Entscheidungsstichwort (Thema)

Vermögensvorteil i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG 1974

 

Leitsatz (NV)

Zum Erwerb von Todes wegen, wenn der Erblasser bei der Veräußerung eines Grundstücks ,,auf Rentenbasis" im Kaufvertrag vereinbart hat, bei seinem Tode solle der ,,Restkaufpreis" seiner Lebensgefährtin zustehen, mit der er etwa 30 Jahre in nichtehelicher Lebensgemeinschaft gelebt hatte.

 

Normenkette

ErbStG 1974 § 3 Abs. 1 Nr. 4

 

Verfahrensgang

Hessisches FG

 

Tatbestand

Die Klin. hatte mit dem im Juni 1979 verstorbenen A (Erblasser) etwa 30 Jahre in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft gelebt. Der Erblasser hatte im Februar 1979 ein Grundstück in X ,,auf Rentenbasis" veräußert. Nach dem Kaufvertrag sollte der ,,Restkaufpreis" beim Ableben des Erblassers der Klin. zustehen. Der Restkaufpreis betrug zu diesem Zeitpunkt nach den Feststellungen des FG . . . DM. Feststellungen darüber, was unter der Rentenbasis zu verstehen ist und wie der Restkaufpreis zu tilgen war, sind nicht getroffen worden.

Das beklagte FA nahm in Höhe des Restkaufpreises einen der ErbSt unterliegenden Erwerb der Klin. an und setzte nach Abzug eines Pflegefreibetrags von 2 000 DM und eines allgemeinen Freibetrages von 3 000 DM gegen die Klin. eine ErbSt in Höhe von . . . DM fest.

Die Klin. hat nach erfolglosem Einspruch Klage erhoben und geltend gemacht, daß der Erwerb nach Steuerklasse I zu versteuern sei. Sie müsse einer Ehefrau gleichgestellt werden. Im übrigen müsse berücksichtigt werden, daß sie für die Tätigkeit in dem Gewerbebetrieb des Erblassers und für seine Pflege während der Erkrankung ein Entgelt hätte beanspruchen können, das sich auf mindestens . . . DM belaufe.

Die Klin. hat beantragt, den Erbschaftsteuerbescheid vom 17. Dezember 1980 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben.

Das FG hat die Klage abgewiesen und diese Entscheidung damit begründet, daß der Erwerb der Klin. der ErbSt aufgrund des § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG 1974 unterliege und daß das FA die Steuer zu Recht nach der Steuerklasse IV festgesetzt habe, ohne der Klin. einen Versorgungsfreibetrag zu gewähren.

Die Klin. hat Revision eingelegt und ihren Klagantrag weiter verfolgt. Hilfsweise begehrt sie Zurückverweisung der Sache an das FG.

Sie ist der Auffassung, es liege ein Vertrag zu ihren Gunsten vor, der aber nicht zu einem Erwerb von Todes wegen geführt habe. Sie habe vielmehr bereits mit dem Abschluß des Vertrags ein unentziehbares Anwartschaftsrecht auf den Restkaufpreisanspruch erlangt. Die unter Lebenden getroffene Verfügung über den Kaufpreisanspruch zu ihren Gunsten sei als Gegenleistung für ihre aufopfernde Pflege des Erblassers und der Betreuung seiner todkranken Mutter auch über dessen Tod hinaus anzusehen. Nach den Vorstellungen des Erblassers hätten die Kaufpreisraten als damals einzige Einkünfte dem Lebensunterhalt des Erblassers und der Klin. dienen sollen. Der Erwerb des Restkaufpreisanspruchs durch sie unterliege deshalb nicht der ErbSt.

Im übrigen verstoße die Entscheidung des FG jedenfalls insoweit gegen Art. 3 GG, als der Klin. ein Versorgungsfreibetrag versagt worden sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Denn die bisherigen Feststellungen des FG reichen nicht aus, darüber zu entscheiden, ob der Erwerb der restlichen Kaufpreisforderung durch die Klin. der ErbSt unterliegt.

Ohne Bedeutung ist allerdings, ob die Klin. den Anspruch gegen den Grundstückskäufer auf den restlichen Kaufpreis (wenn auch bedingt oder unbestimmt befristet) sofort mit Abschluß des Kaufvertrages über das Grundstück oder erst im Zeitpunkt des Todes des Erblassers (vgl. § 331 BGB) erworben hat. In beiden Fällen kommt nur die Anwendung des § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG 1974 in Betracht (so auch für den Fall der Lebensversicherung das Urteil des BFH vom 11. Juli 1952 III 112/51 S, BFHE 56, 623, BStBl III 1952, 240). Auch wenn ein derartiger Erwerb im Valutaverhältnis zivilrechtlich als durch Rechtsgeschäft unter Lebenden erfolgt angesehen wird (vgl. Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, § 2301, Tz. 30 f.), ist der Erwerb erbschaftsteuerrechtlich gleichwohl ein Erwerb von Todes wegen.

Dies bedeutet jedoch nicht, daß das Valutaverhältnis für die Besteuerung des Erwerbes ohne jede Bedeutung ist (vgl. das Gutachten des RFH vom 21. Mai 1931 I D 1/30, RFHE 29, 137, 153). In diesem Zusammenhang ist auch auf das Senats-Urteil vom 24. Oktober 1984 II R 103/83 (BFHE 142, 312, BStBl II 1985, 137) hinzuweisen. Da das angefochtene Urteil hinsichtlich des Valutaverhältnisses keinerlei Feststellungen enthält, unterliegt es der Aufhebung. Das FG wird nunmehr Feststellungen hinsichtlich des Grundstückskaufvertrages und hinsichtlich des Valutaverhältnisses zu treffen haben. Danach wird es erneut über die Frage der Anwendung des § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG 1974 zu entscheiden haben. Dieser Entscheidung vermag der Senat nicht vorzugreifen (vgl. in diesem Zusammenhang das Urteil vom 18. Juli 1973 II R 34/69, BFHE 110, 196, BStBl II 1973, 798).

Soweit die Klin. die Nichtgewährung eines Versorgungsfreibetrages bekämpft, wird auf den Beschluß des Senats vom 27. Oktober 1982 II B 77/81 (BFHE 137, 76, BStBl II 1983, 114) und auf den Nichtannahmebeschluß des BVerfG vom 1. Juni 1983 1 BvR 107/83 (BStBl II 1984, 172) hingewiesen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 414274

BFH/NV 1986, 672

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