Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer, Handelsrecht, Gesellschaftsrecht
Leitsatz (amtlich)
Die vom Vorstand und Aufsichtsrat einer Genossenschaft im Rahmen ihrer satzungsmäßigen Befugnis beschlossene Warenrückvergütung stellt eine abzugsfähige Betriebsschuld im Sinne des § 62 BewG dar, wenn durch den Beschluß ein Rechtsanspruch der Genossen auf Ausschüttung der Warenrückvergütung begründet und der Beschluß den Genossen noch vor dem Bewertungsstichtag bekanntgegeben worden ist.
Normenkette
BewG §§ 62, 103; GenG §§ 19, 48
Tatbestand
Streitig ist, ob bei der Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens der beschwerdeführenden Genossenschaft auf den 1. Januar 1957 der Abzug von Warenrückvergütungen für das Jahr 1956 zulässig ist.
Die Warenrückvergütungen, die vom Vorstand und Aufsichtsrat der Bfin. in einer gemeinsamen Sitzung vom 12. Dezember 1956 beschlossen worden sind, bestanden darin, daß den Mitgliedern der Genossenschaft für das Jahr 1956 Vergütungsansprüche in Höhe von 1,8 v. H. ihres Umsatzes mit der Genossenschaft eingeräumt wurden. Der Beschluß wurde den Mitgliedern der Genossenschaft durch ein Rundschreiben der Bfin. vom 13. Dezember 1956 mit folgendem Wortlaut bekanntgegeben:
"Aufsichtsrat und Vorstand haben in gemeinsamer Sitzung vom 12. Dezember 1956 beschlossen, den Mitgliedern für das Jahr 1956 einen unabdingbaren Anspruch auf eine Warenrückvergütung in Höhe von 1,8 % vom Umsatz einzuräumen."
Der Betrag der auf Grund des Beschlusses vom 12. Dezember 1956 zur Ausschüttung gelangte, belief sich auf X DM. Zusätzlich beschloß die Generalversammlung vom 27. Juni 1957 die Auszahlung einer weiteren Rückvergütung. Die Bfin. wies in der Steuerbilanz zum 31. Dezember 1956 und in ihrer Vermögensaufstellung vom 1. Januar 1957 den Gesamtbetrag in einem einzigen Posten als Verbindlichkeit aus Warenrückvergütungen aus.
Bei der Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens zum 1. Januar 1957 erkannte das Finanzamt diese in der Vermögensaufstellung ausgewiesene Verbindlichkeit aus Warenrückvergütungen nicht als abzugsfähige Betriebsschuld an.
Gegen den Feststellungsbescheid des Finanzamts hat die Bfin. Sprungberufung eingelegt. Die in der Sitzung vom 12. Dezember 1956 beschlossene Warenrückvergütung in Höhe von X DM müsse als abzugsfähige Betriebsschuld anerkannt werden. Zur Begründung ihrer Rechtsansicht führt sie folgendes aus: Nach § 38 ihres Status seien Vorstand und Aufsichtsrat in gemeinsamer Beschlußfassung berechtigt gewesen, den Genossen bereits vor Ablauf des Kalenderjahres einen Rechtsanspruch auf Warenrückvergütungen einzuräumen. Der in einem früheren Urteil des angerufenen Finanzgerichts vertretenen Rechtsauffassung, wonach einem dementsprechenden Beschluß dieser Organe nicht die rechtliche Bedeutung der Begründung einer schuldrechtlichen Verbindlichkeit beigemessen werden dürfe, auch wenn die Verwaltungsorgane satzungsmäßig zu einer derartigen Beschlußfassung ermächtigt seien, könne man nicht folgen. § 38 des Status der Bfin. sei der Mustersatzung des Deutschen Genossenschaftsverbandes Schulze-Delitzsch e. V., Ausgabe September 1953, entnommen. Nicht angenommen werden könne, daß diese von führenden Kennern des Genossenschaftsrechts ausgearbeitete Mustersatzung den Bestimmungen des Genossenschaftsgesetzes (GenG) zuwiderlaufe. Das Finanzamt könne seine abweichende Beurteilung der Rechtslage auch nicht auf das Urteil des Bundesfinanzhofs III 242/56 U vom 16. August 1957 (BStBl 1957 III S. 339, Slg. Bd. 65 S. 274) stützen. Denn in dem damals entschiedenen Falle habe der Sachverhalt insofern anders gelegen, als das Statut der betreffenden Genossenschaft keine Ermächtigung enthalten habe, auf Grund deren Vorstand und Aufsichtsrat der Genossenschaft zur Begründung von Rechtsansprüchen der Mitglieder auf Gewährung von Warenrückvergütungen befugt gewesen wären. Auch sei nach dem Inhalt des Urteils der diesbezügliche Beschluß des Verwaltungsrates den Mitgliedern bis zum Bewertungsstichtag nicht bekanntgegeben worden. Das Urteil müsse daher für die Beurteilung des hier vorliegenden Sachverhalts ausscheiden. Aus seinem Rechtssatz aber könne durch Umkehrschluß geschlossen werden, daß ein solcher Beschluß des Verwaltungsrats eine abzugsfähige Verbindlichkeit begründen könne, wenn eine entsprechende Satzungsbestimmung ihn dazu ermächtige.
