Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde. Rechtskrafterstreckung eines Urteils nur bezüglich der Rechtsfolge. Wert des Beschwerdegegenstandes. Wert der Beschwer bei Auskunft und Rechnungslegung. Beschwer eines Testamentsvollstreckers bei Streit über Bestehen und Reichweite seiner Befugnisse
Leitsatz (amtlich)
Zum Streitwert der bestrittenen Befugnisse eines Testamentsvollstreckers.
Normenkette
EGZPO § 26 Nr. 8; ZPO § 3
Verfahrensgang
OLG Celle (Urteil vom 09.01.2003) |
LG Hannover |
Tenor
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 6. Zivilsenats des OLG Celle v. 9.1.2003 wird auf Kosten des Beklagten zu 2) als unzulässig verworfen.
Streitwert: 5.000 Euro
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Auseinandersetzung der beiden Nachlässe ihrer Eltern. Dabei geht es jetzt noch um drei Komplexe:
1. Die Klägerin hat den Beklagten in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker, d. h. als Beklagter zu 2), auf Feststellung in Anspruch genommen, dass er verpflichtet sei, das ursprünglich den Eltern gehörende Hausgrundstück bei der Auseinandersetzung auf sich persönlich zu übertragen und der Klägerin die im gemeinschaftlichen Testament der Eltern vorgesehene Ausgleichszahlung von 750.000 DM zu leisten. Das LG hat diesem Antrag stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage insoweit nicht - wie vom Beklagten zu 2) beantragt - als unzulässig, sondern als unbegründet abgewiesen, weil das Haus nach dem Tod des zuerst verstorbenen Vaters von der Mutter als befreiter Vorerbin schon zu Lebzeiten jeder der Parteien je zur Hälfte übertragen worden ist, damit wirksam aus dem Nachlass ausgeschieden sei und einer Erbauseinandersetzung nicht mehr unterliege.
2. Ferner hat das LG auf Antrag der Klägerin den Beklagten zu 2) verurteilt, unverzüglich Abrechnungen über Einnahmen und Ausgaben aus der Vermietung von vier der Klägerin gehörenden Eigentumswohnungen für die Zeit v. 24.3.1997 bis zum 31.12.2000 zu erteilen. Insoweit ist die Berufung zurückgewiesen worden, weil der Beklagte zu 2) als Testamentsvollstrecker den Hausverwaltungsvertrag, den die Mutter der Parteien als Nießbraucherin dieser Wohnungen abgeschlossenen hatte, nicht unverzüglich beendet habe. Wegen unberechtigter Geschäftsführung habe er dafür zu sorgen, dass die nach dem Tod der Mutter erzielten Mieteinnahmen nicht in den Nachlass gelangen, sondern an die Klägerin abgeführt werden.
3. Schließlich hat das Berufungsgericht die Widerklage des Beklagten zu 2), mit der er die Feststellung begehrt, die Klägerin sei als befreite Vorerbin nach der Mutter nicht berechtigt, das Vorerbe ohne Bedarf für den Lebensunterhalt frei für sich zu verbrauchen, als unzulässig abgewiesen. Dem Beklagten zu 2) fehle das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche rechtliche Interesse. Die von ihm beantragte Feststellung beziehe sich auf die Zeit nach der bereits abgeschlossenen Erbauseinandersetzung; die dem Beklagten zu 2) obliegende Testamentsvollstreckung beschränke sich aber darauf, die Auseinandersetzung zu bewirken.
Das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Mit seiner Beschwerde möchte der Beklagte zu 2) erreichen, dass das Berufungsurteil, soweit es zu seinem Nachteil ergangen ist, aufgehoben und seinen Schlussanträgen in der zweiten Instanz stattgegeben wird. Zu den drei dargestellten Komplexen legt der Beschwerdeführer im Hinblick auf § 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO Gesichtspunkte dar, die nach seiner Auffassung die Zulassung der Revision rechtfertigen.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde war als unzulässig zu verwerfen, weil der Wert des Beschwerdegegenstands den nach § 26 Nr. 8 EGZPO erforderlichen Betrag von 20.000 Euro nicht übersteigt, wie die Beschwerdegegnerin mit Recht hervorhebt.
