Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Die Einmalprämie eines buchführenden Betriebsinhabers für einen Versicherungsvertrag zugunsten der Betriebsangehörigen ist in der Regel auch dann eine Betriebsausgabe, wenn die Einmalprämie mittels eines verzinslichen und in Raten zu tilgenden, von der Versicherungsgesellschaft gewährten Darlehens unter Verpfändung der Versicherungsleistung bezahlt wird.
Normenkette
StAnpG § 1 Abs. 3, §§ 6, 11 Ziff. 1; EStG § 4/1; EStG § 4/4; LStDV § 2/3/2
Tatbestand
Streitig ist die steuerliche Anerkennung der Einmalprämie für einen Versicherungsvertrag zugunsten der Betriebsangehörigen als Betriebsausgabe.
Der Bf. ist buchführender Landwirt. Er schloß am 15. / 18. Dezember 1952 gegen eine Einmalprämie von 20 455,98 DM zugunsten der Angehörigen seines landwirtschaftlichen Betriebs einen Gruppenlebensversicherungsvertrag mit Wirkung vom 1. Dezember 1952 ab. Am 16. / 18. Dezember 1952, am 22. Dezember 1952 / 5. Januar 1953 und am 7. / 10. April 1953 wurden Nachträge zu den Versicherungsverträgen geschlossen. Der Nachtrag I lautet in der Neufassung vom 7. /10. April 1953 wie folgt:
"1. Auf Antrag des Versicherungsnehmers wird während der Rentenanwartschaftszeit ein Darlehen auf die Gruppenversicherung gewährt, dessen Höhe aus dem jeweiligen Abrechnungsstand ersichtlich ist. Der Anteil, der auf die einzelnen Teilversicherungen entfällt, bemißt sich nach dem Verhältnis der für sie gezahlten Beiträge.
Der Versicherungsnehmer zahlt hierfür Darlehenszinsen in Höhe von jährlich 5,5% des Darlehensbetrages, und zwar nachschüssig in halbjährlichen Raten jeweils am 1. 6. und 1. 12. eines Jahres, erstmalig am 1. 6. 1953 für die Zeit vom 1. 12. 1952 bis 1. 6. 1953. Falls die Darlehnszinsen trotz Aufforderung nicht rechtzeitig gezahlt werden, kann die X-Versicherung das Darlehen, rückständige Darlehnszinsen und Kosten mit dem geschäftsplanmäßigen Rückkaufswert der Gruppenversicherung verrechnen. Die Versicherungsleistungen vermindern sich hierdurch im gleichen Verhältnis wie der Rückkaufswert.
Der Versicherungsnehmer verpflichtet sich, das Darlehen innerhalb von fünf Jahren, den auf die einzelne Teilversicherung entfallenden Anteil am Gesamtdarlehen jedoch spätestens unmittelbar vor Fälligwerden von Versicherungsleistungen ( Beginn der Altersrentenzahlung, Beitragsrückgewähr im Todesfall, Abrufrente gemäß § 2 Ziff. 4c des Gruppen-Versicherungs-Vertrages) oder Austrittsvergütungen zurückzuzahlen. Wird das anteilige Darlehen vor Fälligkeit einer Versicherungsleistung nicht zurückgezahlt, so wird es durch Verrechnung mit der fällig gewordenen Leistung getilgt, wobei insoweit anstelle fälliger Rentenleistungen ihr Kapitalwert tritt.
Die Versicherungsgesellschaft hatte dem Bf. bei Abschluß des Versicherungsvertrages und des Nachtrages vom 16. / 18. Dezember 1952 zur Verrechnung auf die am 1. Dezember fällige Prämie eine Vorauszahlung auf die Versicherungsleistung in Höhe von 18 000 DM gewährt. In der Quittung vom 7. April 1953 wird der Betrag als Darlehen bezeichnet.
Der Bf. gab seinen Arbeitnehmern unter dem 5. Januar 1953 jeweils eine schriftliche Versicherungszusage, die unter anderem folgende Bestimmungen enthielt:
"In Anerkennung Ihrer treuen Mitarbeit und in dem Bestreben, Sie an dem Erfolg der gemeinsamen Arbeit zu beteiligen, mache ich Ihnen nachstehende Zusage:
Durch einen Versicherungsvertrag mit der X-Versicherung sind für sie bzw. Ihre Hinterbliebenen folgende Leistungen sichergestellt:
Eine lebenslängliche Altersrente in Höhe von jährlich DM 360,-, die in monatlichen Raten an Sie selbst gezahlt wird, wenn Sie nach Erreichen des 65. Lebensjahres aus meinen Diensten scheiden und in den Ruhestand treten.
