Leitsatz (amtlich)
1. Zum Nachweis des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit für die Pauschsätze nach § 33a Abs. 6 EStG, § 65 EStDV.
2. Bei der Erwerbsfähigkeit, deren Grad der Minderung für die Höhe der Pauschsätze maßgebend ist, handelt es sich nicht um die Erwerbsfähigkeit für eine bestimmte Tätigkeit, sondern um die Erwerbsfähigkeit ganz allgemein.
Normenkette
EStG 1962 § 33a Abs. 6; EStDV § 65
Tatbestand
Bei den Veranlagungen des inzwischen verstorbenen Steuerpflichtigen und seiner Ehefrau zur Einkommensteuer für die Jahre 1956 bis 1961 hatte das FA wegen der Körperbehinderung der Ehefrau den Pauschbetrag für Körperbehinderte mit einer Erwerbsminderung von 70 v. H. gewährt. Beantragt waren zwar 100 v. H. Das FA, dem zum Nachweis der Körperbehinderung eine den Grad der Minderung nicht enthaltende Bescheinigung der Landesversicherungsanstalt (Abteilung Angestelltenversicherung) vom 15. Dezember 1953 vorgelegt worden war, hatte aber auf Anfrage von der Landesversicherungsanstalt die Auskunft erhalten, die Ehefrau sei seit August 1951 als berufsunfähig mit einer Erwerbsminderung von 70 v. H. befunden worden; bei späteren Nachuntersuchungen fehle die Angabe des Grades, weil nur noch festgestellt werde, ob eine Erwerbsminderung von mehr als 50 v. H. in der versicherungspflichtig ausgeübten Tätigkeit vorliege.
Bei der Einkommensteuer-Veranlagung 1962 setzte das FA wegen der Körperbehinderung der Ehefrau keinen Pauschbetrag an, weil der Ehemann der Aufforderung, den Nachweis der Körperbehinderung und ihres Ausmaßes durch einen amtlichen Ausweis zu führen, nicht nachgekommen sei. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
Die Klage hatte insofern Erfolg, als das FG bei der Ermittlung des Einkommens einen Pauschbetrag von 636 DM berücksichtigte. Es sah den Nachweis der Körperbehinderung insoweit als erbracht an, als eine Minderung von über 50 v. H. in Betracht komme.
Mit seiner Revision rügt das FA unrichtige Anwendung des bestehenden Rechts. Nach seiner Ansicht hat das FG den Begriff der Erwerbsminderung im Sinne des § 33a Abs. 6 EStG 1962 zu Unrecht mit den Begriffen "Berufsunfähigkeit" und "Erwerbsminderung" in Sachen des Angestelltenversicherungsrechts gleichgestellt.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision muß zur Aufhebung der Vorentscheidung führen.
Nach § 33a Abs. 6 Satz 1 EStG 1962 ist der Pauschbetrag für Körperbehinderte solchen Personen zu gewähren, "denen auf Grund ihrer Behinderung nach gesetzlichen Vorschriften Renten oder andere laufende Bezüge zustehen". Die Höhe des Pauschbetrags ist nach dieser Vorschrift durch Rechtsverordnung festzusetzen. Die Pauschbeträge sind, wie § 33a Abs. 6 Satz 2 EStG 1962 ausdrücklich betont, "nach dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu staffeln".
Dem FG ist zuzugeben, daß in § 33a Abs. 6 Satz 1 EStG 1960 von Personen gesprochen wird, "denen auf Grund gesetzlicher Vorschriften Beschädigtenversorgung zusteht". Hier sind Renten also nicht besonders angeführt. Man kann daraus aber - entgegen der Ansicht des FG - nicht folgern, daß der Kreis der Berechtigten hätte erweitert werden sollen. Auch für die Renten des § 33a Abs. 6 Satz 1 EStG 1962 ist Voraussetzung, daß sie auf Grund einer Behinderung des Berechtigten gewährt werden; hier wie dort besagt der zweite Satz der Vorschrift, daß die Pauschbeträge nach dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu staffeln seien.
Nach § 65 Abs. 3 EStDV 1961, der übrigens mit § 65 Abs. 3 EStDV 1960 übereinstimmt, ist der Nachweis der Körperbehinderung und ihres Ausmaßes in bestimmter Form zu erbringen. Wenn das Ausmaß aus dem vorzulegenden Bescheid nicht hervorgeht, ist eine Bescheinigung der zuständigen Behörde beizubringen; die Behörde hat bei der Bemessung "die Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Versorgungswesen zugrunde zu legen und dabei von dem Umfang der verbleibenden Arbeitsmöglichkeit im allgemeinen Erwerbsleben auszugehen".
Daß § 65 Abs. 3 EStDV 1960 sich im Rahmen der Ermächtigung des § 33a Abs. 6 EStG hält, hat der Senat in dem Urteil VI 313/64 vom 30. November 1966, (BFH 88, 407, BStBl III 1967, 457) bejaht. Wenn das FG anderer Ansicht ist, so scheint das insofern nicht ganz folgerichtig, als es auch selbst den Nachweis der Körperbehinderung und ihres Ausmaßes für erforderlich hält, aber im Gegensatz zu dem FA davon ausgeht, daß der Nachweis durch die Vorlage des Rentenbescheides jedenfalls geführt sei, soweit eine Minderung von mehr als 50 v. H. in Betracht komme. Hierbei hat das FG aber, wie das FA zutreffend ausführt, übersehen, daß nicht bloß § 65 Abs. 3 EStDV 1961, sondern auch § 33a Abs. 6 Satz 2 EStG 1962 (Staffelung nach dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit) von einem für alle betroffenen Personen einheitlichen Begriff der Erwerbsfähigkeit ausgeht. Es wäre in der Tat nicht recht verständlich und würde dem Gleichbehandlungssatz widersprechen, wenn der Grad der Minderung bei dem einen auf eine bestimmte Tätigkeit, bei dem anderen aber auf die Ausübung jeder Tätigkeit schlechthin bezogen würde.
Das angefochtene Urteil war danach aufzuheben. Die Sache ist, weil es noch der Feststellung des Grades der Erwerbsminderung bedarf, nicht spruchreif. Die Sache wird danach an das FG zur anderweitigen Entscheidung zurückverwiesen.
Fundstellen
BStBl II 1968, 606 |
BFHE 1968, 442 |