Leitsatz (amtlich)
Ein Ehegatte erwirbt ein zum Gesamtgut gehörendes Grundstück dann "zur Teilung des Gesamtguts" und damit steuerfrei, wenn der Erwerb geschieht zur Auseinandersetzung der Ehegatten hinsichtlich des Gesamtguts nach beendeter Gütergemeinschaft, nicht dagegen, wenn bei fortbestehender Gütergemein- schaft das Grundstück aus dem Gesamtgut ausgegliedert und durch Ehevertrag zu seinem Vorbehaltsgut erklärt wird.
Normenkette
GrEStG § 3 Nr. 5; BGB §§ 1416, 1418, 1471, 1480 S. 1, § 1481 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) und ihr Ehemann, ein Kaufmann, hatten durch Ehevertrag vom 21. Mai 1958 Gütergemeinschaft vereinbart. Zu ihrem gemeinschaftlichen Vermögen (Gesamtgut) gehörten mehrere Grundstücke. Auf einem der Grundstücke betrieben sie eine Gastwirtschaft. Durch weiteren Ehevertrag vom 21. Dezember 1973 samt Nachtrag vom 28. Januar 1974 erklärten sie die Grundstücke sowie die Gastwirtschaft zum Vorbehaltsgut der Klägerin. Gleichzeitig erklärten sie, sie setzten sich hinsichtlich dieser Vermögensgegenstände in der Weise auseinander, daß die Klägerin den Grundbesitz zum Alleineigentum, die Gastwirtschaft als Alleinberechtigte erhält.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) setzte durch vorläufigen Bescheid vom 27. August 1976 die Grunderwerbsteuer auf 17 745,60 DM fest; den Einspruch wies er zurück. Die Übertragung der Grundstücke aus dem Gesamtgut in das Vorbehaltsgut der Klägerin unterliege der Grunderwerbsteuer (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes - GrEStG -) und sei nicht gemäß § 3 Nr. 5 GrEStG steuerfrei, weit sie nicht "zur Teilung des Gesamtguts" vorgenommen worden sei. Die gesetzliche Formulierung "zur Teilung des Gesamtguts" bedeute, daß die Steuerfreiheit nur dann eintrete, "wenn der Güterstand der Gütergemeinschaft beendet" werde "und ... die Auseinandersetzung" erfolge. Die Gütergemeinschaft der Eheleute sei indes nicht beendet worden.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin begehrt, den Steuerbescheid und die Einspruchsentscheidung ersatzlos aufzuheben. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin unrichtige Anwendung des § 3 Nr. 5 GrEStG. Sie beantragt, das Urteil des FG aufzuheben, hilfsweise die Sache an das FG zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Das FG hat den angefochtenen vorläufigen Grunderwerbsteuerbescheid zutreffend für rechtmäßig erachtet.
Der Vertrag vom 21. Dezember 1973 ("Vereinbarung von Vorbehaltsgut und Auseinandersetzung" ) samt "Nachtrag" vom 28. Januar 1974 unterliegt der Grunderwerbsteuer, denn er begründet den Anspruch der Klägerin gegen ihren Ehemann (der vereinbarungsgemäß das Gesamtgut verwaltet) auf Übereignung der bezeichneten Grundstücke (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG i. V. m. § 1408 Abs. 1, § 1416, § 1418, § 1419, § 1422 BGB). Der Erwerbsvorgang ist nicht gemäß § 3 Nr. 5 GrEStG steuerfrei. Nach Satz 1 dieser Vorschrift ist von der Besteuerung ausgenommen "der Erwerb eines zum Gesamtgut gehörigen Grundstücks durch Teilnehmer an einer ehelichen ... Gütergemeinschaft zur Teilung des Gesamtguts". Diese Befreiungsvorschrift ist nicht anwendbar, weil die Klägerin die bezeichneten Grundstücke nicht "zur Teilung des Gesamtguts" erworben hat. Das Tatbestandsmerkmal "Erwerb ... zur Teilung des Gesamtguts" setzt voraus, daß der Güterstand der Gütergemeinschaft beendet ist und die Ehegatten sich hinsichtlich des Gesamtguts auseinandersetzen. Es ist nicht erfüllt, wenn bei fortbestehender Gütergemeinschaft einzelne Grundstücke aus dem Gesamtgut ausgegliedert und durch Ehevertrag zum Vorbehaltsgut eines der Ehegatten erklärt werden (§ 1418 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB). Das folgt aus dem Wortlaut der Befreiungsvorschrift und ihrem Zusammenhang mit den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Gütergemeinschaft. Nur bei den Vorschriften über die "Auseinandersetzung des Gesamtguts ... nach der Beendigung der Gütergemeinschaft" (§ 1471 BGB) spricht das Gesetz davon, daß "das Gesamtgut geteilt" wird (vgl. §§ 1480, 1481 BGB).
Für dieses Auslegungsergebnis spricht auch der Zusammenhang der Befreiungsvorschrift mit der Vorschrift des § 3 Nr. 3 GrEStG. Nach deren Satz 1 ist von der Besteuerung ausgenommen "der Erwerb eines zum Nachlaß gehörigen Grundstücks durch Miterben zur Teilung des Nachlasses". Die beiden Begriffe "Erwerb ... zur Teilung des Nachlasses" und "Erwerb ... zur Teilung des Gesamtguts" setzen jeweils voraus, daß der Erwerb unmittelbar der Auseinandersetzung des gesamthänderisch gebundenen gemeinschaftlichen Vermögens unter den Beteiligten dient. Diese Auseinandersetzung unter den Beteiligten zu erleichtern, ist der Sinn der Vorschrift (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 13. Januar 1970 II 132/65, BFHE 98, 453, 457, BStBl II 1970, 440 mit weiteren Nachweisen).
