Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang der steuerfreien Entnahme des zur Wohnung gehörenden Grund und Bodens bei der Abwahl der Nutzungswertbesteuerung durch einen Landwirt
Leitsatz (amtlich)
Für die Bestimmung des zur Wohnung gehörenden Grund und Bodens, der bei der Abwahl der Nutzungswertbesteuerung gemäß § 52 Abs. 15 EStG a.F. steuerfrei entnommen werden kann, ist auf den bis zum Entnahmezeitpunkt bestehenden Nutzungs- und Funktionszusammenhang abzustellen. Der Nutzungs- und Funktionszusammenhang bestimmt sich nach der tatsächlichen Nutzung sowie den tatsächlichen gegendüblichen Verhältnissen im Entnahmezeitpunkt. Auf eine zukünftige andere Zweckbestimmung nach diesem Zeitpunkt kommt es demgegenüber nicht an (Aufgabe der Rechtsprechung des Senats im Urteil vom 24. Oktober 1996 IV R 43/95, BFHE 181, 333, BStBl II 1997, 50).
Der Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit der Wohnung ist auch dann bereits im Zeitpunkt der Abwahl der Nutzungswertbesteuerung gelöst, wenn die Nutzungsänderung der Grundstücksfläche tatsächlich erst nach dem Abwahlzeitpunkt erfolgt, die Kausalkette für die spätere Nutzungsänderung indes schon vor dem Abwahlzeitpunkt unwiderruflich in Gang gesetzt worden ist.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1 S. 2, § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 1, § 13 Abs. 1, 2 Nr. 2, § 52 Abs. 15 Sätze 3-7; AO § 118
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Streitig ist, ob im Zusammenhang mit der steuerfreien Entnahme einer Betriebswohnung auch ein als Hausgarten genutzter Grundstücksteil von 2 000 qm steuerfrei entnommen werden kann.
Die verheirateten Kläger und Revisionskläger (Kläger) werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger betreibt als Einzelunternehmer einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb.
Mit Schreiben vom 29. Dezember 1992 teilte der Kläger dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) mit, dass er aus seinem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb das Wohnhaus mit Garage und Umgriff sowie den bäuerlichen Nutzgarten (Teilfläche des Flurstücks 732) zum 31. Dezember 1992 gemäß § 52 Abs. 15 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfrei entnehmen werde.
Nach Prüfung der örtlichen Gegebenheiten durch den amtlichen landwirtschaftlichen Sachverständigen (alS) teilte das FA dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 10. Februar 1993 mit, dass gemäß dem Antrag vom 29. Dezember 1992 das landwirtschaftliche Wohnhaus einschließlich des zugehörenden Grund und Bodens von 3 500 qm als steuerfrei entnommen gelte.
Die Einkommensteuer-Veranlagungen für die Streitjahre (1992 und 1993) wurden entsprechend durchgeführt. Für 1993 ergab sich ein negativer Gesamtbetrag der Einkünfte. Da der Verlust in das Jahr 1991 zurückgetragen wurde, erging zugleich ein Negativbescheid über die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zum 31. Dezember 1993.
Bereits am 8. August 1991 hatte der Kläger mit der A-GmbH einen Mietvertrag über eine Grundstücksteilfläche von 2 000 qm (im Weiteren Grundstück) geschlossen. Diese Fläche lag ausschließlich auf dem Grundstücksteil, der von den Klägern als Hausgarten in die Abwahl der Nutzungswertbesteuerung einbezogen worden war. Der A-GmbH wurde in dem Mietvertrag das Recht eingeräumt, das Grundstück für ihre gewerblichen Zwecke zu bebauen. Bezüglich der beabsichtigten Bebauung war es Sache der A-GmbH, sich um die erforderliche Baugenehmigung zu bemühen. Im Hinblick darauf enthielt der Vertrag die Regelung, wonach der Vermieter zur Besitzüberlassung und der Mieter zur Mietzinszahlung hinsichtlich des Grundstücks erst ab dem ersten Tag des fünften Monats nach Eintritt der Bestandskraft der Baugenehmigung verpflichtet sind. Daneben enthielt der Vertrag die Klausel, dass sämtliche Vereinbarungen über das Grundstück entfallen, wenn die Baugenehmigung nicht bis zum 31. Dezember 1995 erteilt wird. Nach Erteilung der Baugenehmigung wurden die Leistungspflichten aus dem Mietvertrag am 2. Mai 1994 aufgenommen.
