Leitsatz (amtlich)
Ist streitig, ob unter mehreren Miterben aufgrund eines testamentarisch verfügten Nießbrauchs nur einer oder (wegen Unklarheit in der rechtlichen Stellung des Nießbrauchers) mehrere Miterben zur Führung des zum Nachlaß gehörenden Einzelunternehmens berechtigt waren, so kommt es für die Beurteilung, wer Unternehmer (Mitunternehmer) war, entscheidend auf die tatsächliche Gestaltung der Verhältnisse durch die Miterben an.
Normenkette
EStG § 15 Nrn. 1-2; BGB §§ 1068, 2032 ff., § 2100 ff., §§ 2147, 2174
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) verpflichtet ist, die Kläger und Revisionskläger (Kläger) als Mitunternehmer (§ 15 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes - EStG -) anzusehen und Gewinne gesondert festzustellen.
Die Fa. Sch. war früher von Sch., dem Ehemann der Klägerin zu 2 und Vater des Klägers zu 1, betrieben worden. In seinem Testament hatte Sch. u. a. verfügt:
"1. Zu meiner Alleinerbin bestimme ich ... meine Ehefrau ..., und zwar als befreite Vorerbin ...
2. Meine Nacherben sollen meine beiden Söhne K. geb.... 1931, und H., geb.... 1932, zu gleichen Teilen sein.
4. Die Nacherbfolge tritt ein
a) wenn sich meine Ehefrau wieder verheiratet,
b) mit dem ... (dem Tag der Vollendung des 25. Lebensjahres meines Sohnes H.),
c) spätestens mit dem Tode der Vorerbin.
Im Falle zu b) behält jedoch meine Frau noch für weitere fünf Jahre den Nießbrauch an dem auf die Nacherben übergehenden Nachlaß.
5. Im Falle des Eintritts der Nacherbfolge behält meine Frau ihren gesetzlichen Erbteil ... ".
Nach dem Tod des Sch. im Jahre 1950 wurde der Betrieb von der Klägerin zu 2 weitergeführt. Mit Vollendung des 25. Lebensjahres des H., des Klägers zu 1, im Jahre 1957 trat die Nacherbfolge ein. Der Sohn K. starb im Februar 1958. Er wurde von seiner Mutter und seinem Bruder H., den Klägern, zu gleichen Teilen beerbt. Bis zum Ablauf des Jahres 1962 wurde die Klägerin zu 2 in bestimmten, nach außen wirkenden Handlungen als Alleinunternehmerin bezeichnet. In den Bilanzen wurde nur für sie ein Kapital ausgewiesen. In den Bilanzberichten heißt es in der Einleitung, daß sich durch die Nacherbfolge an den wirtschaftlichen Verhältnissen nichts geändert habe. Es wurden demnach auch keine Erklärungen zur einheitlichen Gewinnfeststellung abgegeben; die Klägerin zu 2 erklärte unter den Einkünften aus Gewerbebetrieb den im Streitjahr 1961 erzielten Verlust aus dem Betrieb des Unternehmens (168 601 DM). Das FA führte auf der Grundlage dieser Erklärung die Veranlagung durch, die unanfechtbar wurde. Im Handelsregister wurde am 13. Juli 1961 eingetragen, die bisherige Geschäftsinhaberin, die Klägerin zu 2), sei aufgrund eingetretener Nacherbfolge ausgeschieden, Geschäftsinhaber seien die beiden Kläger in Erbengemeinschaft. Die Prokura des Klägers zu 1 sei erloschen.
Spätestens seit 1963 wurde der Betrieb von den Klägern gemeinschaftlich geführt. Der Gewinn wurde entsprechend den Erbteilen im Verhältnis 7/16 zu 9/16 aufgeteilt.
Bei der Einkommensteuer für das Jahr 1964 hatte der Kläger zu 1 einen Verlust von 40 116 DM als Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärt. Dabei handelte es sich um 9/16 des im Streitjahr von der Firma Sch. erlittenen, durch vorhergehende Verlustabzüge noch nicht verbrauchten Verlustes. Das FA hat diesen Verlust nicht anerkannt. In dem sich daran anschließenden Rechtsmittelverfahren hat der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) durch Urteil vom 10. April 1973 VIII R 132/70 (BFHE 109, 342, BStBl II 1973, 679) entschieden, dem Erben eines mit einem testamentarischen Nießbrauch belasteten Unternehmens stehe der Abzug eines während des Nießbrauchs eingetretenen Verlustes nach § 10 d EStG nur zu, wenn er selbst den Verlust als Unternehmer (Mitunternehmer) erlitten habe. Der BFH hob das seinerzeit angefochtene Urteil des Finanzgerichts (FG) auf und verwies die Sache an das FG zurück, da über die Mitunternehmerschaft nur im Verfahren der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung entschieden werden könne.