Für dieses Auslegungsergebnis spricht schließlich der Zusammenhang der Befreiungsvorschrift mit der Vorschrift des § 3 Nr. 4 GrEStG. Nach dieser Vorschrift ist steuerfrei der Grundstückserwerb durch einen Ehegatten "bei Begründung der ehelichen Gütergemeinschaft". Die Begründung der ehelichen Gütergemeinschaft zu erleichtern, konnte dem Gesetzgeber geboten erscheinen, weil die dadurch herbeigeführte Übereinstimmung zwischen tatsächlicher und rechtlicher Situation (zahlreiche Ehegatten sehen ihr beiderseitiges Vermögen als gemeinschaftlich an) "auch in der Ehe zur Harmonie beitragen, jedenfalls Schwierigkeiten vermeiden kann, die die fehlende Übereinstimmung mit sich bringt" (Kanzleiter in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, § 1415 Rdnrn. 17, 22). Grundstücksgeschäfte zwischen Ehegatten nach Begründung der ehelichen Gütergemeinschaft und vor deren Beendigung wollte der Gesetzgeber jedoch nicht allgemein von der Grunderwerbsteuer befreien. Eine im Jahre 1918 bei den Beratungen des Entwurfs eines Grunderwerbsteuergesetzes gegebene Anregung, "auch alle einschlägigen Rechtsgeschäfte zwischen Ehegatten ... frei zu lassen", war zurückgezogen worden, nachdem der Regierungskommissar Einwendungen vorgebracht hatte.
Die Klägerin wiederholt ihre bereits vor dem FG vertretene Ansicht, der bezeichnete Ehevertrag samt Nachtrag sei steuerfrei, weil er "eine Teilauseinandersetzung des Gesamtguts" zum Inhalt habe. Der BFH habe zu der Befreiungsvorschrift der Nr. 3 des § 3 GrEStG entschieden, daß "nicht nur die gänzliche Teilung des Nachlasses, sondern auch einzelne Maßnahmen zur Auseinandersetzung" begünstigt seien (Urteil vom 27. Juni 1967 II 50/64, BFHE 89, 573, 576).
Dieser Ansicht ist das FG mit Recht nicht gefolgt. Zwar ist der Abschnitt C des Vertrags und des Nachtrags mit "Auseinandersetzung" überschrieben. Aber die unter dieser Überschrift getroffenen und beurkundeten Vereinbarungen haben nicht etwa eine Teilauseinandersetzung der Ehegatten hinsichtlich des Gesamtguts nach beendeter Gütergemeinschaft zum Gegenstand, sondern handeln im wesentlichen von dem Übergang des Eigentums, des Besitzes, der Nutzungen und Lasten an den zum Vorbehaltsgut der Klägerin erklärten Vermögensgegenständen bei fortbestehender Gütergemeinschaft.
Die Klägerin meint, es wäre für sie "leicht gewesen, zur Vermeidung der Steuerpflicht die Gütergemeinschaft im damaligen Zeitpunkt bei Übertragung der Grundstücke aufzuheben und zu einem späteren Zeitpunkt eine solche neu zu begründen unter Vereinbarung von Vorbehaltsgut für die streitigen Grundstücksgeschäfte. Das wirtschaftliche Ergebnis wäre das gleiche wie vereinbart" gewesen, "es wären jedoch ... unnötige Beurkundungs- und Umschreibungskosten entstanden". Infolgedessen - so meint die Klägerin weiter - dürfe die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 5 GrEStG "nicht eng ausgelegt werden", damit "wirtschaftlich unsinnige Maßnahmen vermieden werden". Die Vorschrift müsse so "ausgelegt'' werden, daß sie mitumfasse den Erwerb eines zum Gesamtgut gehörenden Grundstücks, das durch Ehevertrag zum Vorbehaltsgut eines Ehegatten erklärt worden sei, auch wenn die Gütergemeinschaft fortbestehe.
Dies wäre indes nicht mehr Auslegung, sondern Änderung des Gesetzes. Hierfür sind die Finanzverwaltungsbehörden und die Finanzgerichte nicht zuständig (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes). Es ist ihnen verwehrt, einen vom Gesetzgeber nicht vorgesehenen Befreiungstatbestand von sich aus zu schaffen oder einen gesetzlich genau umrissenen Befreiungstatbestand aufgrund eigener Wertvorstellungen auszuweiten (BFH-Urteil vom 30. August 1972 II R79/72, BFHE 107, 155, 156, BStBl II 1973, 30). Der vom Bundesrat eingebrachte Entwurf eines Bundesgesetzes zur Grunderwerbsteuer sieht zwar vor, daß auch "der Grundstückserwerb durch den Ehegatten des Veräußerers" allgemein von der Besteuerung ausgenommen ist (Bundestags-Drucksache 9/251 vom 19. März 1981, § 3 Nr. 4); das im vorliegenden Fall anzuwendende bayerische Grunderwerbsteuergesetz enthält eine solche Befreiungsvorschrift jedoch nicht.
Die Ausführungen des FG zur Besteuerungsgrundlage und zur vorläufigen Steuerfestsetzung sind frei von Rechtsirrtum.
Fundstellen
Haufe-Index 413692 |
BStBl II 1981, 770 |
BFHE 1981, 62 |
NJW 1982, 128 |