Nachdem das FA im Rahmen einer Außenprüfung von dem Mietvertrag erfuhr, verneinte es die Steuerfreiheit der Entnahme des Grundstücks und erfasste mit Änderungsbescheiden gestützt auf § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) betreffend die Streitjahre einen Entnahmegewinn in Höhe von 200 000 DM (2 000 qm à 200 DM abzüglich Buchwert 200 000 DM). Gleichzeitig hob es den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs auf.
Die dagegen nach durchgeführtem Vorverfahren erhobene Klage hatte keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) stützte seine Entscheidung im Wesentlichen auf die Senatsentscheidung vom 24. Oktober 1996 IV R 43/95 (BFHE 181, 333, BStBl II 1997, 50) und führte aus, die streitige Fläche sei bereits vor dem Entnahmezeitpunkt wegen der verbindlichen Zweckbestimmung, der Nutzung und Bebauung durch den künftigen Mieter, nicht mehr als zur Wohnung gehörender Grund und Boden zu beurteilen. Dem stehe auch die Bestätigung der steuerfreien Entnahme durch das FA nicht entgegen, weil darin kein Verwaltungsakt zu erblicken sei. Im Übrigen hätte das FA einen solchen gemäß § 130 Abs. 2 Nr. 3 AO widerrufen können, da dem FA die Vereinbarung mit der A-GmbH nicht bekannt gewesen sei.
Dagegen richtet sich die Revision der Kläger, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügen.
Mit § 52 Abs. 15 EStG a.F. habe erreicht werden sollen, dass die Wirtschaftsgüter, die eigentlich notwendiges Privatvermögen gewesen und nur aufgrund der gesetzlichen Anordnung in den §§ 13 Abs. 2 Nr. 2 bzw. 13a Abs. 3 Nr. 4 und Abs. 7 EStG a.F. als Betriebsvermögen behandelt worden seien, nunmehr auch an den Folgen der Aufhebung dieser gesetzlichen Anordnung teilnehmen sollten. Im Ergebnis habe der Gesetzgeber die Land- und Forstwirte so stellen wollen, als habe es die gesetzliche Anordnung der Erfassung der Wohnung und des dazugehörenden Grund und Bodens im Betriebsvermögen nie gegeben. Mit dem Übergang von der Nutzungswertbesteuerung zu der so genannten Konsumgutlösung sei keineswegs die Absicht verbunden gewesen, stille Reserven einer Besteuerung zuzuführen. Nicht zuletzt aus Gründen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung habe der Gesetzgeber beschlossen, die Wohnung samt Umgriff zwingend dem notwendigen Privatvermögen zuzuordnen. Ein etwaiger Entnahmegewinn habe dabei jedoch steuerfrei bleiben sollen.
Demgegenüber stelle das FG zu Unrecht auf die zukünftige Nutzung des Wohnhauses samt dem dazugehörigen Grund und Boden ab.
Einer Änderung der ursprünglichen Steuerbescheide stehe auch das Schreiben des FA vom 10. Februar 1993 entgegen. Dabei handele es sich um einen Verwaltungsakt gemäß § 118 Satz 1 AO. Ein Widerruf dieses Verwaltungsaktes könne nicht darauf gestützt werden, dass unvollständige Angaben gemacht worden seien. Denn der Vorvertrag habe für die Zuordnung der Wohnung samt Umgriff keinerlei rechtliche Konsequenzen gehabt. Auch sei zu keinem Zeitpunkt nach der künftigen Nutzung des betreffenden Grundstücks gefragt worden.
