Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern
Leitsatz (amtlich)
Zum Begriff der auf dem Grundstück ruhenden dauernden Lasten im Sinne des § 11 Abs. 2 Ziff. 2 Satz 2 GrEStG.
Normenkette
GrEStG § 11 Abs. 2 Ziff. 2
Tatbestand
Zur Erstellung eines Stauwerks erwarb die Beschwerdeführerin (Bfin.) durch notariell beurkundeten Vertrag vom 14. August 1952 von der Gemeinde X. und zahlreichen anderen Grundstückseigentümern Grundstücke und Grundstücksteile. Die zur Rechtsgültigkeit des Vertrages erforderlichen Genehmigungen wurden erteilt.
über die Höhe der Gegenleistungen, die für die Grundstücke an die jeweiligen Grundstückseigentümer gezahlt werden sollten, wurden im Abschnitt C Ziff. 2 des bezeichneten Vertrages eingehende Bestimmungen getroffen; danach sollten die Gegenleistungen von Fall zu Fall bei Beurkundung der Auflassungen festgesetzt werden. Darüber hinaus verpflichtete sich die Bfin. im Abschnitt C Ziff. 8 bis 14 des Vertrages zu verschiedenen Nebenleistungen allgemeiner Art. Streitig ist in dieser Instanz lediglich, ob die nachstehend angeführten Nebenleistungen der Gegenleistung zugerechnet werden können:
Zuschuß von 500.000 DM für die Errichtung der Kanalisation in der Gemeinde X.
Zuschuß von 300.000 DM für die Errichtung eines neuen Schulhauses in der Gemeinde X.
Kostenübernahme für die Errichtung einer Steinmauer statt der bisherigen Bretterwand am bestehenden Friedhof in Y. - später nicht errichtet -, sowie Zuschuß für die Errichtung eines neuen Friedhofes in der Gemeinde X. Als Kosten werden rd. 10.000 DM gerechnet.
Zuschuß von 250.000 DM an die zu gründende Flurbereinigungsgenossenschaft für Zwecke der Flurbereinigung und Melioration.
Das Finanzamt hat die bezeichneten Nebenleistungen als zur Gegenleistung gehörig angesehen und die Steuer entsprechend festgesetzt.
Einspruch und Berufung waren insoweit ohne Erfolg. Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) macht die Bfin. geltend, daß der Vertrag vom 14. August 1952 zwei grundsätzlich voneinander verschiedene Vertragsvereinbarungen enthalte. Davon seien alle Abmachungen mit der politischen Gemeinde X., soweit sie nicht als Grundstückseigentümer auftrete, rein öffentlich-rechtlicher und wasserrechtlicher Natur. Der andere Teil des Vertrages befasse sich ausschließlich mit der Regelung des Grundstückserwerbs, insbesondere mit der zu zahlenden Entschädigung; zu den Grundstückseigentümern gehöre auch die Gemeinde X. Die Abmachungen mit den Grundstückseigentümern seien nur dazu bestimmt, diesen die Sicherheit dafür zu geben, daß sie für die von ihnen abzutretenden Grundstücke und Grundstücksteile den richtigen Gegenwert erhalten.
Entscheidungsgründe
Die Rb. führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht.
Nach § 11 Abs. 2 Ziff. 2 Satz 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) gehören die auf dem Grundstück ruhenden dauernden Lasten nicht zur Gegenleistung. Dies gilt selbst, wenn die bereits bestehende dauernde Last vom Erwerber - hier von der Bfin. - durch Vertrag mit den Veräußerern ausdrücklich als vertragliche Verpflichtung übernommen wird. Die bezeichnete Vorschrift bezieht sich lediglich auf diejenigen Belastungen des Grundstücks, die beim Abschluß des Grundstücksgeschäfts bereits auf dem Grundstück ruhen und mit dinglicher Wirkung ohne besondere Abrede kraft Gesetzes auf den Erwerber übergehen.
