Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerbefreiung wegen Denkmalschutzes

 

Leitsatz (NV)

1. Stimmt eine Verwaltungsbehörde zu, daß ein (auf dem erworbenen Grundstück stehendes) Gebäude dem Denkmalschutz gewidmet wird, so ist damit für das FA bindend nur die Denkmaleigenschaft des Gebäudes festgestellt.

2. Über die steuerrechtliche Frage, inwieweit das erworbene Gelände als ,,Umland" des Baudenkmales anzusehen und sein Erwerb daher grunderwerbsteuerfrei ist, entscheidet das FA.

 

Normenkette

GrEStG NW § 4 Abs. 1 Nr. 4

 

Tatbestand

1. Die Klägerin erwarb 1975 ein Grundstück.

Auf diesem Gelände befindet sich außer Weideland eine Burganlage.

Die Klägerin beantragte Steuerbefreiung nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 des Grunderwerbsteuergesetzes Nordrhein-Westfalen (GrEStG NW). Die Burganlage stehe unter Denkmalschutz.

Das beklagte Finanzamt (FA) setzte gegen die Klägerin Grunderwerbsteuer fest, weil die Klägerin die Eintragung einer Reallast und einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zur Sicherung des Denkmalschutzes noch nicht nachgewiesen hatte.

Später wurde diese Voraussetzung erfüllt, und der Regierungspräsident als Denkmalschutzbehörde stimmte zu, daß die Burg der Denkmalpflege gewidmet wurde. Darauf setzte das FA in der Einspruchsentscheidung die Steuer herab. Nach seiner Ansicht war nicht der Erwerb des gesamten Grundstückes, sondern nur einer Teilfläche steuerfrei.

Auf die Klage hob das Finanzgericht (FG) den Steuerbescheid und die Einspruchsentscheidung auf. Der Grundstückserwerb sei in vollem Umfang gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG NW steuerfrei.

Die Klägerin habe das gesamte Grundstück mit der vom Regierungspräsidenten vor Erteilung der Zustimmung zur Widmung geforderten Reallast und der beschränkt persönlichen Grunddienstbarkeit belastet. Die Finanzbehörde sei an die Entscheidung der zuständigen Denkmalschutzbehörde als Fachbehörde gebunden; das gelte jedenfalls, wenn diese die Denkmalschutzwürdigkeit eines Grundstückes bejahe.

Mit der Revision beantragt das FA, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

1. Das FG-Urteil muß aufgehoben werden, weil es § 4 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG NW widerspricht.

Die genannte Vorschrift begünstigt u. a. den Erwerb eines Grundstückes, das mit Zustimmung der Denkmalschutzbehörde der Denkmalpflege gewidmet werden sollte.

Das FG sieht im vorliegenden Fall in dieser Zustimmung eine das FA bindende Entscheidung des Regierungspräsidenten darüber, daß das gesamte erworbene Grundstück der Denkmalpflege gewidmet und damit der gesamte Grundstückserwerb steuerfrei ist. Diese Auffassung berücksichtigt nicht die Bedeutung der Mitwirkung anderer Behörden beim Erlaß eines Steuerbescheides.

Das Gesetz enthielt keine Regelung über eine von der Denkmalschutzbehörde zu erteilende Bescheinigung und deren für die Finanzbehörden bindende Wirkung. Demnach muß nach Sinn und Zweck des Gesetzes entschieden werden, welche derartige Wirkung die Zustimmung der Denkmalschutzbehörde hatte. Sie konnte sich bei einem Baudenkmal naturgemäß nur darauf beziehen, daß dieses Bauwerk denkmalschutzwürdig sei. Nur insoweit war sie für die Finanzbehörde bindend. Dagegen sagte sie nichts über die steuerrechtliche Frage aus, inwieweit § 4 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG NW auch den Erwerb unbebauten Geländes, das das FG als Umland des Baudenkmales bezeichnet, von der Steuer befreite. Diese Frage mußten die Finanzbehörden in eigener Zuständigkeit entscheiden. Das entspricht den Grundsätzen, welche der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung zur Bindung der Finanzbehörden an die Entscheidungen anderer Behörden entwickelt hat und wonach die Entscheidung über steuerrechtliche Fragen den Finanzbehörden vorbehalten bleibt (vgl. zuletzt das Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 23. Juni 1977 II R 125/76, BFHE 123, 57, BStBl II 1977, 779).

An dieser Rechtslage ändert auch der Umstand nichts, daß der von der Klägerin erworbene Grundbesitz katastermäßig ein Grundstück war und § 4 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG NW den Erwerb eines Grundstückes befreite. Das bedeutete nicht, daß damit entgegen den vorstehenden Ausführungen der Erwerb des gesamten Grundstückes steuerfrei war. Von der katastermäßigen Gestaltung eines Grundstückes darf der Umfang einer Steuerbefreiung nicht abhängen. Demnach schloß die Formulierung (,,Erwerb eines Grundstückes") nicht aus, daß nur der Erwerb eines Grundstücksteiles steuerfrei war (vgl. z. B. § 1 a Abs. 1 des inzwischen außer Kraft getretenen Nordrhein-Westfälischen Gesetzes über Grunderwerbsteuerbefreiung für den Wohnungsbau).

2. § 4 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG NW enthielt keine Bestimmung darüber, in welchem Umfang der Erwerb von Umland eines Baudenkmales steuerfrei war. Eine starre Begrenzung wäre hier auch unbrauchbar gewesen; denn es kam auf den Einzelfall und die örtlichen Verhältnisse an. Zwar meint das FG, bei einem Baudenkmal der vorliegenden Art sollten die Grenzen des Denkmalschutzes möglichst weit gezogen werden. Werde das Umland als Schutzzone für das eigentliche Baudenkmal in Anspruch genommen, dann sei es auch sinnvoll und folgerichtig, das dienende Grundstück in die um der Burganlage Willen gewährte Steuerbefreiung einzubeziehen. Zu einer solchen Betrachtungsweise sieht der Senat jedoch keine Möglichkeit. Zweck des § 4 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG NW war es, den Grundstückserwerb zur Erhaltung eines Baudenkmales zu erleichtern, nicht aber dem Erwerber die Anlegung einer möglichst großen Privatzone um dieses Baudenkmal herum zu ermöglichen.

Unschädlich ist dagegen, daß - wie das FG zu Recht hervorhebt - die Klägerin und ihr Vater auf dem Umland eine . . . betreiben. Das schließt den Zweck der Steuerbefreiung, die Erhaltung des Bauwerkes, nicht aus.

Nicht entscheidend ist auch, daß die Klägerin auf dem gesamten erworbenen Grundbesitz die Reallast und die beschränkte persönliche Dienstbarkeit hat eintragen lassen. Daraus entstand kein Anspruch der Klägerin auf volle Steuerbefreiung. Das FA ist an das Gesetz gebunden. Ausnahmen von diesem Grundsatz können daher lediglich in eng begrenzten Fällen gelten, z. B., wenn das FA vor dem Grundstückserwerb eine bestimmte Besteuerung zugesagt hat. Das ist hier nicht der Fall.

3. Der Senat kann nicht überprüfen, ob der Grundstücksteil, dessen Erwerb das FG zusätzlich zu der bebauten Fläche steuerfrei gelassen hat, als von der Steuerbefreiung miterfaßtes Umland der Burg anzusehen ist. Dazu bedarf es der Kenntnis der vom FG nicht festgestellten örtlichen Verhältnisse. Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes und zur Entscheidung wird daher die Sache an das FG zurückverwiesen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 416215

BFH/NV 1990, 451

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