Ein Todesfallkapital von DM 2 102,40 falls Sie vor Ihrem 65. Lebensjahr durch Tod aus meinen Diensten scheiden. Das Kapital steht der Ehefrau und den minderjährigen Kindern zu ...
.... Der ihnen zugestandene Versorgungsanspruch ist auf die aus dem Versicherungsvertrag sich ergebende Versicherungsleistung gerichtet. Die Versicherungsleistung steht Ihnen oder Ihren versorgungsberechtigten Hinterbliebenen in dem von mir gekennzeichneten Umfange zu.
Für die Auszahlung der Versicherungsleistungen sind die Bedingungen des mit der X-Versicherung abgeschlossenen Gruppen-Versicherungs-Vertrages maßgebend. Sie können bei mir diesen Vertrag jederzeit einsehen.
Die Beiträge für die in Ihrem Interesse abgeschlossenen Versicherungen habe ich in vollem Umfange entrichtet; an der Beitragszahlung werden Sie also nicht beteiligt; auch die mit der Beitragszahlung verbundene Lohnsteuer zahle ich für Sie.
Soweit mir als Versicherungsnehmer der Vertrag vor Fälligkeit Ihrer Versicherungsleistungen als Kreditunterlage dient (Beleihung bei der Versicherungsgesellschaft oder einer Bank), verpflichte ich mich, dafür Sorge zu tragen, daß die zugesagten Versicherungsleistungen uneingeschränkt Ihnen oder Ihren versorgungsberechtigten Hinterbliebenen bei Fälligkeit zur Verfügung stehen.
Ihre Ansprüche auf die Ihnen zugesagten Versicherungsleistungen erlöschen,
wenn Sie oder Ihre versorgungsberechtigten Hinterbliebenen nachhaltig gegen die Interessen des Betriebes verstoßen sollten,
wenn Ihre Ansprüche aus dieser Versicherungs-Zusage von Ihnen abgetreten oder verpfändet oder durch einen Dritten gepfändet werden sollten,
wenn Sie vor Fälligkeit einer Versicherungsleistung aus meinen Diensten scheiden.
...." Bei der Einkommensteuerveranlagung 1952 beantragte der Bf., die Einmalprämie als Betriebsausgabe für das Wirtschaftsjahr 1952/53 anzuerkennen. Das Finanzamt lehnte den Antrag ab und erhöhte nach Aufteilung des landwirtschaftlichen Gewinns 1952/53 gemäß § 2 Abs. 6 Ziff. 1 EStG 1952 für das Jahr 1952 den Gewinn um 10 225 DM. Im Berufungsverfahren erkannte das Finanzamt für das Wirtschaftsjahr 1952/53 eine anteilige Versicherungsprämie von 2 455,98 DM ( 20 455,98 DM - 18 000 DM) als Betriebsausgabe an. Hilfsweise beantragte das Finanzamt, im Falle der Annahme einer Direktversicherung gegen Einmalprämie den Prämienbetrag auf die Zukunft zu verteilen. Es vertrat die Auffassung, auch bei Annahme einer Direktversicherung der Arbeitnehmer handle es sich durch die Koppelung des Gruppenversicherungsvertrages mit den Nachträgen nicht um eine Beleihung der Einmalprämie von 20 455,98 DM als Sicherheit für ein Darlehen von 18 000 DM. Die Versicherungsgesellschaft habe in den Nachtrag I vom 16. / 18. Dezember 1952 überhaupt kein Darlehen, sondern zur Verrechnung auf die Prämien eine Vorauszahlung auf die Versicherungsleistungen in Höhe von 18.000 DM gewährt. In der Neufassung des Nachtrages I vom 7. / 10. April 1953 sei zwar von einem Darlehen die Rede, die Versicherungsgesellschaft habe jedoch wiederum das Recht erhalten, den etwa nicht zurückgezahlten Teil des sogenannten Darlehens mit fällig gewordenen Leistungen zu verrechnen. Nach der wirtschaftlichen Betrachtungsweise des § 1 Abs. 3 des Steueranpassungsgesetzes ( StAnpG) liege daher eine Versicherung gegen laufende Prämien, die in Gestalt der Darlehnsrückzahlungen und der sogenannten Zusatzbeiträge bzw. Darlehenszinsen geleistet würden. Im streitigen Veranlagungszeitraum habe der Bf. an Versicherungsprämien nur 2 455,98 DM aufgebracht, die anteilig als Betriebsausgabe zu berücksichtigen seien.
