Leitsatz (amtlich)
Ein Körperschaftsteuerbescheid, durch den die Steuer auf 0 DM festgesetzt wurde, kann nicht mit der Begründung angefochten werden, der Verlust sei höher, als das FA angenommen habe, und der Bescheid habe Auswirkungen auf die Gewerbesteuer.
Normenkette
FGO § 40; GewStG §§ 7, 35b
Tatbestand
Die Revisionsklägerin (Steuerpflichtige), eine GmbH, wies in der Körperschaftsteuererklärung 1965 unter Berücksichtigung einer verdeckten Gewinnausschüttung von 2 500 DM wegen Benutzung eines PKW durch den Gesellschafter-Geschäftsführer einen Verlust von 25 031,47 DM aus. Der Revisionsbeklagte (das FA) setzte nach diesen Angaben die Körperschaftsteuer auf 0 DM fest. Dem Körperschaftsteuerbescheid 1966 legte das FA unter Berücksichtigung einer verdeckten Gewinnausschüttung von 2 500 DM wegen der Benutzung des PKW durch den Gesellschafter-Geschäftsführer einen Verlust von 45 774 DM zugrunde und setzte die Körperschaftsteuer ebenfalls auf 0 DM fest.
Die Steuerpflichtige legte gegen die Körperschaftsteuerbescheide 1965 und 1966 Einsprüche ein, die das FA als unzulässig verwarf.
Die Steuerpflichtige erhob Klage mit dem Antrag, die angefochtenen Bescheide aufzuheben. Sie beantragte außerdem, das vorliegende Verfahren mit der beim FG nunmehr unter dem Az. IV 1970/66 geführten Sache zu verbinden, die die Körperschaftsteuer 1962 bis 1964 betrifft, sowie einen Erörterungstermin anzuberaumen.
Das FG hat die Klage abgewiesen.
Vorweg hat das FG ausgeführt, für eine Verbindung des vorliegenden Verfahrens mit der Sache IV 1970/66 habe kein Anlaß bestanden, da die beiden Sachen in verschiedenen Senaten anhängig seien und sich im Sachverhalt und in der rechtlichen Beurteilung wesentlich unterschieden. Da der Rechtsstreit in einer mündlichen Verhandlung habe erledigt werden können, sei ein Erörterungstermin nicht erforderlich gewesen.
Zur Klage selbst hat das FG entschieden, sie sei unzulässig, weil die Steuerpflichtige durch die Festsetzung der Körperschaftsteuer auf 0 DM nicht beschwert sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Steuerpflichtigen, in der ausgeführt wird: Die Klage im gegenwärtigen Verfahren sei darauf abgestellt gewesen, mit dem Verfahren IV 1970/66 verbunden zu werden. Das FG habe im Termin zur mündlichen Verhandlung erklärt, die Sache IV 1970/66 sei an den IV. Senat abgegeben worden. In dieser formlosen Mitteilung erblicke sie, die Steuerpflichtige, eine Behinderung ihrer Rechte gemäß §§ 76 ff. FGO. Hätte sie von der Abgabe der Sache rechtzeitig Kenntnis erhalten, so hätte sie im Termin zur mündlichen Verhandlung ihre Beweise vorlegen können. Das sei nicht möglich gewesen, weil die anderen Prozeßakten nicht zur Verfügung gestanden hätten. Andererseits habe das FG nicht zu erkennen gegeben, daß anderweitig entschieden werden könne. Sie, die Steuerpflichtige, hätte dann den gestellten Antrag dahin erweitert, daß das Verfahren bis zur Entscheidung in der Sache IV 1970/66 ausgesetzt werde. Diese "Vorklage" kläre nämlich, ob überhaupt eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliege.
Die Steuerpflichtige beantragt, wegen Verstoßes gegen §§ 76 ff. FGO das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das FG zwecks Klärung des Sachverhalts zurückzuverweisen bzw. das Verfahren auszusetzen, bis über die Klage IV 1970/66 entschieden sei.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Das FA wird vertreten durch Herrn ORR G., Sachgebietsleiter für Körperschaften beim FA G. Das beklagte FA F. hat Herrn ORR G. eine schriftliche Generalvollmacht vom 5. März 1971 erteilt und mit Schriftsatz vom 5. März 1971 bestätigt, daß diese Generalvollmacht auch für das gegenwärtige Verfahren gelte. Die Steuerpflichtige bezweifelt die Rechtsgültigkeit der Vollmacht.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist unbegründet.
1. Die Vollmacht, die das beklagte FA F. dem ORR G. erteilt hat, ist in Ordnung (§ 62 FGO). Sie ist schriftlich erteilt (§ 62 Abs. 3 FGO). Nicht das FA G., sondern das beklagte FA F. mußte die Vollmacht erteilen. Ob der Vorsteher des FA G. damit einverstanden ist, berührt die Gültigkeit der Vollmacht nicht.