Das FA hat für das Streitjahr eine Verteilung des Verlustes auf die Kläger abgelehnt. Es betrachtete den Kläger zu 1 nicht als Mitunternehmer.
Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das FG führte zur Begründung seiner Entscheidung aus: Werde durch letztwillige Verfügung ein Nießbrauch an einem Vermögensinbegriff (z. B. wie hier an einem Betrieb) angeordnet, entstehe der Nießbrauch erst durch Bestellung an den einzelnen zum Vermögen oder Betrieb gehörenden Gegenständen (§ 1085 BGB). Für die Frage, ob der Nießbraucher ein Einzelunternehmen führe, komme es nicht auf die rechtswirksame Bestellung des Nießbrauchs, sondern darauf an, wem die Gewinne aus dem Gewerbebetrieb zuzurechnen seien. Dies sei der Unternehmer. Es komme darauf an, wer wirtschaftlich das Risiko des Unternehmens trage, jahrelang von allen Beteiligten als Unternehmer behandelt werde und bei wem die Erträge tatsächlich verblieben. Im Streitfall hätten alle Beteiligten bis einschließlich 1962 die Klägerin zu 2 als Alleinunternehmerin behandelt. Dementsprechend sei auch das FA vorgegangen. Dies sei mit Zustimmung des Klägers zu 1 geschehen, denn dieser habe bis einschließlich 1962 in seinen Einkommensteuererklärungen nur geringfügige Einkünfte aus Kapitalvermögen angegeben. Nur diese habe das FA besteuert. Von 1963 an sei in den Gewerbesteuererklärungen die Erbengemeinschaft als Unternehmer bezeichnet; von diesem Zeitpunkt an seien auch Erklärungen zur einheitlichen Feststellung des Gewinns abgegeben worden. Folgerichtig habe man bis einschließlich des Jahres 1962 nur für die Klägerin zu 2 ein Kapitalkonto geführt. Auf den von den Klägern angeführten Umstand, der Kläger zu 1 und (bis zu dessen Tod im Jahre 1958) auch sein Bruder seien die alleinigen Geschäftsführer gewesen, komme es nicht an. Auch wenn dies zutreffe, so sei es gleichwohl möglich, daß das Testament des Vaters, das den Nießbrauch für die Klägerin zu 2 vorgesehen habe, respektiert worden sei. Auch die Tatsache, daß - wie vorgebracht worden sei - die Söhne hätten Entnahmen vornehmen können, führe zu keiner anderen Beurteilung. Diese Entnahmen seien von den Söhnen weder als Arbeitslohn noch als Unternehmergewinn der Besteuerung unterworfen worden. Die Entnahmen hätten sie nur mit der generellen Zustimmung der Klägerin zu 2 vornehmen dürfen. Sie seien daher bei dieser Einkommensverwendung.
Das FG hat im Rubrum seiner Entscheidung die Fa. Sch. sowie die Kläger zu 1 und 2 jeweils als Kläger angesehen und die Kosten des Verfahrens "den Klägern" auferlegt.
Mit ihrer Revision führen die Kläger - wie schon vor dem FG - aus, die Klägerin zu 2 habe bis zum Tode ihres Mannes mit dem Gewerbebetrieb nichts zu tun gehabt. Ihre Tätigkeit habe sich auf die Familie und ihren häuslichen Arbeitskreis beschränkt; über eine kaufmännische oder technische Ausbildung habe sie nicht verfügt. Die Führung des Unternehmens sei für sie eine schwere physische und seelische Belastung gewesen, da sie nach dem Tode ihres Mannes im Alter von bereits 50 Jahren die Leitung des Betriebs habe übernehmen und Entscheidungen treffen müssen, die ihr völlig wesensfremd gewesen seien und deren Tragweite sie nicht übersehen habe. Auch hätten leitende Angestellte in dieser Zeit entlassen werden müssen. Es sei daher eine Erlösung gewesen, als die beiden Söhne nach Beendigung ihrer Berufsausbildung als Diplomingenieur bzw. als Diplomkaufmann die volle Tätigkeit im Betrieb aufgenommen und dessen Leitung übernommen hätten. Von da an habe sich die Klägerin zu 2 nicht mehr um den Betrieb gekümmert. Sie habe ihren Söhnen keinerlei Auflagen gemacht oder Weisungen erteilt. Nach dem Tode des Sohnes K. sei die gesamte Geschäftsführung auf ihren Sohn H. übergegangen. Er allein habe die Entscheidungen auch bei Verhandlungen getroffen, die über das hinausgegangen seien, was der gewöhnliche Geschäftsverkehr mit sich gebracht habe. Er sei auch allein nach außen als Vertreter des Unternehmens aufgetreten. Damit habe der Kläger zu 1 die Unternehmerinitiative gehabt und das Unternehmerrisiko getragen (Hinweis auf BFH-Urteil vom 28. Januar 1971 IV 127/64, BFHE 102, 362, BStBl II 1971, 662). Auch die Eintragung im Handelsregister 1961 spreche dafür. Der Nießbrauch der Klägerin zu 2 sei nicht vollzogen, insbesondere der Nießbrauch an den Betriebsgrundstücken nicht nach § 873 BGB i. V. m. § 1030 BGB dinglich wirksam bestellt worden.