Der Rechtsanspruch ihrer Mitglieder ergebe sich auch daraus, daß die Genossenschaft nach den Vorschriften des GenG durch die Willenserklärungen ihres Vorstandes unmittelbar verpflichtet werde. Der Vorstand vertrete nach § 24 GenG die Genossenschaft gerichtlich und außergerichtlich. Er sei also ihr gesetzlicher Vertreter, und seine Willenserklärungen seien solche der Genossenschaft. Beschränkungen der Vertretungsbefugnis des Vorstandes entbehrten gemäß § 27 Abs. 2 GenG dritten Personen gegenüber der Rechtswirksamkeit. Mit der Vertretungsbefugnis des Vorstandes nach außen gegenüber genossenschaftsfremden Dritten korrespondiere seine Geschäftsführungsbefugnis nach innen. Denn jeder rechtsgeschäftliche Exekutivakt nach außen setze einen internen Willensbildungsakt voraus. Vertretungsbefugnis nach außen und Geschäftsführungsbefugnis nach innen seien daher nicht voneinander zu trennen. Auch die letztere könne deshalb nur in ganz bestimmten Ausnahmefällen, in denen gesetzlich verankerte und unentziehbare Grundrechte der Genossenschaft berührt würden, durch Satzung bzw. Gesellschaftsvertrag beschränkt werden. Eine derartige Beschränkung könne aber niemals auf Geschäfte ausgedehnt werden, die satzungsmäßig den Gegenstand des Unternehmens bilden. Dazu gehöre auch die Einräumung einer Rückvergütung auf den zwischen der Genossenschaft und dem einzelnen Mitglied getätigten Umsatz. Insoweit stehe übrigens der Genossenschaft das einzelne Mitglied als Dritter gegenüber, weil die im Gewerbebetrieb der Genossenschaft getätigten Rechtsgeschäfte keine innere Angelegenheit der Genossenschaft seien. Es handle sich dabei um einen Fall der Einbettung schuldrechtlicher Vertragsbeziehungen in Mitgliedschaftsverhältnisse. In solchen Fällen seien beim Auftreten von Widersprüchen in den anzuwendenden Rechtsnormen die Bestimmungen des Rechtsgebietes anzuwenden, das für die zu treffende Entscheidung als das Beherrschende angesehen werden müsse (vgl. Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen - BGHZ - Bd. 1 S. 334 ff.). Da bei gewerblichen Warengenossenschaften das Gesellschaftsverhältnis hinter dem Kundenverhältnis zurücktrete, sei der Vorstand der Genossenschaft ohne Verletzung des § 48 GenG berechtigt, den Mitgliedern vor Schluß des Geschäftsjahres einen Warenrückvergütungsanspruch einzuräumen. Ein Verstoß gegen § 48 GenG liege auch schon deshalb nicht vor, weil die Zusage der Warenrückvergütung keine Gewinnminderung darstelle. Nur in der Ausschüttung einer Warendividende sei eine Gewinnverteilung zu erblicken. Die Begriffe "Warenrückvergütung" und "Warendividende" seien zu unterscheiden und von der Sonderkommission "Warenrückvergütung" des Deutschen Genossenschaftsverbandes im Jahre 1958 klar abgegrenzt worden. Nach der dort gegebenen Begriffsbestimmung handle es sich u. a. dann um eine echte Warenrückvergütung, wenn den Mitgliedern der Genossenschaft durch Beschluß der Verwaltungsorgane vor Abschluß des betreffenden Wirtschaftsjahrs vertraglich ein Rechtsanspruch auf eine nach dem Jahresumsatz bemessene Vergütung eingeräumt und dieser Beschluß vor Ablauf des Wirtschaftsjahrs bekanntgegeben werde. Diese Rechtsauffassung werde mittelbar auch im § 35 Abs. 1 KStDV 1955 zum Ausdruck gebracht, in dem gesagt werde:
"Die Höhe der Warenrückvergütungen kann auch durch Beschluß der Mitgliederversammlung und nach Ablauf des Wirtschaftsjahres festgesetzt werden."
Nach dieser Fassung könne der Verordnungsgeber nur von der Voraussetzung ausgegangen sein, daß die Warenrückvergütung üblicherweise nicht erst von der Generalversammlung, sondern beispielsweise von Vorstand und Aufsichtsrat noch vor Ablauf des Wirtschaftsjahrs festgesetzt werden könne. Die Bestimmung des § 35 KStDV müsse ebenso wie die Anordnung des Abschnittes 43 Abs. 6 der Vermögensteuer-Richtlinien (VStR) 1953 ihren Sinn verlieren, wenn die Verteilung einer Warenrückvergütung nicht rechtswirksam vom Vorstand der Genossenschaft beschlossen werden könne. In diesem Zusammenhang sei noch auf das Urteil des Bundesfinanzhofs III 170/56 S vom 21. März 1958 (BStBl 1958 III S. 234, Slg. Bd. 66 S. 605) hinzuweisen, das die Rückstellungen für Beitragsrückerstattung, die den Versicherungsnehmern unabhängig vom Betriebsergebnis zuständen, grundsätzlich in vollem Umfange als Betriebsschulden zum Abzug zulasse.
Im übrigen müsse die Abzugsfähigkeit der streitigen Warenrückvergütung gemäß § 5 Abs. 2 und 3 StAnpG selbst im Falle der Rechtsunwirksamkeit ihrer Zusage anerkannt werden, weil die Warenrückvergütung tatsächlich gezahlt worden sei.
