Entscheidungsstichwort (Thema)
Mietverhältnis unter nahen Angehörigen mit Mieterdarlehen
Leitsatz (NV)
Ein Mietverhältnis unter nahen Angehörigen entspricht nicht dem unter Fremden Üblichen und ist daher der Besteuerung nicht zugrundezulegen, wenn der Mieter dem Vermieter ein unverzinsliches Darlehen zur Finanzierung erheblicher an dem Haus durchzuführender Arbeiten zusagt, die im Mietvertrag nur der Art nach genannt, aber in ihrem Umfang nicht näher umschrieben sind, ohne das Darlehen der Höhe nach zu beschränken.
Normenkette
EStG § 21
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ließ ein ihr gehörendes, im Jahre 1896 errichtetes Einfamilienhaus nach Auszug der bisherigen Mieter instandsetzen und modernisieren. Mit im Juni 1987 mündlich und im Jahre 1988 schriftlich abgeschlossenem Vertrag vermietete die Klägerin das Haus an ihren Sohn. Dieser verpflichtete sich, der Klägerin ein zinsloses, mit der Miete zu verrechnendes Darlehen zu gewähren. Mit dem Darlehen sollte die Klägerin Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten durchführen, nämlich die komplette Erneuerung der gesamten Sanitär-, Elektro- und Heizungsanlage, den Einbau eines Warmwasserspeichers und eines Gäste- WC's, die totale Neugestaltung des Badezimmers unter Einbeziehung der Kammer, vollflächige Verfliesung, Auswechslung sämtlicher Sanitärelemente und Außenfenster im Bad; die Neugestaltung der Küche, den Einbau von Jalousien im Obergeschoß und die Trockenlegung der Außenwände. Im Streitjahr fielen hierfür Aufwendungen von 62 385 DM an.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) berücksichtigte für die Zeit nach Beendigung des früheren Mietverhältnisses keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus dem Haus.
Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage mit der Begründung statt, das Mietverhältnis sei steuerrechtlich anzuerkennen.
Mit der Revision rügt das FA Verletzung der §§ 9 und 21 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin meint, die Renovierungskosten seien auch dann als Werbungskosten abziehbar, wenn das Mietverhältnis steuerrechtlich nicht anzuerkennen sei.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Die Vorentscheidung ist aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
1. Das FG hat das Mietverhältnis der Klägerin mit ihrem Sohn zu Unrecht steuerrechtlich anerkannt.
a) Ein Mietverhältnis zwischen nahen Angehörigen ist der Besteuerung grundsätzlich nur dann zugrundezulegen, wenn der Mietvertrag bürgerlich-rechtlich wirksam geschlossen ist und sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen (Senatsurteile vom 19. Juni 1991 IX R 306/87, BFHE 165, 359, BStBl II 1992, 75; vom 25. Mai 1993 IX R 17/90, BFHE 171, 452, BStBl II 1993, 834).
b) Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Unter fremden Vertragsparteien ist es nicht üblich, daß der Mieter dem Vermieter ein unverzinsliches Darlehen zur Finanzierung erheblicher an dem gemieteten Haus durchzuführender Arbeiten zusagt, die im Mietvertrag nur der Art nach genannt, aber in ihrem Umfang nicht näher umschrieben sind, ohne das Darlehen der Höhe nach zu beschränken. Maßnahmen, wie sie der Mietvertrag im Streitfall vorsieht, erfordern regelmäßig erhebliche Aufwendungen, die sich zudem noch in ihrer Höhe beträchtlich unterscheiden können, je nachdem, welche Unternehmen beauftragt werden und welche Ausführung gewählt wird. Bei älteren Häusern (wie im Streitfall) können sich darüber hinaus während der Arbeiten unerwartete Mehrarbeiten ergeben, die zu einem nicht vorhersehbaren Mehraufwand führen können. Auf solche Unwägbarkeiten würde sich ein fremder Mieter -- entgegen der Auffassung des FG -- nicht einlassen.
c) Da der Mietvertrag der Besteuerung nicht zugrundezulegen ist, sind die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus dem Haus so zu ermitteln, als ob es die Klägerin nach Beendigung des früheren Mietverhältnisses selbst genutzt hätte (Senatsurteile in BFHE 171, 452, BStBl II 1993, 834; vom 9. November 1993 IX R 74/90, BFH/NV 1995, 474). Ein Nutzungswert ist nicht anzusetzen, weil § 21 a EStG im Streitjahr nicht mehr anzuwenden ist (§ 52 Abs. 21 Satz 1 EStG).
2. Die nach Auszug der früheren Mieter angefallenen Aufwendungen können nicht als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden. Die Klägerin hat sie nicht zur Förderung der früheren Vermietung, sondern im Hinblick auf die Überlassung der Nutzung an ihren Sohn erbracht. Zudem steht dem Abzug das Aufteilungs- und Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG entgegen (vgl. im einzelnen Senatsurteil vom 21. Juni 1994 IX R 62/91, BFH/NV 1995, 108).
3. Da das FG von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, ist die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die Klage ist abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 65433 |
BFH/NV 1995, 769 |