Die Sprungberufung des Bf. blieb erfolglos, soweit sie sich gegen das Vorbringen des Finanzamts im Berufungsverfahren richtete.
Das Finanzgericht ging von einem Direktversicherungsvertrag aus. Es sah in der Verknüpfung des Versicherungsvertrages gegen Einmalprämie mit dem Darlehensvertrag eine mißbräuchliche Umgehung der Steuerpflicht nach § 6 StAnpG. Die Einmalprämie könne bei der gleichzeitigen Gewährung eines Darlehens durch die Versicherungsgesellschaft nur dann als Betriebsausgabe abgesetzt werden, wenn die Ansprüche der Arbeitnehmer mit der Rückzahlung des Darlehens in keinem Zusammenhang stünden. Hier aber lägen wirtschaftlich gar nicht zwei Rechtsgeschäfte vor. Der Versicherungsvertrag wirke sich vielmehr infolge der Koppelung mit dem sogenannten Darlehensvertrag wie ein Vertrag auf laufende Prämien aus. Die äußerliche Form der Einmalprämie sei nur wegen der Steuerersparnis durch den Abzug der Einmalprämie als Betriebsausgabe gewählt worden, während wirtschaftliche und soziale Gründe gegen diese Gestaltung sprächen. So dürften auch die Arbeitnehmer des Bf. nicht mit der Lohnsteuer für die Einmalprämie belastet werden. Nur die Aufwendungen, die das sogenannte Darlehen überstiegen hätten oder später an die Versicherungsgesellschaft gezahlt würden, seien als Versicherungsprämien und damit als Betriebsausgaben anzusehen.
Der Bf. macht demgegenüber in der Rechtsbeschwerdebegründung geltend, die Bezugnahme des Finanzgerichts auf § 6 StAnpG sei schon deshalb abwegig, weil er durch die Einmalprämie weniger an Steuern erspart habe, als die Darlehenszinsen ausmachten. Die Versicherungsgesellschaft habe ebenfalls auf die volle Einmalprämie die Versicherungsteuer entrichtet. Er habe seinen Arbeitnehmern aus dem ungewöhnlich hohen Gewinn 1952 eine Altersversorgung gewähren wollen und deshalb den Gruppenversicherungsvertrag gegen Einmalprämie gewählt.
Durch die Aufnahme des Darlehens und die Verpfändung der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrage zur Sicherung des Darlehens habe die Einmalprämie ihren Charakter als Betriebsausgabe nicht geändert. Die Arbeitnehmer seien in Anwendung des § 11 Ziff. 1 StAnpG weiterhin Berechtigte aus dem Gruppenversicherungsvertrag geblieben und hätten außerdem gegen ihn, den Bf., einen Anspruch auf Freistellung von der Verpfändung. Soziale Bedenken sprächen schon deshalb nicht gegen die Einmalprämie, weil die Arbeitnehmer eine zusätzliche Zuwendung erhalten hätten; ein Gruppenversicherungsvertrag gegen laufende Prämien enthalte das gleiche Risiko auf Kündigung und auf Umwandlung in einen prämienfreien Vertrag. Entgegen der Auffassung des Finanzgerichts verdiene die von ihm gewählte Altersversorgung der Arbeitnehmer aus sozialen Gründen die Unterstützung des Staates.
Die Einmalprämie sei im Jahre 1952 in voller Höhe als Betriebsausgabe ohne Aktivierung absetzbar. Hilfsweise beantragt der Bf., den Darlehensbetrag von 18 000 DM als gestundete Prämie und somit als Schuld gewinnmindernd abzusetzen; mit demselben Ergebnis komme auch eine gleich hohe Passivierung der Verpflichtung des Bf. den Arbeitnehmern gegenüber auf Beseitigung der Verpfändung in Frage.
Das Finanzamt beantragt die Zurückweisung der Rb. aus den Gründen des angefochtenen Urteils des Finanzgerichts. Die vom Bf. hilfsweise beantragte Passivierung der Darlehensschuld oder einer Verpflichtung an die Arbeitnehmer entfalle, da wirtschaftlich keine Darlehnsschuld bestehe.
