Leitsatz (amtlich)
1. Zur Frage, wann bei Zwischenschaltung eines amerikanischen Trusts die Erbschaftsteuer des Substanzerben entsteht, dem das Trustvermögen bei Beendigung des Trusts anfällt.
2. Die Bundesnachlaßsteuer der USA (federal estate tax) war nach dem vor dem 1. Januar 1974 geltenden Recht auf Antrag auf die in der Person der Substanzerben bei Anfall des Trustvermögens entstehende deutsche Erbschaftsteuer insoweit anteilig anzurechnen, als sie auf das Nachlaßvermögen entfiel, das von dem Erblasser dem Trust zugewendet worden war.
2. Die aus dem Nachlaß gezahlte, auf die deutsche Erbschaftsteuer anzurechnende Bundesnachlaßsteuer ist bei der Berechnung der deutschen Erbschaftsteuer dem Vermögensanfall hinzuzurechnen.
2. Zur Frage der Berücksichtigung früherer Erwerbe bei Überschreitung des Zehnjahreszeitraums (Klarstellung zum Urteil vom 17. November 1977 II R 66/68, BFHE 124, 216, BStBl II 1978, 220).
Normenkette
ErbStG 1959 §§ 9, 13, 14 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, § 24 Abs. 7
Tatbestand
Am 13. April 1952 starb im Staate Minnesota (USA) Mrs. X. In ihrem Testament hatte sie Zuwendungen an Verwandte, Freunde und an ihre Haushälterin angeordnet. Diese letztwilligen Zuwendungen waren zu einem erheblichen Teil Barzuwendungen. Daneben betrafen sie ein Grundstück, Hausrat, die persönliche Habe, sowie Ölrechte. Die Klägerin, eine Nichte der Erblasserin, erhielt 5 000 Dollar.
Nach dem Testament fiel der verbleibende Rest des Nachlasses an einen Trust. Zum Trustee ernannte die Erblasserin Y.
Y. war berechtigt, aus dem Nettoeinkommen des Trusts und nach seinem Ermessen auch aus dem Vermögen selbst Beträge zu entnehmen für die Pflege, Erziehung und die Unterstützung namentlich bezeichneter Verwandter. Er hatte dabei das alleinige Recht zu bestimmen, welche Verwandten Zahlungen erhalten sollten und in welcher Höhe dies geschehen sollte.
Der Trust sollte beendet werden, wenn zwei namentlich benannte Großnichten der Erblasserin das 21. Lebensjahr vollendet haben würden, ggf. im Zeitpunkt des späteren Versterbens zweier Geschwister der Erblasserin. Der Trustee hatte das Recht, den Trust auch früher zu beenden. Y. sollte das bei Beendigung des Trusts vorhandene Vermögen an die im Testament genannten begünstigten Personen verteilen oder an den Nachlaß solcher Personen. Für den Fall, daß Y. bei Beendigung des Trusts nicht mehr Trustee sein sollte, war das Trustvermögen zu gleichen Teilen unter die dann noch lebenden Begünstigten zu verteilen.
Der Wert des Brutto-Nachlasses ist seinerzeit von den amerikanischen Steuerbehörden auf 1 162 047,08 Dollar festgestellt worden. Erhoben wurde eine Nachlaßsteuer (Federal Estate Tax) von 300 188,83 Dollar. An den Staat Minnesota sind 28 789,97 Dollar Erbschaftsteuer gezahlt worden.
Die Klägerin hat vor der Auflösung des Trusts aus dem Trust folgende Beträge erhalten:
1. im August 1957 2 000,00 Dollar
2. im Juli 1963 1 625,14 Dollar
Am 28. Juli 1970 ordnete das Distriktgericht Z. die Verteilung des noch vorhandenen Trustvermögens im Werte von 531 202,09 Dollar an die Begünstigten an. 200 000 Dollar sollten zur Zahlung etwaiger noch entstehender Steuern zurückbehalten werden. Von den verbleibenden 331 202,09 Dollar entfielen auf die Klägerin ein Dreizehntel = 25 477,08 Dollar, die noch um 3,12 Dollar für einbehaltene Steuern gekürzt wurden. An die Klägerin wurde ein Betrag von 25 473,97 Dollar ausgezahlt.