Die Kläger beantragen, das Urteil des FG aufzuheben und (sinngemäß) das FA zu verpflichten, dem Kläger zu 1 9/16 des im Jahre 1961 entstandenen Verlustes von insgesamt 168 601 DM zuzurechnen. Sie beantragen ferner hilfsweise (für den Fall, daß es auf die wirksame Durchführung des Nießbrauchs und damit auf die Einholung eines Grundbuchauszugs ankommen sollte), die Sache zur anderweitigen Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Es hält das Urteil des FG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Die bisherigen tatsächlichen Feststellungen des FG lassen nicht den Schluß zu, daß das Betriebsergebnis der Fa. Sch. nur der Klägerin zu 2 als Alleinunternehmerin zuzurechnen sei (§ 15 Nr. 1 EStG) und daß daher eine (einheitliche und) gesonderte Feststellung nach § 180 der Abgabenordnung - AO 1977 - (§ 215 der Reichsabgabenordnung - AO -) unterbleiben dürfe.
1. Die Frage, ob im Einzelfall ein Unternehmen auf Rechnung und Gefahr nur einer oder mehrerer Personen geführt wird (§ 15 Nrn. 1 und 2 EStG), ist nach den Umständen des einzelnen Falles zu entscheiden. Häufig wird sich schon aufgrund der Vorschriften des bürgerlichen Rechts bestimmen lassen, wer Unternehmer ist. Ist zweifelhaft, ob bei bürgerlich-rechtlicher Beurteilung nur eine Person zur Führung des Unternehmens berechtigt war oder ob diese Befugnis mehreren zustand, so ist entscheidend darauf abzustellen, wie sich die Beteiligten tatsächlich verhalten haben. In diesem Sinne ist es zu verstehen, wenn der erkennende Senat in früheren Entscheidungen zu § 15 EStG ausgeführt hat, die einkommensteuerrechtliche Stellung eines Nießbrauchers beurteile sich nach der tatsächlichen Gestaltung der Verhältnisse durch die beteiligten Personen; steuerrechtlich komme es nicht so sehr auf die bürgerlich-rechtlich fehlerlose Gestaltung der Rechtsverhältnisse als vielmehr darauf an, wer wirtschaftlich das Risiko des Unternehmens trage, jahrelang von allen Beteiligten als Unternehmer behandelt wurde, und bei wem die Erträge tatsächlich verblieben (BFH-Urteile vom 28. Februar 1961 I 25/61 U, BFHE 72, 689, BStBl III 1961, 252; vom 11. April 1961 I 129/60 U, BFHE 73, 231, BStBl III 1961, 352). Dies gilt auch für die Gestaltung eines Nießbrauchs zwischen nahen Familienangehörigen jedenfalls dann, wenn der bürgerlich-rechtliche Inhalt, die rechtliche Begründung und der tatsächliche Vollzug eines testamentarisch vorgesehenen Nießbrauchs in Frage stehen.
2. Aufgrund der Vorschriften des bürgerlichen Rechts kann nicht eindeutig bestimmt werden, wer im Streitjahr berechtigt war, das Unternehmen der Fa. Sch. als Unternehmer (Mitunternehmer) auf eigene Rechnung und Gefahr zu führen.
a) Bis zum Eintritt der Nacherbfolge im Jahre 1957 war die Klägerin zu 2 (unstreitig) Alleinunternehmerin. Dies ergibt sich bereits aus ihrer bürgerlich-rechtlichen Stellung als Alleinerbin ihres verstorbenen Ehemannes. Sie war zu 1/4 Vollerbin, zu 3/4 Vorerbin. Denn die vom Erblasser letztwillig getroffene Verfügung, nach der die Klägerin zu 2 bei Eintritt der Nacherbfolge "ihren gesetzlichen Erbteil behalten" solle, ist dahin zu deuten, daß die Nacherbfolge (§§ 2100 ff. BGB) von vornherein nur auf einen Bruchteil des der Alleinerbin zugewandten Nachlasses beschränkt und daß die Klägerin zu 2 im übrigen (hinsichtlich ihres gesetzlichen Erbteils) Vollerbin wurde (vgl. zur Zulässigkeit, eine Nacherbschaft zu beschränken, Palandt/Keidel, Bürgerliches Gesetzbuch, 38. Aufl., Einführung vor § 2100, Anm. 3 a).
