Leitsatz (amtlich)
Der Umwandlungsbeschluß, durch den eine GmbH nach dem Umwandlungsgesetz auf eine neuerrichtete KG umgewandelt wird, unterliegt der Börsenumsatzsteuer insoweit, als Wertpapiere bei Eintragung der Umwandlung von der GmbH auf die KG übergehen (Abweichung vom Urteil vom 19. Dezember 1973 II R 172/72, BFHE 112, 78, BStBl II 1974, 400).
Normenkette
KVStG 1972 § 18 Abs. 2 Nrn. 1-2
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine KG, die dadurch entstanden ist, daß die Gesellschafter der früheren A GmbH die Umwandlung der GmbH unter Errichtung der Klägerin und Übertragung des Vermögens der GmbH auf die Klägerin beschlossen haben. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) hat wegen der zum Vermögen der GmbH gehörenden Wertpapiere, die nach Durchführung der Umwandlung Gesellschaftsvermögen der Klägerin geworden sind, Börsenumsatzsteuer festgesetzt. Der Einspruch der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben.
Ihrer Klage hat das Finanzgericht (FG) durch Aufhebung des angefochtenen Steuerbescheides und der Einspruchsentscheidung stattgegeben.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
1. Im vorliegenden Fall ist aufgrund des Umwandlungsbeschlusses Börsenumsatzsteuer sowohl aus dem rechtlichen Gesichtspunkt der Nummer 1 als auch der Nummer 2 des § 18 Abs. 2 des Kapitalverkehrsteuergesetzes 1972 (KVStG 1972) insoweit entstanden, als zum Vermögen der GmbH im Zeitpunkt der Eintragung des Umwandlungsbeschlusses in das Handelsregister (vgl. §§ 24, 20, 16 bis 18, 5 des Gesetzes über die Umwandlung von Kapitalgesellschaften und bergrechtlichen Gewerkschaften - UmwG -) Wertpapiere i. S. des § 19 KVStG 1972 gehörten. Börsenumsatzsteuer ist jedoch nur einmal entstanden.
Unerörtert kann bleiben, ob auch ohne die Vorschriften des § 18 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 KVStG 1972 ein Anschaffungsgeschäft i. S. des § 18 Abs. 1 KVStG 1972 zu bejahen gewesen wäre und ob etwa die Auslegung des § 18 Abs. 1 KVStG 1972 durch die in Abs. 2 Nrn. 1 und 2 getroffene Regelung beeinflußt worden ist (vgl. in diesem Zusammenhang das Urteil des Senats vom 9. März 1977 II R 19-20/76, BFHE 122, 348, BStBl II 1977, 658).
2. Daß der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Nr. 1 KVStG 1972 verwirklicht worden ist, ergibt sich aus folgendem:
Nach dieser Vorschrift unterliegen Geschäfte der Börsenumsatzsteuer, die auf das Einbringen von Wertpapieren u. a. in eine andere Personenvereinigung als eine Kapitalgesellschaft gerichtet sind. Zu den Personenvereinigungen i. S. dieser Vorschrift gehören auch Kommanditgesellschaften. Der in der Vorschrift, die 1934 in das Kapitalverkehrsteuerrecht aufgenommen worden ist, verwendete Begriff des "Einbringens" umschreibt einen gesellschaftsrechtlichen Vorgang. Regelmäßig wird das Einbringen gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten erfolgen, wie dies z. B. § 13 Abs. 2 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) 1940, ferner auch § 29 Satz 1 Nr. 2 des Gesetzes über steuerliche Maßnahmen bei Änderung der Unternehmensform (UmwStG 1969) voraussetzen, wenn in der letzteren Vorschrift auch nicht vom Einbringen, sondern von der Übertragung des Vermögens eines Unternehmens gesprochen wird. Hiernach entsteht Börsenumsatzsteuer, wenn bei Gründung einer KG Wertpapiere in Erfüllung der Beitragspflicht (vgl. § 105 Abs. 2 HGB i. V. m. §§ 705 und 706 BGB) auf die KG übertragen werden.