Das beklagte Finanzamt (FA) hat die letztwillige Zuwendung von 5 000 Dollar sowie die Zahlungen aus dem Trust erbschaftsteuerrechtlich erfaßt. Über die Ausschüttung des Trustvermögens an die Klägerin in Höhe von 25 473,97 Dollar erließ das FA am 26. November 1970 einen Steuerbescheid. In die Steuerberechnung bezog es gemäß § 13 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) 1959 die Zahlung vom Juli 1963 über 1 625,14 Dollar ein.
Dabei ergab sich folgende Berechnung:
Ausschüttung des Trustvermögens 92 171,54 DM
+ Vorzuwendungen vom 26. Juli 1963 6 468,05 DM
98 639,59 DM
abgerundet 98 600,00 DM
Erbschaftsteuer 18 v. H. = 17 748,00 DM
./. Steuer auf den Vorerwerb 8 v. H.
von 6 400 DM 512,00 DM
verbleiben 17 236,00 DM
Mit ihrem Einspruch hat die Klägerin die anteilige Anrechnung der in den USA gezahlten Erbschaftsteuer beantragt. Der Einspruch ist erfolglos geblieben.
Auf die Klage hat das Finanzgericht (FG) den angefochtenen Steuerbescheid aufgehoben. Es hat dabei folgende Auffassung vertreten: Die Erbeinsetzung unter Zwischenschaltung eines Trustees sei als aufschiebend bedingte Erbeinsetzung anzusehen. Die Bedingung sei mit der Rechtskraft des Beschlusses des Distriktgerichts Z. vom 28. Juli 1970 eingetreten. Zu diesem Zeitpunkt seit § 9 ErbStG 1959 über die Anrechnung einer ausländischen Steuer bereits in Kraft gewesen. Die in den USA erhobene Erbschaftsteuer sei deshalb anzurechnen. Auf die Klägerin entfielen 8 384,27 Dollar Bundessteuer und 123,71 Dollar Steuer des Staates Minnesota. Diese Steuer sei höher als die festzusetzende deutsche Erbschaftsteuer. Deshalb sei der angefochtene Steuerbescheid aufzuheben.
Das FA hat Revision eingelegt und in erster Linie geltend gemacht: Ein Abzug der in den USA gezahlten Erbschaftsteuer komme nicht in Betracht. Nach § 9 Abs. 1 ErbStG 1959 sei die für das Auslandsvermögen festgesetzte ausländische Erbschaftsteuer auf die deutsche Erbschaftsteuer insoweit anzurechnen, als das Auslandsvermögen der deutschen Erbschaftsteuer unterliege. Diese Voraussetzung sei nicht gegeben. Der amerikanischen Erbschaftsteuer habe das ursprüngliche Nachlaßvermögen unterlegen. Der deutschen Erbschaftsteuer aber unterliege das 18 Jahre nach Eintritt des Erbfalles verteilte Nachlaßvermögen in seiner späteren Zusammensetzung.
Hilfsweise hat das FA geltend gemacht: Wenn der Abzug ausländischer Steuern anerkannt werde, so sei jedenfalls der deutschen Besteuerung der Wert der Zuwendung aus dem Trust unter der Hinzurechnung der anrechnungsfähigen ausländischen Erbschaftsteuer zu errechnen. Andernfalls träte eine doppelte Vergünstigung ein. Im übrigen sei es nicht zulässig, die anteilige ausländische Steuer ausschließlich bei der erbschaftsteuerlichen Erfassung der 1970 an die Klägerin ausgezahlten 25 473,97 Dollar zu berücksichtigen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. Obwohl das FG hierüber keine ausdrücklichen Feststellungen getroffen hat, geht der Senat für die Revisionsprüfung davon aus, daß die Erblasserin nach dem Erbrecht des Staates Minnesota beerbt worden ist.
2. Der (anteilige) Erwerb der Substanz des Trustvermögens durch die Klägerin war ein aufschiebend bedingter Erwerb i. S. des § 14 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ErbStG 1959 (vgl. die Urteile des Reichsfinanzhofs - RFH - vom 24. September 1935 III e A 37/35, RFHE 38, 225, RStBl 1935, 1366, und des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 31. Mai 1961 II 284/58 U, BFHE 73, 120, BStBl III 1961, 312). Die vom FG getroffenen Feststellungen reichen jedoch nicht aus, um abschließend zu entscheiden, zu welchem Zeitpunkt und in welchem Umfang die von der Klägerin als Substanzerbin geschuldete Erbschaftsteuer entstanden ist.
