Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer
Leitsatz (amtlich)
Bei der Ermittlung des Steuerwerts ausgleichsteuerbarer Bücher, die ein Verlagsunternehmen im Inland verlegt, aber im Ausland durch Druckereien auf Grund von Werklieferungsverträgen herstellen läßt, können nur die Material-, Druck- und Vervielfältigungskosten der ausländischen Druckereien berücksichtigt werden.
Normenkette
UStG § 1 Ziff. 3, § 6/1, § 1/1/3, § 11
Tatbestand
Streit besteht über den für die Berechnung der Ausgleichsteuer maßgebenden Wert von Büchern, die ein inländisches Verlagsunternehmen (Beschwerdegegnerin - Bgin. -) in holländischen Druckereien, die selbst alle Materialien stellten, drucken und binden ließ. Das Eingangszollamt legte der Berechnung der Umsatzausgleichsteuer zunächst nur entsprechend den von den holländischen Druckereien ausgestellten Rechnungen die ausländischen Materialien-, Druck- und sonstigen Herstellungskosten zugrunde, forderte dann aber unter Abänderung seiner ursprünglichen Steuerbescheide in nichtverjährter Zeit Steuerbeträge nach, wobei es den Wert der eingeführten Bücher auf 40 v. H. des jeweiligen Kleinverkaufspreises (Ladenpreis) festsetzte. Die Sprungberufung der Bgin. gegen die neuen zollamtlichen Steuerbescheide hatte Erfolg. Nach der Auffassung des Finanzgerichts können als steuerbarer Warenwert nur die im Ausland angefallenen Material- und Herstellungskosten der Bücher, nicht aber ein Hundertsatz der inländischen Kleinverkaufspreise in Ansatz gebracht werden.
In seiner Rechtsbeschwerde macht der Vorsteher des Hauptzollamts unrichtige Anwendung des bestehenden Rechts geltend. Er hält die zollamtliche Wertberechnung der verkaufsfertig eingeführten Bücher nach den Bestimmungen des Zolltarifgesetzes (ZTG), der Wertzollordnung (WertZO) und des Brüsseler Abkommens über den Zollwert für rechtlich begründet. Auch der Bundesminister der Finanzen, der dem Verfahren beigetreten ist, vertritt die Ansicht, daß im Streitfalle der Wertbemessung der Bücher nicht nur das tatsächliche Entgelt für den im Ausland durchgeführten Werklieferungsvertrag zugrunde gelegt werden könne, sondern dabei entsprechend der gesetzlich verankerten Begriffsbestimmung des Normalpreises alle Wertelemente berücksichtigt werden müssen, die sonst bei der Einfuhr im Ausland verlegter Bücher deren Kaufpreis beeinflussen würden.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde des Vorstehers des Hauptzollamts kann keinen Erfolg haben.
Die von der Bgin. eingeführten gedruckten und gebundenen Bücher sind nach der Tarifnr. 4901 - B - 2 des Zolltarifs zollfrei. Nach § 1 Ziff. 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1951 unterliegt die Einfuhr von Gegenständen der Umsatzsteuer in Form der Ausgleichsteuer, soweit nicht § 4 Ziff. 1 UStG Steuerbefreiungen vorsieht. Da im Streitfalle keiner dieser Steuerbefreiungstatbestände vorliegt, sind die eingeführten Bücher ausgleichsteuerbar. Nach § 6 Abs. 1 Sätze 1 und 2 UStG 1951 in der Fassung des Gesetzes zur änderung des Umsatzsteuergesetzes vom 14. November 1951 (Bundesgesetzblatt - BGBl - I S. 885, Bundeszollblatt - BZBl - S. 565) und § 4 Abs. 1 Sätze 1 und 2 der Ausgleichsteuerordnung (AStO) vom 8. Oktober 1952 wird die Ausgleichsteuer nach dem Wert der eingeführten Gegenstände bemessen, der nach den Vorschriften über die Wertverzollung (§§ 5 bis 11 ZTG und §§ 1 bis 26 WertZO) zu ermitteln ist. Die Ausgleichsteuer beträgt im Streitfalle 4 v. H. des Wertes (ß 7 Abs. 4 Satz 1 UStG 1951 in der Fassung des erwähnten änderungsgesetzes und § 5 Abs. 1 AStO 1952).