Während das GrEStG 1919/1927 im § 12 Abs. 2 Satz 2 nur bestimmte, daß die gemeinen Lasten der Gegenleistung nicht hinzuzurechnen seien, hat das GrEStG 1940 diese Sonderregelung auf alle dauernden Lasten bezogen. Damit sind auch dauernde Lasten privatrechtlicher Art nicht zur Gegenleistung zu rechnen; siehe dazu die Urteile des Reichsfinanzhofs II A 529/31 vom 13. Oktober 1931 (Slg. Bd. 29 S. 348 Reichssteuerblatt - RStBl - 1932 S. 90) und II A 506/31 vom 12. April 1932 (Slg. Bd. 31 S. 243 RStBl 1932 S. 880), immerwährende Grunddienstbarkeiten betreffend.
Zu den dauernden Lasten öffentlich-rechtlicher Art, die unter die Vorschrift des § 11 Abs. 2 Satz 2 GrEStG fallen, gehören insbesondere Kirchen- und Schullasten sowie Kanalisationsabgaben. Auch Beiträge an öffentliche Meliorationsgenossenschaften oder andere einen gemeinnützigen Zweck verfolgende Körperschaften des öffentlichen Rechts können hierher gehören. Entscheidend sind die jeweils maßgeblichen Vorschriften des öffentlichen Rechts. Auf die Urteile des Reichsfinanzhofs II A 266/31 vom 5. Januar 1932 (Steuer und Wirtschaft - StuW - 1932 Nr. 668 = Mrozek-Kartei GrEStG 1919/1927 § 11 Rechtssprüche 72 und 73), II A 29/23 vom 20. Februar 1923 (Slg. Bd. 11 S. 314, RStBl 1923 S. 263) und II A 381/31 vom 19. April 1932 (StuW 1933 Nr. 59) sowie auf Ott, Handbuch des gesamten Grunderwerbsteuerrechts, 4. Auflage, 1936, Anm. 15 zu § 12 (S. 329, 330) wird Bezug genommen.
Im Streitfall kommt es somit darauf an, ob die Bfin. Lasten öffentlich-rechtlicher Art, die bereits mit dinglicher Wirkung auf den Grundstücken ruhten, noch einmal als privatrechtliche Verpflichtung übernommen hat. Vorsorglich sei bemerkt, daß Verpflichtungen, die den Grundstückseigentümer persönlich belasten, nicht unter die bezeichnete Vorschrift fallen, weil ihnen der Charakter der dinglichen Last fehlt. Außerdem gehören Verpflichtungen, die im Erwerbszeitpunkt bereits fällig sind, nicht zu den dauernden Lasten im Sinn der hier fraglichen Vorschrift. Ebenso bleiben Verpflichtungen unbeachtlich, die vor oder bei Erteilung einer etwaigen Bau- oder anderen Erlaubnis von dem Bauenden vertraglich übernommen werden, weil diese Verpflichtungen nicht unmittelbar auf Gesetz beruhen.
In der angefochtenen Entscheidung ist nicht geprüft, ob eine dauernde öffentliche Last vorliegt oder nicht.
Es ist erforderlich, an Hand der in Betracht kommenden Vorschriften des maßgeblichen Landes- und Gemeinderechts zu prüfen, ob im Erwerbszeitpunkt die der Bfin. schon gehörenden oder die von ihr neu erworbenen Grundstücke bereits in der oben bezeichneten Weise belastet waren. Dabei wird der Bfin. zugemutet werden müssen, die Vorschriften, aus denen nach ihrer Auffassung Belastungen der bezeichneten Art zu entnehmen sind, insbesondere die wasserrechtlichen Bestimmungen, genau anzugeben.
Die angefochtene Entscheidung war somit aufzuheben und die nicht spruchreife Sache zur weiteren Aufklärung und zur erneuten Entscheidung an das Finanzgericht zurückzuverweisen. Diesem war auch die Entscheidung über die Kosten der Rb. und die Feststellung des Wertes des Streitgegenstandes zu übertragen.
Fundstellen
Haufe-Index 409058 |
BStBl III 1958, 239 |
BFHE 1958, 623 |
BFHE 66, 623 |