Der Bundesminister der Finanzen ist dem Verfahren nach § 287 Ziff. 2 AO beigetreten. Er lehnte eine gewinnmindernde Einmalprämie ab und führte dazu aus:
"Eine Direktversicherung liegt vor, wenn der Arbeitgeber zugunsten des Arbeitnehmers einen Versicherungsvertrag abschließt, aus dem der Arbeitnehmer oder seine Angehörigen unmittelbar bezugsberechtigt werden. Dieses Erfordernis, daß der Arbeitnehmer bei Eintritt des Versorgungsfalles Ansprüche gegen das Versicherungsunternehmen unmittelbar hat, setzt voraus, daß diese Ansprüche nicht durch Gegenforderungen des Versicherers gegen den Arbeitgeber eingeschränkt werden. Sinn und Zweck der Direktversicherung ist - im Gegensatz zu der unmittelbaren Pensionszusage -, jede Beeinflussung der Versorgung des Arbeitnehmers durch die künftige wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens (Arbeitgebers) auszuschließen. Wirtschaftlich betrachtet müssen die Verhältnisse bei einer Direktversicherung so liegen, als hätte der Arbeitgeber in Höhe der Versicherungsbeiträge dem Arbeitnehmer zusätzlichen Arbeitslohn gezahlt, den dieser dann für eine eigene Versicherung verwendet hätte. Die Prämieneinzahlungen des Arbeitgebers für eine solche Direktversicherung zugunsten des Arbeitnehmers sind nach § 2 Abs. 3 Ziff. 2 LStDV Arbeitslohn und dementsprechend beim Arbeitgeber Betriebsausgaben, einerlei, ob es sich um laufende Prämien oder um eine Einmalprämie handelt.
Im vorliegenden Fall ist zwar zunächst ein echter Direktversicherungsvertrag gegen Einmalprämie abgeschlossen worden. Dieser Direktversicherungsvertrag ist jedoch durch den mit ihm verbundenen Darlehnsvertrag in seinem Kern so ausgehöhlt worden, daß er nicht mehr in vollem Umfang als Direktversicherungsvertrag gewertet werden kann. Nach dem Darlehnsvertrag kann das Versicherungsunternehmen bei Eintritt eines Versorgungsfalls die nach dem Versicherungsvertrag an den Arbeitgeber zu gewährenden Versicherungsleistungen gegen etwaige noch rückständige Darlehnsschulden (Zinsen, Tilgungszahlungen) des Arbeitgebers aufrechnen. Damit ist die vollständige Erfüllung des Versicherungsanspruchs des Arbeitnehmers aus dem Versicherungsvertrag davon abhängig, ob der Arbeitgeber seinen Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag (Zins- und Tilgungsleistungen) dem Versicherungsunternehmen gegenüber nachkommt. Das bedeutet, daß die Versorgung des Arbeitnehmers nicht nur, wie es bei einer echten Direktversicherung der Fall sein muß, von der Zahlungsfähigkeit des Versicherungsunternehmens, sondern auch von dem Verhalten und der wirtschaftlichen Entwicklung des Arbeitgebers abhängig ist. Der von dem Bf. abgeschlossene Vertrag kann jedoch nur in dem Umfang als Direktversicherungsvertrag anerkannt werden, als die Versicherungsprämie auch wirtschaftlich betrachtet geleistet wird, d. h. in Höhe des Betrags, um den die sogenannte "Einmalprämie" das Darlehen übersteigt, und insoweit, als später das Darlehen verzinst und zurückgezahlt wird, denn der Arbeitnehmer hat nur in Höhe der Versicherungsprämien, die durch tatsächliche Zahlungen und nicht nur durch Verrechnung mit Ansprüchen auf Gewährung von Darlehen ausgebracht werden, einen realisierbaren Anspruch gegen das Versicherungsunternehmen erworben.