Die Kläger beantragen, die Vorentscheidung aufzuheben und die Einkommensteuerbescheide 1992 und 1993 sowie den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 1993 jeweils vom 17. März 1998, sämtlichst in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. August 2000 dahin abzuändern, dass ein Entnahmegewinn in Höhe von 200 000 DM im Zusammenhang mit der Abwahl der Nutzungswertbesteuerung nicht in Ansatz gebracht wird und die Verrechnung des Verlustes des Jahres 1993, wie erklärt, wieder vorgenommen wird.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision der Kläger ist begründet. Das angefochtene Urteil wird aufgehoben. Die Einkommensteuerbescheide 1992 und 1993 sind dahin zu ändern, dass ein Gewinn aus der Entnahme des vermieteten Grundstücks (2 000 qm) nicht anzusetzen ist (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, dass die von dem Kläger vermietete Grundstücksfläche nicht als dazugehörender Grund und Boden in die Abwahl der Nutzungswertbesteuerung einbezogen werden konnte. Die Grundstücksfläche ist jedoch nicht steuerpflichtig entnommen worden. Sie ist vielmehr land- und forstwirtschaftliches Betriebsvermögen geblieben.
1. Mit der nach § 52 Abs. 15 Satz 4 EStG a.F. zulässigen Abwahl der Nutzungswertbesteuerung der Wohnung, spätestens zum 31. Dezember 1998, galten das Wohnhaus des Klägers sowie der dazugehörende Grund und Boden zu dem Zeitpunkt als entnommen, bis zu dem § 13 Abs. 2 Nr. 2 oder § 13a Abs. 3 Nr. 4 und Abs. 7 EStG a.F. letztmals angewendet wurden (§ 52 Abs. 15 Satz 6 EStG a.F.).
Im Streitfall gehörte der Nutzungswert der Wohnung nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 EStG a.F. zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft. Zwischen den Beteiligten besteht Einigkeit darüber, dass der Kläger die Nutzungswertbesteuerung zum 31. Dezember 1992 abgewählt hat. In Bezug auf das Wohnhaus selbst, die bebaute Grundstücksfläche sowie den unmittelbar angrenzenden Garten von insgesamt 1 200 qm und eine weitere Teilfläche von 300 qm, einer insgesamt 2 300 qm großen, als Hausgarten genutzten Grundstücksfläche hat das FA deshalb auch die zutreffenden Folgerungen aus der Entnahmefiktion des § 52 Abs. 15 Satz 6 EStG a.F. gezogen und den darauf entfallenden Entnahmegewinn außer Ansatz gelassen (§ 52 Abs. 15 Satz 7 EStG a.F.). Streitig blieb danach allein, ob nicht auch der restliche Teil des ehemaligen Hausgartens von 2 000 qm als zu der Wohnung dazugehörender Grund und Boden i.S. von § 52 Abs. 15 Satz 6 EStG a.F. anzusehen ist.
2. Zur Bestimmung des "dazugehörenden Grund und Bodens" hat der erkennende Senat auf den bis zur Abwahl der Nutzungswertbesteuerung bestehenden Nutzungs- und Funktionszusammenhang einer Fläche mit der begünstigten Wohnung abgestellt und den Umfang dieser Fläche auch nach der für die künftige Wohnungsnutzung vorgesehenen Zweckbestimmung bemessen (Senatsurteil in BFHE 181, 333, BStBl II 1997, 50). Dieser Auslegung ist die Finanzverwaltung (s. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 4. Juni 1997 IV B 9 -S 2135- 7/97, BStBl I 1997, 630, zu Tz. 4) ebenso wie der X. Senat des Bundesfinanzhofs --BFH-- (Urteil vom 20. August 1997 X R 127/94, BFHE 184, 322, BStBl II 1998, 17, für die gleichlautende Formulierung in § 10e Abs. 1 EStG) gefolgt. An dieser grundlegenden Auslegung hat der Senat auch in mehreren Folgeentscheidungen festgehalten und sie teilweise fortentwickelt (vgl. u.a. BFH-Urteile vom 26. September 2001 IV R 22/00, BFHE 196, 559, BStBl II 2001, 762, sowie IV R 31/00, BFHE 197, 37, BStBl II 2002, 78; vom 12. September 2002 IV R 66/00, BFHE 199, 572, BStBl II 2002, 815; vom 23. Januar 2003 IV R 64/01, BFH/NV 2003, 904; vom 11. Dezember 2003 IV R 7/02, BFHE 204, 206, BStBl II 2004, 277, und vom 24. Februar 2005 IV R 39/03, BFH/NV 2005, 1273).