Diese Frage ist bisher in der Rechtsprechung noch nicht eindeutig geklärt worden. Sowohl der RFH als auch der BFH haben sich allgemein dahin ausgesprochen, daß die Erbschaftsteuer des Substanzerben nicht vor der Beendigung des Trusts entstehe (vgl. das Urteil des RFH III e A 37/35 und das Urteil des BFH II 284/58 U). Offengeblieben ist aber bisher, ob hierunter der vom Erblasser gesetzte Zeitpunkt der Beendigung des Trusts zu verstehen sei oder ein späterer Zeitpunkt. In dem Fall III e A 37/35 war das FA von dem vom Erblasser festgesetzten Zeitpunkt der Beendigung des Trusts ausgegangen. In dem Fall II 284/58 U hat der erkennende Senat angenommen, daß der Anfall an die bei Beendigung des Trusts begünstigten Personen nicht vor dem Tag eingetreten sei, an dem das Gericht einen Vergleich über die Herabsetzung bestimmter Erbteile genehmigt habe. Denn vorher sei das Testament unausführbar gewesen, weil die zugewandten Bruchteile des Nachlaßvermögens zusammen höher gewesen seien als das ganze Nachlaßvermögen.
Das Urteil des Senats vom 15. Mai 1964 II 177/61 U (BFHE 79, 481, BStBl III 1964, 408), wonach bei Einsetzung eines executors als Zeitpunkt der Entstehung der Steuer der Zeitpunkt des Verteilungsbeschlusses des amerikanischen Nachlaßgerichtes (final decree of distribution) in Betracht komme, ist im vorliegenden Fall nicht anwendbar, da es dort um die Entstehung der Steuer bei Einsetzung eines executors ging.
Im vorliegenden Fall dürfte der Zeitpunkt maßgebend sein, zu dem die Klägerin einen unbedingten Anspruch gegen den Trustee auf Auszahlung von 1/13 des Trustvermögens erlangt hat. Nach Sachlage spricht vieles dafür, daß dieser Zeitpunkt nicht vor dem in seinem genauen Inhalt nicht festgestellten Beschluß des District Court vom 28. Juli 1970 eingetreten ist. Offen ist jedoch, ob die Erbschaftsteuer zunächst nur hinsichtlich der an die Klägerin ausgezahlten 25 473,97 Dollar entstanden ist oder auch hinsichtlich ihres Anteils an den zunächst zurückbehaltenen 200 000 Dollar, von denen die Klägerin, wie der Revisionsbegründung zu entnehmen ist, im Jahre 1973 einen weiteren Betrag von 15 000 Dollar erhalten haben dürfte. Nach Sachlage ist nicht auszuschließen, daß die deutsche Erbschaftsteuer auf den Anteil der Klägerin am Trustvermögen nicht zu verschiedenen Zeitpunkten entstanden ist, daß vielmehr eine einmalige Entstehung der Erbschaftsteuer anzunehmen ist, wobei i. S. des § 100 Abs. 1 der Reichsabgabenordnung (AO) a. F. wegen etwaiger vom Trust noch zu entrichtender Steuerschulden ggf. ungewiß sein konnte, welchen Wert dieser Anteil der Klägerin hatte. Diese Frage bedarf weiterer Aufklärung.
3. Soweit das FG die Anrechnung der amerikanischen Erbschaftsteuer gemäß § 9 Abs. 1 ErbStG 1959 grundsätzlich bejaht hat, stimmt der erkennende Senat dieser Auffassung zu. Im Gegensatz zum FG ist er jedoch der Auffassung, daß nur der Teil der in den USA gezahlten Steuern anteilig angerechnet werden kann, der auf das auf den Trust übergegangene Nachlaßvermögen entfällt.
Nach § 9 Abs. 1 ErbStG 1959 war die auf das Auslandsvermögen entfallende rechtskräftig festgesetzte ausländische Erbschaftsteuer auf die deutsche Erbschaftsteuer insoweit anzurechnen, als das Auslandsvermögen auch der deutschen Erbschaftsteuer unterlag. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall hinsichtlich der Bundeserbschaftsteuer der USA insoweit erfüllt, als diese den Teil des Nachlasses getroffen hat, der seinerzeit auf den Trustee übergegangen ist. Daß die deutsche Erbschaftsteuer der Substanzerben erst bei Beendigung des Trusts entsteht, während die Bundeserbschaftsteuer der USA bereits beim Tode des Erblassers entsteht und bei Beendigung des Trusts keine weitere Bundeserbschaftsteuer anfällt (vgl. hierzu Haas, Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht, 1974 S. 461, 465), hindert die Anrechnung nicht. Der Erwerb der Klägerin ist nicht als Zuwendung des Trustees zu versteuern, sondern als (aufschiebend bedingter) Erbanfall von der Erblasserin.