Wirtschaftlich betrachtet kommt danach im vorliegenden Fall die Direktversicherung gegen Einmalprämie infolge der besonderen Gestaltung des mit ihr verbundenen Darlehnsvertrags einer Direktversicherung. Gegen laufende Prämien gleich, wobei als laufende Prämie die tatsächlichen Leistungen des Arbeitgebers gegenüber dem Versicherungsunternehmen in Betracht kommen, d. h. der die Darlehensverpflichtung übersteigende Spitzenbetrag der Einmalprämie sowie die späteren Darlehnstilgungszahlungen, gemindert um etwaige Rückstände an Zinsbeträgen. Diese Tatbestandsbeurteilung muß nach § 1 Abs. 3 StAnpG der steuerlichen Gewinnermittlung zugrunde gelegt werden. Danach können im vorliegenden Fall als Betriebsausgaben nicht die fiktive Einmalprämie, sondern, wie vom Finanzgericht im Ergebnis entschieden, nur die oben bezeichneten tatsächlichen Leistungen des Bf. an das Versicherungsunternehmen anerkannt werden.
Ich bemerke noch abschließend, daß nicht die Beleihung des Versicherungsvertrags durch das Versicherungsunternehmen schlechthin, sondern nur DIE besondere Sicherheitsklausel des Darlehnsvertrags, daß fällig werdende Versicherungsleistungen an die Arbeitnehmer gegen Darlehns- oder Zinsrückstände des Arbeitgebers aufgerechnet werden können, den sofortigen Abzug der Einmalprämie als Betriebsausgaben ausschließt. Eine Beleihung des Versicherungsvertrags durch das Versicherungsunternehmen z. B. gegen hypothekarische Sicherung wäre, wie vom Finanzgericht zutreffend hervorgehoben, steuerlich unschädlich".
Des weiteren führte der Bundesminister der Finanzen in seiner Stellungnahme aus, die anstelle der laufenden Prämien übernommene Verpflichtung zur ratenweisen Rückzahlung des Darlehens könne im Jahre des Vertragsabschlusses (1952) ebensowenig wie zukünftige laufende Prämien passiviert werden.
Der Bf. hat gemäß § 294 AO einen Vorbescheid und die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Das Urteil erging ohne Vorbescheid auf Grund einer mündlichen Verhandlung, in der der Bf. unter Wiederholung seines bisherigen Vorbringens ausführte, daß die Abwicklung des Versicherungsvertrages und des Darlehnsvertrages in den nachfolgenden Jahren glatt vor sich gegangen sei. Bei anderen, entsprechenden Versicherungsverträgen sei eine Verpfändung der Versicherungsleistungen zur Sicherung des Darlehens in der Regel als überflüssig unterlassen worden.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist im Streitpunkt begründet.
Der Senat schließt sich den Ausführungen des Bundesministers der Finanzen nicht an.
Die Parteien gehen in übereinstimmung mit dem Finanzgericht zutreffend davon aus, daß es sich um eine Direktversicherung handelt. Die Versicherung mit Einmalprämie ist grundsätzlich steuerlich ebenso als echter Versicherungsvertrag wie ein Versicherungsvertrag mit wiederkehrenden Leistungen anzusehen. (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs VI 78/55 U vom 1. Februar 1957, BStBl 1957, III S. 103, Slg. Bd. 64 S. 268). Wenn das Finanzgericht im Streitfalle das Vorliegen eines Versicherungsvertrages gegen Einmalprämie aus dem Gesichtspunkt des § 6 StAnpG verneinte und statt dessen einen Versicherungsvertrag mit laufenden Beiträgen annahm, so kann dem nicht gefolgt werden. Die Fassung des Nachtrages I vom 16. / 18. Dezember 1952 dürfte allerdings entsprechend der Auffassung des Finanzamts eine laufende Prämienzahlung festgelegt und zur Begründung eines selbständigen Darlehnsvertrages nicht ausgereicht haben, da die Versicherungsgesellschaft nach dieser ersten Abmachung kein Darlehen, sondern zur Verrechnung auf die Beiträge eine Vorauszahlung auf die Versicherungsleistungen gewährte. In der Neufassung des Nachtrages I vom 7. /10. April 1953 ist jedoch die Gewährung eines Darlehens und die Zahlung von Darlehnszinsen vertraglich geregelt. Da die Neufassung noch in dem gleichen Wirtschaftsjahr erfolgte ( 1. Juli 1952 bis 30. Juni 1953), ist sie selbst dann steuerlich maßgebend, wenn sie über eine bloße andere Wortfassung hinaus eine sachlich-rechtliche Abänderung der gesamten Vertragsgestaltung enthält. Eine anderweitige steuerliche Auswirkung durch die erste Fassung war zur Zeit der änderung noch nicht eingetreten (siehe Urteil des Bundesfinanzhofs IV 278/53 U vom 22 . Oktober 1953 BStBl 1953 III S. 359, Slg. Bd. 58 S. 176).