a) Den Nutzungs- und Funktionszusammenhang eines als Hausgarten genutzten Grundstücksteils mit der begünstigten Wohnung hat der Senat in dem Fall nicht mehr als gegeben angesehen, in dem bereits zu einem Zeitpunkt, der noch vor dem Inkrafttreten der Übergangsregelung des § 52 Abs. 15 EStG a.F. lag, ein Teil der Grundstücksfläche zwecks Bildung eines separaten Baugrundstücks von dem bisher einheitlichen Wohngrundstück abgetrennt worden war. Da durch die von dem Steuerpflichtigen aktiv herbeigeführte Grundstücksteilung ein verkehrsfähiges und selbständig bebaubares Grundstück entstanden war und zudem der verbliebene Grundstücksteil noch der für Wohngebäude üblichen Größe entsprach, maß der Senat dem Umstand keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu, dass das Grundstück sowohl vor als auch nach der Entnahme noch als Hausgarten genutzt worden war (Senatsurteil in BFHE 181, 333, BStBl II 1997, 50).
b) Andererseits hat der Senat den Nutzungs- und Funktionszusammenhang nicht von dem engen räumlichen Zusammenhang der Gartenflächen mit dem Wohngebäude abhängig gemacht. In seinem Urteil in BFHE 197, 37, BStBl II 2002, 78 hat der Senat auch eine etwa 400 m vom Hofgrundstück entfernte und von diesem durch eine Straße getrennte und auf einem gesondert parzellierten Grundstück gelegene Gartenfläche als zur Wohnung gehörenden Grund und Boden beurteilt, sofern diese vor und nach der Entnahme als Hausgarten genutzt wurde. Ebenso wenig hat der Senat den Nutzungs- und Funktionszusammenhang allein deshalb in Frage gestellt, weil das bisher als Hausgarten genutzte Grundstück nach dem öffentlichen Baurecht bebaubar war (Senatsurteil vom 20. November 2003 IV R 21/03, BFHE 204, 169, BStBl II 2004, 272).
c) Zur Bestimmung des Umfangs der Flächen, die noch in den Nutzungs- und Funktionszusammenhang einzubeziehen sind, hat der Senat jedoch nicht nur auf deren tatsächliche Nutzung im Entnahmezeitpunkt, sondern daneben auch auf die tatsächlichen gegendüblichen Verhältnisse landwirtschaftlicher Hausgärten abgestellt (vgl. u.a. Senatsurteile in BFHE 196, 559, BStBl II 2001, 762; in BFH/NV 2005, 1273, und in BFHE 204, 206, BStBl II 2004, 277, unter 2. der Gründe). Eine Begrenzung der steuerfreien Entnahme auf eine Gartenfläche von 1 000 qm (zusätzlich zu der bebauten Fläche) in Anlehnung an die bewertungsrechtliche Regelung in § 40 Abs. 3 Satz 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) hat der Senat daher abgelehnt (Senatsurteil in BFH/NV 2005, 1273, m.w.N. zur Rechtsprechung). Insoweit hat der Senat insbesondere den Gewohnheiten der ländlichen Bevölkerung Rechnung tragen wollen, sich in weit größerem Umfang selbst zu versorgen als dies bei auch auf dem Land lebenden Nichtlandwirten der Fall ist (Senatsurteil in BFHE 196, 559, BStBl II 2001, 762). Andererseits bedarf es der Begrenzung auf die orts- bzw. gegendüblichen landwirtschaftlichen Gärten, um dem Bestreben nach einer möglichst weitgehenden Steuerbefreiung entgegen zu wirken. Es kann nämlich nicht unberücksichtigt bleiben, dass es de facto kaum nachprüfbar und nachweisbar ist, ob eine als Haus- oder Obstgarten bezeichnete Fläche tatsächlich rein privat genutzt wird. Soweit die Fläche auch als Viehweide genutzt wird oder einen hohen Ertrag z.B. an Obst abwirft, der auch veräußert wird, scheidet eine Nutzung für Wohnzwecke aus.
