Dauer der kraft seiner unveräußerlichen Rechtsposition begründeten Rechtsstellung des Verlegers eine Schwächung seines Rechts in Kauf, durch die er den Verleger (Leistungsempfänger) in jedem Einzelfall der Nutzung wirtschaftlich begünstigt.
Der Senat verbleibt daher bei seiner Auffassung, daß die Übertragung eines Verlagsrechts keine Lieferung, sondern eine sonstige Leistung ist und der Ort derselben nach § 7 Abs. 2 UStDB festzustellen ist.
Den in der Vorinstanz vorgetragenen Einwand, die Vorschrift sei mangels einer gesetzlichen Ermächtigung ungültig, hat der Steuerpflichtige unter Anerkennung der Rechtsauffassung des FG fallen lassen. Auch der Senat stimmt mit der Auffassung des FG überein. Auf diese Frage braucht daher nicht näher eingegangen zu werden. Dagegen hat der Steuerpflichtige seinen weiteren vom FG zurückgewiesenen Einwand in der Revision aufrechterhalten, durch § 7 Abs. 2 UStDB werde der verfassungsrechtliche Gleichheitssatz (Art. 3 GG) verletzt. Er meint, die Vorschrift führe zu einer Schlechterstellung derjenigen Unternehmer, die sonstige Leistungen ausführten, gegenüber denen, deren Umsätze Lieferungen seien. Mit Recht hat das FG aber darauf hingewiesen, daß die unterschiedliche Bestimmung des Leistungsorts im Falle der Lieferung einerseits (§ 4 UStDB) und im Falle der sonstigen Leistung andererseits durch den verschiedenen Inhalt dieser beiden Umsatzarten bedingt sei. Der Senat hat diese Bedingtheit in den vorstehenden Ausführungen näher dargetan. Es ist daher davon auszugehen, daß der Gesetzgeber nicht Gleiches ungleich, sondern verschiedene Tatbestände ihrem Wesen gemäß zweckmäßig geregelt hat. Eine Verletzung des Gleichheitssatzes liegt unter diesen Umständen nicht vor.
Das angefochtene Urteil läßt daher, soweit es die Klage gegen die Umsatzsteuerbescheide abgewiesen hat, keine Rechtsfehler erkennen. Die Revision der Steuerpflichtigen muß daher als unbegründet zurückgewiesen werden.
II.
Die Revision des FA führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit es der Klage stattgegeben hat, und zur Zurückweisung der Sache an das FG.
Der Senat vermag der Ansicht des FA, es komme im vorliegenden Falle darauf an, ob die Steuerpflichtige an die deutschen Verlage ein dinglich wirkendes (abgeleitetes) Urheberrecht übertragen oder lediglich ein obligatorisches Verwertungsrecht verliehen habe (Lizenzeinräumung), nicht zu folgen. Wie sich aus den in Nr. I enthaltenen und im Gegensatz zu den Ausführungen des FA stehenden Darlegungen des Senats ergibt, muß das den Ort der Umsätze bestimmende Tätigwerden des Unternehmers (Veräußerers) im Sinne des § 7 Abs. 2 UStDB bei beiden Alternativen als ein Dulden der konkreten Verwertungs- oder Verbotshandlungen des Erwerbers beurteilt werden. Die Tätigkeit des Unternehmers vollendet sich bei Veräußerung eines Verlagsrechts (absoluten Rechts) nicht in der Rechtsübertragung, sondern vollzieht sich immer wieder in selbständigen Leistungen, wenn der Berechtigte im Rahmen des übertragenen Rechts tätig wird (vgl. dazu Nr. 2 des Urteils des BFH V 93/65 vom 17. Juli 1969, BFH 96, 433, BStBl II 1969, 693). Das FG hat deshalb zutreffend ausgesprochen, daß aus den den angefochtenen Bescheiden zugrunde gelegten Umsätzen diejenigen auszuscheiden sind, die den Absatz von Druckwerken außerhalb des Bundesgebiets und West-Berlins betreffen.
Das Urteil des FG muß aber auf die Revision des FA gleichwohl aufgehoben werden, weil die Verfahrensrüge durchgreift, die gegen die Art und Weise der Schätzung dieser Auslandsumsätze erhoben wurde.
Nach § 96 Abs. 1 FGO in Verbindung mit § 217 Abs. 1 AO kann das FG erforderlichenfalls Feststellungen durch Schätzungen treffen. Es hat aber dabei "alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind". Mit Recht führt das FA aus, das FG habe dieser Vorschrift nicht durch bloße Aufteilung der Umsätze nach der Verteilung der deutschsprachigen Bevölkerung über das In- und Ausland genügen können; es habe sich vielmehr im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) durch Befragung der beteiligten Verlage oder durch Sachverständigengutachten um die Gewinnung konkreter Anhaltspunkte für die Schätzung der Auslandsumsätze bemühen müssen. Die Unterstellung, daß sich die Inlands- zu den Auslandsumsätzen an deutschsprachigen Büchern ebenso verhalten, wie die Bevölkerung der Bundesrepublik einschließlich West-Berlins zur übrigen deutschsprachigen Weltbevölkerung abzüglich der Bewohner der DDR und Ost-Berlins, ist willkürlich. Eine Reihe von Faktoren können dieses Verhältnis erheblich zugunsten des Inlandsabsatzes verändern, so z. B. die Marktnähe, die Ausrichtung des Druckwerks auf den Publikumsgeschmack in der BRD, der hohe Lebensstandard in diesem Gebiet und insbesondere eine etwaige Konzentration der Werbung und des Vertriebs auf diesen Bereich.
Das Urteil des FG muß deshalb auf die Revision des FA insoweit aufgehoben werden, als es der Klage stattgegeben hat. Die Sache ist gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen, damit diese den Umfang der nicht steuerbaren Umsätze nach den Hinweisen dieser Entscheidung ermitteln kann.
Fundstellen
BStBl II 1970, 706 |
BFHE 1970, 429 |