Entscheidungsstichwort (Thema)
Immobilienfonds; Einkünfteerzielung bei Vorschaltung eines Treuhänders
Leitsatz (NV)
Vermietet ein Treuhänder ein ihm gehörendes Grundstück im eigenen Namen, aber auf Rechnung eines Treugebers (hier: Immobilienfonds), so können die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung dem Treugeber nur dann zugerechnet werden, wenn er das Treuhandverhältnis beherrscht und der Treuhänder ausschließlich auf Rechnung und Gefahr des Treugebers handelt (im wesentlichen wie Urteil IX R 269/87 vom gleichen Tag in BFHE 170, 383).
Normenkette
EStG § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 6, § 9 Abs. 1 S. 1, § 21 Abs. 1; AO 1977 § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte zu 1 (Klägerin) und der Kläger zu 2 waren Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit der Bezeichnung Fondsgesellschaft X-Straße. Maßgebend für das Gesellschaftsverhältnis und das Rechtsverhältnis zu der Grundstücksverwaltungs-GmbH, die Treuhänderin und Geschäftsführerin des Immobilienfonds ist, sind die Allgemeinen Vertragsbedingungen (Gesellschaftsvertrag Fonds) zum Fonds (Fassung 1977, AVB) und die Besonderen Vertragsbedingungen (BVB). Nach den AVB erwirbt die Treuhänderin vom Land Z ein Erbbaurecht, das sie treuhänderisch für den Immobilienfonds hält. Die Fondsgesellschaft beauftragte die Treuhänderin, im eigenen Namen, jedoch für Rechnung der Fondsgesellschaft das Grundstück zu dem von ihr genannten Entgelt zuzuordnen, in der entsprechenden Weise zu bebauen, die dafür notwendigen Fremdmittel einschließlich der Aufwendungsdarlehen unter dinglicher Sicherung zu beschaffen und zweckgerichtet zu verwenden. Die Treuhänderin war bevollmächtigt, im eigenen Namen für Rechnung der Fondsgesellschafter Verträge über die Bauerstellung, die Beschaffung von Krediten, des Fondskapitals sowie die Vermietung und Hausverwaltung abzuschließen. Die Gesamtkosten sollten 6948200 DM betragen. Die Nachschußpflicht der Fonds-Gesellschafter war auf 10 v.H. des Zeichnungsbetrages begrenzt.
Im Zeichnungsschein vom 2./3. Januar 1978 erklärten die Kläger den Eintritt in die Fondsgesellschaft, wobei die Klägerin 5 v.H. des Fondskapitals von 1950000 DM zuzüglich 5 v.H. Agio und der Kläger zu 2 95 v.H. übernahmen. Mit schriftlichem Beschluß vom 3. Januar 1978 ordnete die Treuhänderin das zu erwerbende Erbbaurecht der Fondsgesellschaft wirtschaftlich zu. Am selben Tage schloß die Treuhänderin mit der Y-Grundstücksgesellschaft mbH einen Generalunternehmervertrag über die Errichtung von zwei Miethäusern zu einem Festpreis von 4072000 DM, einen Tag später mit einer anderen Gesellschaft einen Vertrag über die Baubetreuung, Finanzierungsvermittlung, Verwaltung und Vermietung. Im Februar 1978 wurde der Treuhänderin die Baugenehmigung erteilt. Am 10. Mai 1978 schloß sie mit dem Land Z einen notariell beurkundeten Erbbaurechtsvertrag über das Erbbaurecht, das sie der Fondsgesellschaft zugeordnet hatte. Die beiden Mietwohngebäude waren im Okober 1979 bezugsfertig.
Die Kläger gaben für die Streitjahre 1978 bis 1982 Feststellungserklärungen und Überschußrechnungen ab, in denen sie Werbungskostenüberschüsse von ... DM auswiesen. Diese Überschüsse beruhen insbesondere auf Aufwendungen für Zinsen, Entgelte für Rechtsberatung, Finanzierungsvermittlung, Treuhandvergütung, Baubetreuungsgebühren, Treuhandgebühren und Abschreibungen. Nach einer Außenprüfung lehnte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) die Durchführung von gesonderten und einheitlichen Feststellungen für die Streitjahre mit Verfügung vom 18. April 1984 ab. Das FA vertrat die Auffassung, die Kläger hätten keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt; sie seien nicht als Bauherren der auf den Erbbaugrundstücken errichteten Gebäude anzusehen. Dies ergebe sich schon daraus, daß sie weder rechtlich noch wirtschaftlich Erbbauberechtigte seien.
Hiergegen richtete sich nach erfolglosem Einspruchsverfahren die Klage, mit der die Kläger begehrten, das FA zu verpflichten, die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für die Streitjahre entsprechend den Feststellungserklärungen festzustellen. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt.
Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA Verletzung der §§ 39 Abs. 2 Nr. 1, 41, 179 Abs. 2 Satz 2 und 180 Abs. 1 Nr. 2a der Abgabenordnung (AO 1977). Der Treuhandvertrag sei formnichtig gewesen; er habe der notariellen Beurkundung nach § 313 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) bedurft. Die Kläger seien auch nicht wirtschaftliche Eigentümer des Erbbaurechts gewesen. Die in § 7 Abs. 1 AVB vorgesehene Übertragung des Erbbaurechts auf die Fondsgesellschaft nach Abschluß des Bauvorhabens und Eintragung der dinglichen Sicherung sei ebensowenig durchgeführt worden wie die in § 5 der BVB vereinbarte notarielle Beurkundung der Zuordnung des Grundstücks auf die Fondsgesellschaft.
Der Kläger zu 2 ist zwischenzeitlich in Konkurs gefallen. Der Konkursverwalter (Revisionsbeklagter zu 2) hat den Rechtsstreit aufgenommen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage. Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, daß die von der Treuhänderin erzielten Einkünfte aus der Vermietung des dem Fonds zugeordneten Grundstückes den Klägern als Treugebern zuzurechnen seien. Sie haben den Tatbestand dieser Einkunftsart (§§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG -) nicht verwirklicht.
1. Der Senat hat im Urteil vom 27. Januar 1993 IX R 269/87, BFHE 170, 383, entschieden, daß grundsätzlich auch ein Treugeber Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielen kann, wenn für ihn ein Treuhänder im eigenen Namen handelt. Voraussetzung ist, daß der Treugeber das Treuhandverhältnis beherrscht und der Treuhänder ausschließlich auf Rechnung und Gefahr des Treugebers handelt. Wegen der Begründung im einzelnen wird auf dieses Urteil Bezug genommen.
2. Bei Anwendung der in diesem Urteil entwickelten Rechtsgrundsätze auf den Streitfall kann die Vorentscheidung keinen Bestand haben. Das FG hat rechtsfehlerhaft entschieden, die Kläger hätten den Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung verwirklicht. Sie haben weder das Treuhandverhältnis beherrscht, noch hat der Treuhänder ausschließlich auf ihre Rechnung und Gefahr gehandelt.
a) Wie in dem Sachverhalt, der dem Urteil IX R 269/87 zugrunde liegt, hatte die Treuhänderin alle Einzelheiten der Bildung des Fonds, des Erwerbs des Erbbaurechts, der Bebauung und Vermietung und der Nebenverträge des Modells vorformuliert und festgelegt, ohne daß die Kläger dabei mitwirken konnten. Die Treuhänderin konnte nach § 5 Abs. 2 der AVB über die Aufnahme in die Fondsgesellschaft nach freiem Ermessen entscheiden, wählte also die Treugeber aus. Wie gering der Einfluß der Kläger auf die Ausgestaltung des Treuhandverhältnisses war, zeigt der Umstand, daß sie sogar die einander widersprechenden Bestimmungen in den AVB hinsichtlich der Übertragung des Erbbaurechts auf die Treugeber - also hinsichtlich eines für das Treuhandverhältnis besonders bedeutsamen Punktes - hinnahmen: Nach § 7 Abs. 1 AVB sollte das Erbbaurecht schon nach Abschluß der Bauarbeiten und Eintragung der Belastung auf die Fondsgesellschaft übertragen werden - was unstreitig nicht geschehen ist -, nach § 27 AVB sollte die Übertragung erst nach Beendigung des Treuhandverhältnisses erfolgen. Die Kläger konnten das Treuhandverhältnis auch nicht jederzeit ohne erhebliche wirtschaftliche Einbußen beenden, weil der Treuhänderin bei Kündigung des Treuhandverhältnisses neben dem Anspruch auf Befreiung von den Grundstücksverbindlichkeiten eine Entschädigung von 5 v.H. des Verkehrswerts des Grundstücks im Zeitpunkt der Aufhebung des Treuhandverhältnisses zustand (§ 27 AVB). Da die Aufwendungen für die Errichtung des Gebäudes nach dem Generalunternehmervertrag rd. 4 Mio DM betrugen, hatte die Treuhänderin Anspruch auf eine Entschädigung von etwa 200000 DM, wenn man davon ausgeht, daß der Verkehrswert des Grundstücks bei Beendigung des Treuhandverhältnisses die Herstellungskosten erreicht. Die Entschädigung ist danach jedenfalls so hoch, daß sie die Kündigung des Treuhandverhältnisses durch die Kläger wesentlich erschwert.