Die Frage, ob die den Trust treffende Bundeserbschaftsteuer der USA auch dann ausschließlich auf die spätere deutsche Erbschaftsteuer des Substanzerben anzurechnen ist, wenn während des Bestehens des Trusts rechtlich durchsetzbare Ansprüche bestimmter Personen auf die Erträgnisse des Trusts bestehen, braucht im vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden. Denn derartige Ansprüche bestanden erkennbar nicht. Der Trust war vielmehr, soweit ersichtlich, ein sog. discretionary trust (vgl. Kötz, Trust und Treuhand, S. 47), da es allein Sache des Trustees war zu bestimmen, wer von den in dem Testament namentlich aufgeführten Verwandten jeweils während des Bestehens des Trusts Zuwendungen erhalten sollte. In seinem Urteil vom 12. Mai 1970 II 52/64 (BFHE 105, 44, BStBl II 1972, 462) ist der erkennende Senat allerdings in den Fällen der Begründung zwischenzeitlicher Nutzungsrechte ohne nähere Begründung davon ausgegangen, daß die Substanzerben die in den USA gezahlte Nachlaßsteuer auf ihre Erbschaftsteuer anrechnen können.
Stimmt der Senat danach dem FG darin zu, daß die in den USA gezahlte Nachlaßsteuer anteilig auf die deutsche Erbschaftsteuer der Klägerin anzurechnen ist, so vermag er jedoch der Berechnung des FG nicht in allen Punkten zu folgen. Das FG hat einen Anteil der Klägerin an der Nachlaßsteuer in Höhe von 2,793 v. H. errechnet. Dieser Anteil ist jedoch deshalb zu hoch, weil das FG dabei auch die Nachlaßsteuer berücksichtigt hat, die auf die testamentarische Zuwendung von 5 000 Dollar an die Klägerin entfiel. Der Erwerb der 5 000 Dollar ist jedoch nicht Gegenstand des angefochtenen Steuerbescheides. Deshalb kann auch die auf diese 5 000 Dollar entfallende Nachlaßsteuer nicht auf die deutsche Erbschaftsteuer angerechnet werden, die den Anteil der Klägerin an dem Trustvermögen bei Beendigung des Trusts betrifft. Die abzugsfähige Nachlaßsteuer der USA vermindert sich dadurch entsprechend.
Nicht berücksichtigt werden kann die auf die Klägerin entfallende anteilige Erbschaftsteuer des Staates Minnesota in Höhe von 123,71 Dollar; denn diese entfiel in vollem Umfang auf die Zuwendung von 5 000 Dollar an die Klägerin.
4. Der erkennende Senat folgt dem FA darin, daß die jeweils anrechenbare Nachlaßsteuer zuvor der Bemessungsgrundlage hinzugerechnet werden muß. Dies entspricht der Grundentscheidung des Erbschaftsteuerrechts, wonach die Erbschaftsteuer nicht von dem Erwerb abgezogen werden darf (§ 24 Abs. 7 ErbStG 1959). Würde man die anrechenbare ausländische Steuer nicht hinzurechnen, würde dieser Grundsatz nicht beachtet werden. Die ausländische Steuer würde vielmehr doppelt berücksichtigt werden, einmal dadurch, daß sie das verteilungsfähige Vermögen vermindert hätte, zum andern dadurch, daß sie auf die deutsche Erbschaftsteuer angerechnet würde.
5. Bei der Anrechnung der Steuer auf den Vorerwerb haben FA und FG noch nicht das Urteil des erkennenden Senates vom 17. November 1977 II R 66/68 (BFHE 124, 216, 222, BStBl II 1978, 220) berücksichtigen können. Dies wird nachzuholen sein. Dabei ist darauf hinzuweisen, daß dieses Urteil in dem Abschn. II Nr. 3 letzter Absatz und Nr. 4 eine offensichtliche Unrichtigkeit enthält; an die Stelle des Wortes "Minuenden" muß jeweils das Wort "Substrahenden" treten.
Fundstellen
Haufe-Index 73120 |
BStBl II 1979, 438 |
BFHE 1979, 432 |
DNotZ 1980, 333 |