Das Finanzgericht hat die Sprungberufung als unbegründet zurückgewiesen. Es hat zwar anerkannt, daß der von Vorstand und Aufsichtsrat der Bfin. in der gemeinsamen Sitzung vom 12. Dezember 1956 gefaßte Beschluß, gemäß § 38 des Statuts den Mitgliedern einen unabdingbaren Anspruch auf Warenrückvergütung für das Jahr 1956 vom Gesamtumsatz einzuräumen, ohne Verletzung der statutarischen Formvorschriften zustande gekommen sei. Das Finanzgericht hat aber trotzdem bei der Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens zum 1. Januar 1957 den Abzug des Betrages von X DM versagt, weil nach der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und des Bundesfinanzhofs bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens einer Genossenschaft ein Schuldposten für Warenrückvergütung nur anzuerkennen sei, wenn am Stichtag bereits ein feststehender Anspruch auf Warenrückvergütung kraft rechtsverbindlichen Beschlusses des zuständigen Genossenschaftsorgans bestanden habe. Ein solcher Anspruch sei durch den am 12. Dezember 1956 gefaßten Beschluß nicht begründet worden. Die Festsetzung und Ausschüttung einer Warenrückvergütung sei nämlich keine Preisregulierungsmaßnahme; sie stelle vielmehr einen Vorgang der Gewinnverteilung im Sinne des GenG dar. Dies sei auch nach dem Statut der Bfin. der Fall. Denn § 38 des Statuts, auf Grund dessen der Beschluß vom 12. Dezember 1956 über die Ausschüttung der Warenrückvergütung gefaßt worden sei, gehöre zum 7. Abschnitt des Statuts, der die überschrift "Gewinnverteilung, Verlustdeckung" trage. über die Gewinnverteilung habe aber die Generalversammlung der Bfin. nach § 29 Ziff. 13 ihres Statuts zu entscheiden, die insoweit der zwingenden Vorschrift des § 48 Abs. 1 GenG entspreche. Entgegen der Auffassung der Bfin. ermächtige § 38 des Statuts Vorstand und Aufsichtsrat nicht, schon vor der Beschlußfassung der Generalversammlung über die Verwendung des Reingewinns einen Rechtsanspruch auf Warenrückvergütung einzuräumen; die Vorschrift gebe Vorstand und Aufsichtsrat nur das Recht, nach Erfüllung der in § 37 des Statuts festgelegten Verpflichtungen zur Vornahme der im Zuge der Gewinnverteilung vorgesehenen überweisungen an den Reservefonds den Genossen einen solchen Anspruch zuzubilligen. Dem Verwaltungsrat werde somit in § 38 des Statuts nicht die Befugnis übertragen, vor dem Beschluß der Generalversammlung über den Reingewinn einen Anspruch auf Warenrückvergütung für die Genossen zu begründen. Die entgegengesetzte Auslegung der Satzungsvorschrift würde nicht nur zu einer Aushöhlung des der Generalversammlung zustehenden Rechts auf Gewinnverteilung führen, sondern auch dazu, daß nennenswerte überweisungen an den satzungsmäßig vorgesehenen Reservefonds vereitelt werden könnten. Demgegenüber rechtfertige auch der Hinweis der Bfin. auf die Mustersatzung des Deutschen Genossenschaftsverbandes keine andere rechtliche Beurteilung. Selbst wenn das Statut der Bfin. aus ihr abgeleitet sein sollte, beständen rechtlich bedeutsame Unterschiede zwischen beiden. Die Mustersatzung enthalte wesentliche Bestimmungen, die im Statut der Bfin. fehlten. Nach dem systematischen Aufbau dieses Statuts sei jedenfalls festzustellen, daß Vorstand und Aufsichtsrat weder nach dem Gesetz noch nach der Satzung befugt gewesen seien, in der Sitzung vom 12. Dezember 1956 den Mitgliedern einen Rechtsanspruch auf Warenrückvergütung einzuräumen.
Ein klagbarer Anspruch der Mitglieder der Bfin. auf Ausschüttung der am 12. Dezember 1956 beschlossenen Warenrückvergütung könne auch nicht aus § 27 Abs. 2 GenG hergeleitet werden, weil die Mitglieder der Bfin. bei der Geltendmachung des ihnen zugebilligten Anspruchs ihr nicht als Dritte gegenübergetreten wären. Zwar könnten grundsätzlich auch die Genossen im Verhältnis zu ihrer Genossenschaft Dritte im Sinne der genannten Vorschrift sein. Das gelte nur insoweit, als der einzelne Genosse mit der Genossenschaft wie ein Nichtmitglied kontrahiere, aber nicht für die Begründung eines Anspruchs auf Warenrückvergütung als Maßnahme der Gewinnverteilung, da Nichtmitglieder gegen die Bfin. niemals Gewinnansprüche erheben könnten.
Auf die von der Bfin. aus § 35 KStDV gezogenen Folgerungen brauche nicht eingegangen zu werden, da nach dem Statut der Bfin. Vorstand und Aufsichtsrat nicht berechtigt gewesen seien, vor dem Beschluß der Generalversammlung den Mitgliedern einen Rechtsanspruch auf Warenrückvergütung einzuräumen. Ob möglicherweise Vorstand und Aufsichtsrat vor dem Jahresabschluß die Höhe der Warenrückvergütung festlegen könnten, wenn den Mitgliedern bereits in der Satzung ein Rechtsanspruch dem Grunde nach zugesichert werde, bedürfe keiner Erörterung, da es an einer entsprechenden Satzungsbestimmung fehle. Gleiches gelte auch im Hinblick auf die von der Bfin. angeführte Anordnung des Abschn. 43 Abs. 6 VStR 1953. Ebenso sei das Urteil des Bundesfinanzhofs III 170/56 S vom 21. März 1958 (a. a. O.) für den vorliegenden Fall bedeutungslos, weil hier im Gegensatz zu dem damals entschiedenen Fall eine echte Schuld nicht begründet worden sei. Die Anwendung des § 5 Abs. 2 und 3 StAnpG scheide schon deshalb aus, weil der rechtsunwirksame Beschluß vom 12. Dezember 1956 am 1. Januar 1957 noch nicht durch Auszahlung der Warenrückvergütung vollzogen gewesen sei.