Somit ist der Ausgangspunkt der rechtlichen Betrachtung der Abschluß zweier Verträge nämlich eines Versicherungsvertrages gegen Einmalprämie und eines Darlehnsvertrages. Es ist nicht zulässig, steuerlich die beiden Verträge in einen Versicherungsvertrag gegen laufende Beiträge umzudeuten, auf Grund dessen im streitigen Jahre lediglich laufende Beiträge in Höhe des das Darlehen übersteigenden Betrages geleistet seien. Der Senat ist der Auffassung, daß grundsätzlich von der zwischen des Parteien getroffenen zivilrechtlichen Regelung auszugehen ist, da ein Abweichen hiervon nur aus zwingenden Gründen als zulässig angesehen werden kann. Die Arbeitnehmer haben auf Grund der schriftlichen Versicherungszusage des Bf., unbeschadet der auch sonst bei Versicherungsverträgen zugunsten der Arbeitnehmer üblichen Erlöschungsgründe (Buchstaben a bis c der oben genannten Versicherungszusage), einen Anspruch auf die Versicherungsleistung und gleichzeitig einen weiteren Anspruch gegen den Bf. auf Tilgung des den Anspruch gegen die Versicherung beeinträchtigenden Darlehens erhalten. Ein Versicherungsvertrag gegen Einmalprämie zur Versorgung der Arbeitnehmer hat für Betriebe kleiner und mittlerer Größenordnung gerade dann eine selbständige wirtschaftliche Bedeutung, wenn der Betriebsinhaber seine Arbeitnehmer an dem günstigen Gewinn eines Jahres beteiligen, aber nicht das Risiko laufender Versicherungslasten übernehmen will (vgl. hierzu Zitzlaff, Der Betriebs-Berater 1954 S. 125). Die verschiedenen Möglichkeiten einer Altersversorgung der Arbeitnehmer (Versicherung gegen einmalige oder laufende Prämien, Pensionskassen, Beteiligung am Betriebsergebnis usw.) haben jede für sich ihre wirtschaftliche Berechtigung. Die Art der gewünschten Versorgung ist Angelegenheit des Betriebsinhabers, der dabei auch steuerliche Auswirkungen zu seinen eigenen Gunsten in Betracht ziehen darf. Die Finanzverwaltung hat nicht das Recht, ohne zwingende Gründe einen Versicherungsvertrag der einen Art in einen Versicherungsvertrag anderer Art umzudeuten. § 6 StAnpG entfällt, da kein Mißbrauch von Gestaltungsformen vorliegt. In diesem Punkte ist auch der Bundesminister der Finanzen der gleichen Ansicht wie der Bf. Ebensowenig greift der Gesichtspunkt des § 1 Abs. 3 StAnpG durch. Wenn steuerlich auch nicht stets ohne weiteres die gewählte bürgerlich-rechtliche Vertragsform, sondern der wirkliche Inhalt der getroffenen Vereinbarung bei wirtschaftlicher Betrachtung maßgebend ist, so ist hier zu einer abweichenden steuerlichen Beurteilung kein Anlaß. Denn zwischen der juristischen Form und dem wirtschaftlichen Inhalt der Verträge besteht kein Widerspruch. Der Versicherungsvertrag und der Vertrag über das verzinsliche Tilgungsdarlehen sind zwei getrennte Verträge, die auch steuerlich jeder für sich zu beurteilen sind. Für eine anderweitige, zusammenfassende wirtschaftliche Betrachtung in steuerlicher Hinsicht ist infolgedessen kein Raum.
