Leitsatz (amtlich)
Gehaltsteile, die der auf Grund eines Arbeitsvertrages im Betriebe des Ehemannes mitarbeitenden Ehefrau zustehen, jedoch nicht zum Fälligkeitszeitpunkt ausgezahlt, sondern dem Ehemann als Darlehen überlassen werden, ohne daß eine Vereinbarung über die Verzinsung und die Rückzahlung getroffen wird, sind nicht als betrieblicher Aufwand anzuerkennen. Das gilt auch für Tantiemen.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, § 5
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) stellt elektrotechnische Spezialgeräte her. Seine Ehefrau ist bei ihm angestellt. In dem Anstellungsvertrag vom 21. Januar 1967 heißt es u. a. :
"Die Angestellte erhält ein monatliches nachträglich zu zahlendes Bruttogehalt in Höhe von 800 DM. Ferner gewährt die Firma ihr nach Vorlage des Jahresabschlusses eine Tantieme von jährlich 7,5 % des Jahresbruttoumsatzes, höchstens jedoch 20 000 DM. Spätestens innerhalb eines Jahres nach Erstellung des Abschlusses wird diese Vergütung zur Zahlung fällig."
Unter den Beteiligten ist nur streitig, ob die in den Jahren 1967 bis 1969 angefallenen Tantiemen von je 20 000 DM als Betriebsausgaben abzugsfähig sind. Der Kläger hatte die Beträge in den Bilanzen zum 31. Dezember 1967, 31. Dezember 1968 und 31. Dezember 1969 als Rückstellungen passiviert. Die Tantiemerückstellung für 1967 wurde 1969 aufgelöst; der Kläger führte insoweit Lohnsteuer und Lohnkirchensteuer ab. Der Restbetrag wurde als Darlehen der Ehefrau gebucht. Die Tantiemerückstellungen für 1968 und 1969 waren bis zum Ergehen der Vorentscheidung vom 26. Juli 1972 noch nicht aufgelöst worden.
Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das FG hat dargelegt: Tantiemerückstellungen dürften nicht gebildet werden. Bedenklich sei schon, daß die Tantiemen erst innerhalb eines Jahres nach Erstellung des Abschlusses fällig würden, obwohl die Höhe des Umsatzes bereits nach Ablauf des Geschäftsjahres feststehe. Jedenfalls sei die Tantiemevereinbarung mangelhaft (1967) oder überhaupt nicht (1968/1969) durchgeführt worden.
Der Kläger macht mit der Revision geltend: Seine Ehefrau habe die gesamten Bürogeschäfte erledigt. Festgehalt und Tantieme seien seine einzigen Verwaltungskosten gewesen und hätten 1966 bis 1969 nur 7,24 % bis 9,3 % seines Umsatzes ausgemacht. Dies seien angemessene Sätze, zumal seine Ehefrau ganztägig im Betrieb tätig gewesen und ihr von dem Einkaufsleiter einer bedeutenden Firma eine mit 3 000 DM Monatsgehalt dotierte Stellung angeboten worden sei. Der Arbeitsvertrag sei rechtswirksam und auch vom Beklagten und Revisionsbeklagten (FA) zu beachten. Entsprechend dem Vertrag sei verfahren worden. Der Abschluß für das Geschäftsjahr 1967 sei am 28. November 1968 fertiggestellt worden. Innerhalb der Jahresfrist, nämlich am 10. November 1969, sei die Tantieme nach dem Abzug der Lohnsteuer und Lohnkirchensteuer dem Privatkonto seiner Ehefrau gutgeschrieben worden. Seine Ehefrau und er hätten mündlich verabredet, daß die endgültige Barauszahlung innerhalb eines weiteren Jahres erfolgen und in der Zwischenzeit das Guthaben mit 5 % verzinst werden solle. Dazu und zur Auszahlung der Tantiemen 1968/1969 sei es bisher nicht gekommen, weil der Ausgang des anhängigen Steuerrechtsstreits abgewartet werden müsse. Soweit das FG auf die Rechtsprechung des BFH der Jahre 1971 und 1972 Bezug nehme, könne diese nicht mit Rückwirkung angewandt werden. Schließlich sei es ein Verfahrensmangel, daß der Betriebsprüfer, der mehrfach die Unwahrheit gesagt habe, als Kronzeuge des FA gegen ihn aufgetreten sei.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Der Senat läßt es mit dem FG dahingestellt, ob die Tantiemevereinbarung steuerrechtlich bereits deswegen unbeachtlich ist, weil die Tantiemen erst ungewöhnlich spät fällig wurden. Verträge zwischen Ehegatten sind daraufhin zu überprüfen, ob sie auch zwischen Fremden üblich wären (BFH-Urteile vom 26. August 1958 I 116/58 U, BFHE 67, 450, BStBl III 1958, 445; vom 16. Dezember 1970 I R 160/70, BFHE 101, 83, BStBl II 1971, 178). Es dürfte unüblich sein, daß die Tantiemen entgegen der Regel des § 614 BGB erst ein Jahr nach Erstellung des Abschlusses fällig wurden, obwohl sie bereits zum Abschluß des Geschäftsjahres errechnet und ausgezahlt werden konnten. Im Streitfall braucht auch nicht geprüft zu werden, ob ein ernstlich gemeintes Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und seiner Frau bestand, ob die Ehefrau in dem vom Kläger dargelegten Umfange im Betriebe mitgearbeitet hat und ob die vereinbarte Gegenleistung für die Arbeitstätigkeit der Ehefrau angemessen war. Dies alles kann zugunsten des Klägers unterstellt werden. Gleichwohl können die Tantiemerückstellungen bzw. die Darlehensverbindlichkeit steuerrechtlich nicht anerkannt werden. Der Vertrag vom 21. Januar 1967 ist im Hinblick auf die Gewährung der Tantiemen an die Ehefrau nicht vereinbarungsgemäß durchgeführt worden. Die Ansicht des Klägers, die er in der mündlichen Verhandlung vertreten hat, seine Frau habe sich durch Entnahmen wegen ihrer Tantiemeansprüche befriedigt, ist unvereinbar mit der Tatsache, daß Tantiemerückstellungen in voller Höhe in den Bilanzen ausgewiesen worden sind.