Mit der Rb. rügt die Bfin. unter Aufrechterhaltung ihres bisherigen Rechtsstandpunktes die unrichtige Anwendung des geltenden Rechts. Sie hat ein Gutachten vorgelegt, in dem der von ihr vertretene Rechtsstandpunkt näher erläutert wird. Außerdem legte sie einen Bericht über den Deutschen Genossenschaftstag 1959 in Berlin vor, in dem ebenfalls ein Teil der hier streitigen Rechtsfragen behandelt ist.
Die Bfin. hat mündliche Verhandlung beantragt. Es erschien dem Senat jedoch angezeigt, zunächst ohne eine solche durch Bescheid gemäß § 294 Abs. 2 AO über die Rb. zu entscheiden.
Entscheidungsgründe
Die Prüfung der Rb. ergibt folgendes:
Wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, hängt die Abzugsfähigkeit der von der Bfin. geltend gemachten Warenrückvergütung davon ab, ob am Bewertungsstichtag ein klagbarer Rechtsanspruch der Genossen auf Zahlung einer solchen Vergütung bestanden hat oder nicht. Hinsichtlich desjenigen Teiles der Warenrückvergütung für das Jahr 1956, über den erst in der Generalversammlung vom 27. Juni 1957 Beschluß gefaßt wurde, ist dies nicht der Fall. Denn einem derartigen Beschluß kommt zumindest für das Gebiet des Bewertungs- und Vermögensteuerrechts keine rückwirkende Bedeutung zu. Im übrigen enthält die Satzung der Bfin. keine Bestimmung, auf Grund deren den Mitgliedern der Genossenschaft ohne weiteres und von vornherein ein Rechtsanspruch auf Gewährung einer Warenrückvergütung eingeräumt würde. Deshalb hat die Bfin. im Rechtsmittelverfahren nur die in der gemeinsamen Sitzung ihres Vorstands und Aufsichtsrats am 12. Dezember 1956 beschlossene Warenrückvergütung in Höhe von X DM als Schuldverpflichtung geltend gemacht.
Das Statut der Bfin. enthält keine Satzungsbestimmung, die schon für sich allein einen Rechtsanspruch der Genossenschaftsmitglieder auf Ausschüttung einer Warenrückvergütung begründen würde. Es kommt deshalb im Streitfall entscheidend darauf an, ob der gemeinsame Beschluß des Vorstands und Aufsichtsrats vom 12. Dezember 1956 und seine unmittelbar darauf folgende Bekanntgabe die Entstehung eines solchen klagbaren Rechtsanspruchs der Genossen herbeiführen konnte.
Der Reichsfinanzhof hat im Urteil III A 36/29 vom 13. März 1930 (RStBl 1930 S. 294) die Abzugsfähigkeit von Warenrückvergütungen unabhängig von der Beschlußfassung der Generalversammlung grundsätzlich dann anerkannt, wenn sie nach Maßgabe der Satzungen dem Grunde wie der Höhe nach schon am Bewertungsstichtag feststanden (ähnlich und noch weitergehend Urteil des Reichsfinanzhofs III A 853/31 vom 14. Dezember 1932, RStBl 1933, S. 362). Der erkennende Senat hat in dem Urteil III 242/56 U vom 16. August 1957 (a. a. O.) die von Vorstand und Aufsichtsrat einer Einkaufsgenossenschaft in gemeinsamer Sitzung beschlossene Warenrückvergütung nicht zum Abzug zugelassen. Das ist allerdings in einem Falle geschehen, in dem die am Stichtag geltende Satzung der Genossenschaft eine Ermächtigung des Vorstands bzw. Aufsichtsrats zu einer solchen Beschlußfassung nicht enthielt. Die Frage, ob ebenso oder anders zu entscheiden gewesen wäre, wenn die Satzung der Genossenschaft den Vorstand bzw. Aufsichtsrat zu entsprechenden Beschlüssen ermächtigt hätte, ist in der letztgenannten Entscheidung offengeblieben.
Um einen solchen Fall handelt es sich hier. Denn die Satzung der beschwerdeführenden Genossenschaft enthält in ihrem § 38 die folgende ausdrückliche Ermächtigung zur gemeinsamen Beschlußfassung durch Vorstand und Aufsichtsrat:
"Nach restloser Erfüllung der in § 37 festgelegten Verpflichtungen können Vorstand und Aufsichtsrat in gemeinsamer Sitzung beschließen, daß den Genossen aus dem Reingewinn der Handelsbilanz ein Rechtsanspruch auf Ausschüttung einer Kapitaldividende eingeräumt wird. Vorstand und Aufsichtsrat können unbeschadet hiervon in gemeinsamer Sitzung durch Beschluß den Genossen einen Rechtsanspruch auf Warenrückvergütung einräumen..."
