Leitsatz (amtlich)
Sind bei einer verschmelzenden Umwandlung nach dem Gesetz über die Umwandlung von Kapitalgesellschaften und bergrechtlichen Gewerkschaften vom 12. November 1956 (BStBl I 1957, 471) unter Passivierung der Vermögensabgabe die Buchwerte der Umwandlungsbilanz höher als der Buchwert der schwindenden Beteiligung bei der übernehmenden Gesellschaft, so darf diese nach § 4 Abs. 1 Satz 3 des Gesetzes über Steuererleichterungen bei der Umwandlung von Kapitalgesellschaften und bergrechtlichen Gewerkschaften vom 11. Oktober 1957 - UmwStG - (BStBl I 1957, 468) einen unmittelbaren Umwandlungsgewinn ausweisen, der nach § 5 UmwStG zu versteuern ist. Ein der passivierten Vermögensabgabe entsprechender Geschäftswert ist nicht zu aktivieren (vgl. BFH-Urteil I 85/65 vom 16. Oktober 1968, BFH 94, 228, BStBl II 1969, 147).
Normenkette
UmwStG § 4 Abs. 1, 3
Tatbestand
Die Revisionsklägerin (Steuerpflichtige), eine AG, besaß zum 31. Dezember 1958 ein Aktienpaket (91,06 v. H. des Grundkapitals) einer AG. Die Hauptversammlung der AG beschloß am 20. April 1959, daß das Vermögen gemäß §§ 15, 9 des Gesetzes über die Umwandlung von Kapitalgesellschaften und bergrechtlichen Gewerkschaften vom 12. November 1956 - UmwG - (BStBl I 1957, 471) mit allen Aktiven und Passiven unter Ausschluß der Liquidation und unter Zugrundelegung der Bilanz zum 31. Dezember 1958 auf die Steuerpflichtige als Hauptaktionärin übergehen sollte. Die Minderheitsaktionäre sollten zum Ausgleich des Wegfalls ihrer Beteiligung an der AG für jede Aktie zum Nennwert von 1 000 DM eine junge Aktie der Steuerpflichtigen zum gleichen Nennwert erhalten. Die verschmelzende Umwandlung erfolgte zum 1. Januar 1959.
Streitig ist die Höhe des anläßlich der Umwandlung angefallenen Umwandlungsgewinns der ersten Stufe. Die Steuerpflichtige und der Revisionsbeklagte (das FA) kommen hierbei zu unterschiedlichen Ergebnissen, weil das FA in der Umwandlungsbilanz zum Ausgleich der passivierten Vermögensabgabe einen Geschäftswert in Höhe von 30 v. H. des in der DM-Eröffnungsbilanz (DMEB) der umgewandelten AG ausgewiesenen Eigenkapitals aktivierte. Das FA stützte sich bei dieser Maßnahme auf das Urteil des BFH I 113/59 S vom 27. Juni 1960 (BFH 71, 274, BStBl III 1960, 351). Danach ist im Fall der verschmelzenden Umwandlung nach dem UmwStG (BStBl I 1957, 468) zwar der Zeitwert der Vermögensabgabe der umgewandelten Kapitalgesellschaft grundsätzlich als eine das übernommene Betriebsvermögen mindernde Verbindlichkeit zu berücksichtigen. Der im Wertansatz einer Beteiligung enthaltene Paketzuschlag ist aber bei der Umwandlung in der Bilanz des Übernehmers grundsätzlich als Geschäftswert zu aktivieren. Diese Voraussetzungen hielt das FA im Streitfall für gegeben, weil die Steuerpflichtige ihre Beteiligung an der AG in der DMEB nicht mit 70 v. H., sondern mit 100 v. H. des Eigenkapitals der AG bewertet hatte.