1. Was zunächst die Klage auf Feststellung betrifft, dass der Beklagte zu 2) die Auseinandersetzung bezüglich des elterlichen Hausgrundstücks nach näherer Maßgabe der von der Klägerin gestellten Anträge zu bewirken habe, ist der Beschwerdeführer der Meinung, dadurch werde seinem Ermessen als Testamentsvollstrecker vorgegriffen; die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine bestimmte Auseinandersetzung, sondern könne allenfalls die Unwirksamkeit eines vom Beklagten zu 2) aufgestellten Teilungsplans geltend machen. Die Klage sei deshalb unzulässig. Zwar beschwere eine Abweisung als unbegründet statt als unzulässig einen Beklagten im Allgemeinen nicht. Hier erstrecke sich die Rechtskraft des Berufungsurteils aber auf den ausschlaggebenden Abweisungsgrund, nämlich dass das Hausgrundstück nicht zum auseinander zu setzenden Nachlass gehöre. Zumindest entstehe dieser Eindruck bei Dritten; das reiche für eine Beschwer des Beklagten zu 2) aus (Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., Einl. vor § 511 Rz. 99). Der Verkehrswert des Hauses sei von den Eltern der Parteien in ihrem Testament auf 1,5 Mio. DM (766.937,82 Euro) geschätzt worden. Dass dem Beklagten zu 2) insoweit keine Befugnisse als Testamentsvollstrecker zustünden, beschwere ihn i. H. v. mehr als 20.000 Euro.
Nach der Rechtsprechung des BGH sind Urteile jedoch der Rechtskraft nach § 322 Abs. 1 ZPO nur insoweit fähig, als über den geltend gemachten Anspruch entschieden worden ist, d. h. nur bezüglich der Rechtsfolge, die auf Grund von Klage oder Widerklage den Entscheidungssatz bildet. Dabei enthält die rechtskräftige Feststellung einer Rechtsfolge zugleich die Feststellung, dass das sog. kontradiktorische Gegenteil nicht gegeben sei (st. Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 11.11.1994 - V ZR 46/93, MDR 1995, 953 = NJW 1995, 967, unter II 1 und 2). Über den rechtskraftfähigen Inhalt einer angefochtenen Entscheidung hinaus ist eine Beschwer grundsätzlich nicht anzuerkennen. Ein Rechtsmittel kommt also nicht in Betracht, wenn für dieselbe Entscheidung nur eine andere Begründung erstrebt wird (BGH v. 2.12.1981 - IVb ZR 638/80, BGHZ 82, 246 [253] = MDR 1982, 392; Beschl. v. 16.4.1996 - XI ZR 302/95, MDR 1996, 960 = NJW-RR 1996, 828, unter II 3 im Hinblick auf ein aberkanntes Zurückbehaltungsrecht). Anders kann es allenfalls dann liegen, wenn das anzufechtende Urteil den Anschein einer in Wahrheit nicht bestehenden Beschwer schafft (vgl. BGH, Urt. v. 10.3.1993 - VIII ZR 85/92, MDR 1993, 511 = NJW 1993, 2052, unter II 1b; vgl. Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., vor § 511 Rz. 22). Entgegen einer im Schrifttum vertretenen Meinung erstreckt sich die Bindungswirkung eines Urteils aber nicht auf präjudizielle Rechtsverhältnisse (BGH, Urt. v. 26.6.2003 - I ZR 269/00, BGHReport 2003, 1160 = MDR 2003, 1247 = NJW 2003, 3058, unter II 1 b).