d) Soweit der Senat zur Bestimmung des dazugehörenden Grund und Bodens auch auf die künftige für die Wohnnutzung vorgesehene Zweckbestimmung der Grundstücksflächen abgestellt hat (s. Senatsurteil in BFHE 181, 333, BStBl II 1997, 50), hält er daran nicht mehr fest. Die zukünftige andere Zweckbestimmung einer Grundstücksfläche, die bis zur Abwahl der Nutzungswertbesteuerung entsprechend den tatsächlichen gegendüblichen Verhältnissen als landwirtschaftlicher Haus- und/oder Obstgarten genutzt worden ist, rechtfertigt es grundsätzlich nicht, deren Zugehörigkeit zu der Wohnung i.S. des § 52 Abs. 15 Satz 6 EStG a.F. zu verneinen.
Bereits in der Entscheidung vom 6. November 2003 IV R 41/02 (BFHE 204, 444, BStBl II 2004, 419) hat der Senat ausgeführt, dass der zur Wohnung dazugehörende Grund und Boden aufgrund des einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhangs das rechtliche Schicksal der Wohnung teile. Dieser Nutzungs- und Funktionszusammenhang könne dann aber auch nicht durch eine Nutzungsänderung gelöst werden, die nachweislich erst nach dem für die Abwahl der Nutzungswertbesteuerung bestimmten Zeitpunkt vorgenommen und durch Umstände ausgelöst worden sei, die ebenfalls nach diesem Zeitpunkt eingetreten sind. Zur Begründung hat der Senat sodann in Abgrenzung von der Entscheidung in BFHE 181, 333, BStBl II 1997, 50 auf den Zweck der Übergangsregelung in § 52 Abs. 15 EStG a.F. hingewiesen. Danach hat der Gesetzgeber auf eine Besteuerung der stillen Reserven verzichtet, die durch die zwangsweise Zuordnung der Wohnung und --damit gleichzeitig auch-- des dazugehörenden Grund und Bodens zum notwendigen Betriebsvermögen in Folge der vorzunehmenden fiktiven betrieblichen Nutzungswertbesteuerung entstanden sind. Insoweit hat der Gesetzgeber die Entnahmegewinne in dem Umfang von der Steuer freigestellt, wie sie bei anderen Steuerpflichtigen, die die eigengenutzten Wohnungen im Privatvermögen hatten, ebenfalls nicht anfielen (ebenso Felsmann, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, A Rz 171i ff.; Kleeberg, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 13 Rz D 9; Leingärtner/ Kanzler, Besteuerung der Landwirte, Kap. 17, Rz 90 und 179). Aufgrund der rechtlichen Verknüpfung der Wohnung mit dem dazugehörenden Grund und Boden kann für die Bestimmung des Umfangs des zur Wohnung dazugehörenden Grund und Bodens i.S. von § 52 Abs. 15 Satz 6 EStG a.F. daher hinsichtlich der Nutzungsverhältnisse grundsätzlich nur auf den Zeitpunkt abgestellt werden, in dem die Wohnung durch die Abwahl der Nutzungswertbesteuerung aus dem Betriebsvermögen ausscheidet.
Eine andere Beurteilung ist indes gerechtfertigt, wenn eine Nutzungsänderung der Grundstücksfläche zwar tatsächlich erst nach dem Abwahlzeitpunkt erfolgt, die Kausalkette für die spätere Nutzungsänderung indes schon vor dem Abwahlzeitpunkt unwiderruflich in Gang gesetzt worden ist. Insoweit ist davon auszugehen, dass die Grundstücksfläche auch aus der Sicht des Steuerpflichtigen bereits vor dem Zeitpunkt der Abwahl der Nutzungswertbesteuerung aus dem Nutzungs- und Funktionszusammenhang gelöst worden ist. Eine steuerfreie Entnahme dieser Grundstücksfläche gemäß § 52 Abs. 15 Sätze 6 und 7 EStG a.F. scheidet mithin aus.
3. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das FG zu Recht entschieden, dass mit dem Tag des Abschlusses des Mietvertrags das Grundstück nicht mehr im Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit der Wohnung stand und daher zum Zeitpunkt der Abwahl der Nutzungswertbesteuerung nicht dazugehörender Grund und Boden i.S. des § 52 Abs. 15 Sätze 6 und 7 EStG a.F. war. Nach den Feststellungen des FG hat der Kläger den Mietvertrag mit der A-GmbH bereits am 8. August 1991 geschlossen.
