Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer
Leitsatz (amtlich)
Ein selbständiger Landwirt, der für eine Molkerei Milchfuhren mit seinem im übrigen in seiner Landwirtschaft beschäftigten Gespann ausführt, hat die Entgelte für die Milchfuhren als selbständiger Unternehmer im Rahmen seines landwirtschaftlichen Betriebs für sonstige Leistungen vereinnahmt. Er ist nicht als Angestellter der Molkerei anzusehen.
Normenkette
UStG § 1 Ziff. 1, § 2/2/1
Tatbestand
Der Beschwerdeführer (Bf.) ist selbständiger Landwirt und führt für eine Molkerei Milchfuhren mit seinem im übrigen in seiner Landwirtschaft beschäftigten Gespann aus. Das Finanzamt hat die von der Molkerei für die Milchfuhren gezahlten Entgelte der Umsatzsteuer unterworfen. Der Bf. hat insoweit seine Umsatzsteuerpflicht bestritten. Einspruch und Berufung blieben ohne Erfolg. Auch die Rechtsbeschwerde (Rb.), die das Finanzgericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen hat, ist nicht begründet.
Streitig ist allein die Frage, ob der Bf. die Entgelte für die Milchfuhren als selbständiger Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens für sonstige Leistungen vereinnahmt hat, oder ob er insoweit Angestellter der Molkerei ist. Der Bf. geht davon aus, daß er als Angestellter der Molkerei anzusehen sei; er folgert dies unter anderem daraus, daß das Entgelt nach Tagen bemessen sei, daß er weitgehend an die Weisungen der Molkerei gebunden sei, und daß in seinem landwirtschaftlichen Betrieb auch ohne die Milchfuhren zwei Pferde benötigt würden und nicht, wie die Vorentscheidung zu Unrecht annehme, die Haltung des zweiten Pferdes lediglich durch seine Tätigkeit als "Milchfuhrmann" bedingt sei.
Entscheidungsgründe
Demgegenüber läßt die Vorentscheidung einen Rechtsirrtum in der Beurteilung des Sachverhalts nicht erkennen. Zutreffend wird hier ausgeführt, daß die Fuhrleistungen, zu denen sich der Bf. vertraglich verpflichtet hat, als sonstige Leistungen im Sinne des § 1 Ziff. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) anzusehen sind, die im Rahmen des landwirtschaftlichen Betriebes ausgeführt werden. Für die Selbständigkeit des Bf. sprechen insbesondere folgende Umstände: Der Bf. braucht das Gespann nicht persönlich zu führen, es wird täglich auch nur etwa vier Stunden benötigt und kann selbst in dieser Zeit, soweit dadurch nicht der fristgerechte Transport und die Beschaffenheit der Milch leidet, auch noch zu anderen Beförderungen verwendet werden, die Molkerei selbst hat den Bf. als selbständigen Unternehmer angesehen, da sie weder Sozialversicherungsbeiträge noch Lohnsteuer einbehalten hat, wozu sie ohne Vorlage einer Lohnsteuerkarte verpflichtet gewesen wäre, und schließlich steht die Haltung des Gespanns im engsten Zusammenhange mit dem landwirtschaftlichen Betriebe, der die Futtergrundlage für die Pferde bildet und erst eine wirtschaftliche Ausnutzung der Gespannhaltung ermöglicht. Hierbei ist es nicht entscheidend, ob der Bf. das zweite Pferd, wie die Vorentscheidung meint, nur im Hinblick auf das Abfahren der Milch angeschafft hat, oder ob der landwirtschaftliche Betrieb von 14,88 ha Größe, wie unterstellt wird, ohnehin zwei Pferde benötigt; denn diese Frage hätte nur Bedeutung, wenn man schon in den Fuhrleistungen für sich eine gewerbliche Unternehmertätigkeit erblicken wollte. Dies hat jedoch die Vorentscheidung nicht angenommen; es kann dies auch dahingestellt bleiben, da keine entscheidenden Beweisanzeichen dafür sprechen, daß der Bf. derart in das Unternehmen der Molkerei eingegliedert ist, daß er den Weisungen des Unternehmens zu folgen verpflichtet ist (ß 2 Abs. 2 Ziff. 1 UStG). Diese Weisungen sind nicht derart, daß er sich dadurch in persönliche Abhängigkeit begeben hätte und in den Organismus der Molkerei nach Art eines Angestellten eingegliedert wäre. Auch nach dem Sachvortrage des Bf. handelt es sich um Bindungen wirtschaftlicher Art, die teils in der Natur der Sache liegen, teils überall da vorgeschrieben sind, wo ein wirtschaftlich Stärkerer mit einem wirtschaftlich Schwächeren in vertragliche Geschäftsbeziehungen tritt, und wie sie auch im Kleingewerbe durchaus üblich sind, ohne daß deshalb die Selbständigkeit des Verpflichteten angezweifelt werden könnte. Die Weisungen beschränken sich vielmehr auf solche Verpflichtungen des Landwirts, die den von der Molkerei erstrebten Erfolg sicherstellen sollen; sie lassen aber eine Regelung aller der Umstände, wie Urlaubsansprüche oder eine über den erfolgten Zweck hinausgehende Einschränkung der Bewegungsfreiheit des Landwirts, die für ein Angestelltenverhältnis entscheidend wären, vermissen; sie bürden vielmehr, wie auch aus dem von dem Bf. überreichten Vertrag einer anderen Molkerei hervorgeht, das Risiko des Transports dem Landwirt auf. Würden nach alledem die getroffenen Vereinbarungen noch einen Zweifel an der Selbständigkeit des Bf. bestehen lassen, so würde die Verkehrsauffassung nach der Gesamtheit seiner persönlichen und wirtschaftlichen Stellung eindeutig ein Angestelltenverhältnis verneinen. Auch insoweit lassen die Ausführungen der Vorinstanz einen Rechtsirrtum nicht erkennen. Der Bf. ist hiernach zu Recht mit seinen Entgelten aus Fuhrleistungen zur Umsatzsteuer herangezogen worden. Die Rechtsbeschwerde war deshalb mit der Kostenfolge des § 307 der Reichsabgabenordnung als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 407512 |
BStBl III 1953, 21 |
BFHE 1954, 58 |
BFHE 57, 58 |