b) Mit dem Eintritt der Nacherbschaft traten die Söhne unmittelbar in die Rechtsnachfolge ihres Vaters ein (§ 1922 BGB). Es entstand eine Erbengemeinschaft (§§ 2032 ff. BGB). Die Verwaltung des Nachlasses stand allen Miterben gemeinschaftlich zu (§ 2038 BGB). Das in den Nachlaß fallende Einzelunternehmen ging auf die Erbengemeinschaft über (die sich nach dem Tod des Sohnes und Bruders K. im Jahre 1958 auf die Kläger beschränkte). Die Erbengemeinschaft konnt das Einzelunternehmen auf gemeinschaftliche Rechnung und Gefahr der Miterben fortführen, ohne daß es eines besonderen Gesellschaftsvertrags bedurfte (Palandt/Keidel, a. a. O., § 2032 Anm. 4). Sollte dies im Streitfall geschehen sein, so wären die nach Eintritt der Nacherbschaft entstandenen Gewinne (erlittenen Verluste) auch einkommensteuerrechtlich den Miterben anteilig zuzurechnen (BFH-Urteil vom 12. Januar 1978 IV R 5/75, BFHE 124, 436, BStBl II 1978, 333).
c) Das Recht des Klägers zu 1, das Unternehmen der Fa. Sch. im Streitjahr zusammen mit seiner Mutter als Miterbe zu führen, bestand dann nicht, wenn der testamentarisch der Klägerin zu 2 zugedachte Nießbrauch mit der Folge rechtswirksam begründet wurde, daß der Mutter das Recht zustand, nicht nur die Erträge des Nachlasses für sich zu beanspruchen (sogenannter Ertragsnießbrauch), sondern auch - hier zugleich unter Einsatz ihrer Stellung als Miterbe - das Unternehmen der Fa. Sch. in der Art eines sogenannten Unternehmensnießbrauchs auf eigene Rechnung und Gefahr selbst zu führen (vgl. zur Unterscheidung Palandt/Bassenge, a. a. O., § 1085 Anm. 4). Im Falle eines Unternehmensnießbrauchs wäre die Klägerin nicht gehindert gewesen, die Geschäftsführung im Streitjahr dem Kläger zu 1 zu überlassen, der dadurch - auch wenn er mit Zustimmung der Klägerin zu 2 weitgehende Entscheidungen im Betrieb zu treffen hatte - nicht ohne weiteres die Stellung eines Mitunternehmers erlangt hätte.
Indessen sind sowohl der Inhalt des Nießbrauchs als auch dessen wirksame Begründung zweifelhaft.
aa) Die testamentarische Verfügung, die Klägerin zu 2 solle nach Eintritt der Nacherbfolge für weitere fünf Jahre den Nießbrauch "an den auf die Nacherben übergehenden Nachlaß" behalten, läßt keine eindeutige Auslegung zu, ob damit der Klägerin zu 2 der Nießbrauch in dem umfassenden Sinne des Unternehmensnießbrauchs zustehen sollte. Hätte der Erblasser seiner Witwe eine so weitgehende Stellung einräumen wollen, so wäre es schwer zu erklären, weshalb dies in der Form des Nießbrauchs geschehen sollte, anstatt die Nacherbfolge noch für weitere fünf Jahre hinauszuschieben.
bb) Zweifel bestehen auch hinsichtlich der rechtswirksamen Begründung des Nießbrauchs überhaupt. In der testamentarischen Zuwendung des Nießbrauchs liegt ein Vermächtnis, auf dessen Erfüllung die Klägerin zu 2 einen schuldrechtlichen Anspruch hatte (§ 2147 BGB). Da die Klägerin zu 2 zugleich Vollerbin war, konnte sich der Nießbrauch nur auf den Anteil ihrer Söhne - im Streitjahr nur auf den Anteil des Klägers zu 1 - am Nachlaß erstrecken (Palandt/Bassenge, a. a. O., § 1089 Anm. 2). Er war nach den für den Nießbrauch an Rechten geltenden Vorschriften zu begründen (§ 1068 BGB). Die Begründung des Nießbrauchs (Erfüllung des Nießbrauchsvermächtnisses) bedurfte jedoch als Verfügung des Klägers zu 1 über seinen Anteil am Nachlaß der notariellen Beurkundung (§ 2033 Abs. 1 Satz 2 BGB). Eine formlose Abtretung des Anteils ist nach § 125 BGB nichtig. Weder hat das FG festgestellt, daß das Formerfordernis im Streitfall gewahrt wurde noch haben die Kläger zum Ausdruck gebracht, daß sie diese Form der wirksamen Bestellung des Nießbrauchs überhaupt erwogen haben.