Diese Satzungsbestimmung enthält somit ihrem klaren Wortlaut nach eine eindeutige Ermächtigung an die Verwaltungsorgane der Genossenschaft, durch gemeinsamen Beschluß den Genossen einen Rechtsanspruch auf Warenrückvergütung einzuräumen, und zwar unbeschadet davon, ob Vorstand und Aufsichtsrat der Genossenschaft nach Erfüllung der in § 37 der Satzung festgelegten Verpflichtung auch die Ausschüttung einer Kapitaldividende aus dem Reingewinn beschlossen haben. Diese Ermächtigung gibt den Verwaltungsorganen (Vorstand und Aufsichtsrat) der Genossenschaft die rechtliche Befugnis, über die im Mitgliedergeschäft erzielten Warenüberschüsse zugunsten der Genossen in der vorbezeichneten Weise zu verfügen. Die Fassung der Satzungsbestimmung ist insofern eindeutig und läßt auch eine einengende Auslegung in dem Sinne, daß Vorstand und Aufsichtsrat erst nach der Beschlußfassung der Generalversammlung über die Verwendung des Reingewinns ihrerseits über die Einräumung einer Warenrückvergütung beschließen könnten, nicht zu. Abgesehen davon, daß eine solche zeitliche Einschränkung der dem Vorstand und Aufsichtsrat übertragenen Befugnisse in der Satzung deutlicher hätte zum Ausdruck gebracht werden müssen, läßt der nun folgende Satz aus § 38 des Statuts der Genossenschaft erkennen, daß die Beschlußfassung der Verwaltungsorgane über die Ausschüttung einer Warenrückvergütung nicht von den Beschlüssen der Generalversammlung abhängt. Den darin heißt es: "Ein derartiger Beschluß kann auch durch die Generalversammlung erfolgen, die den Jahresüberschuß verteilt." Nach der Satzungsbestimmung des § 38 sind also zwei verschiedene Organe der Genossenschaft zur Beschlußfassung über eine Warenrückvergütung berufen, die unabhängig voneinander und möglicherweise sich ergänzend derartige Beschlüsse fassen können: nämlich einerseits Vorstand und Aufsichtsrat in gemeinsamer Sitzung und zum anderen die Generalversammlung der Genossen. Berücksichtigt man, daß beim normalen Ablauf der Dinge die Beschlußfassung von Vorstand und Aufsichtsrat ohnehin zeitlich dem Zusammentritt der Generalversammlung vorangeht, so wäre eine Beschränkung des Beschlußrechts der Verwaltungsorgane auf die Zeit nach der Generalversammlung wenig sinnvoll, zumal auch nicht ersichtlich ist, welchen Sinn ein Beschluß der Verwaltungsorgane über die Ausschüttung einer Warenrückvergütung noch haben könnte, wenn bereits durch die Generalversammlung über die Verteilung des Jahresüberschusses und des verbleibenden Reingewinns entschieden worden ist. Sobald dies geschehen ist, sind Mittel, über die Vorstand und Aufsichtsrat ihrerseits noch frei verfügen könnten, überhaupt nicht mehr vorhanden. Zur Ausführung der von der Generalversammlung gefaßten Beschlüsse wären aber die Verwaltungsorgane der Genossenschaft ohnehin verpflichtet, so daß es ihrer Beschlußfassung insoweit überhaupt nicht bedürfe. Eine Auslegung des § 38 der Genossenschaftssatzung in der Weise, daß Vorstand und Aufsichtsrat erst nach der Generalversammlung zur Beschlußfassung über die Ausschüttung einer Warenrückvergütung berechtigt sein sollten, wird demnach dem Sinn und Zweck dieser Satzungsbestimmung nicht gerecht. Die Beschlußfassung von Vorstand und Aufsichtsrat nach § 38 der Satzung aber als eine die endgültige Beschlußfassung der Generalversammlung nur vorbereitende Handlung zu werten, erscheint deshalb nicht angängig, weil schon durch die gemeinsamen Beschlüsse dieser Verwaltungsorgane Rechtsansprüche begründet und damit die Rechtsbeziehungen der Genossenschaft zu ihren Mitgliedern insoweit endgültig gestaltet werden sollen. Auch wenn es zutrifft, daß die Satzung der Bfin. in verschiedenen Punkten von der bestehenden Mustersatzung für Genossenschaften abweicht, und daß der § 38 dieser Satzung in den Abschnitt über das Rechnungswesen der Genossenschaft (Gewinnverteilung, Verlustdeckung) eingeordnet ist, muß doch die genannte Satzungsbestimmung als eine klare und eindeutige Ermächtigung der Verwaltungsorgane zur selbständigen und von der Generalversammlung unabhängigen, der letzteren zeitlich vorangehenden Beschlußfassung über die Ausschüttung von Warenrückvergütungen verstanden werden. Einen solchen Fall selbständiger Beschlußfassung der Verwaltungsorgane (Vorstand und Aufsichtsrat) über die Ausschüttung einer Warenrückvergütung behandelt bereits die Entscheidung des Reichsfinanzhofs III A 36/29 vom 13. März 1930 (a. a. O.), wobei sich der Sachverhalt allerdings vom vorliegenden dadurch unterscheidet, daß der grundsätzliche Rechtspruch der Genossen auf Warenrückvergütung unmittelbar in der Satzung selbst verankert war. Immerhin läßt die Entscheidung keinen Zweifel darüber, daß sie eine von der Mitwirkung der Generalversammlung unabhängige Beschlußfassung der Verwaltungsorgane über die Höhe der Warenrückvergütung für möglich erachtet.