Der Abzug von Gehalts- oder Lohnzahlungen an Ehegatten als Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EstG) setzt nach ständiger Rechtsprechung des BFH weiterhin voraus, daß das Arbeitsverhältnis entsprechend den Vereinbarungen durchgeführt wird (BFH-Urteile vom 5. Dezember 1963 IV 98/63 S, BFHE 78, 335, BStBl III 1964, 131; vom 9. April 1968 I 157/65, BFHE 92, 281, BStBl II 1968, 524; vom 26. September 1968 IV 121/64, BFHE 94, 209, BStBl II 1969, 102; vom 22. März 1972 I R 152/70, BFHE 105, 351, BStBl II 1972, 614; vom 18. Juli 1972 VIII R 43/72, BFHE 106, 519, BStBl II 1972, 932; vom 16. Januar 1974 I R 176/72, BFHE 111, 319, BStBl II 1974, 294). Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Arbeitnehmerehegatte dem Arbeitgeberehegatten die Gehalts- oder Lohnbeträge wieder als Darlehen zur Verfügung stellen (BFH-Urteile vom 25. April 1968 VI R 140/66, BFHE 92, 101, BStBl II 1968, 494; vom 29. Juli 1971 VIII R 24/66, BFHE 103, 67, BStBl II 1971, 732; vom 30. Juni 1971 I R 30/69, BFHE 103, 328, BStBl II 1972, 112; vom 29. Februar 1972 VIII R 45/66, BFHE 105, 263, BStBl II 1972, 533). Diese Grundsätze sind für laufende Jahreszahlungen entwickelt worden. Sie gelten auch für Tantiemen, die Sondervergütungen im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses sind. Soweit die angeführte Rechtsprechung nach Abschluß des Arbeitsvertrages vom 21. Januar 1967 ergangen ist, beurteilt sie die seinerzeit bereits geltende Rechtslage. Im übrigen verschärft sie nicht, sondern klärt sie lediglich die Voraussetzungen, unter denen ein Ehegattenarbeitsverhältnis schon in der Vergangenheit anerkannt werden konnte (vgl. z. B. BFH-Urteil IV 98/63 S mit Nachweisen).
Zutreffend hat das FG angenommen, daß die Tantiemevereinbarung nicht durchgeführt worden ist und die Tantiemen daher nicht als Betriebsausgaben abgesetzt werden, bzw. für sie keine Rückstellungen gebildet werden konnten. Der Tantiemeanspruch der Ehefrau für das Jahr 1967 ist zwar noch innerhalb des im Vertrag vom 21. Januar 1967 genannten Zeitraums - also innerhalb eines Jahres nach Erstellung des Abschlusses - unter Vornahme des Lohnsteuerabzugs in ein Darlehen umgewandelt worden. Diese Darlehnsgewährung erfüllt indessen nicht die von der Rechtsprechung geforderten Voraussetzungen. Es fehlt an einer Zins- und Rückzahlungsvereinbarung (BFH-Urteile VIII R 24/66, VIII R 45/66). Soweit der Senat im Urteil I R 30/69 hinsichtlich der Darlehnsmodalitäten geringere Anforderungen gestellt hat, z. B. keine vorherige Zinsvereinbarung, betrifft dieses Urteil den Fall, daß die Bezüge zunächst tatsächlich ausgezahlt worden sind und dann erst ein Darlehen gegeben wird. Hier ist es nicht zu einer Auszahlung gekommen. Für diesen Fall schließt sich der Senat der Auffassung des VIII. Senats an, daß schon im Zeitpunkt der Umwandlung des Gehaltsanspruchs in einen Darlehnsanspruch eindeutige Vereinbarungen über die Verzinsung (Nichtverzinsung) und Rückzahlung vorliegen müssen. Die Behauptung des Klägers, er habe mit seiner Ehefrau die Rückzahlung innerhalb eines weiteren Jahres und eine Verzinsung von 5 % vereinbart, enthält neues tatsächliches Vorbringen, das in der Revisionsinstanz nicht mehr berücksichtigt werden kann (§ 118 Abs. 2 FGO). Hinsichtlich der Tantiemen für die Jahre 1968 und 1969 ist die Fälligkeitsvereinbarung nach eigener Einlassung des Klägers nicht durchgeführt worden. Der Streit des Klägers mit dem FA um die Berechtigung der Rückstellung entband ihn nicht von der Durchführung der Vereinbarung, die eine Voraussetzung für den Betriebsausgabenabzug ist.
Die Vorentscheidung beruht auf dem insoweit unstreitigen Sachverhalt. Es kommt nicht darauf an, ob der Betriebsprüfer und ihm folgend das FA in anderem Zusammenhang Unzutreffendes vorgetragen haben sollten. Daher ist auf die Verfahrensrüge nicht einzugehen.
Fundstellen
Haufe-Index 71417 |
BStBl II 1975, 579 |
BFHE 1975, 481 |