Keine andere Beurteilung ergibt sich, wenn eine KG, wie im vorliegenden Fall, im Rahmen der Umwandlung einer GmbH errichtet wird und die Beitragspflicht der Gesellschafter der KG durch die Übertragung des Vermögens der im Rahmen der Umwandlung aufgelösten GmbH erfüllt wird. Hieran ändert sich auch dadurch nichts, daß der nach § 105 Abs. 2 HGB i. V. m. § 705 BGB erforderliche Gesellschaftsvertrag durch den Umwandlungsbeschluß der Gesellschafter der GmbH ersetzt wird. Denn dieser Umwandlungsbeschluß hat die Errichtung der KG, die Festlegung der Kommanditeinlagen der Kommanditisten sowie die Übertragung des Vermögens der GmbH auf die neuerrichtete KG zum Gegenstand (vgl. die §§ 24, 20, 16 UmwG). Der Umwandlungsbeschluß ist somit ein Geschäft, das ggf. ein Einbringen von Wertpapieren in die KG zum Gegenstand hat, und zwar insoweit, als im Zeitpunkt des Vermögensüberganges Wertpapiere i. S. des § 19 KVStG 1972 zum Vermögen der GmbH gehören. Denn erst in diesem Zeitpunkt steht fest, ob Wertpapiere eingebracht werden und ob demgemäß der Umwandlungsbeschluß das Einbringen von Wertpapieren zum Gegenstand hatte.
Nicht entscheidend ist, wie die Vermögensübertragung aufgrund des Umwandlungsbeschlusses im einzelnen vonstatten geht. Deshalb ist es ohne Bedeutung, daß die Vermögensübertragung ohne Einzelübertragungsakte mit der Eintragung der Umwandlung in das Handelsregister eintritt. Der in der Steuergesetzgebung seit langem verwendete Begriff des Einbringens hat nach der ständigen Rechtsprechung auch die vereinbarte Vermögensübertragung zum Gegenstand gehabt, die ohne Einzelübertragung kraft Gesetzes eintritt (vgl. die Urteile des Reichsgerichts - RG - vom 10. Dezember 1907 Rep VII 101/07, RGZ 67, 197; vom 27. September 1912 Rep VII 181/12, RGZ 80, 168; die Urteile des Reichsfinanzhofs - RFH - vom 19. Mai 1922 II A 59/22, RFHE 9, 273, und vom 17. Februar 1939 II 556/37, RFHE 46, 174; aus der Gesetzgebung vgl. vor allem § 19a GrEStG i. d. F. der Steuernotverordnung vom 1. Dezember 1930, wo eindeutig der Vermögensübergang bei der Verschmelzung als ein Einbringen gesehen werde). Im vorliegenden Fall haben die Kommanditisten der Klägerin im übrigen ihre Einlagen i. S. des § 171 Abs. 1 Halbsatz 2 HGB anteilig durch den Übergang des Vermögens der GmbH kraft Gesetzes erbracht.
Der Umwandlungsbeschluß ist zwar kein Vertrag, sondern ein Beschluß der Gesellschafter der GmbH, die zugleich Gesellschafter der Klägerin wurden; dies steht aber der Anwendung des § 18 Abs. 2 Nr. 1 KVStG 1972 nicht entgegen. Der dort verwendete Begriff des Geschäftes ist umfassend. Er ist nicht auf Verträge beschränkt. Aus § 18 Abs. 1 KVStG 1972 ist nichts anderes herzuleiten (vgl. hierzu BFHE 122, 348, BStBl II 1977, 658, im Gegensatz zu dem früheren Urteil des Senats vom 19. Dezember 1973 II R 172/72, BFHE 112, 78, BStBl II 1974, 400).
