Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern
Leitsatz (amtlich)
übersteigt der Wert der Gesellschaftsrechte einer GmbH zur Zeit ihrer Eintragung im Handelsregister den Wert der Sacheinlagen, so ist die Gesellschaftsteuer von dem Wert der Gesellschaftsrechte auch dann zu berechnen, wenn der Mehrwert auf Gewinnen aus der Geschäftsführung der Vorgesellschaft beruht.
Normenkette
KVStG § 8/1/b; KVStG § 8/1/a
Tatbestand
Das ganze Stammkapital der beschwerdeführenden Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH wurde, wie im Gesellschaftsvertrag vereinbart, durch Sacheinlagen belegt. Das Finanzamt berechnete die Gesellschaftsteuer zunächst von dem Wert der Sacheinlagen und danach noch durch vorläufigen Bescheid von dem Mehrwert der Gesellschaftsrechte zur Zeit der Eintragung der Beschwerdeführerin (Bfin.) Im Handelsregister gegenüber dem schon versteuerten Wert der Sacheinlagen. Diesen Mehrwert bemaß es vorläufig nach dem von der Vorgesellschaft zwischen der Bewirkung der Sacheinlagen und der Eintragung der Bfin. erzielten Gewinn.
Das Finanzgericht wies die (nur) gegen die zweite Steuerforderung erhobene Berufung zurück, indem es den vorläufigen Ansatz des Werts der Gesellschaftsrechte in Höhe des Wertes der Einlagen zuzüglich des Gewinns mit Rücksicht darauf nicht beanstandete, daß eine Bilanz auf den Tag der Eintragung oder einem nahe gelegenen Zeitpunkt noch nicht vorlag.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde (Rb.), mit der sich die Bfin. ebenso wie in der Berufung gegen die Gesellschaftsteuer von dem erwähnten Mehrwert wendet, hat keinen Erfolg.
Nach § 8 Ziffer 1 des Kapitalverkehrsteuergesetzes (KapVStG) wird die Steuer beim Erwerb von Gesellschaftsrechten berechnet:
wenn die Gegenleistung in Geld besteht: vom Geldbetrag;
wenn die Gegenleistung nicht in Geld besteht (Sacheinlagen): vom Wert der Gegenleistung. Als Wert der Gegenleistung gilt mindestens der Wert der Gesellschaftsrechte.
Die Gesellschaftsrechte entstehen erst mit der Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister. Dieser Umstand und der klare Wortlaut des Gesetzes rechtfertigen die Berechnung der Steuer von dem höheren Wert der Gesellschaftsrechte im Zeitpunkt der Eintragung.
Die Bfin. weist auf die unterschiedliche Behandlung der Bareinlage und der Sacheinlage hin. Die Steuer sei nach dem Urteil des Obersten Finanzgerichtshofs II 35/49 vom 19. April 1950 (Steuerrechtskartei - StRK -, KapVStG § 8 Rechtsspr. 1) vom Betrag der Bareinlage auch dann zu berechnen, wenn die Vorgesellschaft mit ihr bis zum Tag der Eintragung Gewinne erzielt habe. Sogar hinsichtlich der Sacheinlagen untereinander ergäben sich Unterschiede, je nachdem die Steuer vom Wert der Sacheinlage selbst oder vom (höheren) Wert der Gesellschaftsrechte berechnet werde. Das verstoße gegen den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung. Dazu ist zu sagen: Der Unterschied ergibt sich hinsichtlich der Bareinlage und der Sacheinlage daraus, daß für die Berechnung der Steuer von der Bareinlage eine Berücksichtigung des Werts der Gesellschaftsrechte in § 8 Ziffer 1 Buchstabe a KapVStG nicht vorgesehen ist. Hinsichtlich der Sacheinlagen untereinander ist der Unterschied darin begründet, daß § 8 Ziffer 1 Buchstabe b die Berechnung der Steuer vom Wert der Gesellschaftsrechte nur für die Fälle vorschreibt, in denen der Wert der Gesellschaftsrechte höher ist als der Wert der Sacheinlage. Nach dem Gesetzeswortlaut "gilt" als Wert der Gegenleistung (Sacheinlage) mindestens der Wert der Gesellschaftsrechte; im Ergebnis ist dies aber nichts anderes, als wenn das Gesetz die Berechnung der Steuer unmittelbar von dem höheren Wert der Gesellschaftsrechte vorgeschrieben hätte. Letztes ist offenbar nur deswegen nicht geschehen, damit nicht der einheitliche Aufbau der Vorschriften zu a) und b) (Berechnung der Steuer von der Gegenleistung) durchbrochen wurde. Tatsächlich ist der höhere Wert der Gesellschaftsrechte ebenfalls Bemessungsgrundlage der Steuer geworden.