Mithin ist der Beklagte zu 2) hier nicht dadurch beschwert, dass die Klage auf Feststellung einer Verpflichtung zur Erbauseinandersetzung des elterlichen Hausgrundstücks nach Maßgabe der Anträge der Klägerin in der Sache und nicht - wie vom Beklagten beantragt - durch Prozessurteil abgewiesen worden ist. Der Rechtskraft fähig ist allein der Rechtsfolgeausspruch, dass eine Verpflichtung zur Auseinandersetzung, so wie sie die Klägerin insbesondere zur (streitigen) Höhe einer ihr zustehenden Ausgleichszahlung festgestellt wissen will, hinsichtlich dieses Objekts nicht bestehe. In der Verneinung einer derartigen Verpflichtung des Beklagten zu 2) liegt der für die Klageabweisung ausschlaggebende Grund. Soweit das Berufungsgericht diese Entscheidung nicht auf die vom Beklagten zu 2) als Testamentsvollstrecker in Anspruch genommene Befugnis stützt, die Auseinandersetzung auf andere Art als von der Klägerin beantragt zu bewirken, sondern darauf, dass es sich bei dem Haus gar nicht um einen Bestandteil des vom Beklagten zu 2) auseinander zu setzenden Nachlasses handle, geht es um eine Vorfrage, deren Beantwortung nicht an der Rechtskraft teilnimmt. Wenn der Beklagte zu 2) trotz des von ihm bekämpften Berufungsurteils eine Erbauseinandersetzung in Bezug auf das elterliche Hausgrundstück nach seinen Vorstellungen durchführen wollte, könnte dem zwar entgegenstehen, dass - wie das Berufungsgericht meint - dieses Haus nicht zum Nachlass gehört; rechtskräftig festgestellt worden ist dies durch das Berufungsurteil jedoch nicht. Damit kommt dem Berufungsurteil, soweit es die Feststellungsklage zur Auseinandersetzung bezüglich des Hausgrundstücks nicht durch Prozessurteil, sondern in der Sache abgewiesen hat, auch kein den Beklagten zu 2) beschwerender Wert zu.
2. a) Hinsichtlich der Verurteilung des Beklagten zu 2) zur Abrechnung der Einnahmen und Ausgaben bezüglich der vier vermieteten Eigentumswohnungen der Klägerin für den Zeitraum v. 24.3.1997 bis zum 31.12.2000 kommt es allein auf den Aufwand an Zeit und Kosten an, den die Auskunft und Rechnungslegung erfordern (vgl. BGH v. 24.11.1994 - GSZ 1/94, BGHZ 128, 85 ff. = GmbHR 1995, 301). Davon geht auch der Beschwerdeführer aus. Er trägt vor, die von der Mutter der Parteien beauftragte Hausverwaltung habe die Einnahmen und Ausgaben nicht getrennt nach Wohnungen, sondern einheitlich für das gesamte, aus insgesamt acht Eigentumswohnungen bestehende Objekt erfasst. Der Beschwerdeführer, dem die anderen vier Eigentumswohnungen in seiner Eigenschaft als Privatperson gehören, habe die Gesamtabrechnungen in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker überprüft und auch der Klägerin zugeleitet; wenn sich genügend Überschüsse angesammelt hätten, seien sie zwischen der Klägerin und dem Beklagten persönlich aufgeteilt worden. Der Beschwerdeführer müsse auf der Grundlage des Berufungsurteils nunmehr die Einnahmen und Ausgaben jeweils nach Wohnungen trennen. Diese Auskunft könne er nur erteilen und verantworten, wenn er sie selbst erstelle. Hierzu müsse er sich die Belege von der Hausverwaltung aushändigen lassen und versuchen, sie den jeweils betroffenen Wohnungen zuzuordnen. Dies erfordere einen Arbeitsaufwand von voraussichtlich über 400 Stunden. Nach den Grundsätzen des Senatsurteils v. 7.3.2001 (BGH, Urt. v. 7.3.2001 - IV ZR 155/00, BGHReport 2001, 481 = BGHR ZPO § 3 Rechtsmittelinteresse 47) sei für den Beklagten zu 2) (- von Beruf Rechtsanwalt -) ein Stundensatz von 50 Euro zugrunde zu legen. Hinzu komme, dass eine Zuordnung von Kosten, die das Gemeinschaftseigentum betreffen, zu einzelnen Wohnungen nicht möglich sei. Dem trage der Tenor der Verurteilung des Beklagten zu 2) jedoch nicht Rechnung. Daher seien unberechtigte Vollstreckungsmaßnahmen zu befürchten, deren Abwehr mit weiteren Kosten für den Beklagten zu 2) verbunden sei.