b) Die Treuhänderin handelte auch nicht ausschließlich auf Rechnung und Gefahr der Kläger. Sie und die mit ihr verbundenen Unternehmen hatten vielmehr ein erhebliches eigenes wirtschaftliches Interesse an der Durchführung des Projekts. Die Initiatoren einschließlich der Treuhänderin erhielten für die Entwicklung des Modells, die Werbung der Treugeber, für den Kauf und die Errichtung des Gebäudes, für die Baubetreuung usw. von dem Immobilienfonds insgesamt ein Entgelt, das das Fondskapital - also die von den Klägern zur Verfügung gestellten Geldmittel - im wesentlichen aufzehrte. Im Streitfall betragen die 1978 und 1979 an die Initiatoren gezahlten Gebühren und Entgelte rd. 1,5 Mio DM, das sind etwa drei Viertel des Fondskapitals. Die Treuhänderin erhielt nach § 13 AVB eine Vergütung von 6 v.H. der Gesamtkosten und ab Bezugsfertigkeit des Gebäudes eine Treuhandgebühr von 0,5 v.H. des Nominalbetrags der jeweils aufgenommenen Fremdmittel neben der Gebühr für die Verwaltung des Grundbesitzes in branchenüblicher Höhe. Bei Gesamtkosten von rd. 7 Mio DM betrugen die Treuhandgebühren bis zur Bezugsfertigkeit danach 420000 DM und (bei Fremdmitteln lt. Finanzierungsplan von etwa 4,8 Mio DM) nach Bezugsfertigkeit jährlich 24000 DM. Die Treugeber werden dagegen angesichts der außerordentlich hohen Anfangsaufwendungen - wenn überhaupt - erst in ferner Zukunft aus der Vermietung einen Gesamtüberschuß erwirtschaften; ihr Gewinn besteht in erster Linie in den erhofften Steuervorteilen.
Die Treuhänderin ist überdies auch auf eigene Gefahr tätig. Da die Treugeber während des Bestehens des Treuhandverhältnisses nur beschränkt nachschußpflichtig sind, trägt auch die Treuhänderin in dieser Zeit Risiken, die sich aus der Vermietung ergeben können; außerdem ist sie persönlich Schuldnerin der zur Finanzierung aufgenommenen Darlehen. Sie kann erst nach Beendigung des Treuhandverhältnisses Befreiung von etwaigen Verbindlichkeiten verlangen. Ob die Treugeber dann in der Lage sein werden, diese Verbindlichkeiten zu erfüllen, ist ungewiß und hängt von der Entwicklung des Verkehrswerts des Erbbaurechts und der Zahlungsfähigkeit der dann noch beteiligten Fondsmitglieder ab. Daß insoweit ein Risiko besteht, zeigt gerade der Streitfall, in dem einer der beiden Kläger in Konkurs gefallen ist. Es kommt hinzu, daß die Kläger wegen fehlender Beurkundung des Treuhandvertrages nicht verpflichtet sind, das Erbbaurecht zu übernehmen.
c) Die Bestimmungen der AVB, nach denen das Erbbaurecht nach Beendigung des Treuhandverhältnisses an die Treugeber herauszugeben oder auf ihre Rechnung zu verwerten ist (§§ 27, 28 AVB), machen die Kläger nicht zu Trägern der Rechte und Pflichten aus den Mietverträgen. Sie geben den Treugebern - Vertragstreue der Treuhänderin vorausgesetzt - lediglich die Möglichkeit eines zukünftigen Zugriffs auf das vermietete Grundstück bzw. räumen ihnen eine Verwertungsbefugnis ein (zur Verwertungsbefugnis Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 25. November 1992 II R 122/89, BFH/NV 1993, 688). Sie haben damit lediglich die Möglichkeit, später bei Beendigung des Treuhandverhältnisses gemäß § 571 BGB Vermieter zu werden. Auf die Entscheidung der Frage, ob die Kläger bereits in den Streitjahren Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt haben, hat dies keinen Einfluß.
d) Die Anleger stellten der Treuhänderin lediglich einen Teil des Kapitals zur Verfügung, das diese für den Erwerb, die Bebauung des Grundstücks sowie insbesondere für die Bezahlung der Entgelte für die Initiatoren benötigte. Daß die Kläger nur Geldgeber waren, kommt auch im Wortlaut der AVB und in den von der Treuhänderin abgeschlossenen Verträgen zum Ausdruck. Die Gesellschaftsanteile der Fondsgesellschaft sind in Zertifikaten verbrieft, die wie Wertpapiere gehandelt werden können (§§ 9, 23 AVB). Nach § 20 Abs. 3 AVB ist die Treuhänderin verpflichtet, einen jährlichen Überschuß des zum Fonds gehörenden Grundstücks an die Zertifikat-Inhaber auszuschütten. Über die Pflicht der Kläger, etwaige Verluste auszugleichen, ist keine Bestimmung getroffen.
3. Die Vorentscheidung, die von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, kann danach keinen Bestand haben. Die Sache ist spruchreif. Da die Kläger keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt haben, hat es das FA zu Recht abgelehnt, einen entsprechenden Feststellungsbescheid zu erlassen. Die Klage ist daher unter Aufhebung der Vorentscheidung abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 418991 |
BFH/NV 1994, 535 |