Die entscheidende Frage kann deshalb nur die sein, ob eine derartige Satzungsbestimmung wie der § 38 der vorliegenden Genossenschaftssatzung ihrem Inhalte nach zulässig ist oder ob sie gegen das Gesetz verstößt und deshalb als nichtig betrachtet werden muß. Die Vorinstanz ist auf diese Frage nicht näher eingegangen, weil sie den § 38 der Genossenschaftssatzung in einem anderen als dem vorstehend dargelegten Sinne ausgelegt hat. Sie hat aber keinen Zweifel darüber gelassen, daß sie die Ausschüttung einer Warenrückvergütung als einen Vorgang der genossenschaftlichen Gewinnverteilung ansieht. Träfe diese Auffassung der Vorinstanz zu, so würde eine Satzungsbestimmung, die die Ausschüttung einer Warenrückvergütung den Verwaltungsorganen überläßt bzw. ausdrücklich überträgt, gegen das Gesetz verstoßen. Denn nach § 48 des geltenden GenG hat ausschließlich die Generalversammlung über Jahresabschluß und Gewinnverteilung zu beschließen, und diese Gesetzesbestimmung enthält nach herrschender Meinung zwingendes Recht (vgl. Parisius-Crüger, Kommentar zum Genossenschaftsgesetz, 12. Aufl., 1932 Anm. 1 zu § 48; Meyer-Meulenbergh, Kommentar zum Genossenschaftsgesetz, 9. Aufl., Anm. 1 zu § 48; Lang-Weidmüller, Kommentar zum Genossenschaftsgesetz, 27. Aufl., Bem. 1 zu § 48; Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen - RGZ - Bd. 13 S. 26). Im Schrifttum wird auch die Auffassung vertreten, die Warenrückvergütung stelle einen Akt der Gewinnverteilung dar und sei von einem Gewinnverteilungsbeschluß im Sinne des § 48 GenG abhängig, der nur von der Generalversammlung der Genossenschaft gefaßt werden könne (vgl. hierzu Meyer-Meulenbergh, a. a. O., Bem. 4 zu § 19).
Unmittelbar aus dem Gesetz ist diese Rechtsansicht nicht herzuleiten. Das GenG selbst enthält keine ausdrückliche Bestimmung des Inhalts, daß die Warenrückvergütung Bestandteil des genossenschaftlichen Gewinns im Sinne der §§ 19, 33 ff., 48 GenG ist. Der Begriff der Warenrückvergütung ist dem derzeit geltenden GenG fremd. Das Gesetz gebraucht weder die Bezeichnung "Warenrückvergütung" noch verwendet es überhaupt einen dieser Bezeichnung entsprechenden Rechtsbegriff (vgl. Lang-Weidmüller, a. a. O., Bem. 4 zu § 19 auf S. 56; Meyer-Meulenbergh, a. a. O., Anm. 3 zu § 19 GenG; übersicht des Bundesjustizministeriums 3520/2 vom 28. Februar 1962 über den wesentlichen Inhalt des im Bundesjustizministerium ausgearbeiteten Referentenentwurfs eines Genossenschaftsgesetzes unter B 4). Begriff und Institut der Warenrückvergütung sind vielmehr aus der Lehre und Praxis des Genossenschaftswesens entsprechend den besonderen Bedürfnissen der genossenschaftlichen Verbandsform entwickelt und gewohnheitsrechtlich anerkannt worden (vgl. Meyer-Meulenbergh, a. a. O., Bem. 3 zu § 19; Lang-Weidmüller, a. a. O., Bem. 4 zu § 19). Dabei ist Ausgangspunkt dieser Entwicklung die überlegung, daß die Genossenschaft ihrem Wesen nach anders als die handelsrechtlichen Gesellschaften und Korporationen nicht auf die Erzielung von Gewinn gerichtet ist, sondern daß ihr Verbandszweck die Förderung der Genossen, ihrer Mitglieder, zum Gegenstande hat. Nach der Theorie des Genossenschaftswesens sollte sich die Genossenschaft deshalb bei der Preisgestaltung für ihre, die Mitglieder fördernden Leistungen grundsätzlich auf die Deckung der Selbstkosten beschränken. Dadurch, daß dies in der Praxis regelmäßig nicht geschieht, daß die Genossenschaft statt dessen mehr erhebt oder einbehält, als zur Aufwandsdeckung erforderlich ist, entsteht der genossenschaftliche überschuß. "Der von der Genossenschaft geforderte Marktpreis führt deshalb nur zu einem scheinbaren "Gewinn", der in Erscheinung tritt, nachdem alle Aufwendungen der Genossenschaft gedeckt und die Rücklagen dotiert worden sind" (Paulick in Finanz-Rundschau 1963 S. 227 f.). Der Verteilung dieses überschusses dient die Einrichtung der Warenrückvergütung, "die ihrer Funktion nach eine Beteiligung der Mitglieder an dem nicht verbrauchten oder zur Erfüllung künftiger Förderungsaufgaben nicht erforderlichen überschußbetrag nach Maßgabe ihrer Betriebsbeteiligung und solchermaßen Ausfluß und Folge des genossenschaftlichen Förderungsprinzips ist" (vgl. Paulick, a. a. O.).
Die Warenrückvergütung hat in dieser Gestalt durch eine allgemeine gewohnheitsrechtliche übung nahezu bei allen Genossenschaften Eingang gefunden, vorzüglich aber bei den Warengenossenschaften. Darüber hinaus sind Begriff und Einrichtung der Warenrückvergütung auch von der Gesetzgebung übernommen worden, wenn auch nicht unmittelbar vom GenG in seiner derzeitigen Fassung. Das Rabattgesetz vom 25. November 1933 verwendet aber bereits den Begriff der Rückvergütung und sanktioniert damit de facto die Ausschüttung solcher Rückvergütungen, wenn es auch deren Höhe für den Bereich der sogenannten Konsumgenossenschaften begrenzt hat.
