Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorsteuerabzug einer OHG aus Wechselkosten

 

Leitsatz (NV)

Erwerben Gesellschafter einer OHG im eigenen Namen Kommanditanteile an einer KG und nimmt die OHG in diesem Zusammenhang Wechselkredite auf, so kann die OHG auf die Wechselkosten entfallende Umsatzsteuer nur dann als Vorsteuerbeträge geltend machen, wenn sie die Kredite für ihr Unternehmen (und nicht für die Gesellschafter) aufgenommen und nicht vorsteuerabzugsschädlich verwendet hat.

 

Normenkette

UStG 1980 § 4 Nr. 8 Buchst. a, § 15 Abs. 1, 2 Nrn. 1, 3

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) betrieb in den Streitjahren (1980 bis 1982) in der Rechtsform der OHG einen Handel mit ... Ihre beiden Gesellschafter erwarben 1980 jeweils in eigenem Namen Kommanditanteile an einer KG, die ebenfalls den Handel mit ... betrieb. Zur Finanzierung dieses Erwerbs - so stellte das Finanzgericht (FG) fest - belasteten die Gesellschafter ihre Kapitalkonten bei der Klägerin, während diese mehrere Wechselkredite bei einer Genossenschaft aufnahm, deren Mitglied sie war. Die Wechselschulden wies die Klägerin in ihren Steuerbilanzen als Passivposten aus und zog die Wechselkosten als Betriebsausgaben ab. Die auf die Wechselkosten (Wechseldiskont und sonstige Wechselkosten) entfallende Umsatzsteuer machte sie in den Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre als abziehbare Vorsteuer geltend.

Nach einer Betriebsprüfung versagte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) den Vorsteuerabzug aus den Wechselkosten. Das FA vertrat wie die Prüfer die Auffassung, die Klägerin habe die Kredite nicht i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1980 für ihr Unternehmen bezogen, weil die Kreditgewährung nicht ihrem Unternehmen, sondern ausschließlich der Finanzierung des Erwerbs der Kommanditanteile durch ihre Gesellschafter gedient habe. Jedenfalls, so meinte das FA, sei der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG 1980 ausgeschlossen.

Nach erfolglosem Einspruch gab das FG der Klage statt. Nach Auffassung des FG, dessen Urteil in der Umsatzsteuer-Rundschau (UR) 1991, 296 veröffentlicht ist, waren die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1980 für den geltend gemachten Vorsteuerabzug erfüllt und die Ausschlußtatbestände nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 und 3 UStG 1980 nicht gegeben; ein Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts (§ 42 der Abgabenordnung - AO 1977 -) habe nicht vorgelegen.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung von § 15 Abs. 1 und Abs. 2 Nrn. 1 und 3 UStG 1980. Zur Begründung trägt es im wesentlichen vor: Entgegen der Auffassung des FG sei im Streitfall nicht entscheidend, daß die Kreditaufnahme mittelbar der Finanzierung der allgemeinen Geschäftstätigkeit der Klägerin gedient und damit zu steuerpflichtigen Umsätzen geführt habe. Maßgebend sei vielmehr, daß die Aufnahme der Wechselkredite unmittelbar dem Erwerb der KG-Anteile durch die Gesellschafter, denen die Klägerin wirtschaftlich einen Kredit gewährt habe (§ 4 Nr. 8 Buchst. a UStG 1980), zugeordnet werden könne.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Die Feststellungen in der Vorentscheidung ermöglichen keine revisionsgerichtliche Überprüfung, ob der Klägerin der begehrte Vorsteuerabzug zusteht.

Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1980 kann der Unternehmer die ihm von anderen Unternehmen in Rechnung gestellte Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist nach § 15 Abs. 2 UStG 1980 u.a. die Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze (Nummer 1) oder zur Ausführung unentgeltlicher Lieferungen und sonstiger Leistungen verwendet, die steuerfrei wären, wenn sie gegen Entgelt ausgeführt würden (Nummer 3).

Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats wird eine Leistung von einem Unternehmer nur dann i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1980 für sein Unternehmen bezogen, wenn sie im Umfang des vorgesehenen Einsatzes für unternehmerische Zwecke in einem objektiven und erkennbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit steht und diese fördern soll (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 19. Mai 1988 V R 115/83, BFHE 154, 173, BStBl II 1988, 916 unter II. 2. a, bb; BFH-Beschluß vom 21. Juni 1990 V B 27/90, BFHE 161, 201, BStBl II 1990, 801). Ob und ggf. inwieweit eine für das Unternehmen bezogene Leistung nach § 15 Abs. 2 UStG 1980 vorsteuerabzugsschädlich verwendet wird, beurteilt sich nach der wirtschaftlichen Zuordnung der betreffenden Vorbezüge zu den Umsätzen des Unternehmers. Hierfür kommt es auf die tatsächliche Verwendung der Leistung an (vgl. Senatsurteile vom 31. Juli 1987 V R 148/78, BFHE 150, 473, BStBl II 1987, 754 unter II. 1.; vom 21. Juli 1988 V R 87/83, BFHE 155, 177, BStBl II 1989, 60 unter II. A. 6.; vom 30. November 1989 V R 85/84, BFHE 159, 272, BStBl II 1990, 345 unter II. 1. d, e; vom 4. März 1993 V R 73/87, BStBl II 1993, 525; vom 4. März 1993 V R 68/89, BStBl II 1993, 527).

Im Streitfall geht es um die Frage, ob die Klägerin die Leistungen, für die sie den Vorsteuerabzug begehrt, für ihr Unternehmen bezogen (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1980) und nicht für vorsteuerabzugsschädliche Leistungen verwendet hat (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 und 3 UStG 1980). Dies hängt davon ab, ob sie die Wechselkredite für ihr Unternehmen (und nicht für ihre Gesellschafter) aufgenommen und nicht vorsteuerabzugsschädlich verwendet hat. Entscheidend ist dabei die Verwendung der Kreditmittel durch die Klägerin und nicht durch ihre Gesellschafter.

Diese Fragen können ohne eine genauere Kenntnis der Zahlungen des Kreditgebers und der Entnahmen der Gesellschafter nach Zahlungsart und Zeitabfolge sowie der diesen Geldbewegungen zugrunde liegenden Vereinbarungen oder sonstigen Rechtsgründe nicht beantwortet werden. Ohne entsprechende Feststellungen kann insbesondere nicht beantwortet werden, ob in den Entnahmen der Gesellschafter eine nach § 4 Nr. 8, § 15 Abs. 2 Nr. 1 oder 3 UStG 1980 vorsteuerabzugsschädliche Verwendung der Kreditmittel gesehen werden muß.

 

Fundstellen

Haufe-Index 419279

BFH/NV 1994, 417

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