b) Damit ist ein 20.000 Euro übersteigender Wert jedoch nicht glaubhaft gemacht worden (vgl. BGH, Beschl. v. 25.7.2002 - V ZR 118/02, BGHReport 2002, 941 = MDR 2002, 1389 = NJW 2002, 3180, unter II).
aa) Es ist weder dargelegt noch ersichtlich, wie sich der vom Beschwerdeführer zu Grunde gelegte Stundensatz von 50 Euro rechtfertigt. Bei der Auskunft und Rechnungslegung, die der Beklagte zu 2) zu erteilen hat, geht es nicht um berufstypische Leistungen, so dass der Zeitaufwand nicht danach bewertet werden kann, welche Vergütung der Beklagte zu 2) sonst verlangen könnte (vgl. BGH, Beschl. v. 21.6.2000 - XII ZB 12/97, NJW 2000, 3073, unter II 2; Urt. v. 11.7.2001 - XII ZR 14/00, BGHReport 2001, 892 = NJW-RR 2002, 145, unter 2). Der Beschwerdeführer legt auch nicht dar, dass und ggf. in welcher Höhe ihm berufliche Einkünfte entgehen (vgl. BGH, Urt. v. 24.6.1999 - IX ZR 351/98, MDR 1999, 1222 = NJW 1999, 3050, unter III 3). Der Zeitaufwand für Auskünfte und Rechnungslegung ist mithin in Anlehnung an den Stundensatz zu bewerten, den der Beklagte zu 2) als Zeuge oder durch eine Terminswahrnehmung als Partei im Zivilprozess (§ 91 Abs. 1 S. 2 ZPO) nach dem Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen erhalten würde (BGH, Urt. v. 7.3.2001 - IV ZR 155/00, BGHReport 2001, 481 = BGHR ZPO § 3 Rechtsmittelinteresse 47; Urt. v. 11.7.2001 - XII ZR 14/00, BGHReport 2001, 892 = NJW-RR 2002, 145; Urt. v. 5.12.2001 - IV ZR 102/01, ZEV 2002, 194, unter II 1). Nach § 2 Abs. 2 S. 1 ZSEG stehen dem Beklagten zu 2) höchstens 13 Euro pro Stunde zu.