3. Daß im vorliegenden Fall auch der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Nr. 2 KVStG 1972 verwirklicht worden ist, ergibt sich aus folgendem:
Zu den Anschaffungsgeschäften gehören auch Geschäfte, durch die bei der Auseinandersetzung einer Kapitalgesellschaft Wertpapiere aus dem Vermögen der Gesellschaft überwiesen werden. Zwar hat eine Auseinandersetzung hinsichtlich des Vermögens der GmbH angesichts der Umwandlung nicht stattgefunden. Insofern ist § 18 Abs. 2 Nr. 2 KVStG 1972 im buchstäblichen Sinne nicht erfüllt. Es ist aber zu beachten, daß bei der Umwandlung die Übertragung des Vermögens der GmbH im Ergebnis die Auseinandersetzung ersetzt. Die Auseinandersetzung entfällt wegen der Vermögensübertragung im ganzen (vgl. § 1 Abs. 1 UmwG). Der Vermögensübergang im ganzen war somit Ersatz der an sich erforderlichen Liquidation. Die Begründung zu dem Umwandlungsgesetz 1934 (vgl. RStBl 1934, 803) macht deutlich, daß durch den Vermögensübergang kraft Gesetzes gegenüber der sonst erforderlichen Abwicklung eine Vereinfachung des Verfahrens erreicht werden sollte. Unter diesen Umständen spricht alles dafür, auch den die Vermögensübertragung und die Auflösung der umzuwandelnden Gesellschaft auslösenden Umwandlungsbeschluß als Geschäft anzusehen, das i. S. des § 18 Abs. 2 Nr. 2 KVStG 1972 ggf. die Überweisung von Wertpapieren aus dem Vermögen der Gesellschaft zum Gegenstand hat.
Der Senat vermag deshalb nicht mehr an seinem abweichenden Urteil BFHE 112, 78, BStBl II 1974, 400 festzuhalten.
4. Die Klägerin ist Steuerschuldnerin; dies folgt aus § 25 KVStG 1972. Wenn dort bestimmt wird, daß bei Privatgeschäften die Vertragsteile Gesamtschuldner sind, so kann diese Formulierung nur dahin verstanden werden, daß die an dem nach § 18 KVStG 1972 maßgebenden Geschäft als Schuldner und Gläubiger beteiligten Personen gemeint sind. Schließen mehrere Personen einen Vertrag über die Gründung einer Personenhandelsgesellschaft und verpflichten sie sich zur Einbringung von Wertpapieren, so sind danach Steuerschuldner sowohl diese Personen als Einbringende als auch die aufgrund des Vertrages entstehende Personenhandelsgesellschaft als Erwerberin der Wertpapiere. Nichts anderes gilt für die aufgrund des Umwandlungsbeschlusses entstandene Klägerin.
5. Das angefochtene Urteil unterliegt danach der Aufhebung. Der Senat vermag in der Sache nicht zu erkennen, da bisher nicht feststeht, inwieweit Börsenumsatzsteuerpflicht eingetreten ist. Das FA hat den Umwandlungsbeschluß insoweit als ein Geschäft i. S. des § 18 Abs. 2 Nr. 1 KVStG 1972 angesehen, als zum Vermögen der GmbH am 31. Dezember 1971 Wertpapiere gehörten. Den 31. Dezember 1971 hat es deshalb als Stichtag genommen, weil auf diesen Abschlußtag die der Umwandlung zugrunde liegende Umwandlungsbilanz aufgestellt worden ist. Der Börsenumsatzsteuer unterliegt der Umwandlungsbeschluß jedoch nur insoweit, als im Zeitpunkt des tatsächlichen Überganges des Vermögens (Eintragung der Umwandlung in das Handelsregister) Wertpapiere zum Vermögen der GmbH gehörten. Nur insoweit konnte Börsenumsatzsteuer entstehen. Die Frage, welcher Stichtag für die Umwandlungsbilanz maßgebend ist, ist für die börsenumsatzsteuerrechtliche Beurteilung ohne Bedeutung.
Fundstellen
Haufe-Index 73506 |
BStBl II 1980, 380 |
BFHE 1980, 204 |