3. Angesichts dieser Rechtslage könnte der Kläger zu 1 nur dann nicht als Mitunternehmer angesehen werden, wenn der Klägerin zu 2 nach einer in jeder Hinsicht eindeutigen und tatsächlichen Gestaltung wenigstens wirtschaftlich die Stellung eingeräumt worden wäre, die einem umfassenden Nießbrauch entsprach. Aus dem vom FG bisher festgestellten Sachverhalt läßt sich dieser Schluß nicht ziehen.
Das FG hat zwar zu Recht berücksichtigt, daß die Kläger zunächst viele Jahre hindurch bei Abgabe der Steuererklärungen folgerichtig davon ausgegangen sind, nach Eintritt der Nacherbfolge habe sich wirtschaftlich nichts geändert, da die Klägerin zu 2 den Nießbrauch behalten habe. Auf die steuerliche Behandlung allein kann es jedoch nicht ankommen, da die Erklärungen gegenüber dem FA auch auf einer unrichtigen Beurteilung der rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse beruhen können. Gegen die klare Durchführung eines Unternehmensnießbrauchs spricht schon der (unstreitige) Umstand, daß am 13. Juli 1961 im Handelsregister eingetragen wurde, die bisherige Geschäftsinhaberin (die Klägerin zu 2) sei aufgrund der Nacherbfolge ausgeschieden, Geschäftsinhaber seien die beiden Kläger in Erbengemeinschaft, die Prokura des Klägers zu 1 sei erloschen. Verstärkte Bedenken gegen den klaren Vollzug eines Unternehmensnießbrauchs ergeben sich, wenn man dem in tatsächlicher Hinsicht erforderlichenfalls noch zu überprüfenden Vortrag der Kläger folgt, der Kläger zu 1 habe das Unternehmen selbst geführt, dabei weitgehende Entscheidungen im Unternehmen getroffen, ohne dafür ein Gehalt zu beziehen, vielmehr habe er seinen Lebensunterhalt durch Entnahmen aus dem Betrieb bestritten. Bei dem damaligen Alter des Klägers zu 1 (30 Jahre) kann kaum davon ausgegangen werden, daß er seine Tätigkeit für die Mutter erbracht hat und daß ihm dafür Entnahmen der Mutter im Wege der Einkommensverwendung überlassen worden sind. Vielmehr spräche diese Handhabung dafür, daß der Kläger zu 1 in Ausübung des ihm als Miterben zustehenden Rechts gehandelt hat, den Betrieb zusammen mit seiner Mutter auf gemeinsame Rechnung zu führen. Dem entspräche es auch, wenn - wie die Kläger vor dem FG vorgetragen haben - das Kapitalkonto, auf dem die Betriebsergebnisse der Fa. Sch. festgehalten wurden, nach Beendigung des im Testament vorgesehenen Nießbrauchszeitraums im Verhältnis der Erbteile aufgeteilt wurde. Es ist richtig, wenn die Kläger geltend machen, daß bei Vollzug des Nießbrauchs die in den Jahren 1957 bis 1962 angefallenen Gewinne und Verluste bei der Auseinandersetzung zum Zeitpunkt der Beendigung des Nießbrauchs dem Kapitalanteil der Mutter hätten zugerechnet werden müssen. Bei der von den Klägern behaupteten tatsächlichen Sachbehandlung wäre auch kein Raum für die Annahme eines sogenannten Ertragsnießbrauchs der Mutter, der im übrigen die Stellung des Klägers zu 1 als Unternehmer unter keinem denkbaren Gesichtspunkt in Frage stellen könnte (vgl. Herrmann/Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, § 15 EStG, Anm. 27 h [1]).
4. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG wird unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des erkennenden Senats erneut über die Klage verhandeln und entscheiden müssen. Es wird dabei auch prüfen müssen, ob neben den Klägern zu 1 und 2 auch die Fa. Sch. Klage erhoben hat und ob eine solche Klage zulässig wäre.
Fundstellen
Haufe-Index 73456 |
BStBl II 1980, 266 |
BFHE 1980, 465 |