Ungeachtet der erst von der Erteilung der Baugenehmigung abhängigen Durchführung des Mietvertrags hatte sich der Kläger damit bereits ab dem 8. August 1991 unwiderruflich und wirksam verpflichtet, das Grundstück für gewerbliche Zwecke zu überlassen. Mit dem Abschluss des Mietvertrags hat der Kläger mithin die Kausalkette für die spätere Nutzungsänderung, die erst mit der Besitzüberlassung an den Mieter am 2. Mai 1994 erfolgte, unwiderruflich in Gang gesetzt. Unabhängig von der tatsächlichen weiteren Nutzung der Grundstücksteilfläche bis zur Besitzüberlassung an den Mieter war mit dem Abschluss des Mietvertrags der Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit der Wohnnutzung bereits aufgehoben.
4. Die Steuerfreiheit des Entnahmegewinns hinsichtlich der streitigen Grundstücksteilfläche kann der Kläger auch nicht unter Berufung auf das Schreiben des FA vom 10. Februar 1993 erreichen.
Dabei kann der Senat dahinstehen lassen, ob das FA mit dem Schreiben eine verbindliche Regelung dahin treffen wollte, dass das streitgegenständliche Grundstück anlässlich der Abwahl der Nutzungswertbesteuerung zum 31. Dezember 1992 als steuerfrei entnommen gilt. Denn grundsätzlich wird über die Frage der Steuerfreiheit der Entnahme erst rechtsverbindlich in dem Veranlagungsverfahren mittels selbständig anfechtbaren Steuerbescheids (§ 155 Abs. 1 Satz 1 AO) entschieden. An eine vorherige abweichende und außerhalb des Veranlagungsverfahrens getroffene Entscheidung wäre das FA beim Erlass der streitigen Einkommensteuerbescheide nur dann gebunden, wenn dieser Entscheidung aufgrund einer gesetzlichen Regelung i.S. der §§ 171 Abs. 10 und 175 Abs. 1 AO (Grundlagenbescheid) eine Bindungswirkung zuerkannt würde. Eine Rechtsgrundlage für eine derartige Bindungswirkung ist aber nicht erkennbar.
Ebenso wenig kann sich aufgrund des Schreibens eine Bindungswirkung unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben ergeben. Zwar kann das FA im Einzelfall auch im Besteuerungsverfahren an eine vorherige Auskunft oder Zusage gebunden sein, wenn es dem Steuerpflichtigen zusagt, einen konkreten Sachverhalt bei der Besteuerung in einem bestimmten Sinn zu beurteilen. Voraussetzung für eine derartige Bindung ist allerdings u.a., dass der vom Steuerpflichtigen mitgeteilte Sachverhalt in allen wesentlichen Punkten richtig und vollständig dargestellt wurde (BFH-Urteil vom 13. Dezember 1989 X R 208/87, BFHE 159, 114, BStBl II 1990, 274). Daran fehlt es im Streitfall, da die Kläger das FA nicht über den abgeschlossenen Mietvertrag unterrichtet haben. Zudem können sich die Kläger auch deshalb nicht mit Erfolg auf fehlgeschlagenes oder enttäuschtes Vertrauen berufen, da sie den Inhalt des Schreibens selber nicht in der Steuererklärung und der eingereichten Bilanz nachvollzogen haben. So hatten die Kläger, wie sich den vorgelegten Akten entnehmen lässt, die Grundstücksentnahme zunächst in einem Umfang von 3 579 qm erklärt und entsprechend bilanziert, obwohl das Schreiben des FA ausdrücklich nur von 3 500 qm ausgegangen ist. Auf entsprechende Nachfrage des FA wurde zudem zunächst die Kenntnis einer entsprechenden Berechnung des alS bestritten und auch der Zugang eines "Bescheides" in Abrede gestellt.