Allerdings spricht das letzterwähnte Gesetz in seiner damaligen Fassung noch davon, daß durch die Rückvergütung der Gewinn nach Maßgabe der von den Mitgliedern mit dem Konsumverein erzielten Umsätze verteilt werde. Diese Fassung des Gesetzestextes entspricht noch der ursprünglich herrschenden Auffassung, daß die Warenrückvergütung nichts anderes als eine besondere Art der genossenschaftlichen Gewinnverteilung sei (vgl. Parisius-Crüger, a. a. O., Anm. 6 zu § 19 GenG; ähnlich auch Meyer-Meulenbergh, noch in der 8. Aufl. des Kommentars, Bem. 1 und 3 zu § 19; Paulick, "Das Recht der eingetragenen Genossenschaft" 1956 S. 286, 290), die deshalb zwischen Warendividenden und Warenrückvergütung ebensowenig unterschieden hat wie zwischen genossenschaftlicher überschußverteilung und Gewinnverteilung. Sie gelangt folgerichtig zu dem Ergebnis, eine Warenrückvergütung könne nur bei einem Gewinn der Genossenschaft zur Ausschüttung gelangen und sei von einem Gewinnverteilungsbeschluß gemäß § 48 GenG, d. h. von einem Beschluß der Generalversammlung der Mitglieder abhängig (vgl. Meyer-Meulenbergh, 8. Aufl. des Kommentars, Bem. 3 zu § 19 GenG, und 9. Aufl. des Kommentars, Bem. 4 zu § 19 GenG). Ausgehend von der Entwicklung und Gestaltung des Rabatt- und Rückvergütungswesens bei den Konsumvereinen wird aber mehr und mehr eine Auffassung vertreten, die zwischen der genossenschaftlichen überschußverteilung und der Gewinnverteilung ebenso wie zwischen Warenrückvergütung und Warendividende unterscheidet. Grundsätzlich sei der im Mitgliedergeschäft der Genossenschaft erwirtschaftete Warenüberschuß wegen des der Genossenschaft innewohnenden, in § 1 des GenG verankerten Förderungsprinzips auf die Genossen zu verteilen, ohne daß diese überschußverteilung, soweit sie in Form der Warenrückvergütung erfolge, als eine Gewinnverteilung im eigentlichen Sinne zu verstehen sei. Anders verhalte es sich allerdings mit den aus Nebengeschäften oder aus dem Warengeschäft mit Nichtmitgliedern erzielten überschüssen, die nur im Wege der Gewinnverteilung als Kapital- oder Warendividende den Mitgliedern der Genossenschaft zufließen könnten.
Diese Auffassung entspricht im wesentlichen der schon vom Reichsfinanzhof in der Entscheidung III A 36/29 vom 13. März 1930 (a. a. O.) vertretenen Ansicht, die im Falle einer Konsumgenossenschaft wie folgt zum Ausdruck gebracht worden ist:
"Wirtschaftliche Aufgabe der üblichen Konsumvereine, die ihren Geschäftsverkehr auf den Kreis ihrer Mitglieder beschränken, ist es nicht, Gewinn zu erzielen, sondern ihren Mitgliedern gute Waren zu billigen Preisen zu verschaffen. Das Ziel eines solchen Vereins in der Rechtsform der Genossenschaft ist die Förderung der Mitglieder durch sparsame Haushaltsführung, vgl. Entsch. des RFH Bd. 15 S. 347. Dem auf gemeinsames Sparen gerichteten Willen der Genossen kann die Genossenschaft Rechnung tragen entweder dadurch, daß sie gleich billige Waren liefert, oder dadurch, daß sie zunächst die im Kleinhandel üblichen Preise nimmt und am Jahresschluß einen Teil des Kaufpreises zurückvergütet. Dieser Teil des Kaufpreises stellt dann die Ersparnis der Genossen dar; vgl. Entsch. des RFH Bd. 22 S. 149, 150 (RStBl 1928 S. 52 Nr. 97). Da ein solcher Konsumverein Waren nur an Mitglieder abgeben darf, hat die Verteilung der Erübrigungen in Form eines Warenrabatts (Warenrückvergütung, Kundengewinn) wirtschaftlich nicht die Natur einer reinen Gewinnverteilung, sondern die einer Rückzahlung des anfangs zu hoch festgesetzten Kaufpreises. Diese Rückzahlung erfolgt nach Maßgabe der Warenbezüge. Der Kundengewinn hat daher eine andere Natur als die Kapitaldividende..."
Nach dieser Auffassung ist die Ausschüttung der Warenrückvergütungen von der Gewinnverteilung durch Generalversammlungsbeschluß nach den §§ 19 und 48 GenG zu unterscheiden (vgl. Lang-Weidmüller, a. a. O., Bem. 4 zu § 19), so daß die Ausschüttung der Warenrückvergütung mangels entgegenstehender Bestimmungen auch in anderer Form als durch Generalversammlungsbeschluß herbeigeführt werden kann, ohne damit das Gesetz zu verletzen. Insbesondere wird es von dieser Auffassung allgemein als zulässig angesehen, daß schon in der Satzung selbst der Rechtsanspruch der Genossen auf Ausschüttung einer Warenrückvergütung begründet wird (vgl. Lang-Weidmüller, a. a. O., Bem. 4 zu § 19; Schubert, "Die Warenrückvergütung im Steuerrecht" in Der Betriebs-Berater 1959 S. 225; Paulick, "Warenrückvergütung" in Finanz-Rundschau 1963 S. 227 f.). Darüber hinaus wird im Schrifttum der neueren Zeit die Auffassung vertreten, daß auch durch Beschluß der Verwaltungsorgane (Vorstand und Aufsichtsrat) ein rechtsverbindlicher Anspruch auf Ausschüttung einer Warenrückvergütung jedenfalls dann begründet werden könne, wenn diese Organe durch die Satzung zu entsprechenden Beschlüssen ermächtigt seien (vgl. Schubert, "Die Warenrückvergütung im Steuerrecht", a. a. O., S. 225; Westermann, "Die Rechtsnatur der Warenrückvergütung" in Bd. XII der Quellen und Studien des Instituts für Genossenschaftswesen an der Universität Münster S. 16 unter Ziff. 8 und 9).