bb) Ferner ist nicht glaubhaft gemacht worden, dass für die Auskunft und Rechnungslegung 400 Stunden oder sogar noch mehr erforderlich sind. Die Klägerin weist mit Recht darauf hin, dass nach § 3.1 des vom Beklagten zu 2) in zweiter Instanz vorgelegten Hausverwaltungsvertrages die Hausverwaltung zur Information des Auftraggebers zu allen mit der Verwaltung des Grundstücks zusammenhängenden Fragen (mit Ausnahme steuerrechtlicher Beratung) verpflichtet ist. Auf der Grundlage ihrer maschinellen Datenerfassung (§ 8.6. des Vertrages) dürfte sie die erforderliche Zuordnung von Einnahmen und Ausgaben zu den Wohnungen der Klägerin einfacher und schneller vornehmen können, als wenn sich der Beklagte zu 2) mit sämtlichen Belegen im Einzelnen näher befasst. Auch wenn der Beklagte zu 2) den von der Mutter der Parteien abgeschlossenen Hausverwaltungsvertrag nach Auffassung des Berufungsgerichts unverzüglich zu beenden hat, steht dem Beklagten zu 2) jedenfalls bis zum Erlöschen des Vertragsverhältnisses noch der Informationsanspruch zu. In Verbindung mit den von der Hausverwaltung bereits erstellten Abrechnungen für das Gesamtobjekt dürfte eine solche Information die dem Beklagten zu 2) verbleibenden Aufgaben erheblich erleichtern. Außerdem hat die Hausverwaltung dem Beklagten zu 2) auf dessen Frage, ob man von einer Verwaltung des Hauses im Ganzen zu einer separaten Verwaltung der einzelnen Eigentumswohnungen übergehen könne, in ihrem Schreiben v. 20.4.1998 geantwortet, die Einnahmen könnten problemlos getrennt erfasst werden; nur bei den Kosten müsse zwischen der Instandhaltung des jeweiligen Sondereigentums und Reparaturen am gemeinschaftlichen Eigentum unterschieden werden, wobei letztere nach Miteigentumsanteilen zu verteilen seien; der Mehraufwand für eine derartige Verwaltungstätigkeit werde zu einer Erhöhung der nach dem Vertrag auf monatlich 5 % der Brutto-Mieteinnahmen, bei Vertragsschluss 358 DM, festgelegten Vergütung um etwa 30 % führen. Auch diese Auskunft deutet darauf hin, dass für die hier in Rede stehende Auskunft und Rechnungslegung ein Zeitaufwand von 400 Stunden, also 50 Arbeitstagen zu je 8 Stunden, weit übersetzt ist.
cc) Danach schätzt der Senat den erforderlichen Aufwand für Auskunft und Rechnungslegung unter Berücksichtigung eines eventuellen zusätzlichen Honorars für die Hausverwaltung, falls deren Unterstützung des Beklagten zu 2) über den Leistungsumfang des zu kündigenden Vertrages hinausgehen sollte, auf jedenfalls nicht mehr als 2.000 Euro.
Dieser Wert der Beschwer erhöht sich nicht etwa deshalb, weil eine Zuordnung von Kosten, die am Gemeinschaftseigentum entstanden sind, nicht möglich wäre und daher unberechtigte Vollstreckungsversuche abzuwehren wären (vgl. etwa BGH, Beschl. v. 4.6.2003 - XII ZB 22/02, BGHReport 2003, 1070 = NJW-RR 2003, 1156, unter II 2 d). Das zitierte Schreiben der Hausverwaltung v. 20.4.1998 zeigt auf, wie diese Kosten zu verteilen sind. Einer Klarstellung im Urteilstenor bedurfte es insoweit nicht.
3. Soweit die Widerklage des Beklagten zu 2) auf Feststellung abgewiesen worden ist, dass die Berechtigung der Klägerin, als befreite Vorerbin über die Erbschaft zu verfügen, nicht die Befugnis einschließe, das Vorerbe ohne Bedarf für den Lebensunterhalt zu verbrauchen, hat das Berufungsgericht den Wert im Beschl. v. 23.1.2003 auf 5.000 DM festgesetzt; das entspricht 2.556,46 Euro. Der Beschwerdeführer trägt vor, die mit einem Mediziner verheiratete Klägerin werde voraussichtlich auf Lebenszeit nicht darauf angewiesen sein, den Stamm der Erbschaft für ihren Lebensunterhalt in Anspruch zu nehmen. Wenn sie dies bis zum Eintritt der Nacherbfolge bei ihrem Tode gleichwohl tun sollte, könnten dem Nacherben weit mehr als 100.000 Euro entgehen. Im Hinblick darauf sei das Interesse des Beklagten zu 2) als des Testamentsvollstreckers, der den Willen der Erblasser zur Geltung zu bringen habe, jedenfalls mit mehr als 20.000 Euro anzusetzen.