5. Zu Unrecht ist das FG aber von einer steuerpflichtigen Entnahme der streitigen Restfläche ausgegangen, die nach seiner Auffassung kein zur Wohnung dazugehörender Grund und Boden i.S. des § 52 Abs. 15 Satz 6 EStG a.F. war. Eine solche Entnahme hat der Kläger nicht erklärt; er hat diese Fläche vielmehr in seine Erklärung zur Abwahl der Nutzungswertbesteuerung nach § 52 Abs. 15 Satz 4 EStG a.F. miteinbezogen. Eine derartige Erklärung ist aber mangels Entnahmewillens nicht als Entnahme gemäß §§ 4 Abs. 1 Satz 2, 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG zu werten. Die unzutreffend in die Abwahl der Nutzungswertbesteuerung einbezogene Fläche bleibt daher bis zu ihrer Veräußerung oder Entnahme land- und forstwirtschaftliches Betriebsvermögen (Senatsurteil in BFHE 204, 169, BStBl II 2004, 272, unter 2. der Gründe).
Auch die Vermietung des Klägers zum Zwecke der Bebauung durch den Mieter hat nicht zu einer Entnahme geführt. Denn dadurch wurden die Grundstücke nicht zu notwendigem Privatvermögen des Klägers. Mit der Besitzüberlassung an den Mieter kam es vielmehr zu einer Nutzungsänderung, die grundsätzlich nicht zu einer Entnahme kraft schlüssigen Verhaltens zwingt (Senatsurteil vom 22. August 2002 IV R 57/00, BFHE 200, 236, BStBl II 2003, 16, m.w.N. zur Rechtsprechung). Zwar kann die streitige Grundstücksfläche einer landwirtschaftlichen Nutzung nicht mehr zugeführt werden; dies ist aber unschädlich, da die Grundstücksfläche für den gesamten landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers nur eine geringe Bedeutung hat. Entsprechend hat der Senat im Fall der Bestellung einer Vielzahl von Erbbaurechten entschieden, dass eine endgültige Nutzungsänderung im Umfang von weniger als 10 % der landwirtschaftlichen Fläche selbst dann unschädlich ist, wenn die Erträge aus der Vermögensverwaltung überwiegen (BFH-Urteil vom 10. Dezember 1992 IV R 115/91, BFHE 170, 141, BStBl II 1993, 342). Aus denselben Erwägungen hat der Senat das Vorliegen einer Zwangsentnahme in einem Fall verneint, in dem ursprünglich land- und forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke mit Einfamilienhäusern bebaut und anschließend an betriebsfremde Personen vermietet worden sind, die von der Nutzungsänderung erfasste Fläche aber gegenüber der Gesamtfläche des Betriebs von geringer Bedeutung war (Senatsurteil in BFHE 200, 236, BStBl II 2003, 16). Diese Grundsätze wendet der Senat auch im Streitfall an. Der Kläger betreibt seinen landwirtschaftlichen Betrieb auf einer Gesamtfläche von 198 ha (davon ca. 130 ha zugepachtete Fläche). Die im Streit stehende Fläche von 2 000 qm ist demgegenüber nur von geringer Bedeutung.
6. Da das FG von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, war die Entscheidung aufzuheben (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Die Einkommensteuer für die Streitjahre ist unter Außerachtlassung des Entnahmegewinns in Höhe von 200 000 DM entsprechend niedriger festzusetzen. Die Berechnung der Steuer wird dem FA übertragen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO). Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass der von den Klägern begehrte Verlustrücktrag in den Veranlagungszeitraum 1991 gemäß § 10d EStG in der bis zum Veranlagungszeitraum 1993 geltenden Fassung von dem FA von Amts wegen durchzuführen ist. Der diesbezügliche Antrag ist daher gegenstandslos.
Fundstellen
Haufe-Index 2002100 |
BFH/NV 2008, 1246 |
BStBl II 2008, 707 |
BFHE 2009, 112 |
BFHE 221, 112 |
BB 2008, 1423 |
DB 2008, 1409 |
DStRE 2008, 1052 |
HFR 2008, 798 |
FR 2008, 1075 |
NWB 2008, 2318 |
EStB 2008, 240 |
StuB 2008, 485 |
ZAP 2008, 1083 |
KÖSDI 2008, 16085 |
NWB direkt 2008, 4 |
StX 2008, 386 |
SJ 2008, 22 |
StB 2008, 269 |
stak 2008 |