Die gleichzeitige Aufnahme eines Darlehens von 18 000 DM bei derselben Versicherungsgesellschaft und dessen Verrechnung mit der Einmalprämie steht der Annahme eines Versicherungsvertrages gegen Einmalprämie ebenfalls nicht entgegen. Die Prämie ist hier eine Betriebsschuld. Bei Betriebsausgaben eines buchführenden Landwirts spielt es keine Rolle, ob sie mit eigenem oder fremden, im Kreditwege aufgenommenen Mittel bezahlt wurden oder ob sie der Steuerpflichtige überhaupt schuldig blieb. In diesem Punkte unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem Tatbestand des Urteils VI 78/55 U vom 1. Februar 1957 (a. a. O.), wo die Einmalprämie, die ebenfalls durch Verrechnung mit einem neu aufgenommenen Darlehen getilgt werden sollte, als Sonderausgabe geltend gemacht wurde. Sonderausgaben müssen jedoch, um abzugsfähig zu sein, in dem betreffenden Jahre (von Pauschbeträgen abgesehen) tatsächlich entrichtet sein. Soweit in dem sogenannten Urteil auf Grund tatsächlicher Feststellungen des Finanzgerichts die Darlehensgewährung als Stundung der Einmalprämie angesehen wurde, zieht der Senat für den hier vorliegenden Tatbestand nicht die gleiche Folgerung. Vielmehr steht grundsätzlich die Bezahlung der Einmalprämie durch ein Darlehen ihrer Anerkennung als Betriebsschuld nicht entgegen. Dem widerspricht auch die Aufnahme des Darlehens bei der gleichen Versicherungsgesellschaft und die Darlehnssicherung durch Verpfändung der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrage nicht. Nach dem Grundgedanken des § 11 Ziff. 1 StAnpG sind verpfändete oder zur Sicherung übereignete Gegenstände steuerlich dem Sicherungsgeber zuzurechnen, so daß die selbständigen Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag trotz der Verpfändung fortbestehen.
Wenn endlich das Finanzgericht das Vorliegen eines Versicherungsvertrages gegen Einmalprämie aus sozialpolitischen Gründen ablehnt, da die Arbeitnehmer bei Nichtrückzahlung der Darlehnsschuld durch den Bf. von der Versicherung nicht oder nur einen geringen Betrag erhalten würden und sie die Rechtslage und ihre eigenen Ansprüche nicht überblicken könnten, so ist dem nicht zu folgen. Die Gruppenversicherung, die der Bf. vornahm, ist eine zusätzliche Zuwendung an seine Arbeitnehmer, für die er zudem die Lohnsteuer gezahlt hat; dadurch kann in keinem Falle eine Beeinträchtigung der Arbeitnehmer erfolgt sein. Auch wenn der Bf. den Darlehnsvertrag nicht erfüllen und dadurch die Versicherungsgesellschaft von ihrer Leistungspflicht den Arbeitnehmern gegenüber frei werden sollte, bleibt die vertragliche Verpflichtung des Bf. zur Erfüllung der Versicherungsleistung aus seiner Zusage den Arbeitnehmern gegenüber bestehen.
Die Einmalprämie ist mithin in Höhe von 20 455,98 DM als Betriebsausgabe anzuerkennen.
Der Hilfsantrag des Bf., das Darlehen als gestundete Prämie oder den gleichen Betrag unter dem Gesichtspunkt der Verpflichtung des Bf. auf Beseitigung der Verpfändung den Arbeitnehmern gegenüber gewinnmindernd zu passivieren, ist mit der Anerkennung der Einmalprämie als Betriebsausgabe in vollem Umfang gegenstandslos geworden.
Eine Aktivierung der Einmalprämie oder eine Rechnungsabgrenzung ist nicht erforderlich. Auch bei sonstigen unmittelbaren Pensionsverpflichtungen werden die Vorteile, die für den Arbeitgeber in einer Pensionszusage an die Arbeitnehmer liegen (stärkere Bindung der Arbeitnehmer an das Unternehmen usw.), nicht aktiviert bzw. nicht lastmindernd behandelt. Soweit der Reichsfinanzhof in dem Urteil I 61/39 vom 21. März 1939 (RStBl 1939 S. 1000) eine Aktivierung der Aufwendungen, die eine Bindung der Arbeitnehmer an den Betrieb bezweckten, vorsah, folgt der Senat dieser Auffassung für den vorliegenden Fall nicht, da dort ein besonders und anders gelagerter Sachverhalt vorlag. Die vom Bf. gewährte Erhöhung der Altersversorgung ist nicht so bedeutsam, daß sie als Aktivposten des Betriebes gewertet werden könnte, Sie dient nur der Verbesserung des Betriebsklimas durch wirtschaftliche Beteiligung an einem besonders günstigen Jahresertrag.
Die Rb. ist somit im vollen Umfang begründet und die Vorentscheidung demgemäß aufzuheben.
Fundstellen
Haufe-Index 409581 |
BStBl III 1960, 68 |
BFHE 1960, 185 |
BFHE 70, 185 |
BB 1960, 236 |
DB 1960, 252 |