Nach der Rechtsprechung des Senats ist für die Beschwer eines Testamentsvollstreckers beim Streit über das Bestehen und die Reichweite seiner Befugnisse sein unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewertendes Interesse an der Abänderung des angefochtenen Urteils maßgebend. Dieses Interesse ist deutlich geringer als das Interesse des Erben an einer vollstreckungsfreien Nutzung des Nachlasses, das nur mit einem Bruchteil des streitbefangenen Vermögens bewertet werden kann, weil dem Testamentsvollstrecker als Treuhänder nur nach Maßgabe der letztwilligen Verfügung begrenzte Befugnisse zustehen; sein Interesse kann daher allenfalls mit 10 % des Wertes desjenigen Vermögens angesetzt werden, über dessen Verwaltung Streit besteht (BGH, Beschl. v. 29.11.1995 - IV ZR 139/95, ZEV 1996, 35; Beschl. v. 21.6.2000 - IV ZR 20/00, ZEV 2000, 409).
Der hier zu bewertende Antrag dürfte aus der Sicht des Beklagten zu 2) die Testamentsvollstreckung sowohl über den Anteil der Klägerin am liquiden Nachlass betreffen, den der Beschwerdeführer in anderem Zusammenhang mit 600.000 DM angegeben hat, als auch die vom Beklagten persönlich für die Übernahme des elterlichen Hausgrundstücks nach seiner Auffassung kraft Testaments geschuldete Ausgleichszahlung von 594.000 DM, zusammen also 1.194.000 DM = 610.482,50 Euro. Bezüglich dieses Vermögens beansprucht der Beklagte zu 2) mit der Widerklage jedoch nicht etwa eine Dauertestamentsvollstreckung bis zum Eintritt des Nacherbfalles, die mit (höchstens) 10 % des Vermögenswertes anzusetzen wäre, sondern lediglich eine Kontrolle der Klägerin als befreiter Vorerbin darauf, ob sie die sich nach der Auslegung des Beklagten zu 2) aus dem Testament der Eltern ergebenden Grenzen ihrer Rechtsstellung beachtet. Hinzu kommt, dass der Nacherbe nach den Feststellungen im Berufungsurteil am 10./21.2.2000 eine Vereinbarung mit der Klägerin getroffen hat, in der sich die Klägerin bereit erklärt, den Nacherben auf Verlangen regelmäßig über ihr der Nacherbfolge unterliegendes Vermögen zu unterrichten; der Nacherbe erklärt, er wolle seine Rechte selbst uneingeschränkt wahrnehmen, und stellt den Beklagten zu 2) von seiner Verantwortung als Testamentsvollstrecker frei, sobald dieser das Vermögen auf die Klägerin übertragen und dem Nacherben davon Mitteilung gemacht hat. Damit mag sich an den vom Beklagten zu 2) in Anspruch genommenen eigenen Befugnissen, die Einhaltung des Erblasserwillens auch nach erfolgter Auseinandersetzung zu überprüfen und durchzusetzen, zwar rechtlich nichts ändern. Ihre wirtschaftliche Bedeutung, auf die es für den Streitwert nach der Rechtsprechung des Senats ankommt, wird durch diese Vereinbarung und die dem Nacherben darin eingeräumten Befugnisse aber wesentlich eingeschränkt.
Danach erscheint dem Senat eine Bewertung der Widerklage gem. §§ 2, 3 ZPO mit knapp 0,5 % des Vermögens, hinsichtlich dessen der Beklagte zu 2) gewisse Befugnisse als Testamentsvollstrecker in Anspruch nimmt, angemessen, d. h. mit 3.000 Euro. Das entspricht in der Größenordnung der durchaus vertretbaren Einschätzung der Vorinstanzen, an die der Senat im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde aber nicht gebunden ist (Wenzel in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., Aktualisierungsbd., § 544 Rz. 22).
Fundstellen
Haufe-Index 1121180 |
EBE/BGH 2004, 4 |
FamRZ 2004, 863 |
WM 2004, 2128 |
ZEV 2004, 290 |
ZfIR 2004, 795 |
MDR 2004, 813 |
RVG-B 2004, 82 |
ZErb 2004, 190 |