Bemessungsgrundlage für die Wertberechnung der ausgleichsteuerbaren Bücher ist mithin nach den auf die Ausgleichsteuer anzuwendenden Vorschriften der §§ 5 und 6 ZTG und des § 1 WertZO der Normalpreis. Dieser bestimmt sich nach dem Preis, der für die eingeführten Bücher bei einem Verkauf zum freien Marktpreis zwischen unabhängigen Verkäufern und Käufern im Zeitpunkt der Abfertigung zum freien Verkehr (ß 58 des Zollgesetzes - ZG -) unter Berücksichtigung der handelsmäßigen Umstände des Kaufgeschäftes (ß 1 Abs. 2 WertZO) erzielt werden kann. Der Normalpreis ist demnach kein tatsächlicher Preis, sondern ein auf gewissen Grundbedingungen aufgebauter, genormter oder gedachter Preis. Dies ergibt sich auch aus der Begriffsbestimmung des Normalpreises im Art. I der Anlage I zu dem Brüsseler Abkommen über den Zollwert vom 15. Dezember 1950, das für die Bundesrepublik verbindlich ist (vgl. Gesetz über internationale Vereinbarungen auf dem Gebiete des Zollwesens vom 17. Dezember 1951, BGBl 1952 II S. 1 ff. und Bekanntmachung über das Inkrafttreten von internationalen Vereinbarungen auf dem Gebiete des Zollwesens vom 7. Juli 1953, BGBl 1953 II S. 256) und das als Grundlage für die Fassung des Art. II ZTG vom 16. August 1951 gedient hat. Der Normalpreis als gedachter Preis ist mithin zwar unabhängig von dem der Einfuhr der Ware zugrunde liegenden Rechtsgeschäft (Kauf, Tausch, Leihe, Schenkung usw.), bei seiner Ermittlung müssen aber, da er ein individueller Preis ist, nach der Bestimmung des § 1 Abs. 2 WertZO, den § 6 Abs. 1 Satz 2 UStG ausdrücklich für anwendbar erklärt, die handelsmäßigen Umstände des Einfuhrgeschäftes berücksichtigt werden.
Im Streitfalle hat die Bgin. die von ihr zur Abfertigung gestellten Bücher auf Grund des ihr von den Autoren eingeräumten Verlagsrechtes durch holländische Druckereien aus von diesen beschafften Materialien herstellen und drucken lassen. Wegen dieser handelsmäßigen Umstände kann der Normalpreis der im Inland verlegten, im Ausland nur gedruckten und gebundenen Bücher nicht dem Normalpreis von Büchern gleichgestellt werden, die im Ausland verlegt, gedruckt und gebunden sind und die auf Grund eines gewöhnlichen Kaufs in das Zollinland eingeführt werden. Es können deshalb im Streitfalle bei der Ermittlung des Normalpreises nur die Herstellungskosten (Material-, Druck- und Vervielfältigungskosten) berücksichtigt werden, die in den Rechnungspreisen der ausländischen Druckereien ausgewiesen sind. Da diese Kosten sich in den Grenzen handelsüblicher Herstellungskosten halten, insbesondere keine außergewöhnliche Preissenkung festgestellt werden kann, können im Streitfalle die Rechnungspreise als Normalpreis gemäß § 7 ZTG angesehen werden.
Eine andere Auslegung der Vorschriften des Wertzollrechts würde, worauf die Bgin. schriftlich und in der mündlichen Verhandlung mit Recht hinwies, dazu führen, daß sie als inländischer Verleger mit inländischen Buchhändlern, die im Ausland verlegte Bücher einführen, auf die gleiche Handelsstufe gestellt und ihr Einfuhrgeschäft mit vielfach sehr beträchtlichen Kostenelementen belastet würde, die sie auf Grund ihrer Verpflichtungen aus dem Verlagsvertrag erst bei der Verbreitung der Bücher auf dem allgemeinen Buchmarkt und bei den sonstigen Aufgaben als inländischer Verleger nach der Einfuhr der Bücher zu tragen hat. Der Verlagsvertrag verpflichtet den Verleger dem Autor gegenüber auf der einen Seite zur Herstellung und Vervielfältigung des Buches - im Streitfalle bediente sich die Bgin. hierbei der ausländischen Druckereien als Erfüllungsgehilfe -, auf der anderen Seite zur Verbreitung des gedruckten Werkes. Nach Ansicht des erkennenden Senats stellen auch diese unterschiedlichen Verpflichtungen voneinander unabhängige Handelsgeschäfte auf verschiedener Handelsstufe dar, die bei der Festsetzung des Normalpreises nach § 1 Abs. 2 WertZO berücksichtigt werden müssen. Eine Einbeziehung der Autorenhonorare und anderer Verlagskosten in den Steuerwert ist daher im Streitfalle rechtlich nicht möglich. Dem steht auch § 6 Abs. 4 ZTG nicht entgegen. Die wertzollrechtliche Berücksichtigung der dort genannten Rechte, zu denen auch das Verlagsrecht zählt, setzt nach dem Sinne und Zweck dieser Vorschrift voraus, daß Waren eingeführt werden, die im Zeitpunkt der Einfuhr mit dem Werte des Rechtes verbunden sind. Das trifft aber im Streitfalle nicht zu, da mit der Lieferung der Bücher durch holländische Druckereien ein wesentlicher Teil des Verlagsrechtes, nämlich das Verbreitungsrecht, nicht verbunden war und mithin auch nicht übertragen werden konnte.
Demgemäß war die Rechtsbeschwerde des Vorstehers des Hauptzollamts als unbegründet zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten und über die Feststellung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf §§ 309, 320 der Reichsabgabenordnung.
Fundstellen
BStBl III 1957, 62 |
BFHE 64, 164 |
StRK, UStG:1/3 R 3 |