Leitsatz (amtlich)
1. Der im Urteil des erkennenden Senats VII 120/58 vom 4. Mai 1960 ausgesprochene Grundsatz, daß Betriebsprüfungen der im Bereich der Zollverwaltung bei der OFD organisatorisch zusammengezogenen Angehörigen des Buch- und Betriebsprüfungsdienstes dem zuständigen HZA als Unterbrechungshandlung zugerechnet werden, gilt nur für Hauptzollämter dieses OFD-Bezirks.
2. Hat ein Abgabepflichtiger von der durch ein örtlich unzuständiges HZA vorgenommenen Unterbrechungshandlung keine Kenntnis erlangt und konnte er sie nach Lage des Falles auch nicht erlangt haben, so daß er die örtliche Unzuständigkeit innerhalb der dafür vorgesehenen Frist nicht rügen konnte, so kann ihm dieser Umstand nicht zum Nachteil gereichen. Soweit aus dem Urteil des erkennenden Senats VII 189/64 vom 12. Januar 1965 eine gegenteilige Auffassung hervorgeht, hält der Senat an dieser nicht fest.
Normenkette
AO § 76 a.F., § 79 a.F., § 147 a.F.
Gründe
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2. Zur Frage der Verjährung
Das FG hat verneint, daß die für Einfuhren im Jahre 1956 nachgeforderten Eingangsabgaben verjährt gewesen seien. Seiner Auffassung, daß die Verjährung im Streitfall durch die im Dezember 1957 begonnene Betriebsprüfung unterbrochen wurde, kann nicht gefolgt werden. Es ist zwar richtig, daß eine Betriebsprüfung die Verjährung unterbrechen kann. Soweit eine solche Prüfung aber von den Prüfern einer anderen OFD durchgeführt wird, ohne daß das zuständige HZA dies veranlaßt hat, unterbricht sie nicht die Verjährung der in einem anderen OFD-Bezirk entstandenen Abgabenansprüche. Die im Urteil des erkennenden Senats VII 120/58 vom 4. Mai 1960 (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung -- HFR -- 1961 S. 18 Nr. 17) ausgesprochenen Grundsätze können hier keine Anwendung finden. Denn Betriebsprüfungen der im Bereich der Zollverwaltung bei der OFD organisatorisch zusammengezogenen Angehörigen des Buch- und Betriebsprüfungsdienstes können nur für den Bereich dieser OFD dem zuständigen HZA als Unterbrechungshandlung zugerechnet werden. Insoweit liegen die Verhältnisse auf dem Gebiet der Zölle (siehe § 76 Ziff. 8 AO) anders als bei den Steuern, bei denen sich die örtliche Zuständigkeit des Finanzamts (FA) in der Regel nach dem Sitz des Steuerpflichtigen richtet.
Eine andere Frage aber ist, ob, ebenso wie in der Sache VII 153/61 (gleichfalls veröffentlichtes Urteil vom heutigen Tage), das Ersuchen des in jener Sache zuständigen HZA an die für es zuständige OFD um Durchführung einer Betriebsprüfung bei der Abgabepflichtigen, auch die Verjährung der im Bezirk des für diese Sache örtlich zuständigen HZA entstandenen Abgabenansprüche unterbrochen hat. Diese Frage ist für den Streitfall zu verneinen. Zwar gilt nach der ständigen Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (RFH) und des Bundesfinanzhofs -- BFH -- (vgl. Urteile des BFH V z 219/57 U vom 26. Juni 1958, BStBl 1958 III S. 340, und VII 189/64 vom 12. Januar 1965, HFR 1965 S. 325 Nr. 268) § 79 AO auch für § 147 AO a. F., d. h. daß die örtliche Unzuständigkeit die die Verjährung unterbrechende Handlung eines FA (HZA) nicht unwirksam macht, es sei denn, daß die örtliche Unzuständigkeit bis zum Ablauf der Einspruchsfrist geltend gemacht worden ist. Das ist im Streitfall nicht geschehen.
Der Senat ist jedoch der Auffassung, daß dann, wenn der Abgabepflichtige von der durch ein örtlich unzuständiges HZA vorgenommenen Unterbrechungshandlung keine Kenntnis hatte und nach Lage der Dinge auch nicht haben konnte, so daß er die örtliche Unzuständigkeit innerhalb der dafür vorgesehenen Frist auch nicht rügen konnte, ihm dieser Umstand nicht zum Nachteil gereichen kann. Soweit aus dem oben erwähnten Urteil des erkennenden Senats vom 12. Januar 1965 eine gegenteilige Auffassung hervorgeht, hält der Senat an dieser nicht fest.
Im Streitfall läßt sich nicht feststellen, daß die Abgabepflichtige vor Erlaß des Abgabenbescheides Kenntnis von der Unterbrechungshandlung des örtlich unzuständigen HZA erlangt hat. Auch ist in dem Zollnachforderungsbescheid die Frage der Verjährungsunterbrechung hinsichtlich der im Jahre 1956 entstandenen Abgabenansprüche mit keinem Wort erwähnt.
Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, daß im Streitfall die Verjährung der im Jahre 1956 entstandenen Abgabenansprüche weder durch die Betriebsprüfung selbst noch durch die sie veranlassende Handlung des örtlich unzuständigen HZA unterbrochen worden ist.
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Fundstellen
Haufe-Index 411944 |
BStBl III 1966, 344 |
BFHE 1966, 378 |