Dieser Rechtsentwicklung folgend behandelt die KStDV in § 35 die von der Genossenschaft ausgeschütteten Warenrückvergütungen als Betriebsausgaben, und zwar insbesondere insoweit, als es sich dabei um die im Mitgliedergeschäft erzielten und an die Genossen ausgeschütteten Warenüberschüsse handelt (vgl. hierzu Blümich-Klein-Steinbring, Kommentar zum Körperschaftsteuergesetz, 3. Aufl. 1956 Anm. 42 d Abs. 4 zu § 23). Dabei bringen die Körperschaftsteuer-Richtlinien 1962 in Abschn. 65 deutlich zum Ausdruck, daß die Warenrückvergütung durch Beschluß der Verwaltungsorgane der Genossenschaft festgelegt werden kann, während in § 35 KStDV gesagt ist, daß die Höhe der Warenrückvergütungen auch durch Beschluß der Mitgliederversammlung bestimmt werden kann. Aus der Fassung dieser Bestimmungen ergibt sich, daß nach körperschaftsteuerlichen Rechtsgrundsätzen die Festsetzung der Warenrückvergütung durch die Verwaltungsorgane der Genossenschaft keinesfalls als ein Rechtsverstoß betrachtet wird. Dieser in den Körperschaftsteuer-Richtlinien vertretenen Rechtsauffassung muß grundsätzlich beigepflichtet werden, wenn man, wie es der derzeit herrschenden Meinung entspricht, die Ausschüttung der Warenrückvergütung - im Gegensatz zur Ausschüttung einer Warendividende - nicht mehr als einen Bestandteil der Gewinnverteilung im eigentlichen Sinne ansieht und behandelt. In diesem Falle findet die Vorschrift des § 48 GenG keine Anwendung mehr, die einer Beschlußfassung durch andere Organe als die Generalversammlung der Genossenschaft im Wege stehen würde.
Da im übrigen allgemein anerkannt wird, daß allein durch die Satzung - ohne jede Mitwirkung der Genossenschaftsversammlung - ein Rechtsanspruch der Genossen auf Warenrückvergütung begründet werden kann, so ist nicht einzusehen, weshalb nicht durch die Satzung auch der Weg der Beschlußfassung durch die Verwaltungsorgane der Genossenschaft eröffnet werden könnte. Selbstverständlich setzt ein solcher Beschluß voraus, daß überhaupt verteilungsfähige Warenüberschüsse vorhanden sind, und daß die bei der überschußverteilung zu beachtenden Vorschriften über die Zuführung bestimmter Teile des erzielten Jahresüberschusses zum gesetzlichen oder satzungsmäßigen Reservefonds innegehalten werden. Die Beachtung dieser Grenzen bei der Ausschüttung der Warenrückvergütungen wird aber den Verwaltungsorganen der Genossenschaften schon deshalb keine Schwierigkeiten bereiten, weil sie ihre Beschlüsse erst kurz vor dem Ende des Geschäftsjahres zu fassen pflegen, d. h. zu einem Zeitpunkt, in dem das Jahresergebnis, soweit es sich um die Erzielung von Warenüberschüssen handelt, bereits übersehen werden kann. Wenn der Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums für ein künftiges GenG davon abweichend die Beschlußfassung über die Ausschüttung einer Warenrückvergütung der Generalversammlung übertragen will, so offenbar deshalb, weil er überschußverteilung und Gewinnverteilung wegen ihres sachlichen Zusammenhangs miteinander koppeln will (vgl. Erläuterungen zu § 46 des Entwurfs). Bei diesem Referentenentwurf handelt es sich jedoch nicht um derzeit geltendes Recht.
Nach der vorstehend wiedergegebenen Rechtsauffassung, der sich der erkennende Senat anschließt, liegt im Streitfall ein den Rechtsanspruch der Genossenschaftsmitglieder auf Ausschüttung einer Warenrückvergütung begründender Beschluß der Verwaltungsorgane der Genossenschaft vor, der den Mitgliedern der Genossenschaft noch vor dem Bewertungsstichtag bekanntgegeben worden ist und damit Rechtswirksamkeit erlangt hat. Das Verlangen der Bfin. nach Abzug dieses Teiles der Warenrückvergütung ist somit begründet.
Auf die Frage, ob die nachträgliche Zahlung der Rückvergütung die Unwirksamkeit ihrer Zusage hätte heilen können, braucht somit nicht eingegangen zu werden. Ebenso bedarf es keiner Stellungnahme dazu, ob bei Fehlen einer entsprechenden Satzungsbestimmung die Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands allein ihn zur Einräumung von Rückvergütungsansprüchen an die Mitglieder berechtigen würde.
Da die Vorentscheidung die Rechtslage verkannt und den beantragten Abzug der Warenrückvergütung zu Unrecht versagt hat, unterliegt sie der Aufhebung. Das Betriebsvermögen der Genossenschaft war nach Abzug der streitigen Warenrückvergütung wie beantragt festzustellen.
Fundstellen
Haufe-Index 411280 |
BStBl III 1964, 614 |
BFHE 1965, 384 |
BFHE 80, 384 |