Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Schlüssigkeit der Rüge, das Urteil sei nicht mit Gründen versehen
Leitsatz (NV)
Der Verfahrensmangel, das Urteil sei wegen Versäumung der Frist von fünf Monaten nicht mit Gründen versehen, ist nur dann schlüssig gerügt, wenn im einzelnen Tatsachen dargelegt werden, aus denen abgeleitet werden kann, daß das Urteil nach Fristablauf niedergelegt und der Geschäftsstelle übergeben worden ist.
Normenkette
FGO § 105 Abs. 2 Nr. 5, § 116 Abs. 1 Nr. 5, § 119 Nr. 6
Verfahrensgang
Tatbestand
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) auf die mündliche Verhandlung vom 18. April 1995 als unbegründet ab. Das Urteil wurde am 18. April 1995 verkündet. Es wurde dem Kläger am 20. September 1995 zugestellt.
Der Kläger stützt seine Revision gegen dieses Urteil auf § 119 Nr. 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Er macht geltend, das Urteil sei ausweislich des Eintrags am Ende am 19. September 1995 und damit nicht innerhalb von fünf Monaten nach seiner Verkündung unterzeichnet worden.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt) beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen.
Er macht geltend, die Geschäftsstelle habe das Urteil zwar erst am 19. September 1995 ausgefertigt; daraus folge aber, daß das vollständig abgefaßte und vom Einzelrichter unterschriebene Urteil vor dem 19. September 1995, also vor Ablauf der Frist von fünf Monaten, niedergelegt und der Geschäftsstelle übergeben worden sei.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig.
Nach Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs findet abweichend von § 115 Abs. 1 FGO die Revision nur statt, wenn das FG oder auf Beschwerde der Bundesfinanzhof (BFH) sie zugelassen hat. Im Streitfall hat weder das FG noch der BFH die Revision zugelassen. Die Beschwerde wegen der Nichtzulassung der Revision hat der Senat mit Beschluß vom heutigen Tage als unzulässig verworfen.
Der Kläger hat Gründe für eine zulassungsfreie Revision (§ 116 FGO) nicht schlüssig vorgetragen. Zwar ist ein bei seiner Verkündung noch nicht vollständig abgefaßtes Urteil nicht mit Gründen versehen (§ 105 Abs. 2 Nr. 5 FGO) und daher als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend aufzuheben (§ 116 Abs. 1 Nr. 5, § 119 Nr. 6 FGO), wenn es erst mehr als fünf Monate nach Verkündung schriftlich niedergelegt und von den Richtern unterschrieben der Geschäftsstelle übergeben worden ist (vgl. Beschluß des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 27. April 1993 GmS--OGB 1/92, Neue Juristische Wochenschrift 1993, 2603; BFH- Urteil vom 23. August 1994 VI R 33/94, BFH/NV 1995, 239).
Die in § 116 Abs. 1 FGO aufgeführten Verfahrensmängel werden im Revisionsverfahren aber nur berücksichtigt, wenn sie wirksam gerügt worden sind (vgl. BFH-Urteil vom 21. April 1986 IV R 190/85, BFHE 146, 357, BStBl II 1986, 568). Der Verfahrensmangel, das Urteil sei wegen der Versäumung der Frist von fünf Monaten nicht mit Gründen versehen (§ 116 Abs. 1 Nr. 5, § 119 Nr. 6 FGO), ist nur dann schlüssig gerügt, wenn im einzelnen die Tatsachen dargelegt worden sind, aus denen abgeleitet werden kann, daß das Urteil nach Fristablauf niedergelegt und der Geschäftsstelle übergeben worden ist.
Das Vorbringen des Klägers, das Urteil sei ausweislich des Eintrags am Ende am 19. September unterzeichnet worden, genügt diesen Anforderungen nicht. Denn das am Ende des Urteils vermerkte Datum betrifft die Ausfertigung des Urteils. Der Zeitpunkt der Ausfertigung des Urteils läßt keinen zwingenden Schluß darauf zu, wann das Urteil niedergelegt und der Geschäftsstelle übergeben worden ist. Tatsächlich ist im Streitfall das von dem Einzelrichter unterzeichnete und mit Gründen versehene Urteil ausweislich der auf dem Urteil befindlichen Erklärung, die der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle unterzeichnet hat, am 15. September 1995 und damit innerhalb der Frist von fünf Monaten der Geschäftsstelle übergeben worden.
Fundstellen
Haufe-Index 421263 |
BFH/NV 1996, 494 |