Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Schenkt ein Kaufmann seinem Kunden aus besonderem Anlaß, z. B. bei Erreichung des 70. Lebensjahres, einen PKW und behandelt er diese Aufwendungen als Betriebsausgaben, so kann in der Regel davon ausgegangen werden, daß die Zuwendung durch die geschäftlichen Beziehungen der Beteiligten veranlaßt war. Der Wert des PKW gehört dann zu den Betriebseinnahmen des bedachten Kunden.
Normenkette
EStG §§ 4-5
Tatbestand
Streitig ist bei der Einkommensteuerveranlagung 1957, ob der Wert eines PKW zu den Einnahmen des Steuerpflichtigen aus Gewerbebetrieb gehört.
Der Steuerpflichtige ist Inhaber einer Bahnhofsgaststätte. Er bezieht sein Bier im wesentlichen von einer Brauerei, deren bedeutendster freier Abnehmer er ist. Er erhielt einige Monate nach Vollendung seines 70. Lebensjahres von der Brauerei einen PKW im Neuwert von etwa 9500 DM. Die Brauerei hatte diese Zuwendung zur Schenkungsteuer angemeldet und die festgesetzte Schenkungsteuer entrichtet.
Das Finanzamt behandelte nach Durchführung einer Betriebsprüfung die Zuwendung des PKW als gewerbliche Einnahme des Steuerpflichtigen. In der Einspruchsentscheidung entsprach der Steuerausschuß dem Antrag des Steuerpflichtigen, den Wert des PKW als private Schenkung anzusehen.
Das Finanzgericht kam auf die Berufung des Vorstehers des Finanzamts zu dem gleichen Ergebnis. Es ging davon aus, daß die Zuwendung mit keiner Gegenleistung in betrieblichem Zusammenhang stehe und damit eine Schenkung darstelle. Die Unentgeltlichkeit werde nicht dadurch ausgeschlossen, daß mit der Zuwendung der Zweck verfolgt werde, Geschäftsverbindungen zu sichern oder zu verbessern. Die Ehrengabe, die ein Unternehmen einem langjährigen Abnehmer aus einem besonderen Anlaß, z. B. Jubiläum zuwende, gehöre zu den typischen Fällen einer betrieblich veranlaßten Schenkung. Daß die Brauerei den PKW habe schenken wollen, gehe auch aus der übernahme der Schenkungsteuer hervor. Der Wert der Zuwendung sei mangels Zusammenhangs mit einer bestimmten Leistung des Beschenkten nicht den steuerpflichtigen Einnahmen des Beschenkten zuzurechnen.
Entscheidungsgründe
Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und der Einspruchsentscheidung.
Der Wert des PKW kann nur dann den Einkünften aus Gewerbebetrieb zugerechnet werden, wenn es sich um eine betriebliche Einnahme handelt. Betriebseinnahmen sind alle Zugänge in Geld und Geldeswert, die durch den Betrieb veranlaßt sind und dem Steuerpflichtigen im Rahmen seines Betriebs zufließen (ß 8 Abs. 1 EStG). Die Betriebseinnahme setzt damit einen sachlichen Zusammenhang mit dem Betrieb voraus. Es genügt auch ein mittelbarer Zusammenhang. Wie bereits der Reichsfinanzhof im Urteil VI A 84/35 vom 9. Oktober 1935 (RStBl 1936 S. 139) ausgeführt hat, kann auch eine Schenkung in ursächlichem Zusammenhang mit dem Betrieb stehen und einkommensteuerlich eine Betriebseinnahme sein. Maßgebend ist also für die Zurechnung zu den Betriebseinnahmen der Bedachten nicht, ob bürgerlich-rechtlich eine Schenkung vorliegt oder ob mit der Zuwendung ein bestimmtes Tun oder Unterlassen des Begünstigten in Zusammenhang gebracht werden kann. Entscheidend ist die betriebliche Veranlassung. Ob im Einzelfall allein die privaten, also meist freundschaftlichen Beziehungen der Beteiligten unabhängig von betrieblichen Erwägungen den Anlaß zur Zuwendung bildeten, muß von der Tatsacheninstanz ermittelt werden. Dabei kann in der Regel ein wichtiges Beweisanzeichen für eine betrieblich veranlaßte Zuwendung und Einnahme die Tatsache sein, daß der Zuwendende die notwendigen Aufwendungen als Betriebsausgaben behandelte und damit zum Ausdruck brachte, daß jedenfalls er einen betrieblichen Vorgang annahm. Es gelten für die Beurteilung solcher Zuwendungen ähnliche Grundsätze wie im Verhältnis des Arbeitgebers zu seinen Arbeitnehmern, die aus Anlaß eines bestimmten Ereignisses, z. B. eines Jubiläums, eine Zuwendung erhalten, auf die sie keinen Anspruch haben und die grundsätzlich zum steuerpflichtigen Arbeitslohn gehören, wenn sie nicht bestimmte Voraussetzungen erfüllen (ß 5 LStDV). Anders können nur solche Zuwendungen unter Geschäftsleuten beurteilt werden, die auch wegen ihres geringen Werts als im Geschäftsleben übliche Aufmerksamkeiten und deshalb nicht als geldwerte Vorteilszuwendungen und Erhöhung der Betriebseinnahmen anzusehen sind.
Beurteilt man die Zuwendung des PKW an den Steuerpflichtigen nach diesen Grundsätzen, so kann an dem betrieblichen Anlaß kein Zweifel sein. Der Steuerpflichtige erhielt den PKW nicht wegen seiner persönlichen Beziehungen zum Geber, sondern gewissermaßen als Treuebonus in seiner Eigenschaft als größter Bierabnehmer der Brauerei. Das ergibt sich besonders aus den Erklärungen des Prokuristen der Brauerei, wonach die Zuwendung an den Steuerpflichtigen als Werbemaßnahme gedacht und der 70. Geburtstag lediglich ein günstiger Anlaß hierfür waren. Noch deutlicher ergibt sich die betriebliche Veranlassung der Zuwendung aus einem Protokoll über eine Sitzung des Aufsichtsrats der Brauerei, in dem es wörtlich heißt: "Geschenk an Herrn (Steuerpflichtigen) zum 70. Geburtstag. Nachdem Herr (Steuerpflichtiger) unser größter Kunde ... ist, soll ihm ein besonderes Geschenk gegeben werden. Der Vorstand hat sich daher entschlossen, ihm einen PKW zu schenken. Die Schenkungsteuer wird von uns getragen. ..." Bei dieser Sachlage besteht keine Veranlassung anzunehmen, daß nicht auch von Seiten des Steuerpflichtigen allein seine betrieblichen Beziehungen zur Brauerei den Anlaß zur Zuwendung bildeten.
Die Vorentscheidung, die mit diesen Grundsätzen nicht im Einklang steht, muß aufgehoben werden. Die Sache ist zur Entscheidung reif. Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung wird unter Abänderung des Steuerbescheids 1957 vom 6. November 1959 die Einkommensteuer 1957 - unter Hinzurechnung des Werts des PKW zum gewerblichen Gewinn des Steuerpflichtigen - festgesetzt.
Fundstellen
Haufe-Index 411034 |
BStBl III 1964, 183 |
BFHE 1964, 475 |
BFHE 78, 475 |
BB 1964, 460 |
DB 1964, 755 |