Gegen den in Form eines Geschäftswertes aktivierten Paketzuschlag bringt die Steuerpflichtige vor: Die Aktivierung eines Geschäftswertes nur in der Steuerbilanz verstoße gegen den Grundsatz der Bindung der Steuerbilanz an die Handelsbilanz. Außerdem sei nicht beachtet worden, daß auch steuerlich nur dann ein Geschäftswert aktiviert werden dürfe, wenn dieser derivativ entstanden sei. Aber selbst wenn man die Aktivierung eines Geschäftswerts für Rechtens ansehen wollte, um die Passivierung der Vermögensabgabe gewinneutral durchführen zu können, müsse wegen des inneren Zusammenhangs dieses Aktivum das Schicksal der Vermögensabgabe teilen und in dem Umfange abschreibbar sein, in dem auch die Vermögensabgabeschuld jährlich geringer werde. Andernfalls führe die jährliche Herabsetzung des Zeitwerts der Vermögensabgabe zu steuerlichen Erträgen, denen gleichhohe Aufwendungen nicht gegenüberstünden.
Das FG hat die Sprungberufung als unbegründet zurückgewiesen. Es hat sich dem BFH-Urteil I 113/59 S, a. a. O., angeschlossen und angenommen, daß sich die Vermögensabgabe auch im Umwandlungsfalle grundsätzlich erfolgsneutral auswirken soll.
Die Abschreibung des Geschäftswertes könne nur nach den allgemeinen Grundsätzen zugelassen werden. Es seien aber keine Anhaltspunkte ersichtlich, die eine Teilwertabschreibung wegen grundlegender Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse zulasse.
Gegen dieses Urteil hat die Steuerpflichtige Rechtsbeschwerde eingelegt, die nach § 184 Abs. 2 FGO als Revision zu behandeln ist.
Sie beantragt, aus dem Umwandlungsgewinn der ersten Stufe den durch die Betriebsprüfung aktivierten Geschäftswert in Höhe von 434 700 DM auszuscheiden und den Umwandlungsgewinn unter Berücksichtigung der darauf entfallenden halben Gewerbesteuer auf 401 915 DM festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision als unbbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Im Gegensatz zur Vorentscheidung hat der erkennende Senat im Urteil I 85/65 vom 16. Oktober 1968 (BFH 94, 228, BStBl II 1969, 147) ausgesprochen, daß der im Urteil I 113/59 S, a. a. O., für die Auslegung des § 45 des D-Markbilanzgesetzes vertretene Standpunkt, der Gesetzgeber habe eine erfolgsneutrale Auswirkung der Umwandlung sicherstellen wollen, für die Auslegung des UmwStG nicht gilt. Bei einer verschmelzenden Umwandlung, auf die die Vorschriften des UmwStG anzuwenden sind, darf die aufnehmende Gesellschaft die Vermögensabgabe der umgewandelten Gesellschaft als Betriebsschuld berücksichtigen, ohne in gleicher Höhe einen Geschäftswert zu aktivieren. Sind unter Passivierung der Vermögensabgabe die Buchwerte der Umwandlungsbilanz höher als der Buchwert der schwindenden Beteiligung, so gibt § 4 Abs. 1 Satz 3 UmwStG der übernehmenden Gesellschaft ein Wahlrecht, entweder die Summe der Buchwerte der Umwandlungsbilanz bis zum Buchwert der schwindenden Beteiligung abzustocken oder einen unmittelbaren Umwandlungsgewinn auszuweisen, der nach § 5 UmwStG zu versteuern ist. Die Steuerpflichtige ist den letzten Weg gegangen und hat den Umwandlungsgewinn zutreffend errechnet. Das FA hat wie die Steuerpflichtige den Zeitwert der Vermögensabgabe dem Gesetz entsprechend zum Abzug gebracht, entgegen dem Urteil des Senats I 85/65, a. a. O., aber einen Geschäftswert aktiviert. Auf die Begründung des Urteils I 85/65, a. a. O., wird im übrigen Bezug genommen.
Fundstellen
Haufe-Index 68532 |
BStBl II 1969, 422 |
BFHE 1969, 321 |