Aus der Begründung des Gesetzes (Reichssteuerblatt - RStBl. - 1934 S. 1468) läßt sich ein den vorstehenden Ausführungen entgegenstehender Wille des Gesetzgebers nicht herleiten. Die Mindestbesteuerung nach dem Wert der Gesellschaftsrechte ("als Wert der Gegenleistung gilt mindestens der Wert der Gesellschaftsrechte") bezweckt wohl eine Vereinfachung der Besteuerung auf der Grundlage der Erwägung, daß sich Leistung und Gegenleistung im allgemeinen decken werden. Der Gesetzgeber hat aber selbst an unterschiedliche Werte gedacht, wie dies aus der Nebeneinanderstellung der beiden Werte in der Besteuerungsvorschrift und daraus hervorgeht, daß in der Begründung ausgesprochen ist, das Finanzamt werde dann auf den Wert der Sacheinlagen zurückgehen, wenn Anzeichen vorhanden sind, daß der Wert der Sacheinlagen höher ist als der Wert der Gesellschaftsrechte. Da im Gesetz eine Einschränkung oder Ausnahme nicht enthalten ist, muß es auch als unerheblich angesehen werden, worauf der höhere Wert der Gesellschaftsrechte beruht. Es hieße dem Gesetzgeber Unrecht tun, anzunehmen, er habe an eine günstige Geschäftsführung durch die Vorgesellschaft als Grund für den Mehrwert nicht gedacht. Gewinne von Vorgesellschaften hat es früher ebenso gegeben wie jetzt. Es kann sein, daß der Zeitraum zwischen der Gründung und der Eintragung der Gesellschaften 1934 im allgemeinen kürzer gewesen ist als in der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg, in der der sofortigen Eintragung Hindernisse verschiedenster, auch persönlicher Art entgegenstanden. Ist aber die Steuerberechnung nach dem höheren Wert der Gesellschaftsrechte gesetzliche Vorschrift, so ist diese anzuwenden, auch wenn im Einzelfall, zumal bei längerer Geschäftsführung durch die Vorgesellschaft, ein nicht nur geringfügiger Mehrwert gegeben ist.
Ist die Steuer von dem höheren Wert der Gesellschaftsrechte unabhängig davon zu berechnen, worauf der Mehrwert beruht (z. B. auf einem Gewinn der Vorgesellschaft), so steht dem auch nicht entgegen, daß der Gewinn originärer Gewinn des einheitlichen Rechtssubjekts von Vorgesellschaft und eingetragener Gesellschaft ist.
Es ist zwar richtig, daß die Gesellschaftsteuer die überführung von Kapital aus Privatvermögen in Gesellschaftsvermögen erfassen will, wie die Bfin. vorträgt, oder, wie es der Oberste Finanzgerichtshof in dem Urteil II 8/49 vom 23. August 1949 (StRK, KapVStG § 2 Rechtsspr. 1) ausdrückt, daß durch die Gesellschaftsteuer die Zusammenfassung von Kapital in Gesellschaftsform erfaßt werden soll. Der Oberste Finanzgerichtshof hat aber in diesem Urteil zugleich dargelegt, daß der genannte wirtschaftliche Vorgang mangels erforderlicher Bestimmtheit als steuerlicher Tatbestand nicht genügt und daß der Steuer deshalb bestimmte Rechtsvorgänge unterworfen worden sind. Daran anschließend ist darauf hinzuweisen, daß der Gesetzgeber auch die Steuerberechnung in bestimmter Weise, nämlich für Fälle nach Art des Streitfalls vom Wert der Gesellschaftsrechte vorgeschrieben hat. Damit müssen die sich ergebenden Ungleichheiten, die mit der wieder schnelleren Aufeinanderfolge von Errichtung und Eintragung von Gesellschaften immer geringer werden, hingenommen werden, insbesondere also auch die Folge, daß im Falle der gemischten Gründung bei gleichwertiger Bareinlage und Sacheinlage für letzte eine höhere Steuerschuld entstehen kann als für die Geldeinlage.
Daß der Gewinn der Vorgesellschaft, sofern dieser den Mehrwert herbeigeführt hat, auch von der Körperschaftsteuer erfaßt wird, kann die vorstehende Beurteilung nicht beeinflussen. Dies hat der Senat bereits in dem Urteil II 45/50 S vom 30. Januar 1951 Abschnitt A zu 4. (Bundessteuerblatt III S. 53) unter Hinweis auf die Verschiedenheit des Zweckes und der wirtschaftlichen Bedeutung der Körperschaftsteuer und der Gesellschaftsteuer dargelegt.
Nach allem hält der Senat an dem Urteil II 45/50 S fest, in dem unter Abschnitt A zu 6. ausgeführt ist, daß mit den zu bewertenden Gesellschaftsrechten die Gesellschaftsrechte im Zeitpunkt der Eintragung gemeint sind und eine Erhöhung ihres Werts gegenüber dem Wert der Einlagen durch Gewinne der Vorgesellschaft in Kauf genommen werden muß.
Fundstellen
Haufe-Index 407311 |
BStBl III 1951, 233 |
BFHE 1952, 575 |
BFHE 55, 575 |