2. Die Verfahrensrügen der Steuerpflichtigen sind nicht begründet. Die Verbindung mehrerer Verfahren (§ 73 FGO) steht im Ermessen des Gerichts. Im Streitfall ist nicht ersichtlich, daß das FG dadurch, daß es das gegenwärtige Verfahren und das Verfahren IV 1970/66 nicht verbunden hat, von seinem Ermessen einen fehlerhaften Gebrauch gemacht habe. Ein Verfahrensfehler liegt auch nicht darin, daß das FG der Steuerpflichtigen erst in der mündlichen Verhandlung vom 3. Dezember 1970 mitgeteilt hat, daß die Sache IV 1970/66 an den IV. Senat abgegeben worden sei. Auch ohne daß das Gericht zu erkennen gegeben hätte, daß es auf Grund der mündlichen Verhandlung durch Endurteil entscheiden werde, mußte die Steuerpflichtige mit einer solchen Entscheidung rechnen und konnte im Termin zur mündlichen Verhandlung Beweisanträge und den geplanten Antrag auf Aussetzung des Verfahrens stellen. Abgesehen davon beruht das angefochtene Urteil nicht darauf, daß die Akten des Verfahrens IV 1970/66 nicht vorlagen und daß auch sonst auf dieses Verfahren keine Rücksicht genommen wurde. Denn auf die Frage, ob überhaupt eine verdeckte Gewinnausschüttung vorlag - eine Frage, die nach Ansicht der Steuerpflichtigen durch das Verfahren IV 1970/66 geklärt werden sollte - kam es für die Entscheidung des FG nicht an.
3. Mit Recht hat das FG die Klage als unzulässig abgewiesen. Denn die Steuerpflichtige kann nicht geltend machen, durch die angefochtenen Körperschaftsteuerbescheide in ihren Rechten verletzt zu sein (§ 40 Abs. 2 FGO). Im allgemeinen verletzt ein Steuerbescheid, durch den die Steuer auf 0 DM festgesetzt worden ist, die Rechte des Steuerpflichtigen nicht. Eine Ausnahme gilt z. B. wenn der Steuerpflichtige geltend macht, er sei überhaupt nicht steuerpflichtig (Beschluß des BFH I B 34/69 vom 20. November 1969, BFH 97, 281, BStBl II 1970, 133). Im Streitfall wendet sich die Steuerpflichtige gegen die Berücksichtigung verdeckter Gewinnausschüttungen in den angefochtenen Steuerbescheiden. Die Hinzurechnung der verdeckten Gewinnausschüttungen kann aber die Steuerpflichtige in ihren Rechten nicht verletzen. Denn sie führte nur dazu, daß der Verlust niedriger wurde, als er nach Ansicht der Steuerpflichtigen sein sollte. Die Höhe der Steuer, die den notwendigen Inhalt des Steuerbescheids darstellt (§ 211 der Reichsabgabenordnung), wurde davon nicht berührt. Wie das FG zutreffend ausgeführt hat, entfaltet die Feststellung der Verluste in den angefochtenen Körperschaftsteuerbescheiden keine bindende Wirkung, durch die die Steuerpflichtige in ihren Rechten verletzt werden könnte. Sie ist nicht maßgebend für die Höhe des Verlustabzugs (§ 10d EStG, § 6 Abs. 1 Satz 1 KStG). Darüber wird vielmehr erst in dem Jahr entschieden, in dem sich der Verlustabzug auswirkt (BFH-Urteil I 184/63 vom 12. Januar 1966, BFH 85, 161, BStBl III 1966, 270). Die Feststellung der Verluste ist auch nicht bindend für die Veranlagung zur Gewerbesteuer. Der Gewerbeertrag ist nach den Vorschriften des EStG oder des KStG (§ 7 GewStG), aber selbständig und unabhängig vom Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuerverfahren zu ermitteln (BFH-Urteil IV 403/61 U vom 30. Juli 1964, BFH 80, 166, BStBl III 1964, 534). Daraus folgt, daß auch aus § 35b GewStG keine Auswirkung der festgestellten Verluste auf die Gewerbesteuer hergeleitet werden kann. Außerdem käme § 35b GewStG nicht zum Zuge, wenn die Steuerpflichtige in der Sache recht hätte und die Verluste höher wären. Denn die angefochtenen Körperschaftsteuerbescheide würden auch in diesem Fall auf 0 DM lauten. § 35b GewStG setzt aber voraus, daß der Körperschaftsteuerbescheid oder der Einkommensteuerbescheid geändert wird. Werden nur die Besteuerungsgrundlagen, nicht aber der Bescheid selbst geändert, so sind die Voraussetzungen des § 35b GewStG nicht erfüllt (BFH-Urteil I 16/65 vom 2. März 1966, BFH 85, 297, BStBl III 1966, 317).
4. Bei dieser Sachlage besteht keine Veranlassung, das gegenwärtige Verfahren auszusetzen.
Fundstellen
Haufe-Index 69499 |
BStBl II 1971, 586 |
BFHE 1971, 214 |