Leitsatz (amtlich)
Überläßt der Eigentümer den von ihm privat angeschafften PKW seinem Ehegatten unentgeltlich zur Nutzung in dessen Gewerbebetrieb, so erlangt der Ehegatte in der Regel kein einlagefähiges Nutzungsrecht an dem Wagen und kann daher keine AfA geltend machen (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 20. November 1980 IV R 117/79, BFHE 131, 516, BStBl II 1981, 68).
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr 1977 zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden. Der Ehemann war als angestellter Handelsvertreter tätig, während die Ehefrau einen Gewerbebetrieb unterhielt. Der Ehemann hat den von ihm privat angeschafften PKW, den er für seine berufliche Tätigkeit nicht benutzte, seiner Ehefrau zur überwiegenden Nutzung in deren Gewerbebetrieb unentgeltlich überlassen. Für das Streitjahr begehrten die Kläger den Ansatz der Absetzungen für Abnutzung (AfA) des PKW bei den gewerblichen Einkünften der Ehefrau. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) lehnte dies bei der Veranlagung ab, wogegen die Kläger Einspruch einlegten. Über den Einspruch ist noch nicht entschieden.
Zugleich beantragten die Kläger ohne Erfolg die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Einkommensteuerbescheids. Die Oberfinanzdirektion (OFD) gab der Beschwerde im Streitpunkt nicht statt.
Die in der Aussetzungssache erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, daß keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steuerbescheids bestünden (Entscheidungen der Finanzgerichte 1981, 78).
In ihrer Revision, die der erkennende Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat, rügen die Kläger Verletzung der §§ 4 und 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Sie machen geltend, daß das angefochtene FG-Urteil von mehreren Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) abweiche (Urteile vom 22. Januar 1980 VIII R 74/77, BFHE 129, 485, BStBl II 1980, 244; vom 20. November 1980 IV R 117/79, BFHE 131, 516, BStBl II 1981, 68). Sie beantragen, das angefochtene Urteil und die Beschwerdeentscheidung der OFD sowie die die Aussetzung der Vollziehung ablehnende Verfügung des FA aufzuheben und die Vollziehung des Einkommensteuerbescheids 1977 mit der Maßgabe auszusetzen, daß bei der Bemessung des zu versteuernden Einkommens Kraftfahrzeugkosten in Höhe von 4 599 DM als Betriebsausgaben anerkannt werden.
Das FA beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Das FG hat ohne Rechtsfehler die Entscheidung der Finanzbehörden gebilligt, die begehrte Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Einkommensteuerbescheids (§ 361 der Abgabenordnung - AO 1977 -) abzulehnen. Es hatte dabei die Sach- und Rechtslage, wie sie sich den Finanzbehörden darstellte, summarisch zu beurteilen.
Der Senat geht davon aus, daß auch bei Zusammenveranlagung von Ehegatten die Einkünfte der Eheleute nach den allgemeinen Grundsätzen getrennt ermittelt werden (BFH-Urteil vom 31. Oktober 1978 VIII R 196/77, BFHE 121, 168, BStBl II 1979, 401, mit weiteren Nachweisen). Hiernach kann der Kläger eine AfA nicht geltend machen, da er den PKW seiner Ehefrau, der Klägerin, unentgeltlich überlassen hat. Die Klägerin ihrerseits ist zur AfA nicht befugt, weil sie nicht wirtschaftliche Eigentümerin des PKW war.
Bei der Klägerin käme eine AfA nur hinsichtlich eines ihr zustehenden Nutzungsrechts in Betracht. Ein solches Nutzungsrecht könnte indes nur angenommen werden, wenn ihr der Kläger ein einlagefähiges Nutzungsrecht i. S. einer gesicherten Rechtsposition verschafft hätte (vgl. insbesondere BFHE 131, 516, BStBl II 1981, 68). Daran fehlte es hier, wie das FG zutreffend entschieden hat.
Für ihre Behauptung, daß die Klägerin eine solche Rechtsposition erlangt habe, können sich die Kläger nicht auf das Urteil in BFHE 131, 516, BStBl II 1981, 68 berufen. Dort ist allerdings ausgeführt, daß eine gesicherte Rechtsposition i. S. der ständigen Rechtsprechung der Ertragsteuersenate des BFH zur Anerkennung einlagefähiger Nutzungsrechte auch dann gegeben sein könne, wenn der Ehegatte im Hinblick auf seine aus §§ 1353 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) erwachsende eheliche Mitwirkungspflicht zu einem uneingeschränkten Entzug der unentgeltlichen Nutzungsbefugnis gegen den Willen des anderen Ehegatten nicht berechtigt ist. Der IV. Senat hat in dem dort entschiedenen Falle das Vorliegen dieser Voraussetzungen bejaht, nachdem der Kläger seine Nutzungsbefugnis mehrere Jahre hindurch unwidersprochen ausgeübt hatte. In jenem Falle handelte es sich um ein den Ehegatten je zur Hälfte gehörendes Einfamilienhaus, in welchem der Ehemann seine Arztpraxis betrieb. Dieser Sachverhalt kann mit der Überlassung eines PKW zur unentgeltlichen Nutzung an den Ehegatten nicht verglichen werden. Im Falle der Arztpraxis des Ehegatten geht es um ein Nutzungsrecht, welches die wirtschaftliche Existenzgrundlage berührt. Für die Beurteilung der Frage, ob die Pflicht der Ehegatten zur gegenseitigen Rücksichtnahme nach § 1353 BGB zur Folge hat, daß vermögensrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht werden dürfen, kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an (vgl. dazu Roth-Stielow in Das Bürgerliche Gesetzbuch, Kommentar, herausgegeben von Mitgliedern des Bundesgerichtshofs, 12. Aufl. 1981, Rdnr. 84 zu § 1353; Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 2b ff. zu § 1353). Wenn das FG in bezug auf die mögliche Entziehung der Nutzung eines PKW eine solche Rechtsposition des anderen Ehegatten verneint hat, ist dies eine Würdigung des Sachverhalts, die keinen Rechtsfehler erkennen läßt.
Fundstellen
Haufe-Index 74334 |
BStBl II 1982, 594 |
BFHE 1983, 118 |