Entscheidungsstichwort (Thema)
Kfz-Steuer Masseverbindlichkeit (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO), wenn Fahrzeug verkehrsrechtlich auf Schuldner zugelassen
Leitsatz (NV)
Die nach Insolvenzeröffnung entstandene Kraftfahrzeugsteuer ist Masseverbindlichkeit i.S. von § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, solange die Steuerpflicht wegen der verkehrsrechtlichen Zulassung des Fahrzeugs auf den Schuldner noch andauert; es kommt nicht darauf an, ob das Fahrzeug schon vor Insolvenzeröffnung an den Leasinggeber zurückgegeben worden war (Ergänzung zum BFH-Urteil vom 29. August 2007 IX R 4/07).
Normenkette
KraftStG § 5 Abs. 1 Nr. 1; InsO § 55 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Auf die AI-GmbH (im Folgenden A) waren ein LKW bis zu seiner verkehrsrechtlichen Abmeldung am 13. Februar 2002 und ein PKW bis zur Zulassung auf einen neuen Halter am 28. Februar 2002 zugelassen. Mit Beschluss des Amtsgerichts vom 7. Dezember 2001 wurde über das Vermögen der A das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger und Revisionskläger (Kläger) als Insolvenzverwalter bestellt. Dieser erklärte dem Geschäftsführer der A am 30. Januar 2002, dass er die Fahrzeuge aus der Masse freigebe.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte die Kraftfahrzeugsteuer für die Fahrzeuge, um die es hier geht, gegenüber dem Kläger fest. Seinen Einspruch begründete der Kläger u.a. mit der zugleich erklärten Freigabe aus der Masse. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung seines Urteils aus, die Kraftfahrzeugsteuerpflicht könne nicht durch die Freigabe, sondern nur durch eine Aufhebung des "Haltens" mittels Abmeldung der Fahrzeuge bei der Zulassungsstelle herbeigeführt werden.
Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers. Die Fahrzeuge seien nicht für die Masse genutzt worden und hätten auch nicht der Verwaltung des Klägers unterlegen. Sie seien dem Leasinggeber überlassen worden. Das FG habe den vorgetragenen Sachverhalt unzutreffend für unerheblich gehalten und ausschließlich auf die Haltereigenschaft abgestellt. Ferner sei zu berücksichtigen gewesen, dass der Kläger die Fahrzeuge aus der Masse freigegeben habe.
Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil, die Kraftfahrzeugsteuerbescheide vom 20. Februar 2002 und 12. März 2002 sowie die Einspruchsentscheidungen vom 29. November 2002 aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet. Sie ist nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat zutreffend das FA als berechtigt angesehen, den Kläger für die ab Insolvenzeröffnung bis zur verkehrsrechtlichen Ab- und Ummeldung der Fahrzeuge entstandene Kraftfahrzeugsteuer in Anspruch zu nehmen.
Die Kraftfahrzeugsteuer entsteht auch für die Zeit ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Die Steuerpflicht dauert nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) bei einem --wie hier-- inländischen Fahrzeug, solange es zum Verkehr zugelassen ist; Steuerschuldner ist die Person, für die das Fahrzeug zum Verkehr zugelassen ist (§ 7 Nr. 1 KraftStG).
Der Kläger muss als Insolvenzverwalter nach § 34 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 der Abgabenordnung die Steuer aus der Insolvenzmasse bezahlen. Dagegen spricht entgegen der Revision nicht die fehlende tatsächliche Verfügungsbefugnis des Klägers. Deshalb durfte das FG offenlassen, ob der Vortrag des Klägers, die Fahrzeuge hätten sich wegen der Rückgabe an den Leasinggeber bereits vor der Insolvenzeröffnung nicht mehr im Besitz des Schuldners befunden, zutreffend ist.
Nach der Entscheidung des erkennenden Senats vom 29. August 2007 IX R 4/07 (BFHE), auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, ist die nach der Insolvenzeröffnung entstandene Kraftfahrzeugsteuer auch dann Masseverbindlichkeit i.S. von § 55 Abs. 1 Nr. 1 der Insolvenzordnung, wenn sich das Kraftfahrzeug nicht mehr im Besitz des Schuldners befindet, die Steuerpflicht aber noch andauert. Der Senat folgt damit der Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 18. Dezember 1953 II 190/52 U (BFHE 58, 358, BStBl III 1954, 49), wonach dem Gesetz die rechtlich unwiderlegliche Vermutung zu entnehmen ist, dass das Fahrzeug von demjenigen, für den es zugelassen ist, bis zur Außerbetriebsetzung gehalten wird. Das unwiderlegbar rechtsvermutete Halten führt zu einer gesetzlich unterstellten Verwendungsmöglichkeit und Verfügungsgewalt "im Geschäft" des Schuldners und damit im Rahmen der Insolvenzmasse. Daran ändert sich auch --wie das FG zutreffend entschieden hat-- durch eine vom Insolvenzverwalter ausgesprochene Freigabe aus der Masse nichts (vgl. das BFH-Urteil vom 29. August 2007 IX R 4/07, unter III. 2. b dd (3) a.E.).
Fundstellen
Haufe-Index 1828607 |
BFH/NV 2008, 113 |