Entscheidungsstichwort (Thema)
Unternehmereigenschaft bei Tankreinigungstrupp
Leitsatz (NV)
Ein Zusammenschluss natürlicher Personen (hier: Tankreinigungstrupp) erbringt regelmäßig nur dann als selbständiger Unternehmer Leistungen gegen Entgelt, wenn dem Leistungsempfänger diese Personenmehrheit als Schuldner der vereinbarten Leistung und Gläubiger des vereinbarten Entgelts gegenübersteht. Grundsätzlich ist auf die zivilrechtlichen Vereinbarungen abzustellen.
Normenkette
UStG 1980 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) war eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), deren Gegenstand die gewerbliche Tankreinigung und die Durchführung von Tankschutzmaßnahmen war. Sie beschäftigte zur Ausführung der Tankreinigungs- und Entsorgungsarbeiten bis einschließlich Juni/Juli 1993 die Arbeitnehmer A, B, C und D, von denen jeweils zwei ein Team bildeten. A und D behandelte sie ab Juli 1993, B und C ab August 1993 und zwar jeden von ihnen als Subunternehmer. Schriftliche Subunternehmerverträge zwischen ihr und den vier Personen wurden nicht vorgelegt. Die Abrechnung für die geleisteten Arbeiten erfolgte im Gutschriftverfahren. Die in diesen Gutschriften ausgewiesene Umsatzsteuer betrug im Streitjahr 1993 insgesamt … DM.
Nach einer Außenprüfung kam der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) zum Ergebnis, dass sich an der Art der Tätigkeit der angeblichen Subunternehmer zum vorherigen Arbeitsverhältnis nichts geändert habe. Aus dem Gesamtbild der von ihm ermittelten Umstände folgerte das FA, dass die A, B, C und D von der Klägerin persönlich abhängig und in deren Betrieb organisatorisch eingegliedert seien, so dass es sich nicht um selbständige Unternehmer, sondern um unselbständige Arbeitnehmer handele. Dementsprechend versagte es der Klägerin den bisher geltend gemachten Vorsteuerabzug aus den genannten Gutschriften (Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für 1993 vom 12. September 1997).
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) ließ dahinstehen, ob die Truppmitglieder selbständig gewesen seien und ob ihre Leistungen in den Gutschriften zutreffend gekennzeichnet worden seien. Jedenfalls seien die Tankreinigungen und die damit in Zusammenhang stehenden Arbeiten nicht von den vier in den Gutschriften jeweils einzeln genannten Personen, sondern immer von einem Trupp erbracht worden, innerhalb dessen keine Tätigkeitsabgrenzung vorgenommen worden sei oder tatsächlich stattgefunden hat. Das ergebe sich aus den Gutschriften, in denen die Provisionen von B und C für die Monate August und September 1993 sowie von A und D für den Monat September 1993 aus dem jeweils gleichen Umsatzbetrag errechnet worden seien. Dies hätten auch alle vernommenen Zeugen bestätigt. Sei der Trupp als Leistender in der Gutschrift nicht genannt und sei sie nicht diesem, sondern Einzelpersonen übermittelt worden, erfülle sie nicht die Voraussetzungen des § 15 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG) für den Vorsteuerabzug.
Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen und formellen Rechts; sie meint, sie habe die in Frage stehenden Leistungen von den oben genannten Einzelpersonen bezogen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung und der Einspruchsentscheidung vom 23. April 1998 den Umsatzsteuerbescheid für 1993 dahin zu ändern, dass ihr noch ein weiterer Vorsteuerabzug in Höhe von … DM gewährt wird.
Das FA ist der Revision entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet.
1. Das angefochtene Urteil ist wegen Rechtsverstoßes gegen § 15 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1980 aufzuheben.
Ein Unternehmer kann nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Dabei gilt unter den Voraussetzungen des § 14 Abs. 5 UStG auch eine Gutschrift als Rechnung. In der Regel muss der Aussteller der Rechnung bzw. der Empfänger der Gutschrift mit dem Unternehmer (vgl. § 2 UStG) identisch sein, der die in der Rechnung (Gutschrift) bezeichnete Lieferung oder sonstige Leistung gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ausgeführt hat (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 1. Februar 2001 V R 6/00 BFH/NV 2001, 941).
Das FG hat den entscheidungserheblichen Begriff des Unternehmers in diesen Vorschriften insofern verkannt, als es davon ausging, dass nicht A, B, C und D als Einzelpersonen, sondern nur die von diesen gebildeten Trupps als leistende Unternehmer in Betracht kommen.
Ein Zusammenschluss natürlicher Personen erbringt regelmäßig nur dann als selbständiger Unternehmer Leistungen gegen Entgelt, wenn dem Leistungsempfänger diese Personenmehrheit als Schuldner der vereinbarten Leistung und Gläubiger des vereinbarten Entgelts (vgl. § 432 des Bürgerlichen Gesetzbuches) gegenübersteht. Grundsätzlich ist auf die zivilrechtlichen Vereinbarungen abzustellen (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 30. September 1999 V R 8/99, BFH/NV 2000, 353). So sind z.B. ein Sänger und ein Pianist selbständige Unternehmer, wenn sie aufgrund gesonderter Vereinbarungen mit einem Konzertveranstalter in gemeinsamen Konzerten als Duo auftreten (BFH-Urteil vom 24. Februar 2000 V R 40/99, BFH/NV 2000, 1146). Nur dann, wenn sie gegenüber dem Konzertveranstalter als GbR aufträten, wäre diese als Unternehmerin anzusehen; das vereinbarte Honorar stünde dem Sänger und dem Pianisten dann auch zusammen als Gesamthandsgläubiger zu.
Mit diesen Grundsätzen steht die Vorentscheidung nicht im Einklang, da sie nicht auf die zivilrechtlichen Vertragsbeziehungen zwischen der Klägerin und A, B, C und D abgestellt hat, sondern lediglich aus der Tatsache, dass A, B, C und D die vereinbarten Leistungen nicht einzeln, sondern nur in Trupps ausführen konnten, geschlossen hat, dass sie als Einzelunternehmer ausscheiden.
2. Da das FG dahinstehen ließ, ob A, B, C und D nicht selbständig i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG tätig waren und diese Entscheidung nur unter Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls getroffen werden kann, verweist der Senat die Sache an das FG gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurück.
Fundstellen
Haufe-Index 664380 |
BFH/NV 2002, 223 |
HFR 2002, 232 |
UR 2002, 213 |